Die Toleranz bezeichnet den Zustand eines Systems, in dem eine von einer störenden Einwirkung verursachte Abweichung vom Normalzustand (noch) keine Gegenregulierung oder Gegenmaßnahme notwendig macht oder zur Folge hat. Im engeren Sinn ist Toleranz die Abweichung einer Größe vom Normzustand oder Normmaß, die die Funktion eines Systems gerade noch nicht gefährdet.
Durch eine geeignete Festlegung der Toleranzen zusammengehöriger Teile ist eine vollständige Austauschbarkeit jedes Teils und damit die Serienfertigung und Massenproduktion möglich. Toleranzen erlauben es auch, gezielt eine gewünschte Spiel- oder Übermaßpassung (Presspassung) zwischen zwei Teilen zu erreichen.
Für die Fertigung soll die Toleranz möglichst nicht nach der Ausschuss-Seite hin bestimmt werden. Als Fertigungs-Nennmaß kann beispielsweise ein Wert innerhalb der Toleranz sehr nahe am oberen Grenzmaß, dem Höchst- bzw. Größtmaß, gewählt werden (für Wellen), der die Wegnahme von Werkstoff innerhalb der Toleranz noch ermöglicht. Bei Bohrungen kann das Istmaß näher am unteren Grenzmaß, dem Mindest- bzw. Kleinstmaß, liegen, um bei einer späteren Nacharbeit noch in der Toleranz zu bleiben. Dies hat den Vorteil, dass die vom Konstrukteur vorgegebene und für die Funktion des Bauteils einzuhaltende Toleranz von der sicheren Seite aus besser ausgenutzt und bei einer Nichterreichung des Konstruktions-Nennmaßes das betreffende Werkstück ggf. nachgearbeitet werden kann.
Weitere Möglichkeiten sind geeignete Formgebung (abgerundete oder spitze Kontakte), Führungsstifte und Führungsschienen, Langlöcher, Justier- und Kalibriereinrichtungen und Ähnliches.
Die Toleranz bzw. „zulässige Abweichung vom Nennmaß“ ist eine konstruktions- und fertigungsbedingte Maßgröße. Sie bezeichnet die Differenz zwischen dem oberen und dem unteren Grenzmaß, also dem Höchst- und dem Mindestmaß. Innerhalb der Toleranz darf das Istmaß eines Werkstücks bzw. Bauteils vom jeweiligen Nennmaß (Null-Linie) abweichen. Maßtoleranzen begrenzen somit die zulässige Abweichung der Bauteilabmessungen.
Maßtoleranzen werden eingeteilt in:
Allgemeintoleranzen für Längen und Winkel (ISO 2768-1) gelten für alle nicht separat tolerierten Maße und Winkel einer Zeichnung. Die Allgemeintoleranzen werden in Klassen unterteilt. Im Schriftfeld einer Technischen Zeichnung wird mit dem Kürzel ISO 2768-m die Toleranz für die gesamte Zeichnung festgelegt. Darüber hinaus können dann innerhalb der Technischen Zeichnung weitere Toleranzen für bestimmte Maße eingetragen werden. Die Allgemeintoleranzen untergliedern sich in:
ISO-Toleranzsysteme gelten für Passungen (ISO 286, DIN 7154 und DIN 7155) und Passungsangaben nach ISO. ISO-Toleranzen mit ihren definierten Toleranzklassen (Lage und Größe eines Toleranzfeldes) sollten nur bei besonderen Funktions- und Passungsforderungen angewendet werden. Die Nennmaßbereiche beziehen sich immer auf die Nennmaße ohne Abzug oder Zuschlag jeglicher Toleranzen.
Die freie Toleranz kann nach drei unterschiedlichen Systemen auf der Zeichnung angegeben werden:
Es steht immer das Höchstmaß, bzw. das Abmaß, womit das Höchstmaß erreicht werden kann, oben / an erster Stelle. Die Grenzmaße ersetzen das Nennmaß auf der Maßlinie, wohingegen die Abweichung hinter dem Nennmaß steht. Bei Asymmetrischen Abmaßen dürfen auch beide Toleranzwerte dasselbe Vorzeichen erhalten oder gar gleich Null sein.
Form- und Lagetoleranzen, mit deren Hilfe die fertige Gestalt eines Werkstückes im Montage- oder Funktionszusammenhang toleriert wird. Dadurch können niedrigere Fertigungskosten erreicht als bei engeren Maßtoleranzen ohne Form- und Lagetoleranz.
Spezifische Formtoleranzen begrenzen die zulässige Abweichung eines Elementes von seiner geometrisch idealen Form. Sie bestimmen den Toleranzbereich, innerhalb der das Bauteil liegen muss. Zu den Formtoleranzen gehören: Geradheit, Ebenheit, Rundheit, Zylinderform, Linienprofil sowie die Flächenprofil. (Achtung: Linien- und Flächenprofil sind nur ohne Bezug als Formtoleranz zu werten. Mit Bezug handelt es sich um Lagetoleranzen.)
Spezifische Lagetoleranzen begrenzen die zulässigen Abweichungen von der idealen Lage zweier oder mehrerer Elemente zueinander. Zu den Lagetoleranzen gehören: Parallelität, Rechtwinkligkeit, Neigung, Position, Koaxialität, Konzentrizität, Symmetrie sowie die Lauftoleranzen: Rundlauf, Planlauf und die Gesamtlauftoleranzen: Gesamtrundlauf und Gesamtplanlauf.
Achtung: Bei Zeichnungen ohne Angabe zum Tolerierungsgrundsatz ist der Entstehungszeitpunkt zu beachten oder im Zweifelsfall der Ersteller zu fragen. Für Zeichnungen vor 2012 galt noch DIN 7167 (Hüllbedingung ohne Zeichnungseintrag). Für neue Zeichnungen gilt (gemäß ISO 14405-1) das Unabhängigkeitsprinzip nach ISO 8015.
Das gefertigte Formelement muss innerhalb der geometrisch idealen Hülle liegen. Für ein Dokument, z. B. eine Zeichnung, die vom Kunden an den Lieferanten weitergegeben wird und die Hüllbedingung als Tolerierungsgrundsatz festlegt, gilt:
Nach DIN 7167 galt automatisch die Hüllbedingung, wenn in einem Dokument (z. B. einer Zeichnung) kein Tolerierungsgrundsatz eingetragen wurde. Für das Außerkraftsetzen der Hüllbedingung war es erforderlich, die Norm EN ISO 8015 im Dokument anzugeben.
Seit April 2011 wurde jedoch die DIN 7167 zurückgezogen und durch die EN ISO 14405 ersetzt. Diese schreibt vor, dass standardmäßig das Unabhängigkeitsprinzip nach EN ISO 8015 gilt. Das Hüllprinzip muss nun also extra gekennzeichnet werden, wenn es angewandt werden soll, vorzugsweise mit „Size ISO 14405 E“ über dem Schriftfeld; alternativ: „DIN 7167“ oder bei Allgemeintoleranzen nach „ISO 2768 - mK - E“ durch das angehängte „E“ (siehe ISO 2768-2).
Maß-, Form-, Lage- und Oberflächentoleranzen sind jeweils unabhängig voneinander zu betrachten. Wenn in einem Dokument, z. B. einer Kundenzeichnung, das Unabhängigkeitsprinzip als Tolerierungsgrundsatz angegeben wurde, dann steht im Zeichnungskopf die Norm EN ISO 8015, die die Hüllbedingung außer Kraft setzt. Bei dieser Norm werden nur die wichtigsten Geometrieelemente in eine Hülle gepackt. Dies erfolgt durch die Eintragung eines „E“ zu dem jeweiligen Maß, für welches die Hüllbedingung gelten soll.
Nach ISO 14405-1 gilt das Unabhängigkeitsprinzip, wenn ein Dokument keinen Tolerierungsgrundsatz nennt. Da diese Regelung das genaue Gegenteil zur alten Regelung ist, sollten Zeichnungen nach dem Unabhängigkeitsprinzip mit „Size ISO 14405“ oder „ISO 8015“ gekennzeichnet werden. Alte gleichbedeutende Angaben: „Tolerierung DIN 2300“ und „Tolerierung ÖNORM M 1300“(Österreich).
Das System der Passungsangaben nach ISO wird auch IT-System genannt. IT bedeutet dabei: „ISO-Toleranz“.
Die Passungsangabe mit dem Toleranzkurzzeichen ø30 H7 in einer Technischen Zeichnung (Maßeintragung nach DIN 406-12) bedeutet:
Bei ø30 entspricht dies:
Die Angabe von ø30 m6 bedeutet analog:
Bei ø30 entspricht dies:
Beide Bauteile würden gemeinsam eine Übergangspassung ergeben, die sich in der Regel noch ohne besondere Hilfsmittel montieren lässt.
Die Toleranz wird bei der Konstruktion eines Bauteils ermittelt und in den Konstruktions- und Fertigungsunterlagen festgelegt. Sie kann über, unter oder beiderseits des Nennmaßes liegen. Der Konstrukteur gibt die Toleranz direkt in Zahlen zum Nennmaß an oder er verwendet je nach Passungssystem genormte Toleranzsymbole in der Maßangabe. Zur analytischen Bestimmung der Toleranzen dient die Toleranzanalyse und Toleranzsynthese.
Auch bei Nennmaßen ohne direkte Toleranzangabe (Freimaße) sind Toleranzen bzw. Vorgaben zur Maßgenauigkeit einzuhalten, die beim Konstruieren entsprechend beachtet werden müssen. Daher werden Angaben zur allgemeinen Maßgenauigkeit und Oberflächengüte im Schriftfeld der Technischen Zeichnung eingetragen, während spezifische Angaben zu speziellen Toleranzen oder Oberflächegüten direkt in der Zeichnung einzutragen sind.
Außer den Fertigungstoleranzen sind auch Toleranzen der Umgebungsbedingungen, wie z. B. Betriebstemperatur oder Luftfeuchte festzulegen, um gefahrbringende Situationen und deren Risiken zu vermeiden und Sicherheitsmaßnahmen während der Konstruktion zu berücksichtigen.
In der Fahrzeugindustrie werden im Rahmen des Toleranzmanagements die Auswirkungen der einzelnen Toleranzen auf das Gesamtsystem untersucht und statistisch ausgewertet. Dies reduziert die Fehlerquote in frühen Phasen des Entwicklungsprozesses.