Der Kerr-Effekt (genauer: der elektrooptische Kerr-Effekt) ist ein Effekt der nichtlinearen Optik. Er ist (wie der Pockels-Effekt) ein Spezialfall des allgemeinen elektrooptischen Effekts und beschreibt die Änderung der optischen Eigenschaften eines Materials durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes. Er wird z. B. in der Kerr-Zelle und in der Kerr-Linse angewandt.
Der Kerr-Effekt ist nach dem schottischen Theologen und Physiker John Kerr (1824–1907) benannt, der ihn 1875 entdeckte. Der oben beschriebene Kerr-Effekt wird auch als quadratischer elektrooptischer Effekt bezeichnet, im Unterschied zum 1876 entdeckten magnetooptischen Kerr-Effekt.
Das Anlegen eines elektrischen Feldes $ E $ an ein Medium verändert unter anderem seine optischen Eigenschaften, da dieses eine (nichtlineare) Neuausrichtung bzw. Neuorientierung der verschiedenen Ladungsträger im Material verursacht. Dieser Prozess zieht unter anderem eine Veränderung des Brechungsindex $ n(E) $ des Materials nach sich, welche mathematisch durch eine Taylor-Reihe entwickelt werden kann:
Die höheren Ordnungen des nichtlinearen Brechungsindex können mit Hilfe der Kramers-Kronig-Relation aus der frequenzabhängigen Absorption des Mediums ermittelt werden. Der $ S_{2} $-Term verursacht den elektrischen Kerr-Effekt, wohingegen der optische Kerr-Effekt den Fall beschreibt, bei dem alle Parameter $ S_{1},S_{3},\dots $ gegenüber dem Parameter $ S_{2} $ vernachlässigbar sind: Das Material zeigt eine Änderung des Brechungsindex von ordentlicher (o) und außerordentlicher (e) Achse proportional zum Quadrat der angelegten elektrischen Feldstärke:
Die Folge ist, dass das Material eine Doppelbrechung erzeugen kann. Die „Stärke“ des Kerr-Effekts hängt von den Materialeigenschaften ab. Er ist in einigen transparenten Medien wie z. B. einigen Kristallen und Flüssigkeiten besonders stark ausgeprägt und damit gut zu beobachten. Weiterhin hängt der Kerr-Effekt von der Ausbreitungsrichtung und Polarisation des Lichtes im Material und von der Richtung und Stärke des elektrischen Feldes im Verhältnis zu den Kristallachsen ab.
In den meisten Fällen ist die durch den Kerr-Effekt verursachte Änderung des Brechungsindex minimal: in Kristallen in der Größenordnung von 10−4 und in Flüssigkeiten von 10−9. Wenn sich Licht jedoch im Material über eine längere Distanz (sprich: ein paar tausend Wellenlängen) fortbewegt, kumuliert sich der Effekt und man kann durch Anlegen des elektrischen Feldes eine Phasenverschiebung von 0 bis $ 2\pi $ erreichen.
Der Kerr-Effekt beschreibt die Beeinflussbarkeit des Polarisationszustandes von Licht durch äußere elektrische Felder. Ausgangspunkt bildet ein optisch isotropes Medium (z. B. Flüssigkeiten), in dem sich anisotrop polarisierbare, also längliche Moleküle befinden. Durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes $ E_{K} $ wird ein Dipolmoment induziert, was zu einer Ausrichtung der meisten dieser länglichen Moleküle führt. Obwohl auf Grund der thermischen Aktivität der Flüssigkeiten (z. B. Wasser) nicht alle Moleküle ausgerichtet werden, reicht die Anzahl der ausgerichteten Moleküle aus, um eine Doppelbrechung zu bewirken.
Dabei erhält das parallel zu $ E_{K} $ polarisierte Licht einen anderen Brechungsindex, nämlich
mit $ n_{e} $ als außerordentlichem Brechungsindex
und
mit $ n_{o} $ als ordentlichem Brechungsindex.
Die Differenz zwischen beiden beträgt:
mit