Kerr-Effekt: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Kerr-Effekt''' (genauer: der '''elektrooptische Kerr-Effekt''') ist ein Effekt der [[Nichtlineare Optik|nichtlinearen Optik]]. Er ist (wie der [[Pockels-Effekt]]) ein Spezialfall des allgemeinen [[elektrooptischer Effekt|elektrooptischen Effekts]] und beschreibt die Änderung der optischen Eigenschaften eines Materials durch Anlegen eines äußeren [[elektrisches Feld|elektrischen Feldes]]. Er wird z. B. in der [[Kerr-Zelle]] und in der [[Kerr-Linse]] angewandt.
{{Dieser Artikel|behandelt einen Effekt in der Elektrooptik. Für den gleichnamigen Effekt in der Magnetooptik siehe [[magnetooptischer Kerr-Effekt]].}}
Der '''elektrooptische Kerr-Effekt''', auch '''Kerr-Effekt''' (nach [[John Kerr (Physiker)|John Kerr]], der ihn 1875 entdeckte<ref>{{Literatur |Autor=John Kerr |Titel=A new relation between electricity and light: Dielectrified media birefringent |Sammelwerk=Philosophical Magazine |Band=50 |Nummer=332 |Datum=1875-11 |Seiten=337–348 |DOI=10.1080/14786447508641302}}</ref>) oder '''quadratischer [[Elektrooptik|elektrooptischer]] Effekt''', ist ein [[Nichtlineare Optik|nichtlinearer]] Spezialfall des allgemeinen [[Elektrooptischer Effekt|elektrooptischen Effekts]]. Dieser beschreibt die Änderung der [[optisch]]en Eigenschaften eines Materials durch Anlegen eines äußeren [[Elektrisches Feld|elektrischen Feldes]]; der lineare Spezialfall des elektrooptischen Effekts ist der [[Pockels-Effekt]].


== Geschichte ==
Der elektrooptische Kerr-Effekt wird z.&nbsp;B. in der [[Kerr-Zelle]] und in der [[Kerr-Linse]] angewandt.
Der Kerr-Effekt ist nach dem schottischen Theologen und Physiker [[John Kerr (Physiker)|John Kerr]] (1824–1907) benannt, der ihn 1875 entdeckte. Der oben beschriebene Kerr-Effekt wird auch als '''quadratischer elektrooptischer Effekt''' bezeichnet, im Unterschied zum 1876 entdeckten [[Magnetooptischer Kerr-Effekt|magnetooptischen Kerr-Effekt]].


== Erklärung ==
== Erklärung ==
Das Anlegen eines elektrischen Feldes <math>E</math> an ein Medium verändert unter anderem seine optischen Eigenschaften, da dieses eine ([[Nichtlineares System|nichtlineare]]) Neuausrichtung bzw. Neuorientierung der verschiedenen [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]] im Material verursacht. Dieser Prozess zieht unter anderem eine Veränderung des [[Brechungsindex]] <math>n(E)</math> des Materials nach sich, welche mathematisch durch eine [[Taylor-Reihe]] entwickelt werden kann:
Das Anlegen eines elektrischen Feldes der [[Elektrische Feldstärke|Feldstärke]] <math>E</math> an ein Medium verändert u.&nbsp;a. dessen optische Eigenschaften, da es eine [[Nichtlineares System|nichtlineare]] Neuausrichtung bzw. Neuorientierung der [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]] im Material verursacht. Dieser Prozess zieht u.&nbsp;a. eine Veränderung des [[Brechungsindex]] <math>n(E)</math> des Materials nach sich, die mathematisch durch eine [[Taylor-Reihe]] entwickelt werden kann:


:<math>n(E) = n_0+S_1 \cdot E + S_2 \cdot E^{2} + \dots</math>
:<math>n(E) = n_0+S_1 \cdot E + S_2 \cdot E^{2} + \dots</math>


Die höheren Ordnungen des nichtlinearen Brechungsindex können mit Hilfe der [[Kramers-Kronig-Relation]] aus der [[frequenz]]<nowiki/>abhängigen [[Absorption (Physik)|Absorption]] des Mediums ermittelt werden. Der <math>S_2</math>-Term verursacht den elektrischen ''Kerr-Effekt'', wohingegen der optische ''Kerr-Effekt'' den Fall beschreibt, bei dem alle Parameter <math>S_1,S_3,\dots</math> gegenüber dem Parameter <math>S_2</math> vernachlässigbar sind: Das Material zeigt eine Änderung des Brechungsindex von [[Doppelbrechung #Ordentlicher und außerordentlicher Strahl|ordentlicher&nbsp;(o) und außerordentlicher&nbsp;(e) Achse]] proportional zum Quadrat der angelegten [[Elektrische Feldstärke|elektrischen Feldstärke]]:
Die höheren Ordnungen des nichtlinearen Brechungsindex können mit Hilfe der [[Kramers-Kronig-Relation]] aus der [[frequenz]]<nowiki />abhängigen [[Absorption (Physik)|Absorption]] des Mediums ermittelt werden. Der <math>S_2</math>-Term verursacht den elektrischen ''Kerr-Effekt'', wohingegen der optische ''Kerr-Effekt'' den Fall beschreibt, bei dem alle Parameter <math>S_1,S_3,\dots</math> gegenüber dem Parameter <math>S_2</math> vernachlässigbar sind: Das Material zeigt eine Änderung des Brechungsindex von [[Doppelbrechung #Ordentlicher und außerordentlicher Strahl|ordentlicher&nbsp;(o) und außerordentlicher&nbsp;(e) Achse]] proportional zum Quadrat der angelegten elektrischen Feldstärke:


:<math>|n_{\rm o}-n_{\rm e}|\propto E^{2}.</math>
:<math>|n_{\rm o} - n_{\rm e}|\propto E^{2}.</math>


Die Folge ist, dass das Material eine [[Doppelbrechung]] erzeugen kann. Die „Stärke“ des Kerr-Effekts hängt von den Materialeigenschaften ab. Er ist in einigen [[Transparenz (Physik)|transparenten]] Medien wie z.&nbsp;B. einigen [[Kristall]]en und [[Flüssigkeit]]en besonders stark ausgeprägt und damit gut zu beobachten. Weiterhin hängt der Kerr-Effekt von der [[Ausbreitungsrichtung]] und [[Polarisation]] des Lichtes im Material und von der Richtung und Stärke des elektrischen Feldes im Verhältnis zu den [[Optische Achse (Kristalloptik)|Kristallachsen]] ab.
Die Folge ist, dass das Material eine [[Doppelbrechung]] erzeugen kann.


In den meisten Fällen ist die durch den Kerr-Effekt verursachte Änderung des Brechungsindex minimal: in Kristallen in der Größenordnung von&nbsp;10<sup>−4</sup> und in Flüssigkeiten von&nbsp;10<sup>−9</sup>. Wenn sich Licht jedoch im Material über eine längere Distanz (sprich: ein paar tausend Wellenlängen) fortbewegt, kumuliert sich der Effekt und man kann durch Anlegen des elektrischen Feldes eine [[Phasenverschiebung]] von&nbsp;0 bis <math>2\pi</math> erreichen.
Die „Stärke“ des Kerr-Effekts hängt von den Materialeigenschaften ab, in einigen [[Transparenz (Physik)|transparenten]] Medien, z.&nbsp;B. einigen [[Kristall]]en und [[Flüssigkeit]]en, ist er besonders stark und damit gut zu beobachten, weiterhin von der [[Ausbreitungsrichtung]] und [[Polarisation]] des Lichtes im Material sowie von der Richtung und Stärke des elektrischen Feldes im Verhältnis zu den [[Optische Achse (Kristalloptik)|Kristallachsen]].
 
In den meisten Fällen ist die durch den Kerr-Effekt verursachte Änderung des Brechungsindex nur sehr klein: in Kristallen in der Größenordnung von&nbsp;10<sup>−4</sup> und in Flüssigkeiten von&nbsp;10<sup>−9</sup>. Wenn sich Licht jedoch im Material über eine längere Distanz (sprich: einige tausend [[Wellenlänge]]n) fortbewegt, kumuliert sich der Effekt, und man kann durch Anlegen des elektrischen Feldes eine [[Phasenverschiebung]] von&nbsp;0 bis <math>2\pi</math> erreichen.


== Andere Herangehensweise ==
== Andere Herangehensweise ==
Der Kerr-Effekt beschreibt die Beeinflussbarkeit des Polarisationszustandes von Licht durch äußere elektrische Felder.
Der Kerr-Effekt beschreibt die Beeinflussbarkeit des [[Polarisation]]szustandes von Licht durch äußere elektrische Felder.
Ausgangspunkt bildet ein optisch [[isotrop]]es Medium (z.&nbsp;B. Flüssigkeiten), in dem sich anisotrop polarisierbare, also längliche Moleküle befinden. Durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes <math> E_K </math> wird ein [[Elektrisches Dipolmoment|Dipolmoment]] [[Elektromagnetische Induktion|induziert]], was zu einer Ausrichtung der meisten dieser länglichen Moleküle führt. Obwohl auf Grund der [[Thermische Bewegung|thermischen Aktivität]] der Flüssigkeiten (z.&nbsp;B. Wasser) nicht alle Moleküle ausgerichtet werden, reicht die Anzahl der ausgerichteten Moleküle aus, um eine [[Doppelbrechung]] zu bewirken.
Ausgangspunkt bildet ein optisch [[isotrop]]es Medium (z.&nbsp;B. Flüssigkeiten), in dem sich anisotrop [[Polarisierbarkeit|polarisierbare]], also längliche Moleküle befinden. Durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes <math> E_K </math> wird ein [[Elektrisches Dipolmoment|Dipolmoment]] [[Elektromagnetische Induktion|induziert]], was zu einer Ausrichtung der meisten dieser länglichen Moleküle führt. Obwohl auf Grund der [[Thermische Bewegung|thermischen Aktivität]] der Flüssigkeiten (z.&nbsp;B. Wasser) nicht alle Moleküle ausgerichtet werden, reicht die Anzahl der ausgerichteten Moleküle aus, um eine [[Doppelbrechung]] zu bewirken.
 
Dabei erhält das parallel zu <math> E_K </math> polarisierte Licht einen anderen [[Brechungsindex]], nämlich
 
:<math> n_p = n_{e} </math>
 
mit <math> n_{e} </math> als außerordentlichem Brechungsindex
 
und
 
:<math> n_s = n_o </math>


mit <math> n_o </math> als ordentlichem Brechungsindex.
Dabei erhält das parallel zu <math>E_K</math> polarisierte Licht einen anderen bzw. außerordentlichen [[Brechungsindex]] <math>n_{e}</math> als der ordentliche Brechungsindex <math>n_o</math>.


Die Differenz zwischen beiden beträgt:
Die Differenz zwischen beiden beträgt:


:<math> \Delta n = n_{e} - n_o = \lambda \cdot K \cdot E_K^2 </math>
:<math>\Delta n = n_{e} - n_o = \lambda \cdot K \cdot E_K^2</math>


mit
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* der [[Wellenlänge]] <math>\lambda</math>
* der [[Wellenlänge]] <math>\lambda</math>
* einer Konstanten ''K''.
* einer Konstanten&nbsp;''K''.


== Siehe auch ==
== Literatur ==
* [[Faraday-Effekt]]
* {{Literatur
* [[Selbstphasenmodulation]]
  |Autor=P. P. Ho, R. R. Alfano
* [[Kohlenstoffdisulfid#Verwendung_und_Reaktionen|Kohlenstoffdisulfid]]
  |Titel=Optical Kerr effect in liquids
  |Sammelwerk=Physical Review A
  |Band=20
  |Nummer=5
  |Datum=1979-10
  |Seiten=2170
  |DOI=10.1103/PhysRevA.20.2170}}
* Otto Ernst Mittelstaedt: ''Die Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit unter Verwendung des elektrooptischen Kerr-Effektes,'' Bibliographisches Institut, Leipzig 1928, {{DNB|570598672}} (Philosophische Dissertation Universität Leipzig 1928, 34 Seiten).


== Literatur ==
== Einzelnachweise ==
*{{Literatur |Autor=P. P. Ho, R. R. Alfano |Titel=Optical Kerr effect in liquids |Sammelwerk=Physical Review A |Band=20 |Nummer=5 |Jahr=1979 |Monat=Oktober |Seiten=2170 |DOI=10.1103/PhysRevA.20.2170}}
<references />


* Otto Ernst Mittelstaedt: ''Die Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit unter Verwendung des elektrooptischen Kerr-Effektes,'' Bibliographisches Institut, Leipzig 1928, {{DNB|570598672}} (Philosophische Dissertation Universität Leipzig 1928, 34 Seiten).
[[Kategorie:Nichtlineare Optik]]
[[Kategorie:Nichtlineare Optik]]
[[Kategorie:Optischer Effekt]]
[[Kategorie:Optischer Effekt]]
[[Kategorie:Elektrodynamik]]
[[Kategorie:Elektrodynamik]]

Aktuelle Version vom 5. April 2021, 07:06 Uhr

Der elektrooptische Kerr-Effekt, auch Kerr-Effekt (nach John Kerr, der ihn 1875 entdeckte[1]) oder quadratischer elektrooptischer Effekt, ist ein nichtlinearer Spezialfall des allgemeinen elektrooptischen Effekts. Dieser beschreibt die Änderung der optischen Eigenschaften eines Materials durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes; der lineare Spezialfall des elektrooptischen Effekts ist der Pockels-Effekt.

Der elektrooptische Kerr-Effekt wird z. B. in der Kerr-Zelle und in der Kerr-Linse angewandt.

Erklärung

Das Anlegen eines elektrischen Feldes der Feldstärke $ E $ an ein Medium verändert u. a. dessen optische Eigenschaften, da es eine nichtlineare Neuausrichtung bzw. Neuorientierung der Ladungsträger im Material verursacht. Dieser Prozess zieht u. a. eine Veränderung des Brechungsindex $ n(E) $ des Materials nach sich, die mathematisch durch eine Taylor-Reihe entwickelt werden kann:

$ n(E)=n_{0}+S_{1}\cdot E+S_{2}\cdot E^{2}+\dots $

Die höheren Ordnungen des nichtlinearen Brechungsindex können mit Hilfe der Kramers-Kronig-Relation aus der frequenzabhängigen Absorption des Mediums ermittelt werden. Der $ S_{2} $-Term verursacht den elektrischen Kerr-Effekt, wohingegen der optische Kerr-Effekt den Fall beschreibt, bei dem alle Parameter $ S_{1},S_{3},\dots $ gegenüber dem Parameter $ S_{2} $ vernachlässigbar sind: Das Material zeigt eine Änderung des Brechungsindex von ordentlicher (o) und außerordentlicher (e) Achse proportional zum Quadrat der angelegten elektrischen Feldstärke:

$ |n_{\rm {o}}-n_{\rm {e}}|\propto E^{2}. $

Die Folge ist, dass das Material eine Doppelbrechung erzeugen kann.

Die „Stärke“ des Kerr-Effekts hängt von den Materialeigenschaften ab, in einigen transparenten Medien, z. B. einigen Kristallen und Flüssigkeiten, ist er besonders stark und damit gut zu beobachten, weiterhin von der Ausbreitungsrichtung und Polarisation des Lichtes im Material sowie von der Richtung und Stärke des elektrischen Feldes im Verhältnis zu den Kristallachsen.

In den meisten Fällen ist die durch den Kerr-Effekt verursachte Änderung des Brechungsindex nur sehr klein: in Kristallen in der Größenordnung von 10−4 und in Flüssigkeiten von 10−9. Wenn sich Licht jedoch im Material über eine längere Distanz (sprich: einige tausend Wellenlängen) fortbewegt, kumuliert sich der Effekt, und man kann durch Anlegen des elektrischen Feldes eine Phasenverschiebung von 0 bis $ 2\pi $ erreichen.

Andere Herangehensweise

Der Kerr-Effekt beschreibt die Beeinflussbarkeit des Polarisationszustandes von Licht durch äußere elektrische Felder. Ausgangspunkt bildet ein optisch isotropes Medium (z. B. Flüssigkeiten), in dem sich anisotrop polarisierbare, also längliche Moleküle befinden. Durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes $ E_{K} $ wird ein Dipolmoment induziert, was zu einer Ausrichtung der meisten dieser länglichen Moleküle führt. Obwohl auf Grund der thermischen Aktivität der Flüssigkeiten (z. B. Wasser) nicht alle Moleküle ausgerichtet werden, reicht die Anzahl der ausgerichteten Moleküle aus, um eine Doppelbrechung zu bewirken.

Dabei erhält das parallel zu $ E_{K} $ polarisierte Licht einen anderen bzw. außerordentlichen Brechungsindex $ n_{e} $ als der ordentliche Brechungsindex $ n_{o} $.

Die Differenz zwischen beiden beträgt:

$ \Delta n=n_{e}-n_{o}=\lambda \cdot K\cdot E_{K}^{2} $

mit

Literatur

  • P. P. Ho, R. R. Alfano: Optical Kerr effect in liquids. In: Physical Review A. Band 20, Nr. 5, Oktober 1979, S. 2170, doi:10.1103/PhysRevA.20.2170.
  • Otto Ernst Mittelstaedt: Die Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit unter Verwendung des elektrooptischen Kerr-Effektes, Bibliographisches Institut, Leipzig 1928, DNB 570598672 (Philosophische Dissertation Universität Leipzig 1928, 34 Seiten).

Einzelnachweise

  1. John Kerr: A new relation between electricity and light: Dielectrified media birefringent. In: Philosophical Magazine. Band 50, Nr. 332, November 1875, S. 337–348, doi:10.1080/14786447508641302.