Quanten-Messungen so präzise wie nie zuvor

Quanten-Messungen so präzise wie nie zuvor

Physik-News vom 12.01.2023
 

Nach der Heisenbergschen Unschärferelation lassen sich zwei komplementäre Eigenschaften, also zum Beispiel die einzelnen Komponenten eines Magnetfeldes, nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmen. Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat nun ein neues Verfahren auf rund einem Dutzend Quantencomputern getestet, in dem mit verschränkten Kopien eines Quantenzustands mehrere Parameter gleichzeitig optimal bestimmt werden können.

Viele Größen in der Natur sind gerichtet – sie haben nicht nur eine Stärke, sondern auch eine Richtung. Will man eine solche Größe bestimmen, muss man zumeist mehr als nur eine Komponente – das heißt Stärke in eine bestimmte Richtung – messen und dann die gesamte Größe rekonstruieren. In unserer klassischen Welt misst man die Komponenten einfach nacheinander, doch nicht so in der Quantenwelt.


Integrierte Einzelphotonenquelle, die im Experiment genutzt wurde, um Präzisionsmessungen durchzuführen.

Publikation:


Lorcán O. Conlon, Tobias Vogl, Christian D. Marciniak, Ivan Pogorelov, Simon K. Yung, Falk Eilenberger, Dominic W. Berry, Fabiana S. Santana, Rainer Blatt, Thomas Monz, Ping Koy Lam, Syed M. Assad
Approaching optimal entangling collective measurements on quantum computing platforms
Nat. Phys. (2023)

DOI: 10.1038/s41567-022-01875-7



Dort sind manche Größen unmittelbar voneinander abhängig, die Messung einer Größe beeinflusst auch die andere – es handelt sich um ‚konjugierte‘ Größen. Wird etwa ein Atom mit einem Laser zum Leuchten gebracht, um seine Position zu bestimmen, verändern die vom Atom absorbierten Photonen die Geschwindigkeit des Teilchens. „Position und Geschwindigkeit des Atoms können nicht unabhängig voneinander gemessen werden“, erklärt Christian Marciniak vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck.

Konjugierte Größen parallel messen

Im März dieses Jahres präsentierten Physiker der Universität Innsbruck bereits den ersten programmierbaren Quantensensor. Diese Methode erlaubt die optimale Messung eines einzelnen Parameters auf der jeweiligen Quantenmaschine. Soll eine weitere konjugierte Größe bestimmt werden, müssen mit dieser Methode die Messungen nacheinander ablaufen. Theoretische Physiker der Australian National University in Canberra haben nun eine neue Methode entwickelt, mit der konjugierte Größen stattdessen optimal parallel gemessen werden können.

In einer internationalen Kooperation wurde diese Methode auf rund einem Dutzend Quantencomputern getestet: einem Ionenfallen-Quantencomputer an der Universität Innsbruck, einem photonischen Quantenrechner an der Universität Jena, einem Computer mit supraleitenden Quantenbits am Fraunhofer-Forschungsinstitut für Optik und Feinmechanik in Jena und mehreren kommerziellen Quantenrechnern mit supraleitenden Quantenbits.

Messen mit verschränkten Kopien eines Quantenzustands

Die neue Methode basiert darauf, dass mit einer oder mehreren Kopien eines Quantenzustands gemessen wird. „Diese Kopien werden bei der Messung miteinander verschränkt. So können auch zwei Parameter eines Quantenzustands, die nicht kommutieren, gleichzeitig gemessen werden“, erläutert Christian Marciniak. „Wir haben diese Methode auf unseren Quantencomputern für ein und zwei Kopien getestet.“ Mit einer Kopie erreichten manche der Quantencomputer die von den Theoretikern vorhergesagte, optimale Genauigkeit, die genau dem besten klassischen Ergebnis entspricht. Bei zwei Kopien liegt die Messgenauigkeit nur noch für wenige Quantenrechner am erwarteten Wert, wobei die meisten aufgrund aufsummierender Fehler in der Berechnung schlechter abschneiden als klassische Methoden. „Quantencomputer mit fehlerkorrigierten Qubits werden in Zukunft aber mit immer mehr Kopien gewinnbringend messen können“, ist der Experimentalphysiker überzeugt. „Wichtig ist, dass unsere Messungen gezeigt haben, dass die Methode gut funktioniert, wenn noch viel Rauschen im Signal ist. Das ist ein Knackpunkt für deren praktische Anwendung, der gerne übersehen wird.“

Anwendungen in der Interferometrie

Besondere Anwendungspotenziale für die neuesten Forschungsergebnisse ergeben sich in der Interferometrie. Dabei handelt es sich um eine Messmethode, die das Phänomen der Interferenz (also Überlagerung) von (Licht-)Wellen verwendet. Sogenannte »Interferometer« haben zahlreiche Anwendungen in der Industrie, allem voran in der Präzisionsfertigung von Halbleitern sowie von optischen Komponenten. Langfristig betrachtet ist es laut der Forschenden aber auch denkbar, dass die neue Technologie bei der Rauschunterdrückung für Funksignale (6G) oder bei der Untersuchung biologischer Proben im Rahmen der Mikroskopie zum Einsatz kommt.

Die Arbeit der Forschenden leuchtet dabei insbesondere den Zusammenhang zwischen Interferometrie und Quantencomputern deutlich aus. Sie zeigt, dass Konzepte aus beiden Welten zum jeweiligen Nutzen in die andere transferiert werden können. „Damit etablieren wir Quantencomputer als Maschinen zum Präzisionstest fundamentaler physikalischer Grenzen und Gesetzmäßigkeiten“, so Falk Eilenberger, beteiligter Forscher vom Fraunhofer IOF.

Mitglieder des Forschungsteams im Quantencomputer-Labor am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck.

Potenzielle Anwendungen

Quantentechnologien werden uns die Möglichkeit geben, viele physikalische Parameter noch genauer als bisher zu bestimmen. In Anwendungen kann das viele Vorteile bieten. Als Beispiel nennt der Innsbrucker Quantenphysiker Thomas Monz bildgebende Verfahren in der Medizin: „In der medizinischen Bildgebung kommen überall Magnetfelder zum Einsatz. Eine Methode, die mehr als eine Komponente dieser Felder gleichzeitig misst, bietet große Vorteile gegenüber klassischen Methoden. Dadurch könnte die Untersuchungszeit verkürzt oder die Auflösung weiter verbessert werden.“ Bis es allerdings so weit ist, müssen noch einige Hürden überwunden werden. Mit ihrer aktuellen Arbeit verbessern die Wissenschaftler aus Australien, Deutschland, Großbritannien, Singapur und Österreich das Verständnis dieser Messungen und ebnen den Weg für zukünftige technologische Anwendungen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Innsbruck via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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