Inge Schmitz-Feuerhake

Inge Schmitz-Feuerhake

Inge Schmitz-Feuerhake, geborene Feuerhake (* 28. September 1935 in Osnabrück) ist Physikerin und Mathematikerin und wurde in Deutschland durch Untersuchungen über den Leukämiecluster Elbmarsch bekannt.

Leben und Wirken

Inge Feuerhake studierte Physik und Mathematik in Hannover und Würzburg und war anschließend wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Angewandte Physik an der Technischen Hochschule Hannover. 1966 wurde sie mit einer Arbeit zur Dosimetrie des radioaktiven Fallout zum Dr. rer. nat. promoviert.

Von 1966 bis 1973 war sie Physikerin im Institut für Nuklearmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover und betrieb dort Forschung auf dem Gebiet der Dosimetrie und des diagnostischen Einsatzes von radioaktiven Strahlern. In dieser Zeit lernte sie den Industriephysiker Klaus Schmitz kennen, den sie 1969 heiratete.

1973 wurde Inge Schmitz-Feuerhake als Professorin für Experimentelle Physik an die Universität Bremen berufen. Sie betrieb Forschung auf den Gebieten der Dosimetrie, des Strahlenschutzes und der gesundheitlichen Wirkungen radioaktiver Strahler. Sie hatte die Professur bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2000 inne.

Inge Schmitz-Feuerhake hatte maßgeblich Einfluss auf den Versuch, die vermehrt beobachteten Leukämiefälle (Exzess) in der Umgebung von Atomkraftwerken aufzuklären. Sie war führend tätig in den von den Landesregierungen eingesetzten Leukämie-Kommissionen Schleswig-Holsteins und Niedersachsens.

Die umfangreichen Recherchen und Fachdiskussionen dieser beiden Gremien blieben allerdings ergebnislos. Bis heute (März 2019) konnte nicht der kausale Nachweis geführt werden, dass die radioaktiven Stoffe aus den vier Atomkraftwerken an der Elbe die Ursache darstellen für die Zunahme der Wahrscheinlichkeit für Kinder, an Leukämie zu erkranken, die mit geringerem Abstand der Wohnorte zum Atomkraftwerk zunimmt.

Die schon zur Zeit, als Schmitz-Feuerhake noch die Professur an der Universität in Bremen innehatte, weitgehend anerkannte Methode, aus dem Blut des lebenden Menschen mit Hilfe der "biologischen Dosimetrie" ermittelte Häufigkeit der "dizentrischen Chromosomen" gestattet eine quantitative Einschätzung der in der Vergangenheit erfolgten Strahlenbelastung des Probanden. (Erläuterung: Im Blut des unbestrahlten Menschen sind fast nur monozentrische Chromosomen, die also nur 1 Zentrum haben.)

Von den verantwortlichen Ministerien – früher Sozialministerien, heute meist Umweltministerien – sind bis heute (März 2019) keine Untersuchungen mit statistisch ausreichend vielen Anwohnern im Nahbereich der Atomkraftwerke durchgeführt oder in Auftrag gegeben worden.

Seit den 1980er Jahren beschäftigte sie sich intensiv mit Leukämie-Häufungen in Deutschland.

Bundesweit bekannt wurde Schmitz-Feuerhake, als sie die Leukämiehäufungen bei Kindern in der Umgebung des Kernkraftwerks Krümmel untersuchte. 1990 wurde Schmitz-Feuerhake Gründungsmitglied der Gesellschaft für Strahlenschutz e. V. und Mitherausgeberin der Berichte des Otto Hug Strahleninstituts e. V. Immer wieder verfasste sie Studien, die beweisen sollten, dass das Leukämiecluster Elbmarsch durch das Kernkraftwerk Krümmel erheblich radioaktiv belastet sein soll.

1992 wurde sie Mitglied der Leukämie-Kommission Schleswig-Holstein, die 2004 aufgelöst wurde, als sechs der acht Mitglieder demonstrativ zurückgetreten waren, mit Vorwürfen einer „Verschleierungspolitik“ gegenüber Behörden. Es wurde allerdings schon kurz nach Gründung der Kommission beklagt, dass die Mehrheit der Mitglieder polarisieren würden, von vornherein auf einen Zwischenfall in der Anlage Krümmel beharrt hätten und dem widersprechende Studien zurückgehalten haben.

1998 untersuchte Schmitz-Feuerhake Staub auf Dachböden in Elbmarsch und fand dabei angeblich Plutonium in Proportionen, die weder durch die Katastrophe von Tschernobyl noch durch Atomwaffentests in den 1960er Jahren zu erklären waren. Ihrer Aussage zufolge konnte sie so beweisen, dass das Plutonium und die Spaltprodukte eindeutig aus dem Kernreaktor von Krümmel stammten. Andere Fachleute konnten diese Schlussfolgerung bei ihren Analysen allerdings nicht nachvollziehen und führten diese Spuren auf die oberirdischen Atomwaffentests zurück.

Im Jahre 2003 wurde sie zur Vorsitzenden des European Committee on Radiation Risk ECRR, einer antinuklearen wissenschaftlichen Kritikergruppe, gewählt. Inge Schmitz-Feuerhake ist außerdem Mitglied im Kuratorium der Deutschen Umweltstiftung.

2003 wurde Inge Schmitz-Feuerhake der Nuclear-Free Future Award für ihr Lebenswerk verliehen.

Kritik

Schmitz-Feuerhake ist besonders durch kontroverse Beiträge über den Leukämiecluster Elbmarsch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Viele ihrer Ergebnisse werden von anderen Experten angezweifelt. Kritiker werfen ihr aufgrund ihrer klaren Anti-Atomkraft-Haltung Voreingenommenheit vor und bemängeln, dass die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zum Thema Kernenergie bereits im Vorhinein feststünden.[1] An anderer Stelle wird von einem öffentlich ausgetragenen internen Streit zwischen Kollegen gesprochen.[2]

Veröffentlichungen

  • Autorengruppe des Projektes SAIU an der Universität Bremen: Zum richtigen Verständnis der Kernindustrie - 66 Erwiderungen. Oberbaumverlag, Berlin 1975.
  • I. Schmitz-Feuerhake, B. Dannheim, A. Heimers, B. Oberheitmann, H. Schröder, H. Ziggel: Leukaemia in the proximity of a German boiling water reactor: evidence of population exposure by chromosome studies and environmental radioactivity. In: Environ. Health Perspect., 105, Suppl. 6, 1997, S. 1499–1504, PMID 9467072
  • W. Hoffmann, I. Schmitz-Feuerhake: How radiation-specific is the dicentric assay? In: J. Exposure Analysis Environmental Epidemiology 2/1999, S. 113–133
  • I. Bruske-Hohlfeld, H. Scherb, M. Bauchinger, E. Schmid, H. Fender, G. Wolf, G. Obe, I. Schmitz-Feuerhake, H. Schröder, G. Stephan, M. Csicsaky, H.E. Wichmann: A cluster of childhood leukaemias near two neighbouring nuclear installations in Northern Germany: prevalence of chromosomal aberrations in peripheral blood lymphocytes. In: Int. J. Radiat. Biol., 77(1), 2001, S. 111–116, PMID 11213343
  • I. Schmitz-Feuerhake, H. von Boetticher, B. Dannheim, K. Gotz, A. Heimers, W. Hoffmann, H. Schröder: Estimation of x ray overexposure in a childhood leukaemia cluster by means of chromosome aberration analysis In: Radiat. Prot. Dosimetry, 98(3), 2002, S. 291–297 PMID 12018746
  • I. Schmitz-Feuerhake, J.W. Mietelski, P. Gaca: Transuranic isotopes and 90Sr in attic dust in the vicinity of two nuclear establishments in northern Germany. In: Health Physics, 84, 2003, S. 599–607, PMID 12747479
  • DB Richardson, S. Wing, J. Schroeder, I. Schmitz-Feuerhake, W. Hoffmann: Ionizing radiation and chronic lymphocytic leukemia. In: Environ Health Perspect., 2005 Jan;113(1), S. 1–5, PMID 15626639
  • W. Mämpel, S. Pflugbeil, R. Schmitz, I. Schmitz-Feuerhake: Unterschätzte Gesundheitsgefahren durch Radioaktivität am Beispiel der Radarsoldaten. (= Berichte des Otto Hug Strahleninstituts, Bericht Nr. 25), Berlin 2015, ISSN 0941-0791

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Krebskranke Kinder beim Kernkraftwerk Krümmel – Das Desaster der Atomkritiker, Panorama-Bericht vom 10. Dezember 1998.
  2. Eckhard Stengel: Reaktoremissionen auf dem Dachboden der Professorin? (Memento des Originals vom 23. Februar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kernchemie.uni-mainz.de Kopie eines Artikels des freien Journalisten aus der Stuttgarter Zeitung.