Zustand (Quantenmechanik): Unterschied zwischen den Versionen

Zustand (Quantenmechanik): Unterschied zwischen den Versionen

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In der [[Quantenmechanik|quantenmechanischen]] Behandlung<ref>Ob ein System der klassischen oder der quantenmechanischen Behandlung unterliegt, ist keine Frage der Willkür: Vielmehr ist für viele Systeme (z.&nbsp;B. Atome, Moleküle u.a.) die quantenmechanische Behandlung zwingend erforderlich. Die klassische Behandlung ist nur begrenzt sinnvoll (z.&nbsp;B. für makroskopische Objekte) und ergibt sich aus der Quantenmechanik durch geeignete Grenzübergänge, worauf aber im Folgenden nicht explizit eingegangen wird.</ref> eines [[physikalisches System|physikalischen Systems]] ist sein momentaner '''Zustand''' ein [[mathematisches Objekt]], das für jede am System mögliche (fehlerfreie) [[Messung]] und für jeden möglichen [[Messwert]] die [[Wahrscheinlichkeit]] festlegt, dass gerade dieser Wert eintritt. Je nachdem, welche [[Mathematische Struktur der Quantenmechanik #Zeitliche Entwicklung|mathematische Darstellung der Quantenmechanik]] gewählt wird, kann es sich dabei um eine „Zustandsfunktion“, einen „Zustandsvektor“ oder einen „Zustandsoperator“ handeln.
Ein '''quantenmechanischer Zustand''' ist die  Beschreibung des [[Zustand (Physik)|Zustands]] eines [[physikalisches System|physikalischen Systems]] nach den Regeln der [[Quantenmechanik]]. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Beschreibung des Zustands nach den Regeln der [[Klassische Physik|klassischen Physik]], damit die an quantenphysikalischen Systemen gemachten Beobachtungen  erfasst werden können. Zu den verschiedenen [[Interpretationen der Quantenmechanik]] gehören unterschiedliche Zustandsbegriffe. Dieser Artikel behandelt den Zustandsbegriff der weit verbreiteten [[Kopenhagener Deutung|Kopenhagener Interpretation]].
 
== Überblick ==
=== Physikalischer Gehalt ===
Im Gegensatz zum klassischen Begriff legt der Zustand in der [[Kopenhagener Deutung|Kopenhagener Interpretation]] der Quantenmechanik nicht für jede am System durchführbare [[Messung]] einen mit Sicherheit zu erwartenden [[Messwert]] fest, sondern nur für jeden ''möglichen'' Messwert die [[Wahrscheinlichkeit]] <math>P</math>, dass gerade dieser Wert eintritt. Den Grenzfall <math>P=1</math> für einen Messwert (und damit <math>P=0</math> für alle anderen), was die sichere Voraussage eines Messwerts bedeutet, gibt es nur bei denjenigen Zuständen, die [[Eigenzustand|Eigenzustände]] zu der betreffenden Messgröße sind. Ebenfalls im Gegensatz zum klassischen Zustand ist die [[Zeitentwicklung]] des quantenmechanischen Zustands nicht durchgehend [[Determinismus|deterministisch]] festgelegt. Stattdessen wird im Allgemeinen durch eine Messung der Zustand des Systems auf eine Weise verändert, die nicht beeinflusst und nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden kann.
 
Die sogenannte „Präparation“ eines Systems in einem bestimmten Zustand erfolgt durch die gleichzeitige Messung eines maximalen Satzes [[Kommensurabilität (Quantenmechanik)|kommensurabler]] physikalischer Größen.<ref>{{Literatur|Autor= Wolfgang Nolting|Titel= Grundkurs Theoretische Physik 5/1; Quantenmechanik – Grundlagen|Verlag= Springer|Auflage= 5|Ort= Berlin Heidelberg|Datum= 2002|ISBN= 3-540-42114-9|Seiten=119}}</ref> Nach dieser Messung befindet sich das System in einem wohldefinierten gemeinsamen Eigenzustand aller dieser Messgrößen, sodass diese bestimmte Werte besitzen. Wenn das System nicht schon vorher in einem solchen gemeinsamen Eigenzustand war, verursacht die Messung schlagartig eine [[Zustandsreduktion]], auch Kollaps genannt, sodass danach alle anderen möglichen Messwerte dieser Größen die Wahrscheinlichkeit Null haben. Die Zustandsreduktion ist kein physikalischer Vorgang, sondern beschreibt die durch die Messung eingetretene genauere Information des Beobachters.<ref>F. H. Fröhner: ''Missing Link between Probability Theory and Quantum Mechanics: the Riesz-Fejér Theorem.'' In: ''Zeitschrift für Naturforschung.'' 53a (1998), S.&nbsp;637–654 ([https://doi.org/10.1515/zna-1998-0801 online])</ref> Zwischen zwei Messungen ist die Zeitentwicklung des Zustands durch eine [[Bewegungsgleichung]] deterministisch festgelegt; im nicht[[Spezielle Relativitätstheorie|relativistischen]] Fall durch die [[Schrödinger-Gleichung]], im relativistischen, abhängig von [[Spin]] und [[Masse (Physik)|Masse]] des Teilchens, durch die [[Klein-Gordon-Gleichung]] (Spin 0), die [[Dirac-Gleichung]] (massiv, Spin ½), die [[Weyl-Gleichung]] (masselos, Spin ½), die [[Proca-Gleichung]] (massiv, Spin 1) oder die [[Maxwell-Gleichungen]] (masselos, Spin 1).
 
=== Mathematische Darstellung ===
Mathematisch wird der quantenmechanische Zustand meist durch einen normierten '''Zustandsvektor''' im [[Hilbertraum]] beschrieben. Mithilfe einer Basis des Hilbertraums mit diskretem Index kann dieser Zustandsvektor als [[Linearkombination]] der Basisvektoren geschrieben werden, oder bei einer Basis mit kontinuierlichem Index als [[Wellenfunktion]]. Zu jedem der möglichen Messwerte einer physikalischen Größe besitzt der Zustandsvektor mindestens eine Komponente. Die Stärke einer Komponente (genauer: das Betragsquadrat ihrer Amplitude) bestimmt die Wahrscheinlichkeit, mit der der betreffende Messwert als Ergebnis einer Messung auftritt.
 
Die Zuordnung von Zustand und Zustandsvektor ist nicht umkehrbar eindeutig, denn Zustandsvektoren, die sich nur durch einen konstanten [[komplexe Phase|komplexen Phasenfaktor]] unterscheiden, beschreiben denselben physikalischen Zustand. Die Linearkombination der Zustandsvektoren zweier Zustände ist selbst ein möglicher Zustandsvektor; er beschreibt einen von den beiden überlagerten Zuständen physikalisch verschiedenen Zustand, wobei es auch auf die relative komplexe Phase der beiden überlagerten Zustandsvektoren ankommt. Die theoretischen Grundlagen der Beschreibung als Linearkombination wurden 1925 von [[Werner Heisenberg]] in der [[Matrizenmechanik]] entwickelt, die Beschreibung als Wellenfunktion in der [[Ortsoperator#Ortsdarstellung|Orts-]] oder [[Ortsoperator#Impulsdarstellung|Impulsbasis]] 1926 von [[Erwin Schrödinger]] in der [[Wellenmechanik]]. Die beiden Beschreibungen beruhen auf derselben tiefer liegenden mathematischen Struktur. In dieser wird ein Zustand als eine Abbildung aufgefasst, die jedem der Operatoren, die eine Messgröße darstellen, eine reelle Zahl zuordnet. Diese Zahl gibt den [[Erwartungswert]] der möglichen Messergebnisse an, die bei einzelnen Messungen dieser Größe in diesem Zustand erhalten werden können. Dies wurde 1931 von [[John von Neumann]] ausgearbeitet.
 
Bei unvollständiger Präparation eines Anfangszustands oder in der [[Quantenstatistik]] wird zwischen [[Reiner und gemischter Zustand|reinen und gemischten Zuständen]] unterschieden. Zu deren Beschreibung muss der Zustandsvektor zum [[Dichtematrix|Dichteoperator]] (auch ''Zustandsoperator'' genannt) erweitert werden. Dieser Formalismus vermeidet auch die eben genannte Unbestimmtheit der komplexen Phase, erschwert aber die manchmal für die Anschauung hilfreiche Vorstellung einer Wellenfunktion.


== Grundbegriffe ==
== Grundbegriffe ==
=== Unterschied zur klassischen Physik ===
=== Unterschied zur klassischen Physik ===
{{Hauptartikel|Zustand (Physik)}}
{{Hauptartikel|Zustand (Physik)}}
Die Einführung von Wahrscheinlichkeiten verschiedener Ergebnisse anstelle einer eindeutigen Voraussage bedeutet eine grundsätzliche Abkehr von der [[Klassische Physik|klassischen Physik]]. Dort ist nämlich mit der Angabe des momentanen Systemzustands das Ergebnis jeder möglichen Messung eindeutig festgelegt (immer fehlerfreie Messung vorausgesetzt). Dies trifft für [[makroskopisch]]e Systeme (z.&nbsp;B. aus dem Alltag) im Allgemeinen sehr gut zu. Beispielsweise lässt sich einer Schrotkugel oder einem Sandkorn in jedem Moment mit praktisch eindeutiger Genauigkeit ein bestimmter Ort ''und'' eine bestimmte Geschwindigkeit zuschreiben.
Die Einführung von Wahrscheinlichkeiten verschiedener Ergebnisse anstelle einer eindeutigen Voraussage bedeutet eine grundsätzliche Abkehr von der [[Klassische Physik|klassischen Physik]]. Dort ist nämlich mit der Angabe des momentanen Systemzustands das Ergebnis jeder möglichen Messung eindeutig festgelegt (immer fehlerfreie Messung vorausgesetzt). Dies trifft für [[makroskopisch]]e Systeme (z.&nbsp;B. aus dem Alltag) im Allgemeinen sehr gut zu. Beispielsweise lassen sich einer Schrotkugel oder einem Sandkorn in jedem Moment mit praktisch eindeutiger Genauigkeit ein bestimmter Ort ''und'' eine bestimmte Geschwindigkeit zuschreiben.


Für immer kleinere Systeme wird es jedoch zunehmend falsch, für ein [[Ensemble_(Physik) #Ensemble in der Quantenstatistik|Ensemble]] quantenmechanischer Teilchen<ref>Für ein ''einzelnes'' Elektron in einem [[Teilchenstrahl]] ist zwar eine gleichzeitige „scharfe“ registrierende Messung von Impuls und Ort durch ein-und-dieselbe Messapparatur („Zähler“) möglich. Eine ''Vorhersage'', welcher Zähler aus einer vorgegebenen Anordnung, die alle Möglichkeiten abdeckt, beim anschließend folgenden Elektron anspricht, oder zumindest die Gleichzeitigkeit „scharfer“ Mittelwerte von Ort und Impuls bei einer [[Messreihe]], sind dagegen ''ausgeschlossen''. Vgl. ''[[Feynman-Vorlesungen über Physik]]''. 3 Bände, ISBN 0-201-02115-3 (dt. ''Vorlesungen über Physik''. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58444-8), zuerst 1963/1965 bei Addison/Wesley. In Band&nbsp;3, Quantenmechanik, Kap. 16, wird ausführlich die Begrifflichkeit der [[Heisenbergsche Unschärferelation|Heisenbergschen Unschärferelation]] behandelt.</ref> ist es ausgeschlossen. Die streng gültige [[Heisenbergsche Unschärferelation]] von 1927 besagt nämlich: liegt der Aufenthaltsort eindeutig fest, dann kann eine Messung der Geschwindigkeit mit gleicher Wahrscheinlichkeit ''jeden beliebigen'' Wert ergeben, und umgekehrt; d.&nbsp;h. zu jeder Zeit kann nur eine der beiden Größen eindeutig bestimmt werden. Diese Unbestimmtheit lässt sich auch durch präziseste [[Quantenmechanische Messung #Präparation und Messung in der Quantenmechanik|Präparierung]] des Systemzustands nicht beseitigen. Sie ist mathematisch rigoros, relativ einfach zu beweisen<ref>Siehe Artikel [[Heisenbergsche Unschärferelation]] oder zum Beispiel Albert Messiah ''Quantenmechanik'', de Gruyter 1978, Band 1, S. 121ff</ref> und eine zentrale begriffliche Grundlage der Physik.
Für immer kleinere Systeme wird dies jedoch zunehmend falsch, für ein [[Ensemble (Physik) #Ensemble in der Quantenstatistik|Ensemble]] quantenmechanischer Teilchen<ref>Für ein ''einzelnes'' Elektron in einem [[Teilchenstrahl]] ist zwar eine gleichzeitige „scharfe“ registrierende Messung von Impuls und Ort durch ein-und-dieselbe Messapparatur („Zähler“) möglich. In einem Magnetspektrometer z.&nbsp;B. wird sogar der Auftreffort als diejenige Messgröße genutzt, aus der der Impuls berechnet werden kann. Eine ''Vorhersage'', welcher Zähler aus einer vorgegebenen Anordnung, die alle Möglichkeiten abdeckt, beim anschließend folgenden Elektron anspricht, oder zumindest die Gleichzeitigkeit „scharfer“ Mittelwerte von Ort und Impuls bei einer [[Messreihe]], sind dagegen ''ausgeschlossen''. Vgl. ''[[Feynman-Vorlesungen über Physik]]''. 3 Bände, ISBN 0-201-02115-3 (dt. ''Vorlesungen über Physik''. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58444-8), zuerst 1963/1965 bei Addison/Wesley. In Band&nbsp;3, Quantenmechanik, Kap. 16, wird ausführlich die Begrifflichkeit der [[Heisenbergsche Unschärferelation|Heisenbergschen Unschärferelation]] behandelt.</ref> ist es ausgeschlossen. Die streng gültige [[Heisenbergsche Unschärferelation]] von 1927 besagt nämlich: liegt der Aufenthaltsort eindeutig fest, dann kann eine Messung der Geschwindigkeit mit gleicher Wahrscheinlichkeit ''jeden beliebigen'' Wert ergeben, und umgekehrt; d.&nbsp;h. zu jeder Zeit kann nur eine der beiden Größen eindeutig bestimmt werden. Diese Unbestimmtheit lässt sich auch durch das präziseste [[Quantenmechanische Messung #Präparation und Messung in der Quantenmechanik|Präparieren]] des Systemzustands nicht beseitigen. Sie ist mathematisch rigoros, relativ einfach zu beweisen<ref>Siehe Artikel [[Heisenbergsche Unschärferelation]] oder zum Beispiel Albert Messiah ''Quantenmechanik'', de Gruyter 1978, Band 1, S. 121ff</ref> und bildet eine zentrale begriffliche Grundlage der Physik.


=== Reiner Zustand und Zustandsgemisch ===
=== Reiner Zustand und Zustandsgemisch ===
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Zusätzliche Unsicherheit über das zu erwartende Messergebnis entsteht, wenn der Zustand des Systems nicht eindeutig festgelegt ist. Das gilt z.&nbsp;B. für den häufigen Fall, dass das beobachtete System aus einer Anzahl gleichartiger Systeme herausgegriffen wird, die nicht alle im selben Zustand präpariert sind. Die unterschiedlichen Zustände, in denen sich das beobachtete System (mit möglicherweise unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit) befinden kann, bilden dann ein [[Zustandsgemisch]].
Zusätzliche Unsicherheit über das zu erwartende Messergebnis entsteht, wenn der Zustand des Systems nicht eindeutig festgelegt ist. Das gilt z.&nbsp;B. für den häufigen Fall, dass das beobachtete System aus einer Anzahl gleichartiger Systeme herausgegriffen wird, die nicht alle im selben Zustand präpariert sind. Die unterschiedlichen Zustände, in denen sich das beobachtete System (mit möglicherweise unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit) befinden kann, bilden dann ein [[Zustandsgemisch]].


Hier ließe sich die Unsicherheit über die zu erwartenden Messergebnisse verringern, indem nur Systeme im selben Zustand zur Messung ausgewählt werden. Zur Verdeutlichung des Unterschieds zum Zustandsgemisch bezeichnet man einen eindeutig präparierten Zustand gelegentlich auch als [[Reiner Zustand|'''reinen Zustand''']].
Hier ließe sich die Unsicherheit über die zu erwartenden Messergebnisse verringern, indem nur Systeme im selben Zustand zur Messung ausgewählt werden. Zur Verdeutlichung des Unterschieds zum Zustandsgemisch wird ein eindeutig präparierter Zustand gelegentlich auch als [[reiner Zustand]] bezeichnet.


Im Folgenden bedeutet ''Zustand'' hier immer ''reiner Zustand''.
Im Folgenden bedeutet ''Zustand'' hier immer ''reiner Zustand''.
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Ein Zustand, in dem für eine bestimmte [[Messgröße]] der zu erwartende Messwert eindeutig festliegt, heißt [[Eigenzustand]] zu dieser Messgröße. Beispiele sind
Ein Zustand, in dem für eine bestimmte [[Messgröße]] der zu erwartende Messwert eindeutig festliegt, heißt [[Eigenzustand]] zu dieser Messgröße. Beispiele sind


# das an einem Ort [[Lokalisierung (Physik)|lokalisiert]]e [[Teilchen]] (Ortseigenzustand)
# das [[Teilchen]] ist an einem Ort [[Lokalisierung (Physik)|lokalisiert]] (Ortseigenzustand)
# das Teilchen mit einer bestimmten Geschwindigkeit bzw. Impuls (Impulseigenzustand)
# das Teilchen hat eine bestimmte Geschwindigkeit oder Impuls (Impulseigenzustand)
# das Teilchen in einem [[gebundener Zustand|gebundenen Zustand]] bestimmter Energie ([[Energieeigenzustand]]).<ref>Bei ungebundenen Eigenzuständen des [[Energieoperator]]s treten analoge Grenzwertprobleme wie bei Beispiel&nbsp;1 und&nbsp;2 (s.&nbsp;u.) auf.</ref>
# das Teilchen ist in einem [[gebundener Zustand|gebundenen Zustand]] bestimmter Energie ([[Energieeigenzustand]]).
Die Beispiele&nbsp;1 und&nbsp;2 sind streng genommen (wegen einer mathematischen Subtilität: des Vorliegens eines „kontinuierlichen Spektrums“) nur im Grenzfall zulässig (beim Beispiel&nbsp;2 etwa im „[[monochromatisch]]en Grenzfall“ eines [[Wellenpaket]]s, während man das Beispiel&nbsp;1 daraus durch eine [[Fouriertransformation]] erhalten kann). Beide Beispiele spielen eine bedeutende Rolle in der theoretischen Beschreibung.
Die Beispiele&nbsp;1 und&nbsp;2 sind streng genommen (wegen einer mathematischen Subtilität: des Vorliegens eines „[[kontinuierliches Spektrum|kontinuierlichen Spektrums]]“) nur im Grenzfall zulässig (beim Beispiel&nbsp;2 etwa im „[[monochromatisch]]en Grenzfall“ eines unendlich ausgedehnten [[Wellenpaket]]s, während das Beispiel&nbsp;1 daraus durch eine [[Fouriertransformation]] erhalten wird). Beide Beispiele spielen eine bedeutende Rolle in der theoretischen Beschreibung.<ref>Bei ungebundenen Eigenzuständen des [[Energieoperator]]s treten analoge Grenzwertprobleme wie bei Beispiel&nbsp;1 und&nbsp;2 (s.&nbsp;u.) auf.</ref>


Beispiel&nbsp;3 ist ein Zustand, in dem eine physikalische Größe (nämlich die Energie) einen bestimmten Wert hat, während sowohl für den Ort als auch für den Impuls nur Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Messergebnisse angegeben werden können (für den Ort z.&nbsp;B. durch das [[Atomorbital|Orbital]], für den Impuls durch das [[Betragsquadrat]] der Fouriertransformierten der betreffenden Orts[[wellenfunktion]]).
Beispiel&nbsp;3 ist ein Zustand, in dem eine physikalische Größe (nämlich die Energie) einen bestimmten Wert hat, während sowohl für den Ort als auch für den Impuls nur Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Messergebnisse angegeben werden können (für den Ort z.&nbsp;B. durch das [[Atomorbital|Orbital]], für den Impuls durch das [[Betragsquadrat]] der Fouriertransformierten der betreffenden Orts[[wellenfunktion]]).


=== Superposition von Zuständen ===
=== Superposition von Zuständen ===
Für ein (potentiell punktförmiges) Teilchen ist in der [[Klassische Mechanik|klassischen Mechanik]] der Zustand durch den Ort und den [[Impuls]] des Teilchens gegeben, also durch einen Punkt im sechsdimensionalen [[Phasenraum]]. Die an Strahlen solcher Teilchen beobachteten [[Interferenz (Physik)|Interferenz]]effekte ([[Welle-Teilchen-Dualismus]]) erzwingen aber die Möglichkeit, dass auch die [[Superposition (Physik)|Superposition]] (oder ''Überlagerung'', [[Linearkombination]] mit [[Komplexe Zahl|komplexen]] Faktoren) mehrerer Zustände einen möglichen Zustand bildet (siehe z.&nbsp;B. [[Materiewelle]]n). Jeder Zustand, für den zu einer bestimmten Messgröße verschiedene Messwerte mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten vorausgesagt werden, ist eine '''Superposition''' der zu diesen Messwerten gehörigen Eigenzustände. Die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten dieser Eigenwerte als Messergebnis zu erhalten, ist durch das ''Betragsquadrat'' des (i.&nbsp;allg. komplexen) Faktors festgelegt, mit dem der betreffende Eigenzustand in dieser Überlagerung vorkommt. Dieser Faktor wird als [[#Wahrscheinlichkeitsamplitude|Wahrscheinlichkeitsamplitude]] bezeichnet.
{{Hauptartikel|Interferenz (Physik) #Interferenz in der Quantenmechanik|titel1=„Interferenz in der Quantenmechanik“ im Artikel Interferenz (Physik) }}
 
Für ein Teilchen in Gestalt eines  [[Massepunkt]]s ist in der [[Klassische Mechanik|klassischen Mechanik]] der Zustand durch den Ort und den [[Impuls]] gegeben, also durch einen Punkt im sechsdimensionalen [[Phasenraum]]. Da bei Teilchenstrahlen aber auch [[Interferenz (Physik)|Interferenz]]effekte beobachtet werden ([[Welle-Teilchen-Dualismus]]), muss auch die Möglichkeit, dass die [[Superposition (Physik)|Superposition]] (oder ''Überlagerung'', [[Linearkombination]] mit [[Komplexe Zahl|komplexen]] Faktoren) mehrerer Zustände einen möglichen Zustand bildet, zugelassen werden (siehe [[Materiewelle]]n). So ist jeder Zustand, für den die Quantenmechanik zu einer Messgröße mehrere mögliche Messwerte mit je eigenen Wahrscheinlichkeiten voraussagt, eine '''Superposition''' derjenigen Zustände, die die zu diesen Messwerten gehörigen Eigenzustände sind. Die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten dieser Eigenwerte als Messergebnis zu erhalten, ist durch das ''Betragsquadrat'' seiner Wahrscheinlichkeitsamplitude festgelegt. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude ist der (im Allgemeinen komplexe) Faktor, mit dem der betreffende Eigenzustand in dieser Superposition vorkommt.
Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Superpositionszuständen und den Basis- bzw. Eigenzuständen: Für ein gegebenes System kann vielmehr jeder Zustand mit jedem anderen überlagert werden, und jeder Zustand kann als Überlagerung anderer Zustände dargestellt werden. Auch die superponierten Zustände sind also ''reine Zustände'' im obigen Sinn.
 
Zustände, die durch Superposition gebildet werden, werden gelegentlich auch ungenau als ''gemischte Zustände'' angesprochen, was aber vermieden werden sollte, weil Verwechslungen mit dem Begriff ''Zustandsgemisch'' auftreten könnten.


Siehe auch [[Interferenz (Physik) #Interferenz in der Quantenmechanik|Interferenz in der Quantenmechanik]].
Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen den Eigenschaften, Superpositionszustand oder Basis- oder Eigenzustand zu sein: Jeder Zustand eines Systems kann als Basiszustand einer geeignet gewählten Basis betrachtet werden, aber auch als Superpositionszustand von den Basisvektoren einer anderen Basis. Jeder Zustand kann mit jedem anderen Zustand desselben Systems überlagert werden, und jeder Zustand kann als Überlagerung anderer Zustände dargestellt werden. Zustände, die als Superposition definiert wurden, sind also auch ''reine Zustände'' im obigen Sinn. Gelegentlich werden sie jedoch ungenau als ''gemischte Zustände'' angesprochen, was aber vermieden werden sollte, weil Verwechslungen mit dem Begriff ''Zustandsgemisch'' auftreten könnten.


=== Zustand und statistisches Gewicht ===
=== Zustand und statistisches Gewicht ===
Die Menge möglicher Zustände des Phasenraums, der durch die Möglichkeit der Superposition erweitert wird, ist erheblich [[Mächtigkeit (Mathematik)|mächtiger]] als der Originalraum der klassischen Mechanik. Als Maß dieses erweiterten Raumes gilt in der [[Quantenstatistik|statistischen Quantenphysik]] nicht die Größe dieser Menge selbst, sondern ihre [[Dimension (Mathematik) #Hamel-Dimension (Dimension eines Vektorraumes)|Dimension]];<ref>Diese Dimension kann endlich sein oder abzählbar-unendlich (wie etwa im Standardfall des [[Hilbertraum]]s) oder sogar überabzählbar-unendlich (wie bei den [[Gelfandsches Raumtripel|Gelfandschen Raumtripeln]], einer Verallgemeinerung des Hilbertraums zur besseren Erfassung kontinuierlicher Spektren).</ref> das ist die Zustandszahl der kleinstmöglichen Teilmenge, so dass sich daraus durch Superposition alle überhaupt möglichen Zustände des Systems ergeben können. Da sich innerhalb dieser Auswahl keiner der Zustände als Superposition der anderen darstellen lässt, sind sie [[linear unabhängig]] und bilden eine [[Basis (Vektorraum)|Basis]] des erweiterten Phasenraums.
Der quantenmechanische Phasenraum wird durch die Möglichkeit der Superposition erheblich [[Mächtigkeit (Mathematik)|mächtiger]] als der Phasenraum der klassischen Mechanik für dasselbe System. Als Maß dieses erweiterten Raumes gilt in der [[Quantenstatistik|statistischen Quantenphysik]] aber nicht die Größe dieser Menge selbst, sondern ihre [[Dimension (Mathematik) #Hamel-Dimension (Dimension eines Vektorraumes)|Dimension]];<ref>Diese Dimension kann endlich sein oder abzählbar-unendlich (wie im Standardfall des [[Hilbertraum]]s) oder sogar überabzählbar-unendlich (wie bei den [[Gelfandsches Raumtripel|Gelfandschen Raumtripeln]], einer Verallgemeinerung des Hilbertraums zur besseren Erfassung kontinuierlicher Spektren).</ref> das ist die kleinstmögliche Zahl der Zustände, aus denen sich durch Superposition alle überhaupt möglichen Zustände des Systems ergeben können. Innerhalb dieser kleinstmöglichen Teilmenge ist demnach keiner der Zustände als Superposition der anderen darstellbar, deshalb sind sie [[linear unabhängig]] und bilden eine [[Basis (Vektorraum)|Basis]] des ganzen Phasenraums.


Im Vergleich mit der [[Zustandsdichte]] in der klassischen [[statistische Physik|statistischen Physik]] zeigt sich, dass jeder quantenmechanische Zustand einer solchen Basis das „Phasenraumvolumen“ <math>2 \pi \hbar = h</math> belegt, d.&nbsp;h. gerade das Plancksche [[Wirkungsquantum]]. Die [[physikalische Dimension]] dieses „Volumens“ ist die einer [[Wirkung (Physik)|Wirkung]] = Energie mal Zeit bzw. = Ort mal Impuls.
Im Vergleich mit der [[Zustandsdichte]] in der klassischen [[statistische Physik|statistischen Physik]] zeigt sich, dass jeder quantenmechanische Zustand einer solchen Basis das „Phasenraumvolumen“ <math>(2 \pi \hbar)^n = h^n</math> belegt, wobei <math>n</math> die Anzahl unabhängiger Ortskoordinaten ist und <math>h</math> das Plancksche [[Wirkungsquantum]]. Die [[physikalische Dimension]] dieses „Volumens“ ist für <math>n=1</math> die einer [[Wirkung (Physik)|Wirkung]] = Energie mal Zeit, oder = Ort mal Impuls.


== Mathematische Darstellung ==
== Mathematische Darstellung ==
{{Hauptartikel|Bra-Ket|Wellenfunktion}}
=== Mathematische Grundlagen ===
 
{{Hauptartikel|Zustand (Mathematik)}}
=== Zustand ===
Im mathematischen Formalismus der [[Quantenmechanik]] und [[Quantenfeldtheorie]] ist ein Zustand eine [[Funktion (Mathematik)|Abbildung]]svorschrift, die jeder physikalischen Größe ihren Erwartungswert zuordnet. Diese Definition schließt Zustandsgemische mit ein. Da die physikalischen Größen durch lineare Operatoren dargestellt werden, die eine Untermenge einer [[C*-Algebra]] bilden, ist ein Zustand <math>\psi</math> in mathematisch strikter Benennung ein [[lineares Funktional]] <math>\mathcal A</math>, das von der C*-Algebra auf die komplexen Zahlen <math>\C</math> abbildet, und für das gilt: <math>\psi(A A^*)\; \ge 0 \;\forall A \in \mathcal A</math> und <math>\psi(1) = 1</math>. Dabei ist die <math>1</math> als Argument des Funktionals das [[Einselement]] der Algebra, und die <math>1</math> auf der rechten Seite die Eins der komplexen Zahlen.<ref>{{Literatur|Autor= Walter Thirring|Titel= Quantenmechanik von Atomen und Molekülen|Sammelwerk= Lehrbuch der Mathematischen Physik|Band= 3|Auflage= 3|Verlag= Springer|Ort= Wien|Datum= 1994|ISBN= 978-3-211-82535-8|Seiten= 26}}</ref>
Für die mathematische Darstellung des oben physikalisch definierten Zustands eignen sich zwei Formen:
 
* eine Zustandsfunktion, z.&nbsp;B. die orts- und zeitabhängige [[Materiewelle]] oder
* ein Zustandsvektor in einem [[Abzählbar unendlich|abzählbar-unendlich]]-dimensionalen [[Vektorraum]], der als [[Hilbertraum]] bezeichnet wird.
 
Beide Darstellungen sind äquivalent. Die erste, die auf [[Erwin Schrödinger]] zurückgeht<ref name="Schroedinger1926">[[Erwin Schrödinger|E. Schrödinger]]: „''Quantisierung als Eigenwertproblem I''“, Annalen der Physik 79 (1926), 361–376. E. Schrödinger: „''Quantisierung als Eigenwertproblem II''“, Annalen der Physik 79 (1926), 489–527. E. Schrödinger: „''Quantisierung als Eigenwertproblem III''“, Annalen der Physik 80 (1926), 734–756. E. Schrödinger: „''Quantisierung als Eigenwertproblem IV''“, Annalen der Physik 81 (1926), 109–139</ref>, ist oft leichter zu veranschaulichen. Die zweite, die auf [[Werner Heisenberg]]<ref name="Heisenberg1925a">W. Heisenberg: ''Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen''. In: ''Zeitschrift für Physik''. Band 33, 1925, S. 879–893.</ref>
und [[Paul Dirac]]<ref>[[Paul Dirac|P.A.M. Dirac]]: ''On the theory of quantum mechanics''. In: ''Proceedings of the Royal Society of London A''. Band 112, 1926, S. 661–677.</ref> zurückgeht, hat oft den Vorzug der übersichtlicheren Darstellung in algebraischen Gleichungen. Ein Zustand kann entweder als [[Wellenfunktion]] notiert werden, z.&nbsp;B. <math>\psi(t, \vec r)</math>, oder als Vektor, wofür sich nach Dirac das ''ket''-Symbol <math>\vert\psi\rangle</math> eingebürgert hat. Handelt es sich um einen Eigenzustand zu einer physikalischen Messgröße, wird der betreffende Eigenwert meist im Symbol mit angegeben. Beispiele:
 
# <math>\vert \vec r \rangle</math> bezeichnet den Ortseigenzustand eines Teilchens,
# <math>\vert \vec p \rangle</math> oder <math>\psi_{\vec p}(t, \vec r)</math> den Impulseigenzustand,
# <math>\vert E \rangle</math> oder <math>\psi_{E}(t, \vec r)</math> den Energieeigenzustand. Dabei kann <math>E</math> sowohl diskrete Werte (z.&nbsp;B. bei gebundenen Zuständen) als auch kontinuierliche Werte annehmen (z.&nbsp;B. bei ungebundenen Zuständen).
# Wird einem Eigenwert eine [[Quantenzahl]] zugeordnet (z.&nbsp;B. Quantenzahl <math>\,n</math> für das <math>\,n</math>-te [[Energieniveau]] <math>\,E_n</math>, Quantenzahlen <math>\,j,\,m</math> für Betrag und z-Komponente des [[Drehimpuls]]es), so wird der zugehörige Eigenzustand einfach durch Angabe der Quantenzahl(en) oder ein extra vereinbartes Symbol angegeben (Beispiele: <math>\vert n\rangle, \vert j, m\rangle, \vert\uparrow\rangle, \vert x\rangle, \vert p\rangle </math>).
 
Allerdings legt der physikalische Zustand, aus dem sich die Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Messergebnisse ergeben sollen, die Funktion <math>\psi(t, \vec r)</math> bzw. den Vektor <math>\vert\psi\rangle</math> nicht umkehrbar eindeutig fest, sondern nur bis auf einen konstanten Faktor. Alle Funktionen <math>\alpha \psi(t, \vec r)</math> bzw. Vektoren <math>\alpha \vert\psi\rangle</math> bezeichnen denselben Zustand, wenn <math>\alpha </math> eine konstante komplexe Zahl ist. Im Hilbertraum entspricht ein Zustand daher dem eindimensionalen Unterraum (Strahl), der von einem Zustandsvektor aufgespannt wird. Dieser kann eindeutig durch den Zustandsoperator <math>\hat P = \vert\psi\rangle \langle \psi \vert</math> ausgedrückt werden, der der Projektionsoperator auf diesen Unterraum ist.
 
=== Wahrscheinlichkeitsamplitude ===
Die Wahrscheinlichkeitsamplitude, mit der ein Zustand <math>\psi</math> in einem Zustand <math>\phi</math> enthalten ist, wird durch das [[Faltungsintegral]] bzw. das [[Skalarprodukt]] wiedergegeben:


: <math> \int \phi^* (\vec r)\ \psi(\vec r)\ d^3r \equiv \langle\phi\vert\psi\rangle </math>.&nbsp;<ref>Hat das System weitere Variablen, z. &nbsp; eine [[Spin]]koordinate, muss das Ortsintegral durch einen Zusatzfaktor mit der Summe über die endlich vielen Werte der Spinvariablen ergänzt werden.</ref>
Die Menge dieser Zustände ist eine [[konvexe Menge]], das heißt, wenn <math>\psi</math> und <math>\phi</math> Zustände sind und <math>a \le 1</math>, dann ist auch <math>a \psi + (1-a) \phi</math> ein Zustand. Ein Zustand heißt ''rein'', wenn er sich nur trivial zerlegen lässt, das heißt, wenn <math>a = 0</math> oder <math>a=1</math> ist. Diese reinen Zustände sind genau die [[Extremalpunkt]]e dieser Menge; jeder gemischte Zustand kann als Integral über reine Zustände geschrieben werden.


Darin ist <math> \langle\phi\vert </math> der zu <math> \vert\phi\rangle </math> duale Vektor, der als ''bra''-Vektor bezeichnet wird. (''bra'' und ''ket'' fügen sich zu ''bracket'' zusammen, engl. für ''Klammer''.) Man beachte, dass der ''bra'' zum Vektor <math>\alpha \vert\phi\rangle </math> durch <math>\alpha^* \langle\phi\vert </math> gegeben ist.
Jedem Zustand kann mittels der [[GNS-Konstruktion]] eine [[Hilbertraum-Darstellung]] <math>\pi\colon\mathcal A\to \mathcal B(\mathcal H)</math> zugeordnet werden. Jeder normierte Vektor <math>|\psi\rangle</math> im Hilbertraum, <math>\big\| |\psi \rangle \big\| = 1</math>, entspricht einem Zustand <math>\psi</math> in <math>\mathcal A</math> und umgekehrt kann jedem Zustand ein Vektor zugeordnet werden. Es gilt
Weiter ist hier vorausgesetzt, dass die Funktionen bzw. Vektoren normiert sind:
:<math>\psi(a)\ \Leftrightarrow\ \langle \psi | \pi(a) \psi \rangle</math>
wobei <math>\langle \psi | \pi(a) \psi \rangle</math> das Skalarprodukt im Hilbertraum aus <math>|\psi \rangle</math> und <math>|\pi(a) \psi \rangle</math> bezeichnet. Die reinen Zustände bilden die irreduziblen Darstellungen im Hilbertraum.


: <math> \int \psi^* (\vec r)\ \psi(\vec r)\ d^3r \equiv \langle\psi\vert\psi\rangle = 1</math>,
=== Physikalische Implikationen ===
Für die mathematische Darstellung des oben physikalisch definierten reinen Zustands eignen sich zwei Formen, die zueinander äquivalent sind:
* ein Zustandsvektor in einem [[Abzählbar unendlich|abzählbar-unendlich]]-dimensionalen [[Vektorraum]] mit einem [[Skalarprodukt]], der als [[Hilbertraum]] bezeichnet wird. Diese Darstellung geht zurück auf [[Werner Heisenberg]]<ref name="Heisenberg1925a">W. Heisenberg: ''Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen''. In: ''Zeitschrift für Physik''. Band 33, 1925, S. 879–893.</ref> und [[Paul Dirac]]<ref>[[Paul Dirac|P.A.M. Dirac]]: ''On the theory of quantum mechanics''. In: ''Proceedings of the Royal Society of London A''. Band 112, 1926, S. 661–677.</ref> und hat oft den Vorzug der übersichtlichen Darstellung in [[Algebraische Gleichung|algebraischen Gleichungen]]. Ein Zustand wird hier als [[Vektor]] notiert, wofür sich nach Dirac das [[Bra-Ket|''Ket''-Symbol]] <math>\vert\psi\rangle</math> eingebürgert hat.
* eine Zustandsfunktion, z.&nbsp;B. die orts- und zeitabhängige [[Materiewelle]]. Ein Zustand wird hier als [[Wellenfunktion]] notiert, z.&nbsp;B. <math>\psi(t, \vec r)</math>. Diese Darstellung geht auf [[Erwin Schrödinger]] zurück<ref name="Schroedinger1926">[[Erwin Schrödinger|E. Schrödinger]]: „''Quantisierung als Eigenwertproblem I''“, Annalen der Physik 79 (1926), 361–376. E. Schrödinger: „''Quantisierung als Eigenwertproblem II''“, Annalen der Physik 79 (1926), 489–527. E. Schrödinger: „''Quantisierung als Eigenwertproblem III''“, Annalen der Physik 80 (1926), 734–756. E. Schrödinger: „''Quantisierung als Eigenwertproblem IV''“, Annalen der Physik 81 (1926), 109–139</ref> und ist oft leichter zu veranschaulichen, vor allem, wenn es sich nur um einziges Teilchen handelt.


damit für die Wahrscheinlichkeit, im Zustand <math> \psi</math> denselben Zustand <math> \psi</math> zu beobachten, richtig 1 herauskommt. (Eigenzustände zu Messgrößen mit kontinuierlichen Eigenwerten wie Ort und Impuls müssen über die Diracsche [[Delta-Distribution|&delta;-Distribution]] normiert werden, s.&nbsp;u.) Wenn ein System in einem Eigenzustand einer messbaren Größe vorliegt, ist es sicher nicht in einem Eigenzustand (derselben Messgröße) mit einem anderen Eigenwert anzutreffen, die Wahrscheinlichkeitsamplitude hierfür hat den Wert null:
==== Zustandsvektor und Kovektor ====
{{Siehe auch|Dirac-Notation}}
Der Zustandsvektor <math>|\psi\rangle</math> im Hilbertraum <math>\mathcal H</math> ist, wie auch ein Ortsvektor <math>\vec x</math>, ein mathematisches, abstraktes Objekt. So wie der Ortsvektor in einer Basisdarstellung
:<math>\vec x = \sum_{i = 1}^3 \vec e_i \left(\vec e_i \cdot \vec x\right) = \sum_{i = 1}^3 x_i \vec e_i </math>
geschrieben werden kann, wobei <math>\vec e_i</math> drei zueinander orthogonale Vektoren im dreidimensionalen Euklidischen Raum sind, kann der Zustandsvektor in jeder beliebigen vollständigen Orthonormalbasis entwickelt werden. Für diese Entwicklung ist es nötig, den Kovektor <math>\langle \psi | </math> einzuführen, der als ''Bra''-Vektor im [[Dualraum]] zum Hilbertraum ansässig ist. Mathematisch betrachtet ist ein Bra-Vektor ein lineares Funktional, das auf dem Hilbertraum in die komplexen Zahlen opereriert. Wie für Vektoren im Euklidischen Raum gilt analog als Entwicklung
:<math>|\psi\rangle = \sum_{i = 1}^\infty |\phi_i \rangle \langle \phi_i | \psi \rangle = \sum_{i = 1}^\infty c_i |\phi_i\rangle</math>
mit <math>c_i = \langle \phi_i | \psi\rangle \in \Complex</math>. Da die Basisvektoren <math>|\phi_i \rangle</math> eine Orthonormalbasis bilden, gilt
:<math>\langle \phi_i | \phi_j \rangle = \delta_{ij}</math>
mit dem [[Kronecker-Delta]] <math>\delta_{ij}</math> und
:<math>\sum_{i = 1}^\infty |\phi_i \rangle \langle \phi_i| = I</math>
mit der unendlichdimensionalen Einheitsmatrix <math>I</math>. Da in der Quantenmechanik – im Gegensatz zum Euklidischen Vektorraum – auch kontinuierliche Basen auftreten können, gilt für eine Entwicklung in einer kontinuierlichen Basis entsprechend
:<math>\langle x| y \rangle = \delta(x-y)</math>
mit der [[Dirac-Distribution]] <math>\delta(x-y)</math> beziehungsweise
:<math>\int \mathrm dx \, |x \rangle \langle x | = I</math>.
Um in der Schreibweise nicht zwischen kontinuierlichen und diskreten Basen unterscheiden zu müssen, wird teilweise das Symbol ⨋ verwendet.


: <math>\langle E_2\vert E_1\rangle =\delta_{1,2}</math>, wenn beide Zustände gebunden sind, bzw. <math>=\delta (E_1-E_2)</math>, wenn beide ungebunden sind. Dabei ist ''&delta;<sub>i,k</sub>'' das [[Kronecker-Delta]] und ''&delta;(x-y)'' die [[Diracfunktion]].
Wenn der Zustandsvektor in einer Basis dargestellt wird, dann zumeist in der Eigenbasis eines hermiteschen Operators, der mit einer physikalischen Messgröße identifiziert wird. Die Eigenzustände eines solchen Operators werden häufig mit dem Formelzeichen der entsprechenden physikalischen Größe bezeichnet:
: <math>\langle \vec p_2 \vert \vec p_1 \rangle = \delta(\vec p_2-\vec p_1)</math>,
# <math>|x\rangle</math> bezeichnet den Ortseigenzustand eines Teilchens,
: <math>\langle \vec r_2 \vert \vec r_1 \rangle = \delta(\vec r_2-\vec r_1)</math>.
# <math>|p\rangle</math> den Impulseigenzustand,
# <math>|E \rangle</math> den Energieeigenzustand. Dabei kann <math>E</math> sowohl diskrete Werte annehmen (z.&nbsp;B. bei gebundenen Zuständen) als auch kontinuierliche Werte (z.&nbsp;B. bei ungebundenen Zuständen).
# Wird einem Eigenwert eine [[Quantenzahl]] zugeordnet (z.&nbsp;B. Quantenzahl <math>n</math> für das <math>n</math>-te [[Energieniveau]] <math>E_n</math>, Quantenzahlen <math>j, \, m</math> für Betrag und z-Komponente des [[Drehimpuls]]es), so wird der zugehörige Eigenzustand angegeben durch Angabe der Quantenzahl(en) oder durch ein extra vereinbartes Symbol (Beispiele: <math>|n \rangle, |j, m \rangle, \left|{\uparrow}\right\rangle</math>).


Zwei Zustände mit dem Skalarprodukt null heißen auch ''zueinander orthogonal''.
Damit die Wellenfunktion nach der [[Bornsche Regel|Bornschen Regel]] als Wahrscheinlichkeitsamplitude aufgefasst werden kann, ist es nötig, den Zustandsvektor zu normieren. Das heißt, für einen physikalischen Zustand muss
Die wegen ihrer leichteren Anschaulichkeit oft gebrauchte Wellenfunktion des Zustands <math>\vert\psi\rangle</math> ist <math>\psi(\vec r) = \langle \vec r\vert\psi\rangle</math>, also die Komponente des Zustandsvektors <math>\vert\psi\rangle</math> längs des Basisvektors <math>\vert \vec r\rangle</math>, der den Zustand für das am Ort <math>\,\vec r</math> fixierte Teilchen beschreibt (auch wenn dieser lokalisierte Zustand in der Natur nicht realisiert ist).
:<math>\langle \psi | \psi \rangle = 1</math>


=== Messgröße (Observable) ===
gelten. Allerdings legt dies den Vektor <math>|\psi\rangle</math> ''nicht'' [[umkehrbar eindeutig]] fest, sondern nur bis auf einen konstanten Faktor <math>a=e^{\mathrm i\alpha},\ \alpha \in \R</math>, also eine [[komplexe Zahl]] mit Betrag Eins. Diese wird auch als quantenmechanische Phase des Zustands bzw. Zustandsvektors bezeichnet. Die Vektoren <math>e^{\mathrm i \alpha} |\psi\rangle</math>, die alle  denselben Zustand beschreiben, spannen einen eindimensionalen [[Untervektorraum|Unterraum]] ([[Strahl (Geometrie)|Strahl]]) auf.
Eine messbare physikalische Größe wird durch einen [[Linearer Operator|Operator]] dargestellt, der im Hilbertraum eine [[lineare Transformation]] bewirkt. Messgröße <math>A</math> und zugehöriger Operator <math>\hat A</math> werden zusammengefasst [[Observable]] genannt.


Das zugehörige Symbol für den Operator besteht aus dem gewöhnlich benutzten Buchstaben mit einem [[Zirkumflex #Verwendung|Dach]] darüber. Beispiele:
==== Wellenfunktion ====
{{Hauptartikel|Wellenfunktion}}
Die Wellenfunktionen <math>\psi(x)</math> beziehungsweise <math>\psi(p)</math> sind die Entwicklungskoeffizienten des Zustandsvektors in der Orts- beziehungsweise Impulsbasis:<ref>{{Literatur|Autor= Torsten Fließbach|Titel= Quantenmechanik|Auflage= 4|Verlag= Spektrum|Ort= München|Datum= 2005|ISBN= 3-8274-1589-6|Seiten= 231}}</ref>
:<math>|\psi \rangle = \int \mathrm d x \, |x \rangle \langle x | \psi \rangle = \int \mathrm d x\, |x \rangle \psi(x)</math>
:<math>|\psi \rangle = \int \mathrm dp \, |p \rangle \langle p |\psi \rangle = \int \mathrm dp \, |p \rangle \psi(p)</math>


# Der Operator <math>\hat V</math> für die ortsabhängige [[potentielle Energie]] <math>V(\vec r)</math> verwandelt die Wellenfunktion <math> \psi(\vec r) </math> in <math> V(\vec r)\cdot\psi(\vec r) </math>.
==== Messung ====
# Der Operator <math> \hat{\vec p} </math> für den Impuls verwandelt die Wellenfunktion <math> \psi(\vec r) </math> in <math> \frac{\hbar}{i} \nabla \psi(\vec r),</math> mit dem reduzierten [[Wirkungsquantum]] <math>\hbar</math>, der [[Imaginäre Zahl|imaginären Einheit]] <math>i</math> und dem [[Nabla-Operator]] <math>\nabla</math>.
{{Hauptartikel|Quantenmechanische Messung}}
# Der [[Hamilton-Operator]] <math>\hat H</math> steht für die Gesamtenergie <math display="inline">E</math> des Systems, für ein punktförmiges Teilchen also <math display="inline">E = \tfrac{p^2}{2m}+V(\vec r)</math>. Daher <math display="inline">\hat H = \tfrac{\hat p^2}{2m}+\hat V(\vec r)</math>.
Eine messbare physikalische Größe wird durch einen [[Linearer Operator|Operator]] dargestellt, der im Hilbertraum eine [[lineare Transformation]] bewirkt. Messgröße <math>A</math> und zugehöriger Operator <math>\hat A</math> werden zusammengefasst [[Observable]] genannt. Die möglichen Messergebnisse <math>A_i</math> sind die [[Eigenwert]]e des Operators. Das heißt, es gilt für einen Eigenzustand <math>|A_i\rangle</math> des Operators
:<math>\hat A |A_i \rangle = A_i |A_i\rangle</math>


Da alle möglichen Messergebnisse [[reelle Zahl]]en sind, muss der Operator [[Hermitescher Operator|hermitesch]] sein, d.&nbsp;h. folgende Bedingung erfüllen:
Da alle möglichen Messergebnisse [[reelle Zahl]]en sind, muss der Operator [[Hermitescher Operator|hermitesch]] sein, d.&nbsp;h. folgende Bedingung erfüllen:
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:<math>\langle \phi \vert \hat A \vert \psi \rangle = \langle \psi \vert \hat A \vert \phi \rangle^*.</math>
:<math>\langle \phi \vert \hat A \vert \psi \rangle = \langle \psi \vert \hat A \vert \phi \rangle^*.</math>


=== Eigenwert, einzelner Messwert, Erwartungswert ===
Bei einem Zustand, der nicht Eigenzustand des betreffenden Operators ist, können Messergebnisse nicht sicher, sondern nur mit Wahrscheinlichkeiten vorhergesagt werden. Diese Wahrscheinlichkeiten berechnen sich für jeden Eigenwert als Betragsquadrat aus dem Skalarprodukt des betreffenden Eigenvektors der Messgröße mit dem Zustandsvektor des Systems:
Wirkt eine Observable <math>\hat A</math> auf einen ihrer eigenen Eigenzustände <math> \varphi_a </math> (worin der Index <math>a</math> den Eigenwert angibt), multipliziert sich der Zustandsvektor mit dem Eigenwert ([[Eigenwertgleichung]]):
:<math>P(A_i) = \Big|\langle A_i | \psi \rangle \Big|^2</math>
 
: <math>\hat A \vert \varphi_a\rangle = a\cdot\vert \varphi_a\rangle</math>.
 
Die Wahrscheinlichkeit, an einem beliebigen Zustand <math> \psi</math> bei einer Messung der Observable <math>\hat A</math> gerade den Wert <math>a</math> zu erhalten, ist das Betragsquadrat der Wahrscheinlichkeitsamplitude, das System im zugehörigen Eigenzustand <math> \varphi_a </math> anzutreffen:


: <math>P_a = \vert \langle \varphi_a \vert \psi \rangle \vert^2</math>
Nach der Messung ist der Zustandsvektor auf den zum entsprechenden Eigenwert zugehörigen Unterraum [[Kollaps der Wellenfunktion|kollabiert]], das heißt
:<math>|\psi \rangle_\text{vor} \to |\psi\rangle_\text{nach} = |A_i \rangle</math>


Dadurch hat man gleichzeitig das System im Eigenzustand <math> \varphi_a </math> präpariert, denn nach dieser Messung liegt es genau in diesem Zustand vor.
Dadurch ist gleichzeitig das System im Eigenzustand <math> |A_i \rangle </math> präpariert, denn nach dieser Messung liegt es genau in diesem Zustand vor. Eine instantan erfolgende erneute Messung dieser Observable ergibt daher sicher wieder denselben Wert.


Als '''Erwartungswert''' <math>\langle \hat A \rangle </math> wird der Mittelwert vieler Einzelmessungen der Observable an immer gleichen Systemen im Zustand <math> \psi</math> bezeichnet. Aus dem Spektrum aller möglicher Einzelergebnisse <math>a</math> und ihren Wahrscheinlichkeiten <math>P_a</math> ergibt sich:
Als [[Erwartungswert]] <math>\langle \hat A \rangle </math> wird der Mittelwert vieler Einzelmessungen der Observable an immer gleichen Systemen im selben Zustand <math>| \psi \rangle</math> bezeichnet. Aus dem Spektrum aller möglicher Einzelergebnisse <math>A_i</math> und ihren Wahrscheinlichkeiten <math>P_i</math> ergibt sich:


:<math>\langle \hat A \rangle = \langle \psi \vert \hat A \vert \psi \rangle</math>.
:<math>\langle \hat A \rangle = \langle \psi \vert \hat A \vert \psi \rangle</math>.


=== Phasenfaktor und Superposition ===
==== Phasenfaktor und Superposition ====
Zwei ''kets'', die sich nur um einen konstanten Faktor unterscheiden,<ref>D.&nbsp;h. dass die zwei ''kets'' als Vektoren im Hilbertraum zum selben eindimensionalen Unterraum gehören, also gewissermaßen „dieselbe Richtung“ haben.</ref> z.&nbsp;B. <math>|\psi'\rangle =c|\psi\rangle</math>, beschreiben denselben Zustand; denn alle für diesen Zustand abzuleitenden ''messbaren'' Eigenschaften sind von diesem Faktor unabhängig. Der Faktor darf von der Zeit abhängen, aber nicht von einer Observablen wie z.&nbsp;B. dem Ort. Hat der Faktor den Betrag&nbsp;1, so heißt er auch '''Phasenfaktor''', denn er kann in der Form <math>c = e^{i\Phi}</math> geschrieben werden, worin <math>\Phi</math> als '''quantenmechanische [[Phasenwinkel|Phase]]''' bezeichnet wird.
''Linearkombinationen'' zweier Zustandsvektoren, also z.&nbsp;B. <math>|\psi\rangle =c_1|\psi_1\rangle +c_2|\psi_2\rangle</math> mit komplexen Zahlen <math>c_1, c_2</math>, die die Bedingung <math>c_1 c_1^* + c_1 c_2^* + c_2 c_1^* + c_2 c_2^* = 1</math> erfüllen, beschreiben ebenfalls erlaubte Zustände (s.&nbsp;o. [[#Superposition von Zuständen|Superposition von Zuständen]]). Hierbei ist, anders als bei einem einzelnen Zustandsvektor, die relative Phase der Faktoren, d.&nbsp;h. die komplexe Phase <math>\phi</math> im Quotienten <math>\tfrac{c_2}{c_1} = \vert\tfrac{c_2}{c_1}\vert e^{i\phi}</math>, nicht mehr beliebig; je nach Phase hat der Überlagerungszustand <math>|\psi\rangle </math> verschiedene physikalische Eigenschaften.<ref>Beispiel: Wenn <math>\left\vert{\uparrow}\right\rangle,\ \left\vert{\downarrow}\right\rangle </math> die Eigenzustände zum Spin „auf“ oder „ab“ in z-Richtung sind, dann ist <math>\left\vert{\rightarrow}\right\rangle = \left\vert{\uparrow}\right\rangle + \left\vert{\downarrow}\right\rangle</math> der Eigenzustand „auf“ in x-Richtung, aber <math>\left\vert{\nearrow}\right\rangle = \left\vert{\uparrow}\right\rangle + i\left\vert{\downarrow}\right\rangle </math> der Eigenzustand „auf“ in y-Richtung. (Der Normierungsfaktor <!-- 1/(2<sup>1/2</sup>) <math>1/\sqrt{2} </math> --> wurde fortgelassen.)</ref> Daher wird von ''[[Kohärenz (Physik)|kohärenter]]'' Superposition gesprochen, weil wie bei optischer Interferenz mit [[Kohärentes Licht|kohärentem Licht]] nicht die Betragsquadrate, sondern die „erzeugenden [[Amplitude]]n“ selbst, also <math>|\psi_1\rangle</math> und <math>|\psi_2\rangle</math>, superponiert werden.


''Linearkombinationen'' zweier Zustandsvektoren, also z.&nbsp;B. <math>|\psi\rangle =c_1|\psi_1\rangle +c_2|\psi_2\rangle</math>, mit komplexen Zahlen <math>c_1, c_2</math> beschreiben ebenfalls erlaubte Zustände (s.&nbsp;o. [[#Superposition von Zuständen|Superposition von Zuständen]]). Hier ist die relative Phase der Faktoren, d.&nbsp;h. die komplexe Phase <math>\phi</math> im Quotienten <math>\tfrac{c_2}{c_1} = \vert\tfrac{c_2}{c_1}\vert e^{i\phi}</math>, nicht mehr beliebig; je nach Phase hat der Überlagerungszustand verschiedene messbare Eigenschaften.<ref>Beispiel: Wenn <math>\vert\! \!\uparrow\rangle,\ \vert\!\! \downarrow\rangle </math> die Eigenzustände zum Spin „auf“ bzw. „ab“ in z-Richtung sind, dann ist <math>\vert\!\! \rightarrow \rangle =\vert\!\! \uparrow\rangle + \vert\!\! \downarrow\rangle </math> der Eigenzustand „auf“ in x-Richtung, aber <math>\vert\!\! \nearrow \rangle = \vert\!\! \uparrow\rangle + i\vert \!\!\downarrow\rangle </math> der Eigenzustand „auf“ in y-Richtung. (Der Normierungsfaktor <!-- 1/(2<sup>1/2</sup>) <math>1/\sqrt{2} </math> --> wurde fortgelassen.)</ref> Man spricht daher von ''[[Kohärenz (Physik)|kohärenter]]'' Superposition, weil wie bei optischer Interferenz mit [[Kohärentes Licht|kohärentem Licht]] nicht die Betragsquadrate, sondern die „erzeugenden [[Amplitude]]n“ selbst, also <math>|\psi_1\rangle</math> und <math>|\psi_2\rangle</math>, superponiert werden.
==== Zustandsgemisch und Dichteoperator ====
 
=== Zustandsgemisch und Dichteoperator ===
Ein Zustandsgemisch, in dem sich das System mit Wahrscheinlichkeit <math>p_i</math> im Zustand <math>\psi_i</math> (mit <math>i = 1,2, \ldots,\,n</math>) befindet, wird durch den [[Dichteoperator]] <math>\hat \rho</math> dargestellt, das ist die Summe der entsprechenden Projektionsoperatoren:
Ein Zustandsgemisch, in dem sich das System mit Wahrscheinlichkeit <math>p_i</math> im Zustand <math>\psi_i</math> (mit <math>i = 1,2, \ldots,\,n</math>) befindet, wird durch den [[Dichteoperator]] <math>\hat \rho</math> dargestellt, das ist die Summe der entsprechenden Projektionsoperatoren:


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Dies kann auch als [[Spur (Mathematik)|Spur]] des Operators <math>\hat \rho \hat A</math> dargestellt werden:
Dies kann auch als [[Spur (Mathematik)|Spur]] des Operators <math>\hat \rho \hat A</math> dargestellt werden:


:<math>\langle \hat A \rangle = Sp(\hat \rho \hat A) </math>.
:<math>\langle \hat A \rangle = \operatorname{Sp}(\hat \rho \hat A) </math>.


Die letzte Gleichung hat den Vorzug, dass sie gleichermaßen für Gemische und für reine Zustände gilt. (Bei einem reinen Zustand ist <math>\hat \rho </math> der zum Zustand gehörige Projektionsoperator.)
Die letzte Gleichung hat den Vorzug, dass sie gleichermaßen für Gemische und für reine Zustände gilt. (Bei einem reinen Zustand <math>\psi_i</math> ist <math>\hat \rho = \vert\psi_i\rangle \langle \psi_i \vert </math> der zum Zustand gehörige Projektionsoperator.)


Der Dichteoperator wird auch als „Zustandsoperator“ bezeichnet.
Der Dichteoperator wird auch als „Zustandsoperator“ bezeichnet.


== Beispiele ==
== Beispiele ==
a) Die Zustände eines (eindimensionalen) Teilchens in einem [[Potentialtopf]] der Breite <math>a</math> (von 0 bis <math>a</math>) sind Superpositionen von Eigenzuständen des Energieoperators, die durch die Wellenfunktionen <math>\langle x \vert n\rangle = \cos\,n\tfrac{\pi x}{a},\ \ n=1,2,\dots</math> beschrieben sind und die Energieeigenwerte <math>E_n = n^2 \tfrac{\pi^2 \hbar^2}{2 m a^2} = n^2 \tfrac{h^2}{8 m a^2}</math> haben. Ein beliebiger Zustand lässt sich dann immer als <math>\vert\psi\rangle = \sum\,\alpha_n \vert n\rangle</math> schreiben, wobei die Normierungsbedingung <math> \sum\,\vert\alpha_n\vert^2 = 1</math> zu beachten ist.
* Die Zustände eines [[Teilchen im Kasten|Teilchens im (eindimensionalen) Kasten]] der Breite <math>a</math> (von 0 bis <math>a</math>) können als Superpositionen von Eigenzuständen des Hamiltonoperators <math>\hat H</math> geschrieben werden. Dessen Eigenzustände im Ortsraum sind
 
::<math>\langle x |n\rangle = \sin n\tfrac{\pi x}{a},\ n\in \N</math>
b) Für Teilchen in einem Zentralfeld sind die Energieeigenzustände auch Eigenzustände des Drehimpulsoperators und tragen daher alle drei Quantenzahlen <math>\, n,j,m</math>:
:und die zugehörigen Energieeigenwerte zu <math>\hat H |n \rangle = E_n |n \rangle</math> sind
 
::<math>E_n = n^2 \tfrac{\pi^2 \hbar^2}{2 m a^2}</math>
:<math>\hat H \vert n, j,m\rangle = E_{n,j} \vert n, j,m\rangle,\ \ \ \hat J^2 \vert n, j,m\rangle = \hbar^2 j (j+1) \vert n,j,m\rangle,\ \ \hat J_z \vert n, j,m\rangle = \hbar m \vert n, j,m\rangle</math>
* Für [[Wasserstoffproblem|Teilchen in einem Zentralfeld]] können die Energieeigenzustände so gewählt werden, dass sie auch Eigenzustände des Drehimpulsoperators sind. Dann tragen sie alle drei Quantenzahlen <math>n,j,m</math>:
 
::<math>\hat H \vert n, j,m\rangle = E_{n} \vert n, j,m\rangle,\quad \hat J^2 \vert n, j,m\rangle = \hbar^2 j (j+1) \vert n,j,m\rangle,\quad \hat J_z \vert n, j,m\rangle = \hbar m \vert n, j,m\rangle</math>
Bezüglich <math>\,m</math> ist die Energie entartet, so dass ein beliebiger Zustand zu <math>\,E_{n,j}</math> als
:Aufgrund der [[Entartung (Quantenmechanik)|Energie-Entartung]] bezüglich der Quantenzahl <math>m</math> reicht im Allgemeinen eine Messung der Energie nicht aus, um den Zustand eindeutig zu bestimmen.
<math>\vert\psi\rangle = \sum\nolimits_{m} \alpha_{m} \vert n,j,m\rangle</math> geschrieben werden kann, wieder mit geeigneter Normierungsbedingung.
* Die Spineigenzustände zu <math>m_s = \pm \tfrac{1}{2}</math> eines (fermionischen) Teilchens werden einfach als <math>\left|{\uparrow}\right\rangle</math> und <math>\left|{\downarrow}\right\rangle</math> geschrieben.
 
* Der Zustand eines Systems, das durch den s-Wellen-Zerfall eines einzigen gebundenen Elementarteilchensystems in zwei Spin-1/2-Teilchen entsteht, ist <math>|\psi\rangle = \tfrac{1}{\sqrt 2} \left( \left|{\uparrow}\right\rangle_1 \otimes \left|{\downarrow}\right\rangle_2 - \left|{\downarrow}\right\rangle_1 \otimes \left|{\uparrow}\right\rangle_2 \right)</math>. Durch die Messung des Spins bei einem Teilchen kollabiert der Zustand instantan, sodass eine unmittelbar folgende Messung beim anderen Teilchen ein eindeutig korreliertes Ergebnis (nämlich das jeweils gegenteilige) liefert. Dies ist ein Beispiel für [[Quantenverschränkung]].
c) Die Spineigenzustände zu <math>m_s = \pm \tfrac{1}{2}</math> eines (fermionischen) Teilchens werden einfach als <math>\vert\!\!\uparrow\rangle</math> und <math>\vert\!\!\downarrow\rangle</math> geschrieben.
 
== Formales ==
Im mathematischen Formalismus der [[Quantenmechanik]] und [[Quantenfeldtheorie]] ist ein Zustand ein abstraktes Objekt. Der Bezug eines Zustandes zur realen Welt wird durch spezielle [[Darstellungstheorie|Darstellungen]] beispielsweise in Ortskoordinaten oder Impulskoordinaten repräsentiert. Die Darstellung in Ortskoordinaten wird als [[Wellenfunktion]] bezeichnet. Aus diesen Darstellungen der Zustandsvektoren lassen sich nach den Gesetzen der Quantenmechanik exakte Wahrscheinlichkeitsaussagen über Eigenschaften von Teilchen oder Teilchensystemen machen. Die zeitliche Veränderung der Zustandsvektoren wird in der Quantenmechanik durch die [[Schrödingergleichung]] beschrieben und ist damit eindeutig bestimmt.
 
Meist ist mit einem Zustand ein Element (Vektor) eines abstrakten Hilbertraums gemeint. Zustände, die auf diese Weise dargestellt werden, heißen Vektorzustände. Die meisten Zustände lassen sich jedoch nur über Dichtematrizen oder gar nicht in einem Hilbertraum darstellen. Zur Beschreibung allgemeiner Zustände wird der Formalismus der [[C*-Algebra|C*-Algebren]] herangezogen. Ein Zustand auf einer C*-Algebra <math>A</math> ist dann ein [[lineares Funktional]] <math>f\colon A\rightarrow \C</math> mit <math>\|f\|=1</math> und <math>f(x^*x)\ge 0\,\forall x\in A</math>. Die Menge dieser Zustände ist eine [[konvexe Menge]], die [[Reiner Zustand|reinen Zustände]] sind dann genau die [[Extremalpunkt]]e dieser Menge. Jedem Zustand kann man mittels der [[GNS-Konstruktion]] eine [[Hilbertraum-Darstellung]] zuordnen. Genauer findet man eine Hilbertraum-Darstellung <math>\pi\colon A\rightarrow B(H)</math> und einen Einheitsvektor <math>\psi \in H</math>, so dass <math>f(\cdot)=\langle \pi(\cdot)\psi|\psi \rangle</math>. Dabei werden den reinen Zuständen genau die [[Irreduzible Darstellung|irreduziblen Darstellungen]] zugeordnet.
 
== Ein weiteres Beispiel ==
Es sei ein Zweielektronensystem gegeben, wobei eines der beiden Elektronen sehr weit vom anderen entfernt sei. Gegeben sei ferner an jedem der beiden Orte eine Messapparatur, die nur auf die Spineigenschaften des einzelnen Elektrons ansprechen soll und mit gleicher Wahrscheinlichkeit diesen nach oben bzw. nach unten orientiert. Der betrachtete Zustand des Zweielektron-Systems sei <math>|\psi\rangle \propto { (\,\,|\uparrow\rangle }_1 {|\downarrow\rangle }_2 </math><math>-{|\downarrow\rangle }_1 {|\uparrow\rangle }_2 \,\,)</math>.
 
<math>|\psi\rangle</math> ist – wohlgemerkt! – ein einziger, wohldefinierter reiner Zustand. Solche Zustände können in natürlicher Weise durch s-Wellen-Zerfall eines einzigen, zunächst gebundenen Elementarteilchensystems entstehen.<ref>Aus dem einen gebundenen Teilchen entstehen durch den Zerfall zwei diametral auseinanderlaufende Objekte: eines läuft z.&nbsp;B. nach rechts, das andere nach links. Diese Objekte bleiben, wie sich herausstellt, auch in beliebig großer Entfernung korreliert.</ref>
 
Die möglichen Messergebnisse sind trotzdem zweifach (und haben gleiche Wahrscheinlichkeit): Spin nach oben bei einem der beiden Elektronen und nach unten beim anderen. Aber: Welches der beiden Elektronen, 1 oder 2, den Spin nach oben haben wird, kann man nicht voraussagen.
 
Wegen der großen gegenseitigen Entfernung erwartet man also Unabhängigkeit der Messresultate. Stattdessen erhält man eine sehr strenge Korrelation (oder besser: Antikorrelation), obwohl man nur Wahrscheinlichkeiten angeben kann.
 
Dies ist ein Beispiel für einen [[Quantenverschränkung|verschränkten]] Zustand, der zugleich die extremen Besonderheiten des Zustandsbegriffs in der Quantenmechanik zeigt.


== Reine Zustände und Zustandsgemische ==
== Reine Zustände und Zustandsgemische ==
{{Hauptartikel|Reiner und gemischter Zustand}}
{{Hauptartikel|Reiner und gemischter Zustand}}


In der [[Quantenmechanik]] und der [[Quantenstatistik]] wird zwischen [[Reiner Zustand|reinen Zuständen]] und Zustandsgemischen unterschieden. Reine Zustände stellen den Idealfall einer maximalen Kenntnis der beobachtbaren Eigenschaften ([[Observable]]n) des Systems dar. Häufig ist aber nach der Präparation oder aufgrund von Messungenauigkeiten der Zustand des Systems nur unvollständig bekannt (Beispiel: der Spin des einzelnen Elektrons in einem unpolarisierten Elektronenstrahl).<ref>Man stelle sich die praktisch unmögliche Aufgabe vor, den Vielteilchenzustand <math>\psi_{1,2, ..., N}</math> eines Systems aus ''N=10<sup>23</sup>'' Elektronen zu bestimmen.</ref> Dann können den verschiedenen möglicherweise vorkommenden reinen Zuständen <math>|\psi_i\rangle</math> bzw. den zugeordneten Projektionsoperatoren <math>\mathrm P_i=|\psi_i\rangle\langle\psi_i|</math> nur Wahrscheinlichkeiten ''p<sub>i</sub>'' zugeordnet werden (siehe unten). Solche unvollständig bekannten Zustände werden als Zustandsgemische bezeichnet. Zur Darstellung von Zustandsgemischen verwendet man den [[Dichteoperator]] ρ, der auch Dichtematrix oder Zustandsoperator der Quantenstatistik genannt wird.
In der [[Quantenmechanik]] und der [[Quantenstatistik]] wird zwischen [[Reiner Zustand|reinen Zuständen]] und Zustandsgemischen unterschieden. Reine Zustände stellen den Idealfall einer maximalen Kenntnis der beobachtbaren Eigenschaften ([[Observable]]n) des Systems dar. Häufig ist aber nach der Präparation oder aufgrund von Messungenauigkeiten der Zustand des Systems nur unvollständig bekannt (Beispiel: der Spin des einzelnen Elektrons in einem unpolarisierten Elektronenstrahl).<ref>Man stelle sich die praktisch unmögliche Aufgabe vor, den Vielteilchenzustand <math>\psi_{1, 2, \dots, N}</math> eines Systems aus ''N=10<sup>23</sup>'' Elektronen zu bestimmen.</ref> Dann können den verschiedenen möglicherweise vorkommenden reinen Zuständen <math>|\psi_i\rangle</math> oder den zugeordneten Projektionsoperatoren <math>\mathrm P_i=|\psi_i\rangle\langle\psi_i|</math> nur Wahrscheinlichkeiten <math>p_i</math> zugeordnet werden (siehe unten). Solche unvollständig bekannten Zustände werden als Zustandsgemische bezeichnet. Zur Darstellung von Zustandsgemischen wird der [[Dichteoperator]] ρ verwendet, der auch Dichtematrix oder Zustandsoperator genannt wird.


Ein reiner Zustand entspricht einem eindimensionalen Unterraum (Strahl) in einem [[Hilbertraum]]. Die zugehörige Dichtematrix <math>\rho = \mathrm P_i=|\psi_i\rangle\langle\psi_i|</math> ist der Operator für die [[Projektion (lineare Algebra)|Projektion]] auf diesen Unterraum. Sie erfüllt die Bedingung der [[Idempotenz]], d.&nbsp;h. ρ<sup>2</sup>. Zustandsgemische sind dagegen nur durch nicht-triviale Dichtematrizen darstellbar, d.&nbsp;h. dass ρ<sup>2</sup> < ρ gilt. Eine Beschreibung durch einen Strahl ist dann nicht möglich.
Ein reiner Zustand entspricht einem eindimensionalen Unterraum (Strahl) in einem [[Hilbertraum]]. Die zugehörige Dichtematrix <math>\rho = \mathrm P_i=|\psi_i\rangle\langle\psi_i|</math> ist der Operator für die [[Projektion (lineare Algebra)|Projektion]] auf diesen Unterraum. Sie erfüllt die Bedingung der [[Idempotenz]], d.&nbsp;h. <math>\rho^2 = \rho</math>. Zustandsgemische sind dagegen nur durch nicht-triviale Dichtematrizen darstellbar, d.&nbsp;h., dass <math>\rho^2 < \rho</math> gilt. Eine Beschreibung durch einen Strahl ist dann nicht möglich.


Charakteristische Merkmale dieser Zustandsbeschreibung sind die [[Superposition (Physik)|Superponierbarkeit]] („Kohärenz“) der reinen Zustände und das daraus folgende Phänomen der [[Quantenverschränkung]], während bei den Zustandsgemischen die Beiträge der verschiedenen beteiligten Zustände inkohärent summiert werden.
Charakteristische Merkmale dieser Zustandsbeschreibung sind die [[Superposition (Physik)|Superponierbarkeit]] („Kohärenz“) der reinen Zustände und das daraus folgende Phänomen der [[Quantenverschränkung]], während bei den Zustandsgemischen die Beiträge der verschiedenen beteiligten Zustände inkohärent summiert werden.


Das Ergebnis von Messungen an einem Quantensystem ergibt bei Wiederholung an einem exakt gleich präparierten System auch bei reinen Zuständen eine nicht-triviale Verteilung von Messwerten, die in der Quantenstatistik zusätzlich (inkohärent!&nbsp;<ref name="Inkohärenz">„Inkohärent“ deshalb, weil die ''p<sub>i</sub>'' mit einem quadratischen Ausdruck in den <sub>i</sub>| gewichtet werden</ref>) mit den ''p<sub>i</sub>'' gewichtet wird. Die Verteilung entspricht im Einzelnen dem quantenmechanischen Zustand <math>|\psi\rangle</math> (bzw. <math>|\psi_i\rangle </math>) und der Observablen <math>\,A</math> für den Messprozess (<math> \,A</math> repräsentiert i.W. die Messapparatur). Für reine Zustände folgt aus der Quantenmechanik: Der Mittelwert der durch Wiederholung erzeugten Messreihe und der quantenmechanische Erwartungswert <math>\langle\psi |A|\psi\rangle</math> sind identisch.
Das Ergebnis von Messungen an einem Quantensystem ergibt bei Wiederholung an einem exakt gleich präparierten System auch bei reinen Zuständen eine nicht-triviale Verteilung von Messwerten, die in der Quantenstatistik zusätzlich (inkohärent!&nbsp;<ref name="Inkohärenz">„Inkohärent“ deshalb, weil die <math>p_i</math> mit einem quadratischen Ausdruck in den <math>|\psi_i\rangle</math> gewichtet werden</ref>) mit den <math>p_i</math> gewichtet wird. Die Verteilung entspricht im Einzelnen dem quantenmechanischen Zustand <math>|\psi\rangle</math> (oder <math>|\psi_i\rangle </math>) und der Observablen <math>\,A</math> für den Messprozess (<math> \,A</math> repräsentiert i.&nbsp;W. die Messapparatur). Für reine Zustände <math>|\psi\rangle</math> folgt aus der Quantenmechanik: Der Mittelwert der durch Wiederholung erzeugten Messreihe und der quantenmechanische Erwartungswert <math>\langle\psi |A|\psi\rangle</math> sind identisch.


Für das Ergebnis der Messungen ist also im Unterschied zur klassischen Physik selbst bei reinen (also vollständig bekannten) quantenmechanischen Zuständen nur eine Wahrscheinlichkeit angebbar (deshalb heißt es im Folgenden nicht ''das Resultat'', sondern ''das zu erwartende Resultat'', s.&nbsp;u.). Für Zustandsgemische gilt wegen der ''p<sub>i</sub>'' eine zusätzliche (inkohärente!) Unbestimmtheit: <math>\overline A =\sum\,p_i\cdot\langle\psi_i |A|\psi_i\rangle\,.</math>
Für das Ergebnis der Messungen ist also im Unterschied zur klassischen Physik selbst bei reinen (also vollständig bekannten) quantenmechanischen Zuständen nur eine Wahrscheinlichkeit angebbar (deshalb heißt es im Folgenden nicht ''das Resultat'', sondern ''das zu erwartende Resultat'', s.&nbsp;u.). Für Zustandsgemische gilt wegen der <math>p_i</math> eine zusätzliche (inkohärente!) Unbestimmtheit: <math>\bar A =\sum\,p_i\cdot\langle\psi_i |A|\psi_i\rangle\,.</math>


Also selbst das zu erwartende Resultat des Ausgangs einer einzelnen Messung kann nur in Spezialfällen (etwa <math>p_1=1,\,\,p_2=p_3=...=0</math>) sicher vorhergesagt werden. Nur die (speziellen!) Eigenzustände <math>|\phi_k\rangle</math> der betrachteten Observable <math>\,A</math> bzw. die zugehörigen Eigenwerte <math>\,a_k</math> kommen bei gegebenem <math>|\psi\rangle </math> überhaupt als Messwerte in Frage, und selbst in dem oben angegebenen Fall eines reinen Zustands, etwa <math>|\psi\rangle \equiv |\psi_1\rangle</math>, d.&nbsp;h. selbst bei vollständig bekannter Wellenfunktion, kann man für die verschiedenen Eigenzustände <math>|\phi_k\rangle</math> bei gegebenem <math>|\psi\rangle</math> nur Wahrscheinlichkeiten angeben, <math>w_k=|\langle\psi|\phi_k\rangle |^2\,,</math> obwohl der Zustand <math>|\phi_k\rangle </math> bei einer unmittelbar anschließenden Folgemessung mit derselben Apparatur genau reproduziert wird. Unbekannte Zustände können dagegen nicht durch Messung bestimmt werden (siehe [[No-Cloning-Theorem]]).<ref>Das heißt unter anderem, dass die ''p<sub>i</sub>'' nicht durch Angabe der ''a<sub>k</sub>'' und der ''w<sub>k</sub>'' bestimmt werden können.</ref> Es gilt ferner<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <math>\rho =\sum p_i\,\mathrm P_i\,,</math><br /> d.&nbsp;h. dass jetzt nicht die zu den Projektionsoperatoren gehörigen ''kets'' superponiert werden, sondern die ''Projektionsoperatoren selbst'' mit Wahrscheinlichkeiten versehen werden.
Also selbst das zu erwartende Resultat des Ausgangs einer einzelnen Messung kann nur in Spezialfällen (etwa <math>p_1 = 1, \,\,p_2 = p_3 = \dots = 0</math>) sicher vorhergesagt werden. Nur die (speziellen!) Eigenzustände <math>|\phi_k\rangle</math> der betrachteten Observable <math>\,A</math> oder die zugehörigen Eigenwerte <math>\,a_k</math> kommen bei gegebenem <math>|\psi\rangle </math> überhaupt als Messwerte in Frage, und selbst in dem oben angegebenen Fall eines reinen Zustands, etwa <math>|\psi\rangle \equiv |\psi_1\rangle</math>, d.&nbsp;h. selbst bei vollständig bekannter Wellenfunktion, können für die verschiedenen Eigenzustände <math>|\phi_k\rangle</math> bei gegebenem <math>|\psi\rangle</math> nur Wahrscheinlichkeiten angegeben werden, <math>w_k=|\langle\psi|\phi_k\rangle |^2\,,</math> obwohl der Zustand <math>|\phi_k\rangle </math> bei einer unmittelbar anschließenden Folgemessung mit derselben Apparatur genau reproduziert wird. Unbekannte Zustände können dagegen nicht durch Messung bestimmt werden (siehe [[No-Cloning-Theorem]]).<ref>Das heißt unter anderem, dass die <math>p_i</math> nicht durch Angabe der <math>a_k</math> und der <math>w_k</math> bestimmt werden können.</ref> Es gilt ferner<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <math>\rho =\sum p_i\,\mathrm P_i\,,</math><br /> d.&nbsp;h., dass jetzt nicht die zu den Projektionsoperatoren gehörigen ''Kets'' superponiert werden, sondern die ''Projektionsoperatoren selbst'' mit Wahrscheinlichkeiten versehen werden.


Insgesamt gilt also: <math>\overline A =\sum\sum\, p_i\cdot a_k\cdot|\langle\psi_i|\phi_k\rangle |^2</math>, wobei sich der Index ''i'' auf die (reinen) Zustände, der Index ''k'' dagegen auf die Messgröße bezieht.
Insgesamt gilt also: <math>\bar A =\sum\sum\, p_i\cdot a_k\cdot|\langle\psi_i|\phi_k\rangle |^2</math>, wobei sich der Index ''i'' auf die (reinen) Zustände, der Index ''k'' dagegen auf die Messgröße bezieht.


(Wenn auch die ''a<sub>k</sub>'' bzw. die <math>\,|\phi_k\rangle</math> nur „ungefähr“ bekannt wären, müsste man die ''p<sub>i</sub>'' noch mit zwei entsprechenden Wahrscheinlichkeitsfaktoren, ''q&nbsp;<sub>k</sub>'' bzw. ''r&nbsp;<sub>i,k</sub>'', multiplizieren.)
(Wenn auch die <math>a_k</math> oder die <math>\,|\phi_k\rangle</math> nur „ungefähr“ bekannt wären, müsste die <math>p_i</math> noch mit zwei entsprechenden Wahrscheinlichkeitsfaktoren, <math>q_k</math> oder <math>r_{ik}</math> multipliziert werden.)


== Informationsentropie ==
== Informationsentropie ==
Die [[Informationsentropie]] des Zustandes bzw. die mit der Boltzmannkonstante multiplizierte [[Von-Neumann-Entropie]] ist ein quantitatives Maß für dessen Unkenntnis. Die Von-Neumann-Entropie, <math>\rm{ -k_B}\,\operatorname{tr}\,(\rho \ln\,(\rho))\,</math>, ist für reine Zustände null und entsprechend <math>\rm{-k_B}\,\sum\,p_i\cdot \ln\,p_i</math> für Zustandsgemische. Dabei wurden [[Ludwig Boltzmann|Boltzmann]]'sche Einheiten benutzt, insbesondere ist k<sub>B</sub> die [[Boltzmann-Konstante]]. In [[Claude Shannon|Shannon]]'schen Einheiten wird dagegen diese Konstante durch eins und der [[Natürlicher Logarithmus|natürliche Logarithmus]], ''ln ...&nbsp;&nbsp;''(''=<sub>e</sub> log …''), durch ''<sub>2</sub> log …'' ersetzt.
Die [[Informationsentropie]] des Zustandes oder die mit der Boltzmannkonstante multiplizierte [[Von-Neumann-Entropie]] ist ein quantitatives Maß für die Unkenntnis, die hinsichtlich der möglichen Aussage über das Vorliegen eines bestimmten reinen Zustands besteht. Die Von-Neumann-Entropie, <math> -k_\mathrm B \operatorname{Tr}(\rho \ln(\rho))\,</math>, ist gleich <math>-k_\mathrm B\sum p_i \ln p_i</math> für Zustandsgemische. Für reine Zustände ist sie Null (man beachte <math>p \ln p \to 0 </math> für <math> p \to 0 </math>). Dabei wurden [[Ludwig Boltzmann|Boltzmann]]'sche Einheiten benutzt, insbesondere ist <math>k_\mathrm B</math> die [[Boltzmann-Konstante]]. In [[Claude Shannon|Shannon]]'schen Einheiten wird dagegen diese Konstante durch Eins und der [[Natürlicher Logarithmus|natürliche Logarithmus]] <math>\ln</math> durch den [[Binärer Logarithmus|binären Logarithmus]] <math>\operatorname{lb}</math> ersetzt.
 
== Resümee ==
Der quantenmechanische Zustand („Reinheit“ vorausgesetzt), Zustandsvektor <math>|\psi\rangle</math> beschreibt also nicht einfach, „was ist“, sondern gibt die Gesamtheit der „Komponenten“ von <math>|\psi\rangle</math> an, die <math>\{|\phi_k\rangle \},</math> die durch eine zur Messgröße <math>\,A</math> passende Messung aus dem Vektor herausprojiziert werden können („Präparation“), und gibt insbesondere an, mit welcher Wahrscheinlichkeit dabei die k-te Komponente ausgewählt wird <math>(w_k=|\langle \psi |\phi_k\rangle |^2 ).</math> Auch <math>|\psi\rangle </math> selbst muss i.A. erst durch Messungen präpariert werden.
 
Dagegen ist der Zustand der Messapparatur i.W. „klassisch“ (obwohl sie auch von der quantenmechanischen Messgröße <math>\, A</math> abhängt). Trotzdem ist ein wesentlicher Aspekt der Messapparatur deshalb „klassisch“, weil die Apparatur analog zu einer hinreichend großen Uhr eindeutig (z.&nbsp;B. durch Zeigerstellung) feststellt, welcher Eigenwert a<sub>k</sub> bei der Messung herausgekommen ist („Registrierung“). Der neu präparierte Zustand, jetzt <math>|\phi_k\rangle</math>, gehorcht trotzdem bis zur nächsten Messung nicht der klassischen, sondern der quantenmechanischen Zeitentwicklung (siehe [[Mathematische Struktur der Quantenmechanik#Zeitliche Entwicklung]]).
 
Anders gesagt: Der quantenmechanische Zustand ist „präparatorisch“, der klassische dagegen „registrierend“.


== Siehe auch ==
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== Einzelnachweise und Fußnoten ==
== Einzelnachweise und Fußnoten ==
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[[Kategorie:Quantenmechanik]]
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Aktuelle Version vom 14. Januar 2022, 13:48 Uhr

Ein quantenmechanischer Zustand ist die Beschreibung des Zustands eines physikalischen Systems nach den Regeln der Quantenmechanik. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Beschreibung des Zustands nach den Regeln der klassischen Physik, damit die an quantenphysikalischen Systemen gemachten Beobachtungen erfasst werden können. Zu den verschiedenen Interpretationen der Quantenmechanik gehören unterschiedliche Zustandsbegriffe. Dieser Artikel behandelt den Zustandsbegriff der weit verbreiteten Kopenhagener Interpretation.

Überblick

Physikalischer Gehalt

Im Gegensatz zum klassischen Begriff legt der Zustand in der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik nicht für jede am System durchführbare Messung einen mit Sicherheit zu erwartenden Messwert fest, sondern nur für jeden möglichen Messwert die Wahrscheinlichkeit $ P $, dass gerade dieser Wert eintritt. Den Grenzfall $ P=1 $ für einen Messwert (und damit $ P=0 $ für alle anderen), was die sichere Voraussage eines Messwerts bedeutet, gibt es nur bei denjenigen Zuständen, die Eigenzustände zu der betreffenden Messgröße sind. Ebenfalls im Gegensatz zum klassischen Zustand ist die Zeitentwicklung des quantenmechanischen Zustands nicht durchgehend deterministisch festgelegt. Stattdessen wird im Allgemeinen durch eine Messung der Zustand des Systems auf eine Weise verändert, die nicht beeinflusst und nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden kann.

Die sogenannte „Präparation“ eines Systems in einem bestimmten Zustand erfolgt durch die gleichzeitige Messung eines maximalen Satzes kommensurabler physikalischer Größen.[1] Nach dieser Messung befindet sich das System in einem wohldefinierten gemeinsamen Eigenzustand aller dieser Messgrößen, sodass diese bestimmte Werte besitzen. Wenn das System nicht schon vorher in einem solchen gemeinsamen Eigenzustand war, verursacht die Messung schlagartig eine Zustandsreduktion, auch Kollaps genannt, sodass danach alle anderen möglichen Messwerte dieser Größen die Wahrscheinlichkeit Null haben. Die Zustandsreduktion ist kein physikalischer Vorgang, sondern beschreibt die durch die Messung eingetretene genauere Information des Beobachters.[2] Zwischen zwei Messungen ist die Zeitentwicklung des Zustands durch eine Bewegungsgleichung deterministisch festgelegt; im nichtrelativistischen Fall durch die Schrödinger-Gleichung, im relativistischen, abhängig von Spin und Masse des Teilchens, durch die Klein-Gordon-Gleichung (Spin 0), die Dirac-Gleichung (massiv, Spin ½), die Weyl-Gleichung (masselos, Spin ½), die Proca-Gleichung (massiv, Spin 1) oder die Maxwell-Gleichungen (masselos, Spin 1).

Mathematische Darstellung

Mathematisch wird der quantenmechanische Zustand meist durch einen normierten Zustandsvektor im Hilbertraum beschrieben. Mithilfe einer Basis des Hilbertraums mit diskretem Index kann dieser Zustandsvektor als Linearkombination der Basisvektoren geschrieben werden, oder bei einer Basis mit kontinuierlichem Index als Wellenfunktion. Zu jedem der möglichen Messwerte einer physikalischen Größe besitzt der Zustandsvektor mindestens eine Komponente. Die Stärke einer Komponente (genauer: das Betragsquadrat ihrer Amplitude) bestimmt die Wahrscheinlichkeit, mit der der betreffende Messwert als Ergebnis einer Messung auftritt.

Die Zuordnung von Zustand und Zustandsvektor ist nicht umkehrbar eindeutig, denn Zustandsvektoren, die sich nur durch einen konstanten komplexen Phasenfaktor unterscheiden, beschreiben denselben physikalischen Zustand. Die Linearkombination der Zustandsvektoren zweier Zustände ist selbst ein möglicher Zustandsvektor; er beschreibt einen von den beiden überlagerten Zuständen physikalisch verschiedenen Zustand, wobei es auch auf die relative komplexe Phase der beiden überlagerten Zustandsvektoren ankommt. Die theoretischen Grundlagen der Beschreibung als Linearkombination wurden 1925 von Werner Heisenberg in der Matrizenmechanik entwickelt, die Beschreibung als Wellenfunktion in der Orts- oder Impulsbasis 1926 von Erwin Schrödinger in der Wellenmechanik. Die beiden Beschreibungen beruhen auf derselben tiefer liegenden mathematischen Struktur. In dieser wird ein Zustand als eine Abbildung aufgefasst, die jedem der Operatoren, die eine Messgröße darstellen, eine reelle Zahl zuordnet. Diese Zahl gibt den Erwartungswert der möglichen Messergebnisse an, die bei einzelnen Messungen dieser Größe in diesem Zustand erhalten werden können. Dies wurde 1931 von John von Neumann ausgearbeitet.

Bei unvollständiger Präparation eines Anfangszustands oder in der Quantenstatistik wird zwischen reinen und gemischten Zuständen unterschieden. Zu deren Beschreibung muss der Zustandsvektor zum Dichteoperator (auch Zustandsoperator genannt) erweitert werden. Dieser Formalismus vermeidet auch die eben genannte Unbestimmtheit der komplexen Phase, erschwert aber die manchmal für die Anschauung hilfreiche Vorstellung einer Wellenfunktion.

Grundbegriffe

Unterschied zur klassischen Physik

Die Einführung von Wahrscheinlichkeiten verschiedener Ergebnisse anstelle einer eindeutigen Voraussage bedeutet eine grundsätzliche Abkehr von der klassischen Physik. Dort ist nämlich mit der Angabe des momentanen Systemzustands das Ergebnis jeder möglichen Messung eindeutig festgelegt (immer fehlerfreie Messung vorausgesetzt). Dies trifft für makroskopische Systeme (z. B. aus dem Alltag) im Allgemeinen sehr gut zu. Beispielsweise lassen sich einer Schrotkugel oder einem Sandkorn in jedem Moment mit praktisch eindeutiger Genauigkeit ein bestimmter Ort und eine bestimmte Geschwindigkeit zuschreiben.

Für immer kleinere Systeme wird dies jedoch zunehmend falsch, für ein Ensemble quantenmechanischer Teilchen[3] ist es ausgeschlossen. Die streng gültige Heisenbergsche Unschärferelation von 1927 besagt nämlich: liegt der Aufenthaltsort eindeutig fest, dann kann eine Messung der Geschwindigkeit mit gleicher Wahrscheinlichkeit jeden beliebigen Wert ergeben, und umgekehrt; d. h. zu jeder Zeit kann nur eine der beiden Größen eindeutig bestimmt werden. Diese Unbestimmtheit lässt sich auch durch das präziseste Präparieren des Systemzustands nicht beseitigen. Sie ist mathematisch rigoros, relativ einfach zu beweisen[4] und bildet eine zentrale begriffliche Grundlage der Physik.

Reiner Zustand und Zustandsgemisch

Zusätzliche Unsicherheit über das zu erwartende Messergebnis entsteht, wenn der Zustand des Systems nicht eindeutig festgelegt ist. Das gilt z. B. für den häufigen Fall, dass das beobachtete System aus einer Anzahl gleichartiger Systeme herausgegriffen wird, die nicht alle im selben Zustand präpariert sind. Die unterschiedlichen Zustände, in denen sich das beobachtete System (mit möglicherweise unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit) befinden kann, bilden dann ein Zustandsgemisch.

Hier ließe sich die Unsicherheit über die zu erwartenden Messergebnisse verringern, indem nur Systeme im selben Zustand zur Messung ausgewählt werden. Zur Verdeutlichung des Unterschieds zum Zustandsgemisch wird ein eindeutig präparierter Zustand gelegentlich auch als reiner Zustand bezeichnet.

Im Folgenden bedeutet Zustand hier immer reiner Zustand.

Eigenzustand

Ein Zustand, in dem für eine bestimmte Messgröße der zu erwartende Messwert eindeutig festliegt, heißt Eigenzustand zu dieser Messgröße. Beispiele sind

  1. das Teilchen ist an einem Ort lokalisiert (Ortseigenzustand)
  2. das Teilchen hat eine bestimmte Geschwindigkeit oder Impuls (Impulseigenzustand)
  3. das Teilchen ist in einem gebundenen Zustand bestimmter Energie (Energieeigenzustand).

Die Beispiele 1 und 2 sind streng genommen (wegen einer mathematischen Subtilität: des Vorliegens eines „kontinuierlichen Spektrums“) nur im Grenzfall zulässig (beim Beispiel 2 etwa im „monochromatischen Grenzfall“ eines unendlich ausgedehnten Wellenpakets, während das Beispiel 1 daraus durch eine Fouriertransformation erhalten wird). Beide Beispiele spielen eine bedeutende Rolle in der theoretischen Beschreibung.[5]

Beispiel 3 ist ein Zustand, in dem eine physikalische Größe (nämlich die Energie) einen bestimmten Wert hat, während sowohl für den Ort als auch für den Impuls nur Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Messergebnisse angegeben werden können (für den Ort z. B. durch das Orbital, für den Impuls durch das Betragsquadrat der Fouriertransformierten der betreffenden Ortswellenfunktion).

Superposition von Zuständen

Für ein Teilchen in Gestalt eines Massepunkts ist in der klassischen Mechanik der Zustand durch den Ort und den Impuls gegeben, also durch einen Punkt im sechsdimensionalen Phasenraum. Da bei Teilchenstrahlen aber auch Interferenzeffekte beobachtet werden (Welle-Teilchen-Dualismus), muss auch die Möglichkeit, dass die Superposition (oder Überlagerung, Linearkombination mit komplexen Faktoren) mehrerer Zustände einen möglichen Zustand bildet, zugelassen werden (siehe Materiewellen). So ist jeder Zustand, für den die Quantenmechanik zu einer Messgröße mehrere mögliche Messwerte mit je eigenen Wahrscheinlichkeiten voraussagt, eine Superposition derjenigen Zustände, die die zu diesen Messwerten gehörigen Eigenzustände sind. Die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten dieser Eigenwerte als Messergebnis zu erhalten, ist durch das Betragsquadrat seiner Wahrscheinlichkeitsamplitude festgelegt. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude ist der (im Allgemeinen komplexe) Faktor, mit dem der betreffende Eigenzustand in dieser Superposition vorkommt.

Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen den Eigenschaften, Superpositionszustand oder Basis- oder Eigenzustand zu sein: Jeder Zustand eines Systems kann als Basiszustand einer geeignet gewählten Basis betrachtet werden, aber auch als Superpositionszustand von den Basisvektoren einer anderen Basis. Jeder Zustand kann mit jedem anderen Zustand desselben Systems überlagert werden, und jeder Zustand kann als Überlagerung anderer Zustände dargestellt werden. Zustände, die als Superposition definiert wurden, sind also auch reine Zustände im obigen Sinn. Gelegentlich werden sie jedoch ungenau als gemischte Zustände angesprochen, was aber vermieden werden sollte, weil Verwechslungen mit dem Begriff Zustandsgemisch auftreten könnten.

Zustand und statistisches Gewicht

Der quantenmechanische Phasenraum wird durch die Möglichkeit der Superposition erheblich mächtiger als der Phasenraum der klassischen Mechanik für dasselbe System. Als Maß dieses erweiterten Raumes gilt in der statistischen Quantenphysik aber nicht die Größe dieser Menge selbst, sondern ihre Dimension;[6] das ist die kleinstmögliche Zahl der Zustände, aus denen sich durch Superposition alle überhaupt möglichen Zustände des Systems ergeben können. Innerhalb dieser kleinstmöglichen Teilmenge ist demnach keiner der Zustände als Superposition der anderen darstellbar, deshalb sind sie linear unabhängig und bilden eine Basis des ganzen Phasenraums.

Im Vergleich mit der Zustandsdichte in der klassischen statistischen Physik zeigt sich, dass jeder quantenmechanische Zustand einer solchen Basis das „Phasenraumvolumen“ $ (2\pi \hbar )^{n}=h^{n} $ belegt, wobei $ n $ die Anzahl unabhängiger Ortskoordinaten ist und $ h $ das Plancksche Wirkungsquantum. Die physikalische Dimension dieses „Volumens“ ist für $ n=1 $ die einer Wirkung = Energie mal Zeit, oder = Ort mal Impuls.

Mathematische Darstellung

Mathematische Grundlagen

Im mathematischen Formalismus der Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie ist ein Zustand eine Abbildungsvorschrift, die jeder physikalischen Größe ihren Erwartungswert zuordnet. Diese Definition schließt Zustandsgemische mit ein. Da die physikalischen Größen durch lineare Operatoren dargestellt werden, die eine Untermenge einer C*-Algebra bilden, ist ein Zustand $ \psi $ in mathematisch strikter Benennung ein lineares Funktional $ {\mathcal {A}} $, das von der C*-Algebra auf die komplexen Zahlen $ \mathbb {C} $ abbildet, und für das gilt: $ \psi (AA^{*})\;\geq 0\;\forall A\in {\mathcal {A}} $ und $ \psi (1)=1 $. Dabei ist die $ 1 $ als Argument des Funktionals das Einselement der Algebra, und die $ 1 $ auf der rechten Seite die Eins der komplexen Zahlen.[7]

Die Menge dieser Zustände ist eine konvexe Menge, das heißt, wenn $ \psi $ und $ \phi $ Zustände sind und $ a\leq 1 $, dann ist auch $ a\psi +(1-a)\phi $ ein Zustand. Ein Zustand heißt rein, wenn er sich nur trivial zerlegen lässt, das heißt, wenn $ a=0 $ oder $ a=1 $ ist. Diese reinen Zustände sind genau die Extremalpunkte dieser Menge; jeder gemischte Zustand kann als Integral über reine Zustände geschrieben werden.

Jedem Zustand kann mittels der GNS-Konstruktion eine Hilbertraum-Darstellung $ \pi \colon {\mathcal {A}}\to {\mathcal {B}}({\mathcal {H}}) $ zugeordnet werden. Jeder normierte Vektor $ |\psi \rangle $ im Hilbertraum, $ {\big \|}|\psi \rangle {\big \|}=1 $, entspricht einem Zustand $ \psi $ in $ {\mathcal {A}} $ und umgekehrt kann jedem Zustand ein Vektor zugeordnet werden. Es gilt

$ \psi (a)\ \Leftrightarrow \ \langle \psi |\pi (a)\psi \rangle $

wobei $ \langle \psi |\pi (a)\psi \rangle $ das Skalarprodukt im Hilbertraum aus $ |\psi \rangle $ und $ |\pi (a)\psi \rangle $ bezeichnet. Die reinen Zustände bilden die irreduziblen Darstellungen im Hilbertraum.

Physikalische Implikationen

Für die mathematische Darstellung des oben physikalisch definierten reinen Zustands eignen sich zwei Formen, die zueinander äquivalent sind:

  • ein Zustandsvektor in einem abzählbar-unendlich-dimensionalen Vektorraum mit einem Skalarprodukt, der als Hilbertraum bezeichnet wird. Diese Darstellung geht zurück auf Werner Heisenberg[8] und Paul Dirac[9] und hat oft den Vorzug der übersichtlichen Darstellung in algebraischen Gleichungen. Ein Zustand wird hier als Vektor notiert, wofür sich nach Dirac das Ket-Symbol $ \vert \psi \rangle $ eingebürgert hat.
  • eine Zustandsfunktion, z. B. die orts- und zeitabhängige Materiewelle. Ein Zustand wird hier als Wellenfunktion notiert, z. B. $ \psi (t,{\vec {r}}) $. Diese Darstellung geht auf Erwin Schrödinger zurück[10] und ist oft leichter zu veranschaulichen, vor allem, wenn es sich nur um einziges Teilchen handelt.

Zustandsvektor und Kovektor

Der Zustandsvektor $ |\psi \rangle $ im Hilbertraum $ {\mathcal {H}} $ ist, wie auch ein Ortsvektor $ {\vec {x}} $, ein mathematisches, abstraktes Objekt. So wie der Ortsvektor in einer Basisdarstellung

$ {\vec {x}}=\sum _{i=1}^{3}{\vec {e}}_{i}\left({\vec {e}}_{i}\cdot {\vec {x}}\right)=\sum _{i=1}^{3}x_{i}{\vec {e}}_{i} $

geschrieben werden kann, wobei $ {\vec {e}}_{i} $ drei zueinander orthogonale Vektoren im dreidimensionalen Euklidischen Raum sind, kann der Zustandsvektor in jeder beliebigen vollständigen Orthonormalbasis entwickelt werden. Für diese Entwicklung ist es nötig, den Kovektor $ \langle \psi | $ einzuführen, der als Bra-Vektor im Dualraum zum Hilbertraum ansässig ist. Mathematisch betrachtet ist ein Bra-Vektor ein lineares Funktional, das auf dem Hilbertraum in die komplexen Zahlen opereriert. Wie für Vektoren im Euklidischen Raum gilt analog als Entwicklung

$ |\psi \rangle =\sum _{i=1}^{\infty }|\phi _{i}\rangle \langle \phi _{i}|\psi \rangle =\sum _{i=1}^{\infty }c_{i}|\phi _{i}\rangle $

mit $ c_{i}=\langle \phi _{i}|\psi \rangle \in \mathbb {C} $. Da die Basisvektoren $ |\phi _{i}\rangle $ eine Orthonormalbasis bilden, gilt

$ \langle \phi _{i}|\phi _{j}\rangle =\delta _{ij} $

mit dem Kronecker-Delta $ \delta _{ij} $ und

$ \sum _{i=1}^{\infty }|\phi _{i}\rangle \langle \phi _{i}|=I $

mit der unendlichdimensionalen Einheitsmatrix $ I $. Da in der Quantenmechanik – im Gegensatz zum Euklidischen Vektorraum – auch kontinuierliche Basen auftreten können, gilt für eine Entwicklung in einer kontinuierlichen Basis entsprechend

$ \langle x|y\rangle =\delta (x-y) $

mit der Dirac-Distribution $ \delta (x-y) $ beziehungsweise

$ \int \mathrm {d} x\,|x\rangle \langle x|=I $.

Um in der Schreibweise nicht zwischen kontinuierlichen und diskreten Basen unterscheiden zu müssen, wird teilweise das Symbol ⨋ verwendet.

Wenn der Zustandsvektor in einer Basis dargestellt wird, dann zumeist in der Eigenbasis eines hermiteschen Operators, der mit einer physikalischen Messgröße identifiziert wird. Die Eigenzustände eines solchen Operators werden häufig mit dem Formelzeichen der entsprechenden physikalischen Größe bezeichnet:

  1. $ |x\rangle $ bezeichnet den Ortseigenzustand eines Teilchens,
  2. $ |p\rangle $ den Impulseigenzustand,
  3. $ |E\rangle $ den Energieeigenzustand. Dabei kann $ E $ sowohl diskrete Werte annehmen (z. B. bei gebundenen Zuständen) als auch kontinuierliche Werte (z. B. bei ungebundenen Zuständen).
  4. Wird einem Eigenwert eine Quantenzahl zugeordnet (z. B. Quantenzahl $ n $ für das $ n $-te Energieniveau $ E_{n} $, Quantenzahlen $ j,\,m $ für Betrag und z-Komponente des Drehimpulses), so wird der zugehörige Eigenzustand angegeben durch Angabe der Quantenzahl(en) oder durch ein extra vereinbartes Symbol (Beispiele: $ |n\rangle ,|j,m\rangle ,\left|{\uparrow }\right\rangle $).

Damit die Wellenfunktion nach der Bornschen Regel als Wahrscheinlichkeitsamplitude aufgefasst werden kann, ist es nötig, den Zustandsvektor zu normieren. Das heißt, für einen physikalischen Zustand muss

$ \langle \psi |\psi \rangle =1 $

gelten. Allerdings legt dies den Vektor $ |\psi \rangle $ nicht umkehrbar eindeutig fest, sondern nur bis auf einen konstanten Faktor $ a=e^{\mathrm {i} \alpha },\ \alpha \in \mathbb {R} $, also eine komplexe Zahl mit Betrag Eins. Diese wird auch als quantenmechanische Phase des Zustands bzw. Zustandsvektors bezeichnet. Die Vektoren $ e^{\mathrm {i} \alpha }|\psi \rangle $, die alle denselben Zustand beschreiben, spannen einen eindimensionalen Unterraum (Strahl) auf.

Wellenfunktion

Die Wellenfunktionen $ \psi (x) $ beziehungsweise $ \psi (p) $ sind die Entwicklungskoeffizienten des Zustandsvektors in der Orts- beziehungsweise Impulsbasis:[11]

$ |\psi \rangle =\int \mathrm {d} x\,|x\rangle \langle x|\psi \rangle =\int \mathrm {d} x\,|x\rangle \psi (x) $
$ |\psi \rangle =\int \mathrm {d} p\,|p\rangle \langle p|\psi \rangle =\int \mathrm {d} p\,|p\rangle \psi (p) $

Messung

Eine messbare physikalische Größe wird durch einen Operator dargestellt, der im Hilbertraum eine lineare Transformation bewirkt. Messgröße $ A $ und zugehöriger Operator $ {\hat {A}} $ werden zusammengefasst Observable genannt. Die möglichen Messergebnisse $ A_{i} $ sind die Eigenwerte des Operators. Das heißt, es gilt für einen Eigenzustand $ |A_{i}\rangle $ des Operators

$ {\hat {A}}|A_{i}\rangle =A_{i}|A_{i}\rangle $

Da alle möglichen Messergebnisse reelle Zahlen sind, muss der Operator hermitesch sein, d. h. folgende Bedingung erfüllen:

$ \langle \phi \vert {\hat {A}}\vert \psi \rangle =\langle \psi \vert {\hat {A}}\vert \phi \rangle ^{*}. $

Bei einem Zustand, der nicht Eigenzustand des betreffenden Operators ist, können Messergebnisse nicht sicher, sondern nur mit Wahrscheinlichkeiten vorhergesagt werden. Diese Wahrscheinlichkeiten berechnen sich für jeden Eigenwert als Betragsquadrat aus dem Skalarprodukt des betreffenden Eigenvektors der Messgröße mit dem Zustandsvektor des Systems:

$ P(A_{i})={\Big |}\langle A_{i}|\psi \rangle {\Big |}^{2} $

Nach der Messung ist der Zustandsvektor auf den zum entsprechenden Eigenwert zugehörigen Unterraum kollabiert, das heißt

$ |\psi \rangle _{\text{vor}}\to |\psi \rangle _{\text{nach}}=|A_{i}\rangle $

Dadurch ist gleichzeitig das System im Eigenzustand $ |A_{i}\rangle $ präpariert, denn nach dieser Messung liegt es genau in diesem Zustand vor. Eine instantan erfolgende erneute Messung dieser Observable ergibt daher sicher wieder denselben Wert.

Als Erwartungswert $ \langle {\hat {A}}\rangle $ wird der Mittelwert vieler Einzelmessungen der Observable an immer gleichen Systemen im selben Zustand $ |\psi \rangle $ bezeichnet. Aus dem Spektrum aller möglicher Einzelergebnisse $ A_{i} $ und ihren Wahrscheinlichkeiten $ P_{i} $ ergibt sich:

$ \langle {\hat {A}}\rangle =\langle \psi \vert {\hat {A}}\vert \psi \rangle $.

Phasenfaktor und Superposition

Linearkombinationen zweier Zustandsvektoren, also z. B. $ |\psi \rangle =c_{1}|\psi _{1}\rangle +c_{2}|\psi _{2}\rangle $ mit komplexen Zahlen $ c_{1},c_{2} $, die die Bedingung $ c_{1}c_{1}^{*}+c_{1}c_{2}^{*}+c_{2}c_{1}^{*}+c_{2}c_{2}^{*}=1 $ erfüllen, beschreiben ebenfalls erlaubte Zustände (s. o. Superposition von Zuständen). Hierbei ist, anders als bei einem einzelnen Zustandsvektor, die relative Phase der Faktoren, d. h. die komplexe Phase $ \phi $ im Quotienten $ {\tfrac {c_{2}}{c_{1}}}=\vert {\tfrac {c_{2}}{c_{1}}}\vert e^{i\phi } $, nicht mehr beliebig; je nach Phase hat der Überlagerungszustand $ |\psi \rangle $ verschiedene physikalische Eigenschaften.[12] Daher wird von kohärenter Superposition gesprochen, weil wie bei optischer Interferenz mit kohärentem Licht nicht die Betragsquadrate, sondern die „erzeugenden Amplituden“ selbst, also $ |\psi _{1}\rangle $ und $ |\psi _{2}\rangle $, superponiert werden.

Zustandsgemisch und Dichteoperator

Ein Zustandsgemisch, in dem sich das System mit Wahrscheinlichkeit $ p_{i} $ im Zustand $ \psi _{i} $ (mit $ i=1,2,\ldots ,\,n $) befindet, wird durch den Dichteoperator $ {\hat {\rho }} $ dargestellt, das ist die Summe der entsprechenden Projektionsoperatoren:

$ {\hat {\rho }}=\sum _{i}p_{i}\vert \psi _{i}\rangle \langle \psi _{i}\vert $

Im Gegensatz zur kohärenten Superposition bleibt der Dichteoperator unverändert, wenn die im Gemisch vertretenen Zustände $ \psi _{i} $ mit beliebigen Phasenfaktoren versehen werden; im Zustandsgemisch werden die Zustände also inkohärent überlagert.

Der Erwartungswert einer Messung der Observable $ {\hat {A}} $ ist dementsprechend die gewichtete inkohärente Summe der Erwartungswerte der einzelnen Bestandteile des Gemischs:

$ \langle {\hat {A}}\rangle =\sum _{i}p_{i}\langle \psi _{i}\vert {\hat {A}}\vert \psi _{i}\rangle $

Dies kann auch als Spur des Operators $ {\hat {\rho }}{\hat {A}} $ dargestellt werden:

$ \langle {\hat {A}}\rangle =\operatorname {Sp} ({\hat {\rho }}{\hat {A}}) $.

Die letzte Gleichung hat den Vorzug, dass sie gleichermaßen für Gemische und für reine Zustände gilt. (Bei einem reinen Zustand $ \psi _{i} $ ist $ {\hat {\rho }}=\vert \psi _{i}\rangle \langle \psi _{i}\vert $ der zum Zustand gehörige Projektionsoperator.)

Der Dichteoperator wird auch als „Zustandsoperator“ bezeichnet.

Beispiele

  • Die Zustände eines Teilchens im (eindimensionalen) Kasten der Breite $ a $ (von 0 bis $ a $) können als Superpositionen von Eigenzuständen des Hamiltonoperators $ {\hat {H}} $ geschrieben werden. Dessen Eigenzustände im Ortsraum sind
$ \langle x|n\rangle =\sin n{\tfrac {\pi x}{a}},\ n\in \mathbb {N} $
und die zugehörigen Energieeigenwerte zu $ {\hat {H}}|n\rangle =E_{n}|n\rangle $ sind
$ E_{n}=n^{2}{\tfrac {\pi ^{2}\hbar ^{2}}{2ma^{2}}} $
  • Für Teilchen in einem Zentralfeld können die Energieeigenzustände so gewählt werden, dass sie auch Eigenzustände des Drehimpulsoperators sind. Dann tragen sie alle drei Quantenzahlen $ n,j,m $:
$ {\hat {H}}\vert n,j,m\rangle =E_{n}\vert n,j,m\rangle ,\quad {\hat {J}}^{2}\vert n,j,m\rangle =\hbar ^{2}j(j+1)\vert n,j,m\rangle ,\quad {\hat {J}}_{z}\vert n,j,m\rangle =\hbar m\vert n,j,m\rangle $
Aufgrund der Energie-Entartung bezüglich der Quantenzahl $ m $ reicht im Allgemeinen eine Messung der Energie nicht aus, um den Zustand eindeutig zu bestimmen.
  • Die Spineigenzustände zu $ m_{s}=\pm {\tfrac {1}{2}} $ eines (fermionischen) Teilchens werden einfach als $ \left|{\uparrow }\right\rangle $ und $ \left|{\downarrow }\right\rangle $ geschrieben.
  • Der Zustand eines Systems, das durch den s-Wellen-Zerfall eines einzigen gebundenen Elementarteilchensystems in zwei Spin-1/2-Teilchen entsteht, ist $ |\psi \rangle ={\tfrac {1}{\sqrt {2}}}\left(\left|{\uparrow }\right\rangle _{1}\otimes \left|{\downarrow }\right\rangle _{2}-\left|{\downarrow }\right\rangle _{1}\otimes \left|{\uparrow }\right\rangle _{2}\right) $. Durch die Messung des Spins bei einem Teilchen kollabiert der Zustand instantan, sodass eine unmittelbar folgende Messung beim anderen Teilchen ein eindeutig korreliertes Ergebnis (nämlich das jeweils gegenteilige) liefert. Dies ist ein Beispiel für Quantenverschränkung.

Reine Zustände und Zustandsgemische

In der Quantenmechanik und der Quantenstatistik wird zwischen reinen Zuständen und Zustandsgemischen unterschieden. Reine Zustände stellen den Idealfall einer maximalen Kenntnis der beobachtbaren Eigenschaften (Observablen) des Systems dar. Häufig ist aber nach der Präparation oder aufgrund von Messungenauigkeiten der Zustand des Systems nur unvollständig bekannt (Beispiel: der Spin des einzelnen Elektrons in einem unpolarisierten Elektronenstrahl).[13] Dann können den verschiedenen möglicherweise vorkommenden reinen Zuständen $ |\psi _{i}\rangle $ oder den zugeordneten Projektionsoperatoren $ \mathrm {P} _{i}=|\psi _{i}\rangle \langle \psi _{i}| $ nur Wahrscheinlichkeiten $ p_{i} $ zugeordnet werden (siehe unten). Solche unvollständig bekannten Zustände werden als Zustandsgemische bezeichnet. Zur Darstellung von Zustandsgemischen wird der Dichteoperator ρ verwendet, der auch Dichtematrix oder Zustandsoperator genannt wird.

Ein reiner Zustand entspricht einem eindimensionalen Unterraum (Strahl) in einem Hilbertraum. Die zugehörige Dichtematrix $ \rho =\mathrm {P} _{i}=|\psi _{i}\rangle \langle \psi _{i}| $ ist der Operator für die Projektion auf diesen Unterraum. Sie erfüllt die Bedingung der Idempotenz, d. h. $ \rho ^{2}=\rho $. Zustandsgemische sind dagegen nur durch nicht-triviale Dichtematrizen darstellbar, d. h., dass $ \rho ^{2}<\rho $ gilt. Eine Beschreibung durch einen Strahl ist dann nicht möglich.

Charakteristische Merkmale dieser Zustandsbeschreibung sind die Superponierbarkeit („Kohärenz“) der reinen Zustände und das daraus folgende Phänomen der Quantenverschränkung, während bei den Zustandsgemischen die Beiträge der verschiedenen beteiligten Zustände inkohärent summiert werden.

Das Ergebnis von Messungen an einem Quantensystem ergibt bei Wiederholung an einem exakt gleich präparierten System auch bei reinen Zuständen eine nicht-triviale Verteilung von Messwerten, die in der Quantenstatistik zusätzlich (inkohärent! [14]) mit den $ p_{i} $ gewichtet wird. Die Verteilung entspricht im Einzelnen dem quantenmechanischen Zustand $ |\psi \rangle $ (oder $ |\psi _{i}\rangle $) und der Observablen $ \,A $ für den Messprozess ($ \,A $ repräsentiert i. W. die Messapparatur). Für reine Zustände $ |\psi \rangle $ folgt aus der Quantenmechanik: Der Mittelwert der durch Wiederholung erzeugten Messreihe und der quantenmechanische Erwartungswert $ \langle \psi |A|\psi \rangle $ sind identisch.

Für das Ergebnis der Messungen ist also im Unterschied zur klassischen Physik selbst bei reinen (also vollständig bekannten) quantenmechanischen Zuständen nur eine Wahrscheinlichkeit angebbar (deshalb heißt es im Folgenden nicht das Resultat, sondern das zu erwartende Resultat, s. u.). Für Zustandsgemische gilt wegen der $ p_{i} $ eine zusätzliche (inkohärente!) Unbestimmtheit: $ {\bar {A}}=\sum \,p_{i}\cdot \langle \psi _{i}|A|\psi _{i}\rangle \,. $

Also selbst das zu erwartende Resultat des Ausgangs einer einzelnen Messung kann nur in Spezialfällen (etwa $ p_{1}=1,\,\,p_{2}=p_{3}=\dots =0 $) sicher vorhergesagt werden. Nur die (speziellen!) Eigenzustände $ |\phi _{k}\rangle $ der betrachteten Observable $ \,A $ oder die zugehörigen Eigenwerte $ \,a_{k} $ kommen bei gegebenem $ |\psi \rangle $ überhaupt als Messwerte in Frage, und selbst in dem oben angegebenen Fall eines reinen Zustands, etwa $ |\psi \rangle \equiv |\psi _{1}\rangle $, d. h. selbst bei vollständig bekannter Wellenfunktion, können für die verschiedenen Eigenzustände $ |\phi _{k}\rangle $ bei gegebenem $ |\psi \rangle $ nur Wahrscheinlichkeiten angegeben werden, $ w_{k}=|\langle \psi |\phi _{k}\rangle |^{2}\,, $ obwohl der Zustand $ |\phi _{k}\rangle $ bei einer unmittelbar anschließenden Folgemessung mit derselben Apparatur genau reproduziert wird. Unbekannte Zustände können dagegen nicht durch Messung bestimmt werden (siehe No-Cloning-Theorem).[15] Es gilt ferner
         $ \rho =\sum p_{i}\,\mathrm {P} _{i}\,, $
d. h., dass jetzt nicht die zu den Projektionsoperatoren gehörigen Kets superponiert werden, sondern die Projektionsoperatoren selbst mit Wahrscheinlichkeiten versehen werden.

Insgesamt gilt also: $ {\bar {A}}=\sum \sum \,p_{i}\cdot a_{k}\cdot |\langle \psi _{i}|\phi _{k}\rangle |^{2} $, wobei sich der Index i auf die (reinen) Zustände, der Index k dagegen auf die Messgröße bezieht.

(Wenn auch die $ a_{k} $ oder die $ \,|\phi _{k}\rangle $ nur „ungefähr“ bekannt wären, müsste die $ p_{i} $ noch mit zwei entsprechenden Wahrscheinlichkeitsfaktoren, $ q_{k} $ oder $ r_{ik} $ multipliziert werden.)

Informationsentropie

Die Informationsentropie des Zustandes oder die mit der Boltzmannkonstante multiplizierte Von-Neumann-Entropie ist ein quantitatives Maß für die Unkenntnis, die hinsichtlich der möglichen Aussage über das Vorliegen eines bestimmten reinen Zustands besteht. Die Von-Neumann-Entropie, $ -k_{\mathrm {B} }\operatorname {Tr} (\rho \ln(\rho ))\, $, ist gleich $ -k_{\mathrm {B} }\sum p_{i}\ln p_{i} $ für Zustandsgemische. Für reine Zustände ist sie Null (man beachte $ p\ln p\to 0 $ für $ p\to 0 $). Dabei wurden Boltzmann'sche Einheiten benutzt, insbesondere ist $ k_{\mathrm {B} } $ die Boltzmann-Konstante. In Shannon'schen Einheiten wird dagegen diese Konstante durch Eins und der natürliche Logarithmus $ \ln $ durch den binären Logarithmus $ \operatorname {lb} $ ersetzt.

Siehe auch

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Wolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 5/1; Quantenmechanik – Grundlagen. 5. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2002, ISBN 3-540-42114-9, S. 119.
  2. F. H. Fröhner: Missing Link between Probability Theory and Quantum Mechanics: the Riesz-Fejér Theorem. In: Zeitschrift für Naturforschung. 53a (1998), S. 637–654 (online)
  3. Für ein einzelnes Elektron in einem Teilchenstrahl ist zwar eine gleichzeitige „scharfe“ registrierende Messung von Impuls und Ort durch ein-und-dieselbe Messapparatur („Zähler“) möglich. In einem Magnetspektrometer z. B. wird sogar der Auftreffort als diejenige Messgröße genutzt, aus der der Impuls berechnet werden kann. Eine Vorhersage, welcher Zähler aus einer vorgegebenen Anordnung, die alle Möglichkeiten abdeckt, beim anschließend folgenden Elektron anspricht, oder zumindest die Gleichzeitigkeit „scharfer“ Mittelwerte von Ort und Impuls bei einer Messreihe, sind dagegen ausgeschlossen. Vgl. Feynman-Vorlesungen über Physik. 3 Bände, ISBN 0-201-02115-3 (dt. Vorlesungen über Physik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58444-8), zuerst 1963/1965 bei Addison/Wesley. In Band 3, Quantenmechanik, Kap. 16, wird ausführlich die Begrifflichkeit der Heisenbergschen Unschärferelation behandelt.
  4. Siehe Artikel Heisenbergsche Unschärferelation oder zum Beispiel Albert Messiah Quantenmechanik, de Gruyter 1978, Band 1, S. 121ff
  5. Bei ungebundenen Eigenzuständen des Energieoperators treten analoge Grenzwertprobleme wie bei Beispiel 1 und 2 (s. u.) auf.
  6. Diese Dimension kann endlich sein oder abzählbar-unendlich (wie im Standardfall des Hilbertraums) oder sogar überabzählbar-unendlich (wie bei den Gelfandschen Raumtripeln, einer Verallgemeinerung des Hilbertraums zur besseren Erfassung kontinuierlicher Spektren).
  7. Walter Thirring: Quantenmechanik von Atomen und Molekülen. In: Lehrbuch der Mathematischen Physik. 3. Auflage. Band 3. Springer, Wien 1994, ISBN 978-3-211-82535-8, S. 26.
  8. W. Heisenberg: Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen. In: Zeitschrift für Physik. Band 33, 1925, S. 879–893.
  9. P.A.M. Dirac: On the theory of quantum mechanics. In: Proceedings of the Royal Society of London A. Band 112, 1926, S. 661–677.
  10. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem I“, Annalen der Physik 79 (1926), 361–376. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem II“, Annalen der Physik 79 (1926), 489–527. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem III“, Annalen der Physik 80 (1926), 734–756. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem IV“, Annalen der Physik 81 (1926), 109–139
  11. Torsten Fließbach: Quantenmechanik. 4. Auflage. Spektrum, München 2005, ISBN 3-8274-1589-6, S. 231.
  12. Beispiel: Wenn $ \left\vert {\uparrow }\right\rangle ,\ \left\vert {\downarrow }\right\rangle $ die Eigenzustände zum Spin „auf“ oder „ab“ in z-Richtung sind, dann ist $ \left\vert {\rightarrow }\right\rangle =\left\vert {\uparrow }\right\rangle +\left\vert {\downarrow }\right\rangle $ der Eigenzustand „auf“ in x-Richtung, aber $ \left\vert {\nearrow }\right\rangle =\left\vert {\uparrow }\right\rangle +i\left\vert {\downarrow }\right\rangle $ der Eigenzustand „auf“ in y-Richtung. (Der Normierungsfaktor wurde fortgelassen.)
  13. Man stelle sich die praktisch unmögliche Aufgabe vor, den Vielteilchenzustand $ \psi _{1,2,\dots ,N} $ eines Systems aus N=1023 Elektronen zu bestimmen.
  14. „Inkohärent“ deshalb, weil die $ p_{i} $ mit einem quadratischen Ausdruck in den $ |\psi _{i}\rangle $ gewichtet werden
  15. Das heißt unter anderem, dass die $ p_{i} $ nicht durch Angabe der $ a_{k} $ und der $ w_{k} $ bestimmt werden können.