Numerische Aeroakustik

Die Computational Aeroacoustic (CAA), der internationale Begriff für die numerische Aeroakustik, benutzt Verfahren, die das Umströmungsgeräusch mit unterschiedlich vereinfachenden Annahmen numerisch berechnen.

Rechenverfahren

Methoden zur numerischen Berechnung von Strömungsgeräuschen

Ein wichtiges Rückgrat für CAA bildet die numerische Strömungsmechanik (computational fluid dynamics, CFD), die Verfahren für die Simulation der Aerodynamik bereitstellt. Diese sind seit einiger Zeit kommerziell verfügbar und liefern Aussagen über Wechseldrücke auf den Oberflächen und Fluktuationen in der Umströmung, die signifikante akustische Quellen sein können.

Die Methoden zur Simulation des Umströmungsgeräusches lassen sich prinzipiell in die direkte Numerische Simulation (DNS) und die hybriden Ansätze unterteilen. Die DNS basiert auf den kompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen und betrachtet sowohl die strömungsrelevanten (kleine Längen, große Energien) als auch die akustischen Skalen (große Längen, kleine Energien) gleichzeitig. Es werden alle turbulenten Skalen direkt berechnet, es findet also keine Parametrisierung oder Modellierung statt. Ein gravierender Nachteil jedoch ergibt sich aus dem enormen rechentechnischen Aufwand, der gefordert ist. So bleibt die DNS zurzeit noch auf akademische Fälle beschränkt.

Die hybriden Ansätze benutzen CFD-Verfahren mit verschiedenen Turbulenzmodellen. D. h. auf verschiedene Art werden auf verschiedenen Längenskalen die Turbulenzgrade berechnet. Die gängigen Verfahren sind:

  • Reynolds averaged Navier-Stokes (RANS) mit statistischem Turbulenzmodell: stationäres Verfahren, alle Turbulenzskalen werden modelliert und nicht direkt berechnet
  • Unsteady Reynolds averaged Navier-Stokes (URANS): instationäres RANS
  • Very Large Eddy Simulation (VLES): LES bei der die Grenze zwischen Berechnung und Modellierung bei größeren Skalen liegt

Aus den direkt berechneten oder modellierten Druck- und Geschwindigkeits-Fluktuationen, die als Quellterme dienen, wird dann mit Hilfe von linearisierten Euler-Gleichungen (LEE) oder akustischer Analogien das Schallfeld bestimmt. Zu den gängigen akustischen Analogien zählen u. a. die Verfahren nach Lighthill, Ffowcs Williams und Hawkings.

Zur Berechnung der Schallabstrahlung in den Innenraum von Karosserieteilen oder Flugzeugpanels, die von der Strömung zu Vibrationen angeregt werden, eignen sich besonders so genannte Randelementmethoden (Boundary Element Methods, BEM). Finite-Elemente-Methoden (FEM) können darüber hinaus die Fluid-Struktur-Kopplung und eventuelle Leckagen berücksichtigen. Sie benötigen allerdings deutlich mehr Rechnerressourcen.

Bei den hybriden Ansätzen ist die Qualität der akustischen Ergebnisse stark abhängig von der Qualität der Turbulenzmodellierung. Diese muss dementsprechend mit Sorgfalt ausgewählt werden. Vor allem für die Ermittlung von Absolutwerten sind aeroakustische Simulationen allerdings (bisher) nur bedingt geeignet. Die Genauigkeit genügt bei den einfacheren Verfahren oft nur geringen Anforderungen.

Grund für diese Probleme ist, dass die vom numerischen Verfahren produzierten Fehler im schlimmsten Fall die Akustik direkt überlagern.

Software

Für die CAA stehen inzwischen einige leistungsfähige kommerzielle Softwaretools zur Verfügung. Besonders in der Luftfahrttechnik existieren, meist an Universitäten und Forschungsstätten, aber auch speziell entwickelte Programme.

Literatur

  • Goldstein, M. E.: Aeroacoustics. New York: McGraw-Hill Book Company, 1976
  • Schütz, T.; Grün, N; Blumrich, R.: Numerische Methoden. In: Schütz, T. (Hrsg.): Hucho - Aerodynamik des Automobils. Berlin Springer, 2013, ISBN 978-3834819192.

Weblinks

Die News der letzten Tage

16.05.2023
Sonnensysteme | Planeten | Geophysik
Die Kruste des Mars ist richtig dick
Dank eines starken Bebens auf dem Mars konnten Forschende der ETH Zürich die globale Dicke der Kruste des Planeten bestimmen.
11.05.2023
Sterne | Teleskope
Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen
Mit dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) der ESO haben Astronomen einen riesigen Infrarot-Atlas von fünf nahe gelegenen Sternentstehungsgebieten geschaffen.
10.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik | Quantencomputer
Verschränkte Quantenschaltkreise
ETH-Forschenden gelang der Nachweis, dass weit entfernte, quantenmechanische Objekte viel stärker miteinander korreliert sein können als dies bei klassischen Systemen möglich ist.
10.05.2023
Exoplaneten | Geophysik
Widerspenstiger Exoplanet lüftet seinen Schleier (ein bisschen)
Einem internationalen Forschungsteam, an dem das Max-Planck-Institut für Astronomie beteiligt ist, ist es nach fast 15 Jahren vergeblicher Anstrengungen gelungen, einige Eigenschaften der Atmosphäre des Exoplaneten GJ 1214 b zu ermitteln.
10.05.2023
Atomphysik
Forschende beschreiben flüssigen Quasikristall mit zwölf Ecken
Einen ungewöhnlichen Quasikristall hat ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Sheffield und der Jiaotong-Universität Xi'an gefunden.
08.05.2023
Quantenphysik
Künstliche Intelligenz lernt Quantenteilchen zu kontrollieren
In der Quantenforschung braucht man maßgeschneiderte elektromagnetische Felder, um Teilchen präzise zu kontrollieren - An der TU Wien zeigte man: maschinelles Lernen lässt sich dafür hervorragend nutzen.
06.05.2023
Teilchenphysik | Kernphysik
Elektronen-Rekollision in Echtzeit auf einen Schlag verfolgt
Eine neue Methode erlaubt, die Bewegung eines Elektrons in einem starken Infrarot-Laserfeld in Echtzeit zu verfolgen, und wurde am MPI-PKS in Kooperation zur Bestätigung theoretischer Quantendynamik angewandt.
05.05.2023
Satelliten und Sonden | Quantenoptik
GALACTIC: Alexandrit-Laserkristalle aus Europa für Anwendungen im Weltraum
Alexandrit-Laserkristalle eignen sich gut für den Einsatz in Satelliten zur Erdbeobachtung.
04.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik
Nanophysik: Wo die Löcher im Flickenteppich herkommen
Patchwork mit Anwendungspotenzial: Setzt man extrem dünne Halbleiternanoschichten aus Flächen zusammen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, so finden sich darin Quasiteilchen mit vielversprechenden Eigenschaften für eine technische Nutzung.
03.05.2023
Sterne | Teleskope
Astronomen finden weit entfernte Gaswolken mit Resten der ersten Sterne
Durch den Einsatz des Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Forscher zum ersten Mal die Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat.