Ludwig Glaser (Physiker)

Ludwig Glaser (Physiker)

Ludwig Karl Richard Glaser[1] (* 4. September 1889 in Berlin;[2] † wahrscheinlich 1945) war ein deutscher Physiker, der ein führender Vertreter der nationalsozialistisch geprägten „Deutschen Physik“ war.

Leben und Wirken

Glaser studierte am Polytechnikum und der Universität Berlin und am Imperial College London. Er promovierte als Ingenieur und arbeitete 1915 bis 1921 bei der Firma Krupp, zu der schon sein Vater mit seinem Ingenieurbüro enge Beziehungen hatte. Gleichzeitig gab er 1916 bis 1921 Glasers Annalen heraus. Er war ein Protegé von Johannes Stark und Philipp Lenard. Als Schüler von Stark an der Universität Würzburg hatte er Schwierigkeiten sich zu habilitieren[3], was ein Grund war, warum Stark die Universität 1922 verließ.[4] Glaser habilitierte sich in Würzburg 1921 mit einer Arbeit über Prüfung, Leistung und Eigenschaften optischer Beugungsgitter und Wege zu deren Verbesserung und erhielt auch später eine Professur.

1932 trat er der NSDAP bei. Er veröffentlichte antisemitische Aufsätze, vertrat wie seine Lehrer Stark und Lenard eine „arische Physik“ und war schon in den 1920er Jahren überzeugter Gegner der Relativitätstheorie[5] und der Quantentheorie, sowohl der älteren von Niels Bohr und Arnold Sommerfeld als auch der neueren.

Ab 1939 war er Assistent von Wilhelm Müller an der Universität München. Er wird am 27. Oktober 1942 in einem Brief von Horst Teichmann an Wilhelm Müller erwähnt, in dem vom Bruch zwischen Müller und Glaser die Rede ist, Glaser aber auch Verdienste in der Physik zugesprochen werden.[6] Müller beschrieb ihn als Autorität auf dem Gebiet (spektraloptischer) Präzisionsmessungen.[7] Mark Walker beschreibt ihn als ambitionierten und kompetenten wissenschaftlichen Unternehmer mit eigenem Labor, der physikalisch-chemische Untersuchungen anbot (Spektralanalyse, Metallurgie) und auch (wie sein Vater) im Patentbereich tätig war.[8]

Um 1941 wurde Glasers öffentliches Auftreten auch den Vertretern der Deutschen Physik wie Müller zu exzentrisch und radikal und man schob ihn an die Reichsuniversität Posen ab als provisorischen Direktor eines Instituts für Angewandte Physik.[9] Dort hielt er Vorlesungen über „die jüdische Frage“ in der Wissenschaft. Er bekam Ärger, da er ohne Genehmigung Geräte aus München mitgenommen hatte und einen Windkanal bei einer Firma bestellt hatte, in der sein Bruder beschäftigt war, ebenfalls ohne Genehmigung. Er wurde an die Reichsuniversität Prag abgeschoben, wo er wahrscheinlich (Mark Walker) am Ende des Zweiten Weltkriegs starb.

Glaser war ein Neffe des Patentanwalts und Eisenbahningenieurs Friedrich Carl Glaser (1843–1910), Gründer der Zeitschrift Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen.[10]

Glaser heiratete 1921.[11]

Literatur

  • Mark Walker: Nazi Science. Myth, Truth and the Atomic Bomb. Plenum, New York 1995, ISBN 0-306-44941-2.
  • Klaus Hentschel (Herausgeber): Physics and National Socialism. Birkhäuser, Basel 1996, ISBN 978-3-0348-9865-2.
    • Mit dem Abdruck der englischen Übersetzung von Ludwig Glaser: Juden in der Physik. Jüdische Physik. In: Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft. Band 5, November 1939, S. 272–275. Neben heftigen Angriffen auf Einstein (den er als „Schädling“ und jüdischen Politiker bezeichnet) greift er auch Hermann von Helmholtz als Patron jüdischer Physiker an, zählt zur Untermauerung seiner Thesen jüdische Physiker in Deutschland auf, insbesondere in Berlin und München und greift Werner Heisenberg als Vertreter der Kopenhagener Interpretation der Quantentheorie an. Er beschreibt sich und seine Mitstreiter Lenard, Stark, Ernst Gehrcke, Karl Uller und Hugo Dingler als lange Zeit isoliert und sieht erst mit der Reichskristallnacht 1938 einen endgültigen Durchbruch in der Eindämmung jüdischen Einflusses in der Physik in Deutschland.
  • Ludwig Glaser: Jüdischer Geist in der Physik. In: Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft. Band 5, 1939, S. 162–175

Einzelnachweise

  1. Vollständiger Name nach dem Personeneintrag der Deutschen Nationalbibliothek (DNB), abgerufen am 14. März 2021.
  2. Vgl. Geburtsregistereintrag Standesamt Berlin II, Nr. 811, 1889.
  3. Einige Kollegen mokierten sich darüber, dass er sich über Porzellan habilitierte, was ihm den spöttischen Beinamen Dr. porc. eintrug, aber auch sein öffentliches Auftreten gegen Einstein spielte eine Rolle. Mark Walker Nazi Science, S. 11
  4. Ein weiterer wichtiger Grund war, dass er eine Porzellanfabrik gründen wollte, die aber nicht erfolgreich war
  5. Erste Veröffentlichungen erfolgten von ihm dazu 1920 (Über Versuche zur Bestätigung der Relativitätstheorie an der Beobachtung, Glasers Annalen, Nr. 1036, August 1920, S. 29–33) und er sprach auf einer Versammlung von Paul Weyland gegen die Relativitätstheorie. In den 1920er Jahren überwogen nach Walker noch wissenschaftliche Argumente gegen die Relativitätstheorie und es gab noch keine Spur seines späteren virulenten Antisemitismus (Walker, Nazi Science, S. 11)
  6. Ihr Hinweis, daß Sie mit Professor Glaser vollständig gebrochen haben, interessiert mich sehr, da er ja trotz allem, was Sie ihm offenbar mit Recht vorwerfen, innerhalb des Münchner Kreises, in dem ich ihn seinerzeit kennen lernte, einer derjenigen war, der wirklich von Physik etwas versteht, was man ja von Dingler überhaupt nicht und von Thüring nur im äußerst beschränkten Maße behaupten kann, zitiert in Freddy Litten: Mechanik und Antisemitismus – Wilhelm Müller (1880–1968), Algorismus, Heft 34. München 2000, Auszug
  7. Müller: Die Lage der theoretischen Physik an den Universitäten. In: Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft. Band 6, November/Dezember 1940, S. 281–289, abgedruckt in englischer Übersetzung in Hentschel (Hrsg.): Physics and National Socialism. Birkhäuser 1996, S. 251
  8. Mark Walker, loc. cit., S. 11
  9. Walker, loc. cit., S. 56
  10. Erhard Born: Glaser, Friedrich Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 430 f. (Digitalisat).
  11. Vgl. Heiratsregistereintrag Standesamt Berlin I, II, Nr. 204, 1921.

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