Sachs-Wolfe-Effekt: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Sachs-Wolfe-Effekt''' (nach [[Rainer K. Sachs]] und [[Arthur M. Wolfe]], die ihn 1967 entdeckten) erklärt [[Fluktuation]]en der [[Rotverschiebung]] der [[Photon]]en der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmischen Hintergrundstrahlung]]. Er ist neben der [[Silk-Dämpfung]] und [[baryonische akustische Oszillation|akustischen Schwingungen]] des [[Plasma (Physik)|Plasmas]] im frühen Universum einer von drei Effekten, mit denen es in der [[Astrophysik]] möglich ist, Zustände im frühen [[Universum]] zu berechnen.
Der '''Sachs-Wolfe-Effekt''' (nach [[Rainer K. Sachs]] und [[Arthur M. Wolfe]], die ihn 1967 entdeckten) erklärt [[Fluktuation]]en der [[Rotverschiebung]] der [[Photon]]en der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmischen Hintergrundstrahlung]]. Er ist neben der [[Silk-Dämpfung]] und [[Baryonische akustische Oszillation|akustischen Schwingungen]] des [[Plasma (Physik)|Plasmas]] im frühen Universum einer von drei Effekten, mit denen es in der [[Astrophysik]] möglich ist, Zustände im frühen [[Universum]] zu berechnen.


Er ermöglicht es, aus den Fluktuationen der Rotverschiebung der kosmischen Hintergrundstrahlung abzulesen, wie die Materiestruktur im Weltall zur [[Urknall #Stark gekoppeltes Plasma|Zeit der Rekombination]], etwa 400.000 Jahre nach dem [[Urknall]], gewesen sein muss. Insbesondere lässt sich damit der [[Friedmann-Gleichungen|Krümmungsparameter]] ''k'' der [[Raumzeit]] feststellen.
Er ermöglicht es, aus den Fluktuationen der Rotverschiebung der kosmischen Hintergrundstrahlung abzulesen, wie die Materiestruktur im Weltall zur [[Urknall #Stark gekoppeltes Plasma|Zeit der Rekombination]], etwa 400.000 Jahre nach dem [[Urknall]], gewesen sein muss. Insbesondere lässt sich damit der [[Friedmann-Gleichungen|Krümmungsparameter]] ''k'' der [[Raumzeit]] feststellen.
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* <math> \Theta_0 </math> den richtungsunabhängigen [[Monopol (Physik)|Monopol]] der kosmischen Hintergrundstrahlung, der der [[isotrop]]en Durchschnittstemperatur entspricht.
* <math> \Theta_0 </math> den richtungsunabhängigen [[Monopol (Physik)|Monopol]] der kosmischen Hintergrundstrahlung, der der [[isotrop]]en Durchschnittstemperatur entspricht.


=== Exakte Gleichung ===  
=== Exakte Gleichung ===
Die Sachs-Wolfe-Gleichung ergibt sich aus der [[Linearisierung|linearisierten]] [[Boltzmann-Gleichung]] für kleine Störungen zu:
Die Sachs-Wolfe-Gleichung ergibt sich aus der [[Linearisierung|linearisierten]] [[Boltzmann-Gleichung]] für kleine Störungen zu:


:<math>\Theta(\eta_0, -\hat n) = \int_{\eta_*}^{\eta_0}\mathrm d \eta \left(g(\eta) (\Theta_0 + \psi + \hat n \cdot \vec \nabla v_b) + e^{-\tau}(\phi' + \psi') \right) - \psi(\eta_0, \vec x_0) </math>
:<math>\Theta(\eta_0, -\hat n) = \int_{\eta_*}^{\eta_0} \left(g(\eta) (\Theta_0 + \psi + \hat n \cdot \vec \nabla v_b) + e^{-\tau}(\phi' + \psi') \right) \mathrm d \eta - \psi(\eta_0, \vec x_0) </math>


Dabei bezeichnet:
Dabei bezeichnet:
* <math> g </math> die ''visibility function''; die [[Wahrscheinlichkeit]], dass ein Photon der kosmischen Hintergrundstrahlung, das heute beobachtet wird, zu einer bestimmten Zeit <math>\eta</math> zuletzt [[Streuung (Physik)|gestreut]] wurde,
* <math> g(\eta) </math> die ''visibility function''; die [[Wahrscheinlichkeit]], dass ein Photon der kosmischen Hintergrundstrahlung, das heute beobachtet wird, zu einer bestimmten Zeit <math>\eta</math> zuletzt [[Streuung (Physik)|gestreut]] wurde,
* <math> \tau </math> die [[optische Dicke]],  
* <math> \tau </math> die [[optische Dicke]],
* <math> \psi,\phi </math> Störungen der [[FLRW-Metrik]] in der zeitartigen/raumartigen Komponente; im Newtonschen Grenzfall kann <math>\psi</math> als Störung des [[Gravitationspotential]]s verstanden werden,
* <math> \psi,\phi </math> Störungen der [[FLRW-Metrik]] in der zeitartigen/raumartigen Komponente; im Newtonschen Grenzfall kann <math>\psi</math> als Störung des [[Gravitationspotential]]s verstanden werden,
* <math> \vec \nabla v_b </math> die Geschwindigkeit der [[baryon]]ischen Materie und
* <math> \vec \nabla v_b </math> die Geschwindigkeit der [[baryon]]ischen Materie und
* eine gestrichene Größe die [[partielle Ableitung]] nach der konformen Zeit <math>' = \partial / \partial \eta </math>  
* eine gestrichene Größe' die [[partielle Ableitung]] nach der konformen Zeit: <math>' = \partial / \partial \eta </math>


=== Genäherte Gleichung ===
=== Genäherte Gleichung ===
Nimmt man an, dass keine [[Reionisierungsepoche|Reionisierung]] stattgefunden hat, so kann die ''visibility function'' angenähert werden durch eine [[Delta-Distribution]] zum Zeitpunkt <math>\eta_\text{dec}</math> der [[Urknall #Stark_gekoppeltes_Plasma|Entkopplung der Photonen]] (''decoupling''):
Nimmt man an, dass keine [[Reionisierungsepoche|Reionisierung]] stattgefunden hat, so kann die ''visibility function'' angenähert werden durch eine [[Delta-Distribution]] zum Zeitpunkt <math>\eta_\text{dec}</math> der [[Urknall #Stark gekoppeltes Plasma|Entkopplung der Photonen]] (''decoupling''):


::<math>g(\eta) = g(\eta - \eta_\text{dec})</math>
::<math>g(\eta) = g(\eta - \eta_\text{dec})</math>


Dies führt direkt dazu, dass das [[Exponential]] der optischen Tiefe als [[Heaviside-Funktion]] <math>\Theta</math> geschrieben werden kann:
Dies führt direkt dazu, dass das [[Exponentialfunktion|Exponential]] der optischen Tiefe als [[Heaviside-Funktion]] <math>\Theta</math> geschrieben werden kann:


::<math>e^{-\tau} = \Theta(\eta - \eta_\text{dec})</math>
::<math>e^{-\tau} = \Theta(\eta - \eta_\text{dec})</math>
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Dadurch wird die approximierte Sachs-Wolfe-Gleichung zu
Dadurch wird die approximierte Sachs-Wolfe-Gleichung zu


:<math>\Theta(\eta_0, \vec x_0, -\hat n) = (\Theta_0 + \psi + \hat n \cdot \vec \nabla v_b) \big|_{\eta_\text{dec},\vec x_\text{lss}} + \int_{\eta_\text{dec}}^{\eta_0} \mathrm d\eta (\phi' + \psi ') - \psi(\eta_0,\vec x_0)</math>
:<math>\Theta(\eta_0, \vec x_0, -\hat n) = (\Theta_0 + \psi + \hat n \cdot \vec \nabla v_b) \big|_{\eta_\text{dec},\vec x_\text{lss}} + \int_{\eta_\text{dec}}^{\eta_0} (\phi' + \psi ') \mathrm d\eta - \psi(\eta_0,\vec x_0)</math>


== Erläuterung ==  
== Erläuterung ==
=== Nicht-integrierter Sachs-Wolfe-Effekt ===  
=== Nicht-integrierter Sachs-Wolfe-Effekt ===
Der ''nicht-integrierte'' Sachs-Wolfe-Effekt rührt daher, dass zum Zeitpunkt der Entkopplung der Photonen von der Materie im Universum an einigen Stellen Gebiete existierten, deren Gravitations[[Potential (Physik)|potential]] vom isotropen Hintergrund abwich. Aufgrund dieser Potentialunterschiede erfahren die Photonen, die von einem Gebiet mit höherem/niedrigeren Gravitationspotential stammen, eine relative [[Rotverschiebung #Gravitative_Rot-_und_Blauverschiebung|gravitative Rot-/Blauverschiebung]]. Diesem Effekt wird in der Gleichung durch die Differenz <math>\psi(\eta_\text{dec},\vec x_\text{lss}) - \psi(\eta_0,\vec x_0)</math> entsprochen.
Der ''nicht-integrierte'' Sachs-Wolfe-Effekt rührt daher, dass zum Zeitpunkt der Entkopplung der Photonen von der Materie im Universum an einigen Stellen Gebiete existierten, deren Gravitations[[Potential (Physik)|potential]] vom isotropen Hintergrund abwich. Aufgrund dieser Potentialunterschiede erfahren die Photonen, die von einem Gebiet mit höherem/niedrigeren Gravitationspotential stammen, eine relative [[Rotverschiebung #Gravitative Rot- und Blauverschiebung|gravitative Rot-/Blauverschiebung]]. Diesem Effekt wird in der Gleichung durch die Differenz <math>\psi(\eta_\text{dec},\vec x_\text{lss}) - \psi(\eta_0,\vec x_0)</math> entsprochen.


Der nicht-integrierte Sachs-Wolfe-Effekt ist der bedeutendste Term in der Sachs-Wolfe-Gleichung.  
Der nicht-integrierte Sachs-Wolfe-Effekt ist der bedeutendste Term in der Sachs-Wolfe-Gleichung.


=== Integrierter Sachs-Wolfe-Effekt ===  
=== Integrierter Sachs-Wolfe-Effekt ===
Während der Propagation der Photonen durch das Universum treffen sie weiter auf die Anisotropien der baryonischen Materie. Im Fall eines statischen Universums würden die Photonen aufgrund der [[Energieerhaltung]] beim Verlassen einer Anisotropie dieselbe Energie wieder aufnehmen, die sie beim Eintritt in die Anisotropie abgegeben haben. Da sich das Universum in der Zeit jedoch ausgedehnt hat, flacht das Gravitationspotential ab, während das Photon die Anisotropie passiert. Dies ist der ''integrierte'' Sachs-Wolfe-Effekt, dargestellt durch den Term <math>\int_{\eta_\text{dec}}^{\eta_0} \mathrm d\eta (\phi' + \psi')</math>.  
Während der Propagation der Photonen durch das Universum treffen sie weiter auf die Anisotropien der baryonischen Materie. Im Fall eines statischen Universums würden die Photonen aufgrund der [[Energieerhaltung]] beim Verlassen einer Anisotropie dieselbe Energie wieder aufnehmen, die sie beim Eintritt in die Anisotropie abgegeben haben. Da sich das Universum in der Zeit jedoch ausgedehnt hat, flacht das Gravitationspotential ab, während das Photon die Anisotropie passiert. Dies ist der ''integrierte'' Sachs-Wolfe-Effekt, dargestellt durch den Term
:<math>\int_{\eta_\text{dec}}^{\eta_0} (\phi' + \psi') \mathrm d\eta</math>.


Im Lauf der Entwicklung des Universums entstehen durch Strukturbildung weitere Anisotropien; diese sind jedoch vernachlässigbar.  
Im Lauf der Entwicklung des Universums entstehen durch [[Strukturbildung]] weitere Anisotropien; diese sind jedoch vernachlässigbar.


=== Andere Komponenten der Sachs-Wolfe-Gleichung ===
=== Andere Komponenten der Sachs-Wolfe-Gleichung ===
Die anderen beiden Terme der Sachs-Wolfe-Gleichung lassen sich ohne [[Kosmologie|kosmologische]] Effekte oder die [[Allgemeine Relativitätstheorie]] klassisch erklären:
Die anderen beiden Terme der Sachs-Wolfe-Gleichung lassen sich ohne [[Kosmologie|kosmologische]] Effekte oder die [[Allgemeine Relativitätstheorie]] [[klassische Physik|klassisch]] erklären:
* <math> \Theta(\eta_\text{dec}) </math> bezeichnet die [[intrinsisch]]en Temperaturfluktuationen der Photonen zum Zeitpunkt der Entkopplung.
* <math> \Theta(\eta_\text{dec}) </math> bezeichnet die [[intrinsisch]]en Temperaturfluktuationen der Photonen zum Zeitpunkt der Entkopplung.
* <math>\hat n \cdot \vec \nabla v_b</math> ist der klassische [[Doppler-Effekt]] aus der Relativbewegung des Baryonen-Photonen-Fluids zum Beobachter.  
* <math>\hat n \cdot \vec \nabla v_b</math> ist der klassische [[Doppler-Effekt]] aus der Relativbewegung des Baryonen-Photonen-Fluids zum Beobachter.


== Messungen ==
== Messungen ==
Mit [[WMAP]] ist es im Jahre&nbsp;2001 gelungen, durch den Sachs-Wolfe-Effekt starke Hinweise auf die Existenz der [[hypothetisch]]en [[Dunkle Energie|dunklen Energie]] zu erhalten. Diese in ihrer Natur noch unbekannte Energie ist verantwortlich für die Expansionsbewegung des Universums und macht etwa 70&nbsp;% seiner Energie aus. Der Krümmungsparameter&nbsp;''k'' der Raumzeit ergab sich aus den Messungen zu k&nbsp;=&nbsp;0, was bedeutet, dass das Universum eine flache [[Mannigfaltigkeit]] darstellt. Da eine perfekte Messung jedoch unmöglich ist, kann das Universum sehr schwach gekrümmt sein und dies im Bereich des [[Messfehler]]s liegen.
Mit [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] ist es im Jahre&nbsp;2001 gelungen, durch den Sachs-Wolfe-Effekt starke Hinweise auf die Existenz der [[hypothetisch]]en [[Dunkle Energie|dunklen Energie]] zu erhalten. Diese in ihrer Natur noch unbekannte Energie ist verantwortlich für die [[Expansion des Universums]] und würde etwa 70&nbsp;% seiner Energie ausmachen.


Im Mai&nbsp;2009 wurde das [[Europäische Weltraumorganisation|ESA]]-Teleskop [[Planck (Teleskop)|Planck]] gestartet, das eine zehn Mal genauere Auflösung der Hintergrundstrahlung liefert und bessere Untersuchungen ermöglicht.
Der Krümmungsparameter&nbsp;''k'' der Raumzeit ergab sich aus den Messungen zu k&nbsp;=&nbsp;0, was bedeutet, dass das Universum eine flache [[Mannigfaltigkeit]] darstellt. Da eine perfekte Messung jedoch unmöglich ist, kann das Universum sehr schwach gekrümmt sein und dies im Bereich des [[Messfehler]]s liegen.
 
Im Mai&nbsp;2009 wurde das [[Europäische Weltraumorganisation|ESA]]-Teleskop [[Planck-Weltraumteleskop|Planck]] gestartet, das eine zehn Mal genauere Auflösung der Hintergrundstrahlung lieferte und bessere Untersuchungen ermöglichte.


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur|Autor=R. K. Sachs, A. M. Wolfe|Titel=Perturbations of a Cosmological Model and Angular Variations of the Microwave Background|Sammelwerk=[[The Astrophysical Journal]]|Band=147|Jahr=1967|Seiten=73|DOI=10.1086/148982}} {{ISSN|0004-637X}}
* {{Literatur |Autor=R. K. Sachs, A. M. Wolfe |Titel=Perturbations of a Cosmological Model and Angular Variations of the Microwave Background |Sammelwerk=[[The Astrophysical Journal]] |Band=147 |Datum=1967 |ISSN=0004-637X |Seiten=73 |DOI=10.1086/148982}}


== Videos ==
== Videos ==

Aktuelle Version vom 19. Mai 2021, 08:32 Uhr

Hintergrundstrahlung, aufgenommen vom Satelliten WMAP

Der Sachs-Wolfe-Effekt (nach Rainer K. Sachs und Arthur M. Wolfe, die ihn 1967 entdeckten) erklärt Fluktuationen der Rotverschiebung der Photonen der kosmischen Hintergrundstrahlung. Er ist neben der Silk-Dämpfung und akustischen Schwingungen des Plasmas im frühen Universum einer von drei Effekten, mit denen es in der Astrophysik möglich ist, Zustände im frühen Universum zu berechnen.

Er ermöglicht es, aus den Fluktuationen der Rotverschiebung der kosmischen Hintergrundstrahlung abzulesen, wie die Materiestruktur im Weltall zur Zeit der Rekombination, etwa 400.000 Jahre nach dem Urknall, gewesen sein muss. Insbesondere lässt sich damit der Krümmungsparameter k der Raumzeit feststellen.

Sachs-Wolfe-Gleichung

Die Sachs-Wolfe-Gleichung zur Bestimmung der Fluktuationen der Temperatur $ T $ der kosmischen Hintergrundstrahlung lautet:

$ \Theta (\eta _{0},{\vec {x}}_{0},-{\hat {n}})=\Theta _{0}(\eta _{0},{\vec {x}}_{0})+{\frac {\delta T}{\bar {T}}}(\eta _{0},{\vec {x}}_{0},-{\hat {n}}) $

Dabei bezeichnet

  • $ \eta $ die konforme Zeit
  • $ {\vec {x}} $ den Ortsvektor
  • $ {\hat {n}} $ den Richtungseinheitsvektor
  • $ \Theta _{0} $ den richtungsunabhängigen Monopol der kosmischen Hintergrundstrahlung, der der isotropen Durchschnittstemperatur entspricht.

Exakte Gleichung

Die Sachs-Wolfe-Gleichung ergibt sich aus der linearisierten Boltzmann-Gleichung für kleine Störungen zu:

$ \Theta (\eta _{0},-{\hat {n}})=\int _{\eta _{*}}^{\eta _{0}}\left(g(\eta )(\Theta _{0}+\psi +{\hat {n}}\cdot {\vec {\nabla }}v_{b})+e^{-\tau }(\phi '+\psi ')\right)\mathrm {d} \eta -\psi (\eta _{0},{\vec {x}}_{0}) $

Dabei bezeichnet:

  • $ g(\eta ) $ die visibility function; die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon der kosmischen Hintergrundstrahlung, das heute beobachtet wird, zu einer bestimmten Zeit $ \eta $ zuletzt gestreut wurde,
  • $ \tau $ die optische Dicke,
  • $ \psi ,\phi $ Störungen der FLRW-Metrik in der zeitartigen/raumartigen Komponente; im Newtonschen Grenzfall kann $ \psi $ als Störung des Gravitationspotentials verstanden werden,
  • $ {\vec {\nabla }}v_{b} $ die Geschwindigkeit der baryonischen Materie und
  • eine gestrichene Größe' die partielle Ableitung nach der konformen Zeit: $ '=\partial /\partial \eta $

Genäherte Gleichung

Nimmt man an, dass keine Reionisierung stattgefunden hat, so kann die visibility function angenähert werden durch eine Delta-Distribution zum Zeitpunkt $ \eta _{\text{dec}} $ der Entkopplung der Photonen (decoupling):

$ g(\eta )=g(\eta -\eta _{\text{dec}}) $

Dies führt direkt dazu, dass das Exponential der optischen Tiefe als Heaviside-Funktion $ \Theta $ geschrieben werden kann:

$ e^{-\tau }=\Theta (\eta -\eta _{\text{dec}}) $

Dadurch wird die approximierte Sachs-Wolfe-Gleichung zu

$ \Theta (\eta _{0},{\vec {x}}_{0},-{\hat {n}})=(\Theta _{0}+\psi +{\hat {n}}\cdot {\vec {\nabla }}v_{b}){\big |}_{\eta _{\text{dec}},{\vec {x}}_{\text{lss}}}+\int _{\eta _{\text{dec}}}^{\eta _{0}}(\phi '+\psi ')\mathrm {d} \eta -\psi (\eta _{0},{\vec {x}}_{0}) $

Erläuterung

Nicht-integrierter Sachs-Wolfe-Effekt

Der nicht-integrierte Sachs-Wolfe-Effekt rührt daher, dass zum Zeitpunkt der Entkopplung der Photonen von der Materie im Universum an einigen Stellen Gebiete existierten, deren Gravitationspotential vom isotropen Hintergrund abwich. Aufgrund dieser Potentialunterschiede erfahren die Photonen, die von einem Gebiet mit höherem/niedrigeren Gravitationspotential stammen, eine relative gravitative Rot-/Blauverschiebung. Diesem Effekt wird in der Gleichung durch die Differenz $ \psi (\eta _{\text{dec}},{\vec {x}}_{\text{lss}})-\psi (\eta _{0},{\vec {x}}_{0}) $ entsprochen.

Der nicht-integrierte Sachs-Wolfe-Effekt ist der bedeutendste Term in der Sachs-Wolfe-Gleichung.

Integrierter Sachs-Wolfe-Effekt

Während der Propagation der Photonen durch das Universum treffen sie weiter auf die Anisotropien der baryonischen Materie. Im Fall eines statischen Universums würden die Photonen aufgrund der Energieerhaltung beim Verlassen einer Anisotropie dieselbe Energie wieder aufnehmen, die sie beim Eintritt in die Anisotropie abgegeben haben. Da sich das Universum in der Zeit jedoch ausgedehnt hat, flacht das Gravitationspotential ab, während das Photon die Anisotropie passiert. Dies ist der integrierte Sachs-Wolfe-Effekt, dargestellt durch den Term

$ \int _{\eta _{\text{dec}}}^{\eta _{0}}(\phi '+\psi ')\mathrm {d} \eta $.

Im Lauf der Entwicklung des Universums entstehen durch Strukturbildung weitere Anisotropien; diese sind jedoch vernachlässigbar.

Andere Komponenten der Sachs-Wolfe-Gleichung

Die anderen beiden Terme der Sachs-Wolfe-Gleichung lassen sich ohne kosmologische Effekte oder die Allgemeine Relativitätstheorie klassisch erklären:

  • $ \Theta (\eta _{\text{dec}}) $ bezeichnet die intrinsischen Temperaturfluktuationen der Photonen zum Zeitpunkt der Entkopplung.
  • $ {\hat {n}}\cdot {\vec {\nabla }}v_{b} $ ist der klassische Doppler-Effekt aus der Relativbewegung des Baryonen-Photonen-Fluids zum Beobachter.

Messungen

Mit WMAP ist es im Jahre 2001 gelungen, durch den Sachs-Wolfe-Effekt starke Hinweise auf die Existenz der hypothetischen dunklen Energie zu erhalten. Diese in ihrer Natur noch unbekannte Energie ist verantwortlich für die Expansion des Universums und würde etwa 70 % seiner Energie ausmachen.

Der Krümmungsparameter k der Raumzeit ergab sich aus den Messungen zu k = 0, was bedeutet, dass das Universum eine flache Mannigfaltigkeit darstellt. Da eine perfekte Messung jedoch unmöglich ist, kann das Universum sehr schwach gekrümmt sein und dies im Bereich des Messfehlers liegen.

Im Mai 2009 wurde das ESA-Teleskop Planck gestartet, das eine zehn Mal genauere Auflösung der Hintergrundstrahlung lieferte und bessere Untersuchungen ermöglichte.

Literatur

  • R. K. Sachs, A. M. Wolfe: Perturbations of a Cosmological Model and Angular Variations of the Microwave Background. In: The Astrophysical Journal. Band 147, 1967, ISSN 0004-637X, S. 73, doi:10.1086/148982.

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