Zwergplanet

Zwergplaneten sind eine von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) am 24. August 2006 in Prag definierte Klasse von Himmelskörpern im Sonnensystem. Seit 2006 gelten fünf Himmelskörper offiziell als Zwergplaneten, es gibt aber einige hundert weitere Zwergplanetenkandidaten im Sonnensystem, die noch als Zwergplaneten klassifiziert werden könnten.

Künstlerische Darstellung einiger großer transneptunischer ObjekteTransneptunisches Objekt(136199) Eris(136199) ErisDysnomia (Mond)Dysnomia (Mond)PlutoPlutoCharon (Mond)Charon (Mond)Styx (Mond)Nix (Mond)Kerberos (Mond)Hydra (Mond)(136472) MakemakeNamaka (Mond)Hiʻiaka (Mond)(136108) Haumea(90377) Sedna(225088) 2007 OR₁₀(50000) Quaoar(50000) QuaoarWeywot (Mond)(90482) Orcus(90482) OrcusVanth (Mond)Erde
Vergleich von Phantasiezeichnungen einiger großer transneptunischen Objekte mit der Erde (Bildüberschrift Stand Juni 2015). Um zum entsprechenden Artikel zu kommen, auf das Objekt klicken (große Darstellung).

Definition

Abgrenzung

Die Kategorie Zwergplanet ist eine der insgesamt drei folgenden Kategorien, welche die IAU für die Objekte des Sonnensystems, ausgenommen Satelliten (Monde), festgelegt hat:[1]

  1. Planeten sind Objekte,
    • die keine Satelliten sind,
    • sich auf einer Bahn um die Sonne befinden,
    • über eine ausreichende Masse verfügen, um durch ihre Eigengravitation eine annähernd runde Form zu bilden (hydrostatisches Gleichgewicht),
    • die Umgebungen ihrer Bahnen von anderen Körpern bereinigt haben (siehe planetarische Diskriminante)
  2. Zwergplaneten haben dieselben Eigenschaften wie Planeten, außer dass sie ihre Bahnen nicht bereinigt haben.
    Plutoiden sind eine Unterklasse der Zwergplaneten, die auf Umlaufbahnen außerhalb der Neptun­bahn um die Sonne kreisen und somit zu den transneptunischen Objekten (TNO) zählen.
  3. Kleinkörper sind alle anderen Objekte (Kleinplaneten bzw. Planetoiden, Kometen und Meteoroiden) mit Ausnahme der Satelliten. Sie verfügen über keine ausreichende Masse, um durch ihre Eigengravitation eine annähernd runde Form zu bilden oder die Umgebungen ihrer Bahnen zu bereinigen.

Kritik an der Definition

Die Definition ist umstritten, weil sich immer wieder Kritiker melden und das vierte Kriterium anders auslegen. So hat die Erde, klassifiziert als Planet, immer noch etwa zehntausend Objekte in ihrer Bahn. Auch in Jupiters Orbit befinden sich noch viele Objekte (Trojaner). Erde wie Jupiter haben ihre Bahnen dennoch freigeräumt, weil es dabei um das Massenverhältnis von Hauptkörper zu den restlichen Körpern im selben Orbit geht. Dieses Verhältnis ist bei den heute als Planeten eingestuften Himmelskörpern so groß, dass der Masseanteil der restlichen Körper im Orbit dieser Planeten verschwindend gering ist; es beträgt im Falle der Erde lediglich 1 : 1.700.000. Die Definition bezieht sich ausschließlich auf das Sonnensystem und nicht generell auf Planetensysteme. Auch das ist ein Kritikpunkt.

Begriffsgeschichte

Die ursprüngliche Bezeichnung Plutone für eine neue Unterklasse der Zwergplaneten, welche jenseits des Neptun um die Sonne laufen, stieß vor allem in der Gemeinde der Geoforscher, die den Begriff bereits anderweitig verwenden (siehe Pluton (Geologie)), auf Widerspruch und wurde verworfen. Aber auch die latinisierte Form Plutoiden, ein Vorschlag von Mitgliedern des IAU-Komitees für Benennung kleiner Himmelskörper, konnte sich vorerst nicht durchsetzen, die zunächst namenlose Unterklasse wurde aber trotzdem geschaffen. Im Juni 2008 hat das Exekutivkomitee der IAU auf seiner Sitzung in Oslo diese Unterklasse schließlich doch mit Plutoiden bezeichnet.[2]

Klassifizierte Zwergplaneten

Momentan (2016) werden fünf Himmelskörper von der IAU als Zwergplaneten eingestuft.[3] Die Daten der Objekte sind in der Liste der Zwergplaneten des Sonnensystems aufgeführt.

Zwergplanet im Asteroidengürtel

Ceres, Aufnahme: Raumsonde Dawn
Ceres
Mit einem kugelförmigen und planetenartigen Aufbau und einem Äquatordurchmesser von 963 km ist Ceres der einzige Zwergplanet im Asteroidengürtel, weil sie eine ausreichende Masse für ein hydrostatisches Gleichgewicht besitzt. Im Gegensatz dazu sind die zahlreichen anderen Asteroiden nur unregelmäßig geformte Felsbrocken. Ceres wurde nach der Entdeckung durch Giuseppe Piazzi im Jahre 1801 zunächst als Planet klassifiziert. Bis zur Entdeckung von Neptun im Jahre 1846 wurde Pallas, Juno, Vesta und Astraea entdeckt, die damals als vollwertige Planeten zählten. Damit gab es im Jahre 1846 insgesamt 13 Planeten. Weil ab 1847 laufend neue Objekte zwischen Mars und Jupiter entdeckt wurden, führten Astronomen 1851 die neue Kategorie der Asteroiden (Planetoiden) ein. Ceres, Pallas, Juno, Vesta und Astrea wurden nun als Asteroiden geführt, die Zahl der großen Planeten belief sich danach wieder auf acht.

Transneptunische Zwergplaneten (Plutoiden)

Pluto, Aufnahme: Raumsonde New Horizons
Pluto
Er wurde 1930 von Clyde Tombaugh am Lowell-Observatorium in Flagstaff (Arizona) entdeckt und galt 76 Jahre lang als neunter Planet des Sonnensystems. Er hat einen Äquatordurchmesser von 2374 km und verfügt über fünf Monde, wovon der größte, Charon, den halben Plutodurchmesser hat.
Am 24. August 2006 wurde ihm von der IAU jedoch der Status eines vollwertigen Planeten aberkannt, weil er nicht wie die anderen großen Planeten das dominierende Objekt in seiner Umlaufbahn ist. Auch ist seine Bahn um die Sonne stark geneigt und zeigt eine große Exzentrizität. Zudem wurde mit Eris ein Objekt entdeckt, das zunächst größer als Pluto zu sein schien, weswegen beide in die neue Kategorie der Zwergplaneten eingestuft wurden.
Eris und ihr Mond Dysnomia, Aufnahme: Hubble-Weltraumteleskop
Eris
Das am 29. Juli 2005 bekannt gemachte Objekt Eris ist mit einem Äquatordurchmesser von 2326 km minimal kleiner und etwas schwerer als Pluto. Weil beide Objekte ähnliche Eigenschaften aufweisen, wäre eine Zuweisung in unterschiedliche Kategorien nicht sinnvoll gewesen, weshalb sie beide in die neue Kategorie der Zwergplaneten eingeordnet wurden.
Makemake
Am 14. Juli 2008 wurde dem Kuipergürtel-Objekt 2005 FY9 mit einem Äquatordurchmesser von 1502 km der Name Makemake und der Status eines Zwergplaneten zugewiesen.[4]
Makemake und sein Mond S/2015 (136472) 1 (alias 'MK 2'), Aufnahme: Hubble-Weltraumteleskop
Haumea
Am 17. September 2008 wurde dem Kuiperobjekt 2003 EL61 der Name Haumea und der Status eines Zwergplaneten zugewiesen.[5] Wegen seiner schnellen Rotation hat er mit einem Äquatordurchmesser von etwa 2200 km bei einem Abstand der Pole von nur etwa 1100 km eine stark ellipsoide Form.

Kandidaten

Einige Hundert andere Objekte im transneptunischen Bereich (etwa 2007 OR10, Quaoar, Sedna, 2002 MS4, Orcus, Salacia oder Varuna) könnten ebenfalls in die Kategorie der Zwergplaneten fallen.[6] Die IAU arbeitet an der Einstufung weiterer Zwergplaneten. Die Zwergplanetenkandidaten werden auf einer Beobachtungsliste geführt. Derzeit reichen die für diese Objekte vorliegenden Beobachtungen noch nicht aus, um sicherstellen zu können, dass sie sich im hydrostatischen Gleichgewicht befinden.

Literatur

  • Silvia Protopapa: Surface characterization of Pluto, Charon and (47171) 1999 TC36. Dissertation, Technische Universität Braunschweig 2009, 143 Seiten (englisch). Copernicus Publishing, Katlenburg-Lindau 2009, ISBN 978-3-936586-96-1.

Weblinks

Commons: Zwergplaneten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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