Die Bloch-Funktion oder Bloch-Welle (nach Felix Bloch) ist eine allgemeine Form für die Lösung der stationären Schrödingergleichung für ein Teilchen in einem periodischen Potential, z. B. die Wellenfunktion eines Elektrons in einem kristallinen Festkörper.
Die Form dieser Wellenfunktionen $ \psi $ wird durch das Bloch-Theorem festgelegt, welches ein Spezialfall des Floquet-Theorems ist:
Satz: Es sei ein periodisches Potential $ V({\vec {r}}) $ mit der Periodizität $ {\vec {R}} $ gegeben:
Dann existiert eine Basis von Lösungen der stationären Schrödingergleichung der Form
mit
|
Die Periodizität des Potentials $ V({\vec {r}}) $ überträgt sich also auf $ u_{k}({\vec {r}}) $ und damit auf die Aufenthaltswahrscheinlichkeit $ |\psi ({\vec {r}})|^{2}=|\psi ({\vec {r}}+{\vec {R}})|^{2} $ des betrachteten Teilchens im Potential. Für ein Elektron in so einem Energieeigenzustand hat daher die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jeder Elementarzelle den gleichen Verlauf. In einem kristallinen Festkörper ist die Periodizität gegeben durch das Kristallgitter, $ {\vec {R}} $ ist ein Gittervektor. Ist das Potential zeitunabhängig, kann $ u_{k}({\vec {r}}) $ als reell angesetzt werden.
Nach dem Bloch-Theorem ist der Wellenvektor $ {\vec {k}} $ ein geeigneter Index zur Bezeichnung der Einteilchen-Energieeigenzustände. Er wird auch als Quasiimpuls oder Kristallimpuls bezeichnet und ist die Grundlage der in der Festkörperphysik verbreiteten Darstellung der Bandstruktur im Bändermodell. Allerdings ist die Zuordnung eines bestimmten Kristallimpulses $ {\vec {k}} $ zu einer Eigenfunktion $ \psi ({\vec {r}})=e^{\mathrm {i} {\vec {k}}\cdot {\vec {r}}}\cdot u_{\vec {k}}({\vec {r}}) $ nicht eindeutig: Ein Kristallvektor $ {\vec {k}}'={\vec {k}}+{\vec {R_{G}}} $, mit einem beliebigen Vektor $ {\vec {R_{G}}} $ des reziproken Gitters, bildet nämlich mit einer entsprechend modifizierten Funktion $ u_{{\vec {k}}'}({\vec {r}})=e^{-\mathrm {i} {\vec {r}}_{}\cdot {\vec {R_{G}}}}u_{\vec {k}}({\vec {r}}) $ dieselbe Eigenfunktion $ \psi ({\vec {r}})=e^{\mathrm {i} {\vec {k}}\cdot {\vec {r}}}\cdot u_{\vec {k}}({\vec {r}})=e^{\mathrm {i} {\vec {k}}'\cdot {\vec {r}}}\cdot u_{{\vec {k}}'}({\vec {r}}) $, denn per Definition ist $ e^{\mathrm {i} {\vec {R_{}}}\cdot {\vec {R_{G}}}}=1 $ und somit die Funktion $ u_{{\vec {k}}'}({\vec {r}}) $ periodisch wie $ u_{\vec {k}}({\vec {r}}) $. Das ermöglicht im Bändermodell den Übergang vom erweiterten Zonenschema zum reduzierten Zonenschema.
Der Name Kristallimpuls für den Vektor $ {\vec {k}} $ ist damit begründet, dass im Falle einer konstanten Funktion $ u_{\vec {k}}({\vec {r}})=const $ der Impuls des Teilchens durch $ {\vec {p}}=\hbar {\vec {k}} $ gegeben ist. Wenn die Funktion $ u_{\vec {k}}({\vec {r}}) $ nur schwach veränderlich ist, hat der Kristallimpuls noch näherungsweise die Eigenschaften des Impulses, z. B. bei der Impulserhaltung bei Stößen oder Emission und Absorption von Photonen.
Da das Potential $ V({\vec {r}}) $ invariant gegenüber einer Translation um einen Vektor $ {\vec {R}} $ ist (in einem Kristall ist $ {\vec {R}} $ ein Gittervektor), ist es auch der Hamiltonoperator $ {\hat {H}}={\frac {{\hat {p}}^{2}}{2m}}+V({\vec {r}}) $ des Teilchens. Eine Eigenfunktion, die um die Strecke $ {\vec {R}} $ verschoben wird, ist daher sicher wieder eine Eigenfunktion zur selben Energie. Wenn keine Entartung vorliegt, beschreibt sie denselben Zustand wie vor der Translation, kann sich von der unverschobenen Funktion also nur um einen festen Phasenfaktor $ f $ unterscheiden.
Bei n-fach wiederholter Ausführung der Translation multiplizieren sich die Phasenfaktoren ($ f^{n} $), während sich die Strecken addieren ($ n{\vec {R}} $). Daher muss $ f $ allgemein gegeben sein durch
mit einem geeigneten festen Vektor $ {\vec {k}} $. Für eine aus $ \psi ({\vec {r}}) $ gebildete Funktion $ u({\vec {r}})=e^{-\mathrm {i} {\vec {k}}\cdot {\vec {r}}}\psi ({\vec {r}}) $ folgt dann einfache Periodizität $ u({\vec {r}}+{\vec {R}})=u({\vec {r}}) $. Also ist $ \psi ({\vec {r}})=e^{\mathrm {i} {\vec {k}}\cdot {\vec {r}}}u({\vec {r}}) $