Unter einer Bewegungsgleichung versteht man eine mathematische Gleichung (oder auch ein Gleichungssystem), welche die räumliche und zeitliche Entwicklung eines mechanischen Systems unter Einwirkung äußerer Einflüsse vollständig beschreibt. In der Regel handelt es sich um Systeme von Differentialgleichungen zweiter Ordnung.
Diese Differentialgleichungen sind für viele Systeme nicht analytisch lösbar, sodass man bei der Lösung geeignete Näherungsverfahren anwenden muss.
Prinzipien
Zum Aufstellen von Bewegungsgleichungen in der klassischen Physik wird
verwendet. Darauf basierend ergibt sich die Bewegungsgleichung der Quantenmechanik, die Schrödingergleichung.
In der Technischen Mechanik werden
verwendet.
Lösung
Die Lösung der Bewegungsgleichung ist die Trajektorie, auf der sich das System bewegt. Sie ist, abgesehen von einigen einfachen Fällen (siehe Beispiele unten), meist nicht in analytisch geschlossener Form darstellbar und muss über numerische Methoden gewonnen werden. Dies ist z. B. zur Ermittlung der Trajektorien dreier Himmelskörper, die sich gegenseitig gravitativ anziehen, erforderlich (siehe Dreikörperproblem). Zur Lösung eines N-Teilchensystems lässt sich die discrete element method anwenden. In einfachen Fällen wird die geschlossene Lösung als „Bahngleichung“ bezeichnet.
Beispiele
Eine allgemeine Form der Bewegungsgleichung in der klassischen Physik lautet beispielsweise
- .
Oder bekannter:
Auf der linken Seite steht der Trägheitsterm für das Teilchen der Masse Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): m
, auf der rechten Seite werden alle auf das Teilchen wirkenden Kräfte Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \vec F_i
aufsummiert.
Bewegungsgleichung eines kräftefreien Masseteilchens
Die Bewegungsgleichung lautet in diesem Fall
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): m \cdot \frac{d^2 \vec r(t)}{dt^2} = \vec F = \vec 0
mit:
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \vec F~
: Kraft auf Teilchen (= 0),
- : Masse des Teilchens, und
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \vec r(t)
: (zeitabhängiger) Ort des Teilchens
Die Bahn erhält man durch zweimaliges Integrieren der Differentialgleichung:
mit den Anfangswerten:
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \vec v_0
: Geschwindigkeit des Teilchens zu Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): t=0
,
- : Ort des Teilchens zu
Das Teilchen bewegt sich also geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit. Die Masse Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): m
spielt keine Rolle.
Bewegungsgleichung eines Teilchens unter Einfluss einer konstanten Kraft
Ein Körper der Masse sei der Schwerkraft ausgesetzt:
- .
Die Bahngleichung lautet
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \vec r(t) = \frac {1} {2} \cdot \vec g \cdot t^2 + \vec v_0 \cdot t + \vec r_0
und stellt den ballistischen Parabelwurf dar. Für Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \vec v_0 = \vec 0
erhält man den freien Fall. Im Fall der Schwerkraft spielt die Masse des Körpers also keine Rolle.
Bewegungsgleichung der Speziellen Relativitätstheorie
In der speziellen Relativitätstheorie wird die Viererkraft definiert als die Ableitung des relativistischen Impulses p nach der Eigenzeit Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \tau
, mit
- ,
wobei zwischen Eigenzeit und der Zeit t der Zusammenhang
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \mathrm d \tau = \frac{1}{\gamma} \mathrm d t
gilt und Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \gamma
den Lorentzfaktor bezeichnet.
Aus dieser Bewegungsgleichung folgt, dass zwischen den klassischen Größen der räumlichen Kraft und Beschleunigung zwar ein linearer Zusammenhang besteht, aber keine einfache Proportionalität mehr: Für Anteile von Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \mathbf F
parallel zur Bewegungsrichtung gilt , für senkrechte Anteile hingegen Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \mathbf F_{\perp} = \gamma m\mathbf a
.[1]
Bewegungsgleichung der Allgemeinen Relativitätstheorie
Die Bewegung eines Körpers wird durch die Geodätengleichung der gekrümmten Raumzeit beschrieben, sofern nur gravitative Kräfte auf ihn einwirken. Dann bewegt sich der Körper entlang einer Geodäten der Raumzeit.
Die Geodätengleichung lautet
- Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): \ddot{x}^{\mu} + \Gamma_{\lambda \nu}^{\mu} \dot{x}^{\lambda} \dot{x}^{\nu} = \ddot{x}^{\mu} + \frac{g^{\mu \rho}}{2} \left( \partial_{\lambda} g_{\nu\rho} + \partial_{\nu} g_{\lambda\rho} - \partial_{\rho} g_{\lambda\nu} \right) \dot{x}^{\lambda} \dot{x}^{\nu} = 0
wobei ein Christoffelsymbol 2. Art ist, welches die Abhängigkeit des metrischen Tensors vom Raumzeitpunkt (Ereignis), d. h. der Krümmung der Raumzeit, charakterisiert.
Bewegungsgleichung in der Strukturdynamik
In der Strukturdynamik ist die Bewegungsgleichung eines dynamisch belasteten Tragwerks die Grundlage der Berechnung:
Hierbei ist der Lastvektor des Systems. und sind die Masse-, Dämpfungs- und Steifigkeitsmatrizen des Tragwerks. Der Vektor enthält die Verschiebungsgrößen. Die matrizielle Aufbereitung entsprechend den Freiheitsgraden einer Struktur eignet sich sehr gut für eine Computerberechnung, zum Beispiel nach der Finite-Elemente-Methode.
Quantenmechanisches Kastenpotential
Datei:Inf-QW.svg Eindimensionaler Quantentopf der Länge L mit unendlich hohen Wänden. Es sind nur diskrete Energieeigenwerte En erlaubt (hier sind lediglich die untersten vier Niveaus E1 bis E4 dargestellt).
In der Quantenmechanik tritt die Schrödingergleichung als Bewegungsgleichung auf.
Für das einfache Problem des Teilchens im eindimensionalen Kastenpotential der Länge mit unendlich hohen Wänden lautet die zeitunabhängige Schrödingergleichung:
mit
Die Energieeigenwerte sowie die zugehörigen Eigenfunktionen , , lauten:
.
Einzelnachweise
- ↑ Albert Einstein: Zur Elektrodynamik bewegter Körper, in: Annalen der Physik, 322 (10), S. 919, 1905 Online 1, Online 2