Als Multipolentwicklung versteht man die Reihenentwicklung eines Potentials, bei der verschiedene Multipol-Momente auftreten. Man unterscheidet zwischen kartesischer und sphärischer Multipolentwicklung. Multipolentwicklungen spielen insbesondere in der Elektrostatik und der Magnetostatik eine große Rolle, können aber auch auf andere Felder – z. B. bei der Inversion des Schwerefeldes – angewandt werden.
Kartesische Multipolentwicklung
Bei der kartesischen Multipolentwicklung wird in eine Taylorreihe von um entwickelt.
Die Multipolentwicklung trennt bei den einzelnen Summanden der Entwicklung den Ort und die von der Ladungsverteilung abhängigen Größen (Momente) voneinander.
Dabei bedeutet , dass der Nablaoperator nur auf und nicht auf wirkt. Nach Bilden der Ableitung wird diese an der Stelle ausgewertet. Die Taylorentwicklung lässt sich umformen mittels Substitution und damit :
Somit vereinfacht sich die Entwicklung zu:
In Komponentenschreibweise lauten die ersten Glieder der Entwicklung (es wird Summenkonvention verwendet):
Bei der zugrundeliegenden Taylorentwicklung muss beim Summanden n-ter Ordnung ein Tensor n-ter Stufe, nämlich , berechnet werden. Hierbei ist in erster Ordnung
und in zweiter Ordnung
- ,
wobei die Einheitsmatrix und ein dyadisches Produkt ist.
Damit lassen sich die ersten drei Glieder der Entwicklung schreiben als
- ,
wobei ein doppeltes inneres Produkt bezeichnet. Zudem wurde verwendet.
Einsetzen liefert das Potential (hier das elektrische Potential), wo die Momente direkt abgelesen werden können.
Elektrostatik
Das Elektrostatische Potential lässt sich mit der Ladungsverteilung an jedem Ort über folgende Formel beschreiben:
für n einzelne Punktladungen auch durch die Summe der Beiträge der einzelnen Punktladungen:
jeweils mit der elektrischen Feldkonstante
Anstatt das Potential durch n einzelne Ladungen und Koordinaten zu beschreiben, kann man die Multipolentwicklung durchführen:
Aus mathematischer Sicht ist diese eine Taylorentwicklung des Faktors um nach kartesischen Koordinaten (x,y,z).
Ihre Entwicklungskoeffizienten, die Multipolmomente Q, p und , lassen sich auch physikalisch deuten:
- Das Monopolmoment bzw. für kontinuierliche Ladungsverteilungen
- ist ein Skalar und entspricht der Gesamtladung der Ladungsverteilung. Sein Potential
- fällt über dem Abstand am schwächsten (linear) ab und ist daher für große Abstände dominierend.
- Das Dipolmoment bzw. für kontinuierliche Ladungsverteilungen
- ist ein Vektor und tritt auf, wenn Ladungsschwerpunkte nicht mit dem Koordinatenursprung zusammenfallen (eindrückliches Beispiel: zwei getrennte Ladungen +q und -q). Das Dipolpotential
- ist schwächer als das Monopolpotential, da es mit dem Abstand quadratisch abfällt.
- Das Quadrupolmoment bzw. für kontinuierliche Ladungsverteilungen
- ist ein spurfreier symmetrischer Tensor zweiter Stufe (eine Matrix), wobei
- und höhere Multipolmomente (Oktupolmomente usw.).
Sphärische Multipolentwicklung
Das elektrostatische Potential lautet
- .
Der Abstand lässt sich mittels Skalarprodukt im Nenner umformen zu:
Es wurden die Abkürzungen und eingeführt. Nun entwickelt man obige Gleichung in eine Taylorreihe um :
Dabei wurden die Legendre-Polynome benutzt. Diese sind für definiert als die Entwicklungskoeffizienten der Taylorreihe von um :
Die Entwicklung lautet also:
Da der Winkel zwischen und ist, kann man nun das Additionstheorem der Kugelflächenfunktionen benutzen, welches durch
gegeben ist. Eingesetzt ergibt sich für das elektrostatische Potential
- .
Nun wird das sphärische Multipolmoment definiert als
- .
Damit ergibt sich für das elektrostatische Potential die sphärische Multipolentwicklung
- .
Elektrostatik
Für die nullte und erste Ordnung der sphärischen Multipolmomente der Elektrostatik werden explizit angegeben ( bezeichnet die Komponenten des Dipolmoments, siehe dafür weiter oben, und die Gesamtladung der Ladungsverteilung):
Umrechnung
Man sieht, dass für das kartesische Monopolmoment gilt:
Für das kartesische Dipolmoment gilt dann jedoch
Magnetostatik
Das Vektorpotential
mit der magnetischen Feldkonstante hat kein Monopolmoment.
Literatur
- T. Fließbach: Elektrodynamik. Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 3-8274-2021-0.
- J. D. Jackson: Klassische Elektrodynamik. de Gruyter Verlag, ISBN 3-11-018970-4.