Übersättigung ist die Bezeichnung für einen metastabilen Zustand einer Lösung oder von Dampf. Unter gewöhnlichen Bedingungen würde eine solche Überschreitung des Gleichgewichtszustands durch eine Phasenumwandlung verhindert. Bei übersättigten Systemen tritt diese jedoch nicht am erwarteten Gleichgewichtspunkt des Phasendiagramms auf. Der Temperaturbereich, in dem eine Übersättigung auftreten kann, wird auch Ostwald-Miers-Bereich (nach Wilhelm Ostwald und Henry Alexander Miers[1]) genannt.
Eine übersättigte Lösung enthält mehr von dem gelösten Stoff, als seiner Löslichkeit bei der betreffenden Temperatur entspricht.
Beim langsamen Abkühlen einer gesättigten Lösung bei ruhigem Stehen bildet sich zunächst eine übersättigte Lösung, bevor der Überschuss des gelösten Stoffes ausfällt.[2]
Die Ausscheidung des „zu viel“ in Lösung geblieben Stoffes erfolgt durch
Übersättigte Lösungen werden zum Beispiel zur Reinigung von Stoffen durch Umkristallisation oder überhaupt erst zur Gewinnung von Kristallen (auch Einkristallen:[3]) mittels Kristallisation verwendet.
Übersättigter Dampf hat eine höhere Dichte als Dampf im thermodynamischen Gleichgewicht zwischen Dampf und Kondensat. Vor allem in Bezug auf Wasserdampf in der Luft zeigt sich beim Fehlen von Kondensationskernen (Aerosolen) im Laborversuch (Nebelkammer) eine Übersättigung von maximal ca. 800 %. Unter atmosphärischen Bedingungen lassen sich maximale Übersättigungen von 100 % beobachten, wobei in der Regel nur Übersättigungen von wenigen Prozentpunkten auftreten.
Beim langsamen Abkühlen von Dampf im thermodynamischen Gleichgewicht zwischen Dampf und Kondensat entsteht übersättigter Dampf.[4]
Aus unterkühlten Wolkenfeldern lässt sich Regen durch „Impfen“ mit Keimen von z. B.
zur Ausscheidung bringen. Dies kann ggf. erwünscht sein, um Hagelschlag vorzubeugen.[4]
Eine weit verbreitete Anwendung, bei der ein breiter Ostwald-Miers-Bereich ausgenutzt wird, sind Handwärmer bzw. Wärmekissen mit Natriumacetat-Trihydrat Füllung.[5] Es wird bei einer Schmelztemperatur von 58 °C verflüssigt, z. B. in der Mikrowelle. Das Material bleibt auch noch bei Temperaturen weit unterhalb des Schmelzpunktes – unter Umständen bis −20 °C – als unterkühlte Schmelze in einem metastabilen Zustand flüssig, da das Salz sich in seinem Kristallwasser löst; die Wassermoleküle bilden eine Art eigenes Kristallgitter, das sich zuerst auflöst.
Wird ein Metallplättchen (ähnlich dem in einem Knackfrosch) im Wärmekissen gedrückt, löst das die Kristallisation aus. Das Kissen erwärmt sich dabei wieder auf die Schmelztemperatur, wobei die vollständige Kristallisation und damit die Freigabe der latenten Wärme sich über eine längere Zeit erstrecken kann. Als Auslöser für die Kristallisation kommen in Frage: