Das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie (englisch Stratospheric Observatory For Infrared Astronomy, SOFIA) ist ein fliegendes Teleskop, das die NASA gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für Infrarotastronomie entwickelt hat. Dafür wurde an Bord einer umgebauten Boeing 747SP (kurze Langstreckenversion) mit dem Kennzeichen N747NA ein Spiegelteleskop installiert. SOFIA ist seit dem 30. November 2010 im Einsatz.
SOFIA ist für eine Betriebsdauer von 20 Jahren ausgelegt. Das Flugzeug wird vom NASA DAOF (Dryden Aircraft Operations Facility) in Palmdale, Kalifornien betrieben. An drei bis vier Nächten pro Woche soll jeweils bis zu acht Stunden aus 12 bis 14 Kilometern Höhe beobachtet werden. Einmal jährlich soll SOFIA in Deutschland für zwei Wochen am Flughafen Stuttgart stationiert werden. SOFIA löst seinen Vorgänger,[1] das Kuiper Airborne Observatory (KAO) ab, das von 1974 bis 1995 im Einsatz war. Infrarotteleskope, die auf Flugzeugen montiert werden, bringen verschiedene Vorteile mit sich. Einerseits fliegen sie oberhalb der Troposphäre, die einen Großteil der Infrarotstrahlung absorbiert. Andererseits sind die Kosten für die Wartung geringer, und verbesserte Technik kann leichter nachgerüstet werden als in Teleskopsatelliten. Außerdem beträgt die Betriebsdauer für flugzeugmontierte Teleskope 20 Jahre, im Gegensatz zu Teleskopsatelliten, bei denen der Flüssig-Heliumvorrat zur Kühlung nach wenigen Jahren erschöpft ist.[2]
Die Kooperation von NASA und DLR wurde am 2. Juni 2016 – beim Stand von bisher 250 10-stündigen Beobachtungsflügen – vertraglich um weitere 4 Jahre bis 2020 verlängert. 2018 sollen Forschungsergebnisse evaluiert werden um über eine weitere Verlängerung innerhalb des Zeitrahmens von 2030 zu entscheiden.
Nach Gerüchten über die Einstellung des Projekts Anfang 2006 wurde von der NASA im Juli 2006 die Fortführung des Projekts offiziell bestätigt.[3] Der erste Flug nach dem Umbau fand am 26. April 2007 in Waco statt. Am 21. Mai 2007 taufte Erik Lindbergh, der Enkel von Charles Lindbergh, das Flugzeug erneut als Clipper Lindbergh. Der Stützpunkt des Flugzeuges wurde im Januar 2008 vom Dryden Flight Research Center zur Dryden Aircraft Operations Facility in Palmdale verlegt.[4]
Der erste Testflug mit geöffneter Teleskoptür fand im Dezember 2009 statt, der erste Testflug mit Einsatz des Teleskops, das sogenannte „erste Licht“, am 26. Mai 2010.[5][6]
Der erste wissenschaftliche Beobachtungsflug wurde vom 30. November bis 1. Dezember 2010 erfolgreich durchgeführt. SOFIA startete von der NASA Dryden Aircraft Operations Facility in Palmdale, Kalifornien und führte mit der Infrarotkamera (FORCAST – Faint Object InfraRed-CAmera for the SOFIA Telescope) Beobachtungen in Höhen von etwa 13 km durch.[7][8] Beobachtungsziel war das Sternbild Orion.[9] Die volle Funktionalität war für 2014[10] geplant; es sollten dann etwa 160 Einsätze mit etwa 1000 Beobachtungsstunden jährlich durchgeführt werden.[11]
Am 4. März 2014 gab die NASA nach Kürzungen im Haushalt bekannt, keine weiteren finanziellen Mittel mehr für das Projekt SOFIA aufbringen zu können und das Flugzeug 2015 einmotten zu wollen, falls kein Partner die Kosten übernehmen würde.[12] Der damalige Vorstandsvorsitzende des DLR Johann-Dietrich Wörner, zeigte sich über die Entscheidung der NASA „bestürzt und verärgert“.[13] Nachdem die NASA ihre Mittel im Haushalt für dieses Projekt dennoch bewilligt bekam, konnte das deutsch-amerikanische Projekt dann doch fortgeführt werden.
Im Sommer 2015 wurde SOFIA in Neuseeland stationiert, um so Ende Juni 2015 eine Sternbedeckung des Zwergplaneten Pluto beobachten zu können. Solche Bedeckungen sind relativ selten und sie konnte in diesem Fall besondere Erkenntnisse für die Pluto-Sonde New Horizons liefern, die knapp zwei Wochen später an diesem Zwergplaneten vorbei flog.[14]
Zum Abschluss des Jahres 2015 fasste die NASA dann die Ergebnisse zusammen:[15]
Seit dem 3. Februar 2016 ist SOFIA auf seiner vierten wissenschaftlichen Mission unterwegs. Es sollen 106 Flüge bis Januar 2017[veraltet] unternommen werden. Am 6. Juni 2016 landete SOFIA (nach 2013 und 2015) wieder in Christchurch, NZ, um von dort bis 20. Juli 25 Beobachtungsflüge zu absolvieren. Erstmals fliegt in Neuseeland neben GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) auch eine verbesserte Version des Instruments: upGREAT enthält 14 empfindlichere statt einem Sensor. Damit soll etwa das Vorkommen atomaren Sauerstoffs in den Magellanschen Wolken kartiert werden. Erstmals in der Südhemisphäre ist das ebenfalls deutsche FIFI-LS (Field-Imaging Far-Infrared Line Spectrometer), das schneller und über ein breiteres Frequenzspektrum mehrere chemische Elemente etwa in Sternentstehungsgebieten kartieren soll. In geplant 9 Einsätzen hat das US-amerikanische Instrument FORCAST (Faint Object InfraRedCAmera for the SOFIA Telescope) Staubscheiben um junge Sterne und anderswo in einem kurzwelligeren Bereich als FIFI-LS analysiert. Am Zeitplan war, dass SOFIA am 25. Juli nach Palmdale zurückkehrt, um nach Wartung von Flieger und Teleskop von Mitte August bis Ende 2016 noch 40 weitere Wissenschaftsflüge von Kalifornien aus zu absolvieren.[16]
Das Infrarot-Teleskop soll 2016 alle astronomischen Objekte wie Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen in unserem Sonnensystem erforschen. Aber auch die Erforschung von entstehenden Sternen und Planeten, den Exoplaneten, dem Raum zwischen den Sternen und sogar naher aktive Galaxien stehen auf der Agenda dieser Mission.[17]
Als Träger des Teleskops dient eine Boeing 747SP, die einen kürzeren Rumpf, eine größere maximale Flughöhe und eine größere Reichweite als die Grundversion 747-100/200 hat. Die Boeing 747SP kann so in 12 bis 15 km Höhe über 99 Prozent des Beobachtungen störenden Wasserdampfs hinwegfliegen.[3] Die ausgewählte Maschine mit dem Kennzeichen N747NA absolvierte am 25. April 1977 als 306. gebaute B747 ihren Erstflug und wurde kurz darauf an ihren Besteller Pan Am ausgeliefert. Im Mai 1977, zum 50. Jahrestag des ersten Alleinfluges über den Atlantik von Charles Lindbergh, taufte seine Witwe Anne Morrow Lindbergh das Flugzeug auf den Namen Clipper Lindbergh. Im Februar 1986 übernahm United Airlines die Maschine, für die sie bis Ende 1995 flog. Die NASA kaufte die B747 im Jahr 1997 und begann mit den Umbauten und Testflügen in Waco, Texas. Hinter der linken Tragfläche wurde eine Tür in den Rumpf geschnitten, die für den Betrieb geöffnet wird, um das Teleskop nach oben blicken zu lassen. Die Teleskopsektion ist durch ein Druckschott von der übrigen Kabine getrennt, in der neben der dreiköpfigen Cockpitbesatzung bis zu 15 Wissenschaftler, Techniker und Beobachter arbeiten. 2014 führte Lufthansa Technik einen D-Check des Luftfahrzeuges durch, dabei wurde auch das integrierte Teleskop überprüft.[18]
Im hinteren Rumpfbereich der B747SP ist ein von den deutschen Unternehmen MAN Technologie AG und Kayser-Threde hergestelltes Nasmyth-Teleskop eingebaut, konstruktiv eine Kombination aus einem Newton-Teleskop und einem Cassegrain-Teleskop. Wie bei letzterem werden die Strahlen vom konvexen Sekundärspiegel in Richtung Primärspiegel reflektiert, aber vor dessen Erreichen durch einen dritten, plangeschliffenen Spiegel um 90° zur Seite gelenkt. Der letzte Abschnitt des Strahlengangs mit dem Brennpunkt (Nasmyth-Fokus) fällt mit der Neigeachse des Teleskops und der Längsachse des Flugzeugs zusammen und ist daher stationär. Das Spiegelteleskop dreht sich in einem vor der Teleskopgleittür mit dem Rumpfumfang durch ein Druckschott verbundenen, kreisförmigen, hydrostatisch mit Öl gedichteten Lagerkranz mit 1,2 m Durchmesser und nimmt dabei auch den Tubus und Nebenaggregate, die vor dem Kranz liegen mit. Der Strahl verläuft zuletzt in Flugrichtung und durchläuft hier die am Tubus montierten Messinstrumente, die sich mitdrehen.
Verbunden ist das samt angebauten Instrumenten hantelförmige aus Kohlefaserstruktur aufgebaute, in der Mitte dicht und schwingungsisolierend gelagerte Teleskop über eine in eine Grube im Boden reichende Bandschleife mit verschiedenen Leitungen für Energie, Messung, Steuerung, Kühlung und Daten. Die Leitungen laufen zu einem stehenden Rack mit den Funktionen Versorgung und Datenverarbeitung.
Für die Einstellung der richtigen Rektaszension sorgt im Wesentlichen der entsprechende Steuerkurs des Flugzeugs, das typisch etwa kreisbogenförmige Strecken über dem Globus fliegt. Das Teleskop sieht per Zahnkranzantrieb gesteuert mit 15-70° Elevation nur backbordseitig (= links) aus dem Flugzeug und wird zusätzlich mit Linearmotoren +/–3° weit feinjustiert.
Die Einsatzhöhe über der Troposphäre und ein Spektralbereich des Teleskops von 0,3 µm bis 1600 µm[19] ermöglichen Beobachtungen in einem weiten Infrarotbereich, der für bodengebundene Observatorien aufgrund von Absorptionen hauptsächlich durch in der Troposphäre enthaltenen Wasserdampf nur ausschnittsweise im Infrarotfenster zugänglich ist.
Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 270 Zentimetern und eine – durch die Abschattung (Obstruktion) der beiden kleineren Spiegel – effektive Öffnung von 250 Zentimetern. Das mit Rahmen, Lagern und Zusatzinstrumenten rund 17 Tonnen schwere Teleskop wurde nach Transport durch ein Airbus-Beluga-Flugzeug im Februar 2004 installiert und in der Nacht zum 19. August 2004 erstmals in den Himmel gerichtet. Dabei blieb das Flugzeug allerdings noch am Boden.
Die halbzylindrische Fensteröffnung umfasst die obere Hälfte eines etwa 4 m langen Rumpfabschnitts hinter den Tragflächen und vor dem T-Leitwerk. Die dadurch erfolgte Einschnürung des tragenden Rumpfs auf die halbe Höhe, waren hier entsprechend gravierende Versteifungen notwendig. Das Fenster wird von innen mit einer Gleittür auf kreisförmiger Bahn teilweise oder ganz und damit regenfest verschlossen. Vor der in Flugrichtung vorderen Kante der Öffnung liegt quer eine kleine schräge Rampe, um die vorbeistreifende Luftströmung und eventuell ankommende Festkörper, wie Vögel, ausreichend abzuweisen und so am Eindringen zu hindern.
Das Teleskop ist fokusseitig ständig zugänglich. Objektivseitig herrscht jedoch der niedrige Außendruck und 210...230 K Kälte.