Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen

Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen

Physik-News vom 11.05.2023
 

Mit dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) der ESO haben Astronomen einen riesigen Infrarot-Atlas von fünf nahe gelegenen Sternentstehungsgebieten geschaffen. Dazu haben sie mehr als eine Million Bilder zusammengesetzt. Diese großen Mosaike zeigen junge Sterne im Entstehen, die in dicke Staubwolken eingebettet sind. Dank dieser Beobachtungen verfügen die Astronomen über ein einzigartiges Instrument, mit dem sie das komplexe Rätsel der Sternentstehung knacken können.

„Auf diesen Bildern können wir selbst die schwächsten Lichtquellen erkennen, wie etwa Sterne, die weit weniger massereich sind als die Sonne. Damit können wir Objekte entdecken, die noch nie zuvor gesehen wurden“, sagt Stefan Meingast, Astronom an der Universität Wien in Österreich und Hauptautor der neuen Studie, die heute in Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurde. „Dadurch können wir die Prozesse verstehen, die Gas und Staub in Sterne verwandeln.“


Ein Infrarotbild des Objekts HH 909 A im Sternbild Chamäleon.

Publikation:


Stefan Meingast et al.
VISIONS: The VISTA Star Formation Atlas - I. Survey overview
Astronomy & Astrophysics (2023)

DOI: 10.1051/0004-6361/202245771



Sterne entstehen, wenn Gas- und Staubwolken unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenstürzen. Aber wie das im Einzelnen vor sich geht, ist nicht vollständig geklärt. Wie viele Sterne werden aus einer Wolke geboren? Wie massereich sind sie? Wie viele Sterne werden auch Planeten haben?


Dieses Bild zeigt die Region L1688 im Sternbild Ophiuchus. In den bunten Gas- und Staubwolken, die Sie hier sehen, werden neue Sterne geboren. Die Infrarotbeobachtungen, die diesem Bild zugrunde liegen, liefern neue Details in den Sternentstehungsgebieten, die normalerweise von den Staubwolken verdeckt werden.

Um diese Fragen zu beantworten, untersuchte das Team von Meingast fünf nahe gelegene Sternentstehungsgebiete mit dem VISTA-Teleskop am Paranal-Observatorium der ESO in Chile. Mit der VISTA-Infrarotkamera VIRCAM fing das Team Licht ein, das tief aus dem Inneren der Staubwolken kam. „Der Staub verdeckt die Sicht auf diese jungen Sterne und macht sie für unsere Augen praktisch unsichtbar. Nur bei Infrarot-Wellenlängen können wir tief in diese Wolken hineinschauen und die entstehenden Sterne studieren“, erklärt Alena Rottensteiner, Doktorandin an der Universität Wien und Mitautorin der Studie.


Dieses Bild, aufgenommen mit dem Wide Field Imager des MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskops am La Silla-Observatorium der ESO in Chile, zeigt die nahe gelegene Sternentstehungsregion um den Coronet-Sternhaufen im Sternbild Südliche Krone.
Eine dunkle Wolke aus kosmischem Staub schlängelt sich durch dieses spektakuläre Bild, das vom strahlenden Licht der neuen Sterne erhellt wird. Bei dieser dichten Wolke handelt es sich um eine Sternentstehungsregion namens Lupus 3, in der glühend heiße Sterne aus kollabierenden Gas- und Staubmassen geboren werden.

Die VISIONS genannte Studie beobachtete Sternentstehungsgebiete in den Sternbildern Orion, Ophiuchus, Chamäleon, Corona Australis und Lupus. Diese Regionen sind weniger als 1500 Lichtjahre entfernt und so groß, dass sie ein riesiges Gebiet am Himmel abdecken. Der Durchmesser des VIRCAM-Sichtfelds ist so groß wie drei volle Monde, wodurch es sich in einzigartiger Weise für die Kartierung dieser immens großen Regionen eignet.

Über einen Zeitraum von fünf Jahren hat das Team mehr als eine Million Bilder aufgenommen. Die einzelnen Bilder wurden dann zu den hier veröffentlichten großen Mosaiken zusammengesetzt, die riesige kosmische Landschaften zum Vorschein bringen. Diese detaillierten Panoramen zeigen dunkle Staubflecken, leuchtende Wolken, neugeborene Sterne und die fernen Hintergrundsterne der Milchstraße.

Da dieselben Gebiete wiederholt beobachtet wurden, können die Astronomen und Astronominnen mit den VISIONS-Daten auch untersuchen, wie sich junge Sterne bewegen. „Mit VISIONS beobachten wir diese Baby-Sterne über mehrere Jahre hinweg, sodass wir ihre Bewegung messen und erfahren können, wie sie ihre Elternwolken verlassen“, erklärt João Alves, Astronom an der Universität Wien und leitender Forscher von VISIONS. Das ist kein leichtes Unterfangen, denn die scheinbare Verschiebung dieser Sterne ist von der Erde aus gesehen so klein wie die Breite eines menschlichen Haares aus 10 Kilometern Entfernung. Diese Messungen der Sternbewegungen ergänzen die Messungen der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation bei sichtbaren Wellenlängen, wo junge Sterne durch dicke Staubschleier verdeckt sind.

Der VISIONS-Atlas wird Astronominnen und Astronomen auf Jahre hinaus beschäftigen. „Dieser Atlas hat einen enormen, nachhaltigen Wert für die astronomische Gemeinschaft, weshalb die ESO öffentliche Durchmusterungen wie VISIONS fördert“, sagt Monika Petr-Gotzens, eine Astronomin bei der ESO in Garching, Deutschland, und Mitautorin dieser Studie. Darüber hinaus wird VISIONS den Grundstein für künftige Beobachtungen mit anderen Teleskopen wie dem Extremely Large Telescope (ELT) der ESO legen, das derzeit in Chile gebaut wird und noch in diesem Jahrzehnt in Betrieb gehen soll. „Mit dem ELT können wir in bestimmte Regionen mit noch nie dagewesenem Detailreichtum hineinzoomen und so einen beispiellosen Blick auf einzelne Sterne werfen, die sich dort gerade bilden“, so Meingast abschließend.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für Astronomie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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