Legendre-Transformation: Unterschied zwischen den Versionen

Legendre-Transformation: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Legendre-Transformation''' (nach [[Adrien-Marie Legendre]]) gehört zu den [[Berührungstransformation]]en und dient als wichtiges mathematisches Verfahren zur [[Variablentransformation]].  
Die '''Legendre-Transformation''' (nach [[Adrien-Marie Legendre]]) gehört zu den [[Berührungstransformation]]en und dient als wichtiges mathematisches Verfahren zur [[Variablentransformation]].


== Die Legendre-Transformation einer Variablen ==
Eine Verallgemeinerung der Legendre-Transformation auf allgemeine Räume und nicht-konvexe Funktionen ist die [[Legendre-Transformation#Legendre-Fenchel-Transformation|Legendre-Fenchel-Transformation]] (auch ''Konvex-Konjugierte'' genannt).
Sei <math>f \colon D \subseteq \R \to \R</math> eine differenzierbare [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] einer reellen Variablen, die im Folgenden mit <math>x</math> bezeichnet wird. Die Legendre-Transformation überführt nun diese Funktion <math>f(x)</math> in eine Funktion <math>g(u)</math> mit der unabhängigen Variable <math>u</math>, die die Ableitung der Funktion <math>f(x)</math> nach <math>x</math> ist. Eine entsprechende Rücktransformation ist auch möglich.  


Wird also
== Definition ==
:<math>u(x) := \frac{\partial f}{\partial x}(x)</math>
=== In einer Variablen ===
gesetzt, so soll die gesuchte Funktion <math>g(u)</math> die Gleichung
Sei <math>f \colon D \subseteq \R \to \R</math> eine streng [[Konvexe und konkave Funktionen|konvexe Funktion]] einer reellen Variablen. Die Legendre-Transformierte <math>f^* \colon D^* \to \R</math> ist dann definiert als
:<math>x(u) = \pm\frac{\partial g}{\partial u}(u)</math>
erfüllen. Hierbei ist
:<math>x=x(u)</math>
die [[Umkehrfunktion]] zu <math>u(x)</math>, d.h. die Ableitungen sind zueinander invers:
:<math>\frac{\partial f}{\partial x} = \pm \left( \frac{\partial g}{\partial u} \right)^{-1} </math>.


Man stellt fest, dass diese Gleichung von der Funktion
:<math>f^*(u) = \sup_{x\in D}(ux-f(x)),\quad u\in D^*:=\left \{u\in \R:\sup_{x\in D}(ux-f(x))<\infty \right \}</math>
:<math>g(u) = \pm\left[ u\, x(u)-f(x(u)) \right]</math>
gelöst wird, denn es ist tatsächlich <math>x(u) = \pm\frac{\partial g}{\partial u}</math>.


Diese Funktion <math>g(u)</math> heißt Legendre-Transformation von <math>f(x)</math>.
Dabei ist mit <math>\sup</math> das [[Supremum]] gemeint.


Für die Rücktransformation wird
Für eine [[Differenzierbarkeit|differenzierbare]] streng konvexe Funktion <math>f \colon D \subseteq \R \to \R</math> mit invertierbarer erster Ableitung lässt sich das Supremum mit Mitteln aus der elementaren Analysis auswerten. Die Funktion <math>x \mapsto ux-f(x)</math> nimmt wegen der strengen Konkavität von <math>ux-f(x)</math> an der (eindeutigen) Stelle, an der die Ableitung <math>0</math> ist, ein absolutes Maximum an. Daraus folgt, dass an der Stelle <math>x(u) = (f')^{-1}(u)</math> das Supremum in <math>f^*</math> angenommen wird. Somit gilt:
:<math>x = \pm\frac{\partial g}{\partial u}</math>
gesetzt und dann gilt
:<math>f(x) = x\,u(x)\mp g(u(x))</math>.


== Herleitung ==
:<math>f^*(u) = ux(u)-f(x(u)) = u\,(f')^{-1}(u) - f((f')^{-1}(u))</math>
Ziel der Legendre-Transformation ist die Änderung der Abhängigkeit einer Funktion <math>f(x)</math> von einer Variablen <math>x</math> zu einer anderen Variablen <math>u</math>, für die gilt


:<math>u=\frac{\partial f}{\partial x}</math>.
=== In mehreren Variablen ===
Ähnlich wie in einer Dimension kann die Legendre-Transformation auch in höheren Dimensionen definiert werden. Sei <math>X \subset \R^n</math> konvex und <math>f\colon X \to \R</math> eine streng konvexe Funktion. Dann ist die Legendre-Transformierte <math>f^*\colon D^* \to \R</math> mit Definitionsmenge <math>D^*:=\left \{u\in \R^n:\sup_{x\in D}(\langle u,x\rangle-f(x))<\infty \right \}</math> und [[Skalarprodukt|Standardskalarprodukt]] <math>\langle \cdot,\cdot\rangle</math> definiert als


Wenn man für die von <math>x</math> abhängige Funktion <math>f(x)</math> schreiben kann
:<math>f^*(u) = \sup_{x\in D}(\langle u,x\rangle-f(x)),\quad u\in D^*</math>
 
:<math>\mathrm{d}f=\frac{\partial f}{\partial x}\,\mathrm{d}x=u\,\mathrm{d}x</math>,
 
dann soll für die von <math>u</math> abhängige Funktion <math>g(u)</math> auch gelten:
 
:<math>\mathrm{d}g=\pm x\,\mathrm{d}u</math>.
 
Bilden wir zunächst das totale Differential von <math>(\pm ux)</math>, so erhalten wir
 
:<math>\mathrm{d}(\pm ux)=\pm(x\,\mathrm{d}u+u\,\mathrm{d}x)</math>.
 
Der Vergleich mit <math>\mathrm{d}f</math> und <math>\mathrm{d}g</math> liefert uns
 
:<math>\mathrm{d}(\pm ux)=\mathrm{d}g \pm u\,\mathrm{d}x = \mathrm{d}g \pm \mathrm{d}f</math>.
 
Daraus schließen wir
 
:<math>\mathrm{d}g=\mathrm{d}(\mp f\pm ux)</math>,
 
Nach einer Integration gilt also
 
:<math>g(u)=\pm(-f(x(u))+ux(u))</math>.
 
Die Funktion <math>g(u)</math> wird als Legendre-Transformierte von <math>f</math> bezeichnet. Das [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] von <math>g</math> ist für die Definition unwichtig, wir können also <math>g = ux - f</math> oder <math>g = f - ux</math> schreiben. Welches Vorzeichen man wählen sollte, hängt von der physikalischen Bedeutung von <math>g</math> ab.


== Geometrische Bedeutung ==
== Geometrische Bedeutung ==
[[Datei:Legendre_trafo_1d_veransch.png|thumb|Anschauliche Darstellung der Legendre-Transformation]]
[[Datei:Legendre trafo 1d veransch.png|mini|Anschauliche Darstellung der Legendre-Transformation]]
Geometrisch lässt sich der Sachverhalt wie in der Abbildung veranschaulichen: Die Kurve (rot) kann, statt die Punktmenge anzugeben, aus der sie besteht, auch durch die Menge aller [[Tangente]]n charakterisiert werden, die sie einhüllen. Genau das passiert bei der Legendre-Transformation. Die Transformierte, <math>g(u)</math>, ordnet der Steigung <math>u</math> einer jeden Tangente deren [[Y-Achsenabschnitt]] zu. Es ist also eine Beschreibung derselben Kurve – nur über einen anderen Parameter, nämlich <math>u</math> statt <math>x</math>.
Geometrisch lässt sich der Sachverhalt wie in der Abbildung veranschaulichen: Die Kurve (rot) kann, statt die Punktmenge anzugeben, aus der sie besteht, auch durch die Menge aller [[Tangente]]n charakterisiert werden, die sie einhüllen. Genau das passiert bei der Legendre-Transformation. Die Transformierte <math>f^*(u)=ux(u)-f(x(u))</math> ordnet der Steigung <math>u</math> einer jeden Tangente deren negativen [[y-Achsenabschnitt]] zu. Es ist also eine Beschreibung derselben Kurve – nur über einen anderen Parameter, nämlich <math>u</math> statt <math>x</math>.


== Beispiel ==
== Beispiele ==
:<math>f(x) = x^{2} + 1</math>
* Gegeben sei die Funktion <math>f(x) = x^{2} + 1</math>. Dann gilt <math>u = f'(x) = 2x</math>, also
::<math>u=\frac{\partial f}{\partial x} = 2x</math>
:: <math>x(u) = (f')^{-1}(u) = \frac{u}{2}</math>.
::<math>x = \frac{u}{2}</math>
: Als Legendre-Transformierte <math>f^*</math> von <math>f</math> ergibt sich damit
:<math>g(u) = \pm ( f(x(u)) - ux(u)) = \mp\frac{u^2}{4} \pm 1</math>
:: <math>f^*(u) = ux(u) - f(x(u)) = \frac{u^2}{2} - \left(\frac{u^2}{4} + 1\right) = \frac{u^2}{4} - 1</math>.
* Für die [[Exponentialfunktion]] <math>f(x) = e^x</math>  gilt <math>u = f'(x) = e^x</math>, also
:: <math>x(u) = (f')^{-1}(u) = \ln(u)</math>.
: Als Legendre-Transformierte <math>f^*</math> von <math>f</math> ergibt sich damit
:: <math>f^*(u) = ux(u) - f(x(u)) = u \ln(u) - u</math>
: für <math>u > 0</math>.
* Gegeben sei eine [[Symmetrische Matrix|symmetrische]] und  [[Definitheit|positiv definite]] Matrix <math>A \in \R^{n \times n}</math>. Dann ist die durch <math>A</math> definierte [[quadratische Form]] <math>f \colon \R^n \to \R</math> mit <math>f(x) = \langle x, Ax \rangle</math> eine konvexe Funktion. Die durch <math>g(x) = \langle u,x \rangle - f(x)</math> mit <math>u \in \R^n</math> definierte Funktion hat den [[Gradient (Mathematik)|Gradienten]] <math>u - 2Ax</math> und die negativ definite [[Hesse-Matrix]] <math>-2A</math>. Die Funktion <math>g</math> nimmt daher an der Stelle <math>x = \tfrac{1}{2}A^{-1}u</math> ihr eindeutig bestimmtes globales Maximum an, d.&nbsp;h. für die Legendre-Transformierte <math>f^*</math> von <math>f</math> gilt
:: <math>f^*(u) = \sup_{x\in \R^n}(\langle u,x\rangle-f(x)) = g\left(\tfrac{1}{2}A^{-1}u\right) = \tfrac{1}{4}\langle u, A^{-1} u \rangle</math>.


== Bei Abhängigkeit von mehreren Variablen ==
== Bei Abhängigkeit von mehreren Variablen ==
Die Änderung der Abhängigkeit einer Funktion <math>f(x,y)</math> von einer unabhängigen Variablen <math>x</math> zu einer anderen <math>u</math> mittels einer [[Partielle Ableitung|partiellen Ableitung]] von <math>f</math> nach <math>x</math> ist:
Die Änderung der Abhängigkeit einer Funktion <math>f(x,y)</math> von einer unabhängigen Variablen <math>x</math> zu einer anderen <math>u</math> mittels einer [[Partielle Ableitung|partiellen Ableitung]] von <math>f</math> nach <math>x</math> ist:


:<math>u = \frac{\partial f}{\partial x}</math>.  
:<math>u = \frac{\partial f}{\partial x}</math>.


Hierbei stellt <math>u(x,y)</math> geometrisch die [[Steigung]] in x-Richtung der Tangentenebene an die Funktion <math>f(x,y)</math> dar. Daher spricht man von [[Berührungstransformation]]. Die Funktion <math>F(u,y)</math> wird als ''Legendre-Transformierte bezüglich der Variablen <math>x</math>'' bezeichnet.
Hierbei stellt <math>u(x,y)</math> geometrisch die [[Steigung]] in x-Richtung der Tangentenebene an die Funktion <math>f(x,y)</math> dar. Daher spricht man von [[Berührungstransformation]]. Die Funktion <math>F(u,y)</math> wird als ''Legendre-Transformierte bezüglich der Variablen <math>x</math>'' bezeichnet.
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Die Legendre-Transformierte lässt sich wie folgt herleiten. Der Wert von <math>f(x,y)</math> kann alternativ als
Die Legendre-Transformierte lässt sich wie folgt herleiten. Der Wert von <math>f(x,y)</math> kann alternativ als


:<math>f(x,y) \approx f(x_0,y)+\frac{\partial f} {\partial x} \Delta x,\; \Delta x = x-x_0</math>  
:<math>f(x,y) \approx f(x_0,y)+\frac{\partial f} {\partial x} \Delta x,\; \Delta x = x-x_0</math>


geschrieben werden. Definiert man nun <math>f(x_0,y) \equiv F(u,y)</math>, erhält man für die Legendre-Transformierte
geschrieben werden. Definiert man nun <math>f(x_0,y) \equiv F(u,y)</math>, erhält man für die Legendre-Transformierte
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Meistens wird <math>x_0 = 0</math> gewählt, und somit folgt
Meistens wird <math>x_0 = 0</math> gewählt, und somit folgt


:<math>F(u,y) = f(x,y)-\frac{\partial f}{\partial x} x</math>.  
:<math>F(u,y) = f(x,y)-\frac{\partial f}{\partial x} x</math>.


Für letztere Definition ist die Legendre-Transformierte die <math>y</math>-Komponente des Schnittpunkts der Tangentenebene an <math>f(x,y)</math> mit der Ebene <math>x=0</math>. Für Funktionen in der Ebene spricht man vom Achsenabschnitt (siehe auch [[Geradengleichung]]).
Für letztere Definition ist die Legendre-Transformierte die <math>y</math>-Komponente des Schnittpunkts der Tangentenebene an <math>f(x,y)</math> mit der Ebene <math>x=0</math>. Für Funktionen in der Ebene spricht man vom Achsenabschnitt (siehe auch [[Geradengleichung]]).
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:<math>\mathrm{d}(f(x,y) - u x) = \mathrm{d}f(x,y) - x\,\mathrm{d}u - u\,\mathrm{d}x =  \frac{\partial f} {\partial x} \mathrm{d}x + \frac{\partial f} {\partial y} \mathrm{d}y - x \mathrm{d}u - u \mathrm{d}x = \frac{\partial f} {\partial y} \mathrm{d}y - x\,\mathrm{d}u = \mathrm{d}F(u,y)</math>.
:<math>\mathrm{d}(f(x,y) - u x) = \mathrm{d}f(x,y) - x\,\mathrm{d}u - u\,\mathrm{d}x =  \frac{\partial f} {\partial x} \mathrm{d}x + \frac{\partial f} {\partial y} \mathrm{d}y - x \mathrm{d}u - u \mathrm{d}x = \frac{\partial f} {\partial y} \mathrm{d}y - x\,\mathrm{d}u = \mathrm{d}F(u,y)</math>.
== Verallgemeinerungen ==
=== Legendre-Fenchel-Transformation ===
Die '''Legendre-[[Werner Fenchel|Fenchel]]-Transformation'''<ref>{{Internetquelle|url=https://www.math.univ-toulouse.fr/~jbhu/A_note_on_the_LF_transform.pdf|titel=A note on the LF transform|abruf=2021-02-03}}</ref> (auch '''Konvex-Konjugierte''' genannt), ist die Verallgemeinerung der Legendre-Transformation für allgemeine Funktionen. Sei <math>f:X\to \mathbb{R}\cup \{\infty\}</math> eine Funktion, dann ist die Legendre-Fenchel-Transformation <math>\Lambda^*_f:X^*\to \mathbb{R}\cup \{\infty\}</math>, also eine Funktion auf dem [[Dualraum#Topologischen Dualraum|Topologischen Dualraum]] <math>X^*</math>, gegeben durch
:<math>\Lambda^*_f(x^*)=\sup\limits_{x\in X}\{\langle x,x^*\rangle-f(x)\}</math>
wobei es sich bei <math>\langle .,.\rangle</math> um die [[duale Paarung]] handelt.


== Anwendungsgebiete ==
== Anwendungsgebiete ==
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Die Legendre-Transformation spielt – wie die [[Berührungstransformation]]en insgesamt – des Weiteren eine Rolle in der [[Mechanik]], der [[Variationsrechnung]] und in der Theorie der [[Partielle Differentialgleichung|partiellen Differentialgleichungen 1. Ordnung]]. In der Mechanik verwendet man die obere Vorzeichenkonvention (<math>g=ux-f</math>).
Die Legendre-Transformation spielt – wie die [[Berührungstransformation]]en insgesamt – des Weiteren eine Rolle in der [[Mechanik]], der [[Variationsrechnung]] und in der Theorie der [[Partielle Differentialgleichung|partiellen Differentialgleichungen 1. Ordnung]]. In der Mechanik verwendet man die obere Vorzeichenkonvention (<math>g=ux-f</math>).


== Beispiele ==
== Beispiele von Anwendungen in der Physik ==


In der [[:Kategorie:Theoretische_Mechanik|Analytischen Mechanik]] gewinnt man durch Legendre-Transformation aus der [[Lagrangefunktion]] die [[Hamiltonfunktion]] und umgekehrt:
In der [[Analytische Mechanik|analytischen Mechanik]] gewinnt man durch Legendre-Transformation aus der [[Lagrangefunktion]] die [[Hamiltonfunktion]] und umgekehrt:


:<math>H(q,p)=p\,\dot{q}(q,p)-L(q,\dot{q}(q,p))\quad\text{mit}\quad p=\frac{\partial L}{\partial\dot{q}}</math>
:<math>H(q,p)=p\,\dot{q}(q,p)-L(q,\dot{q}(q,p))\quad\text{mit}\quad p=\frac{\partial L}{\partial\dot{q}}</math>


In der [[Thermodynamik]] kann man durch Legendre-Transformation aus der [[Fundamentalgleichung|Fundamentalgleichung der Thermodynamik]] die [[Thermodynamisches Potential|thermodynamischen Potentiale]] ableiten. Dabei findet beispielsweise ein Übergang von der [[Innere Energie|inneren Energie]] ''U'' (abhängig von der [[Entropie (Thermodynamik)|Entropie]] ''S'') zur [[Helmholtz-Energie]] ''F'' (abhängig von der [[Temperatur]] ''T'') statt. Im Fall eines idealen Gases gilt also:
In der [[Thermodynamik]] kann man durch Legendre-Transformation aus der [[Fundamentalgleichung|Fundamentalgleichung der Thermodynamik]] die [[Thermodynamisches Potential|thermodynamischen Potentiale]] ableiten. Dabei findet beispielsweise ein Übergang von der [[Innere Energie|inneren Energie]] <math>U</math> (abhängig von der [[Entropie (Thermodynamik)|Entropie]] <math>S</math>) zur [[Helmholtz-Energie]] <math>F</math> (abhängig von der [[Temperatur]] <math>T</math>) statt. Im Fall eines idealen Gases gilt also:


:<math>F(T,V,N) = U(S,V,N) - \left(\frac{\partial U}{\partial S}\right)_{V,N} \cdot S = U - T S</math>
:<math>F(T,V,N) = U(S,V,N) - \left(\frac{\partial U}{\partial S}\right)_{V,N} \cdot S = U - T S</math>.


Die hier verwendete Ableitungsnotation bedeutet Ableitung der Funktion ''U(S,V,N)'' nach ''S'', wobei ''V'' und ''N'' konstant gehalten werden.
Die hier verwendete Ableitungsnotation bedeutet Ableitung der Funktion <math>U(S,V,N)</math> nach <math>S</math>, wobei <math>V</math> und <math>N</math> konstant gehalten werden.


Analog dazu ist auch ein Übergang von einem thermodynamischen Potential zu einem anderen möglich, beispielsweise von der [[Enthalpie]] ''H'' zur [[Gibbs-Energie]] ''G'':
Analog dazu ist auch ein Übergang von einem thermodynamischen Potential zu einem anderen möglich, beispielsweise von der [[Enthalpie]] <math>H</math> zur [[Gibbs-Energie]] <math>G</math>:


:<math>G(T,p,N) = H(S,p,N) - \left(\frac{\partial H}{\partial S}\right)_{p,N} \cdot S = (U + p V) - T S</math>
:<math>G(T,p,N) = H(S,p,N) - \left(\frac{\partial H}{\partial S}\right)_{p,N} \cdot S = (U + p V) - T S</math>.


Auf die gleiche Weise erhält man auch die anderen thermodynamischen Potentiale, wobei durch eine Legendre-Transformation immer eine generalisierte Koordinate durch die konjugierte thermodynamische Kraft ersetzt wird.
Auf die gleiche Weise erhält man auch die anderen thermodynamischen Potentiale, wobei durch eine Legendre-Transformation immer eine generalisierte Koordinate durch die konjugierte thermodynamische Kraft ersetzt wird.


==Weblinks==
== Weblinks ==
 
* {{Internetquelle |url=https://www.uni-muenster.de/Physik.TP/archive/fileadmin/lehre/Physik_II_SS_15/Die_Legendre-Transformation_als_anschauliches_Mittel_der_Variablentransformation_in_der_Physik.pdf |autor=Alexander Leifhelm |titel=Die Legendre-Transformation als geometrisches Mittel der Variablentransformation in der Physik |datum=2015-10-12 |format=PDF |zugriff=2019-08-04}}
[http://arxiv.org/pdf/0806.1147v2.pdf Making Sense of the Legendre Transform] (PDF; 231&nbsp;kB) by R. K. P. Zia, Edward F. Redish and Susan R. McKay
* [https://arxiv.org/pdf/0806.1147v2.pdf Making Sense of the Legendre Transform] (PDF; 231&nbsp;kB) by R. K. P. Zia, Edward F. Redish and Susan R. McKay


== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Analysis]]
[[Kategorie:Analysis]]
[[Kategorie:Theoretische_Mechanik]]
[[Kategorie:Theoretische Mechanik]]
[[Kategorie:Thermodynamik]]
[[Kategorie:Thermodynamik]]
[[Kategorie:Transformation]]
[[Kategorie:Transformation]]

Aktuelle Version vom 19. April 2021, 20:50 Uhr

Die Legendre-Transformation (nach Adrien-Marie Legendre) gehört zu den Berührungstransformationen und dient als wichtiges mathematisches Verfahren zur Variablentransformation.

Eine Verallgemeinerung der Legendre-Transformation auf allgemeine Räume und nicht-konvexe Funktionen ist die Legendre-Fenchel-Transformation (auch Konvex-Konjugierte genannt).

Definition

In einer Variablen

Sei $ f\colon D\subseteq \mathbb {R} \to \mathbb {R} $ eine streng konvexe Funktion einer reellen Variablen. Die Legendre-Transformierte $ f^{*}\colon D^{*}\to \mathbb {R} $ ist dann definiert als

$ f^{*}(u)=\sup _{x\in D}(ux-f(x)),\quad u\in D^{*}:=\left\{u\in \mathbb {R} :\sup _{x\in D}(ux-f(x))<\infty \right\} $

Dabei ist mit $ \sup $ das Supremum gemeint.

Für eine differenzierbare streng konvexe Funktion $ f\colon D\subseteq \mathbb {R} \to \mathbb {R} $ mit invertierbarer erster Ableitung lässt sich das Supremum mit Mitteln aus der elementaren Analysis auswerten. Die Funktion $ x\mapsto ux-f(x) $ nimmt wegen der strengen Konkavität von $ ux-f(x) $ an der (eindeutigen) Stelle, an der die Ableitung $ 0 $ ist, ein absolutes Maximum an. Daraus folgt, dass an der Stelle $ x(u)=(f')^{-1}(u) $ das Supremum in $ f^{*} $ angenommen wird. Somit gilt:

$ f^{*}(u)=ux(u)-f(x(u))=u\,(f')^{-1}(u)-f((f')^{-1}(u)) $

In mehreren Variablen

Ähnlich wie in einer Dimension kann die Legendre-Transformation auch in höheren Dimensionen definiert werden. Sei $ X\subset \mathbb {R} ^{n} $ konvex und $ f\colon X\to \mathbb {R} $ eine streng konvexe Funktion. Dann ist die Legendre-Transformierte $ f^{*}\colon D^{*}\to \mathbb {R} $ mit Definitionsmenge $ D^{*}:=\left\{u\in \mathbb {R} ^{n}:\sup _{x\in D}(\langle u,x\rangle -f(x))<\infty \right\} $ und Standardskalarprodukt $ \langle \cdot ,\cdot \rangle $ definiert als

$ f^{*}(u)=\sup _{x\in D}(\langle u,x\rangle -f(x)),\quad u\in D^{*} $

Geometrische Bedeutung

Anschauliche Darstellung der Legendre-Transformation

Geometrisch lässt sich der Sachverhalt wie in der Abbildung veranschaulichen: Die Kurve (rot) kann, statt die Punktmenge anzugeben, aus der sie besteht, auch durch die Menge aller Tangenten charakterisiert werden, die sie einhüllen. Genau das passiert bei der Legendre-Transformation. Die Transformierte $ f^{*}(u)=ux(u)-f(x(u)) $ ordnet der Steigung $ u $ einer jeden Tangente deren negativen y-Achsenabschnitt zu. Es ist also eine Beschreibung derselben Kurve – nur über einen anderen Parameter, nämlich $ u $ statt $ x $.

Beispiele

  • Gegeben sei die Funktion $ f(x)=x^{2}+1 $. Dann gilt $ u=f'(x)=2x $, also
$ x(u)=(f')^{-1}(u)={\frac {u}{2}} $.
Als Legendre-Transformierte $ f^{*} $ von $ f $ ergibt sich damit
$ f^{*}(u)=ux(u)-f(x(u))={\frac {u^{2}}{2}}-\left({\frac {u^{2}}{4}}+1\right)={\frac {u^{2}}{4}}-1 $.
  • Für die Exponentialfunktion $ f(x)=e^{x} $ gilt $ u=f'(x)=e^{x} $, also
$ x(u)=(f')^{-1}(u)=\ln(u) $.
Als Legendre-Transformierte $ f^{*} $ von $ f $ ergibt sich damit
$ f^{*}(u)=ux(u)-f(x(u))=u\ln(u)-u $
für $ u>0 $.
  • Gegeben sei eine symmetrische und positiv definite Matrix $ A\in \mathbb {R} ^{n\times n} $. Dann ist die durch $ A $ definierte quadratische Form $ f\colon \mathbb {R} ^{n}\to \mathbb {R} $ mit $ f(x)=\langle x,Ax\rangle $ eine konvexe Funktion. Die durch $ g(x)=\langle u,x\rangle -f(x) $ mit $ u\in \mathbb {R} ^{n} $ definierte Funktion hat den Gradienten $ u-2Ax $ und die negativ definite Hesse-Matrix $ -2A $. Die Funktion $ g $ nimmt daher an der Stelle $ x={\tfrac {1}{2}}A^{-1}u $ ihr eindeutig bestimmtes globales Maximum an, d. h. für die Legendre-Transformierte $ f^{*} $ von $ f $ gilt
$ f^{*}(u)=\sup _{x\in \mathbb {R} ^{n}}(\langle u,x\rangle -f(x))=g\left({\tfrac {1}{2}}A^{-1}u\right)={\tfrac {1}{4}}\langle u,A^{-1}u\rangle $.

Bei Abhängigkeit von mehreren Variablen

Die Änderung der Abhängigkeit einer Funktion $ f(x,y) $ von einer unabhängigen Variablen $ x $ zu einer anderen $ u $ mittels einer partiellen Ableitung von $ f $ nach $ x $ ist:

$ u={\frac {\partial f}{\partial x}} $.

Hierbei stellt $ u(x,y) $ geometrisch die Steigung in x-Richtung der Tangentenebene an die Funktion $ f(x,y) $ dar. Daher spricht man von Berührungstransformation. Die Funktion $ F(u,y) $ wird als Legendre-Transformierte bezüglich der Variablen $ x $ bezeichnet.

Die Legendre-Transformierte lässt sich wie folgt herleiten. Der Wert von $ f(x,y) $ kann alternativ als

$ f(x,y)\approx f(x_{0},y)+{\frac {\partial f}{\partial x}}\Delta x,\;\Delta x=x-x_{0} $

geschrieben werden. Definiert man nun $ f(x_{0},y)\equiv F(u,y) $, erhält man für die Legendre-Transformierte

$ F(u,y)=f(x,y)-{\frac {\partial f}{\partial x}}\Delta x $.

Meistens wird $ x_{0}=0 $ gewählt, und somit folgt

$ F(u,y)=f(x,y)-{\frac {\partial f}{\partial x}}x $.

Für letztere Definition ist die Legendre-Transformierte die $ y $-Komponente des Schnittpunkts der Tangentenebene an $ f(x,y) $ mit der Ebene $ x=0 $. Für Funktionen in der Ebene spricht man vom Achsenabschnitt (siehe auch Geradengleichung).

Praktisch erfolgt also der Austausch der unabhängigen Variablen durch Subtraktion des Produkts aus alter und neuer Variable $ ux $ von der Ausgangsfunktion:

$ F(u,y)=f(x,y)-ux $.

Dies wird auch bei Betrachtung des totalen Differentials der Legendre-Transformierten deutlich:

$ \mathrm {d} (f(x,y)-ux)=\mathrm {d} f(x,y)-x\,\mathrm {d} u-u\,\mathrm {d} x={\frac {\partial f}{\partial x}}\mathrm {d} x+{\frac {\partial f}{\partial y}}\mathrm {d} y-x\mathrm {d} u-u\mathrm {d} x={\frac {\partial f}{\partial y}}\mathrm {d} y-x\,\mathrm {d} u=\mathrm {d} F(u,y) $.

Verallgemeinerungen

Legendre-Fenchel-Transformation

Die Legendre-Fenchel-Transformation[1] (auch Konvex-Konjugierte genannt), ist die Verallgemeinerung der Legendre-Transformation für allgemeine Funktionen. Sei $ f:X\to \mathbb {R} \cup \{\infty \} $ eine Funktion, dann ist die Legendre-Fenchel-Transformation $ \Lambda _{f}^{*}:X^{*}\to \mathbb {R} \cup \{\infty \} $, also eine Funktion auf dem Topologischen Dualraum $ X^{*} $, gegeben durch

$ \Lambda _{f}^{*}(x^{*})=\sup \limits _{x\in X}\{\langle x,x^{*}\rangle -f(x)\} $

wobei es sich bei $ \langle .,.\rangle $ um die duale Paarung handelt.

Anwendungsgebiete

Verwendung in der Physik findet die Legendre-Transformation vor allem in der (statistischen) Thermodynamik (z. B. Umwandlung der Fundamentalgleichung bzw. beim Übergang zwischen thermodynamischen Potentialen unter verschiedenen Randbedingungen) und beim Übergang von der Lagrangeschen zur Hamiltonschen Mechanik (Lagrange-Funktion zu Hamilton-Funktion). In der Thermodynamik verwendet man die untere Vorzeichenkonvention ($ g=f-ux $).

Die Legendre-Transformation spielt – wie die Berührungstransformationen insgesamt – des Weiteren eine Rolle in der Mechanik, der Variationsrechnung und in der Theorie der partiellen Differentialgleichungen 1. Ordnung. In der Mechanik verwendet man die obere Vorzeichenkonvention ($ g=ux-f $).

Beispiele von Anwendungen in der Physik

In der analytischen Mechanik gewinnt man durch Legendre-Transformation aus der Lagrangefunktion die Hamiltonfunktion und umgekehrt:

$ H(q,p)=p\,{\dot {q}}(q,p)-L(q,{\dot {q}}(q,p))\quad {\text{mit}}\quad p={\frac {\partial L}{\partial {\dot {q}}}} $

In der Thermodynamik kann man durch Legendre-Transformation aus der Fundamentalgleichung der Thermodynamik die thermodynamischen Potentiale ableiten. Dabei findet beispielsweise ein Übergang von der inneren Energie $ U $ (abhängig von der Entropie $ S $) zur Helmholtz-Energie $ F $ (abhängig von der Temperatur $ T $) statt. Im Fall eines idealen Gases gilt also:

$ F(T,V,N)=U(S,V,N)-\left({\frac {\partial U}{\partial S}}\right)_{V,N}\cdot S=U-TS $.

Die hier verwendete Ableitungsnotation bedeutet Ableitung der Funktion $ U(S,V,N) $ nach $ S $, wobei $ V $ und $ N $ konstant gehalten werden.

Analog dazu ist auch ein Übergang von einem thermodynamischen Potential zu einem anderen möglich, beispielsweise von der Enthalpie $ H $ zur Gibbs-Energie $ G $:

$ G(T,p,N)=H(S,p,N)-\left({\frac {\partial H}{\partial S}}\right)_{p,N}\cdot S=(U+pV)-TS $.

Auf die gleiche Weise erhält man auch die anderen thermodynamischen Potentiale, wobei durch eine Legendre-Transformation immer eine generalisierte Koordinate durch die konjugierte thermodynamische Kraft ersetzt wird.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. A note on the LF transform. Abgerufen am 3. Februar 2021.