Der leuchtende Halo eines Zombie-Sterns

Der leuchtende Halo eines Zombie-Sterns



Physik-News vom 11.11.2015

Zum ersten Mal konnte ein internationales Astronomenteam mit dem Very Large Telescope am Paranal-Observatorium der ESO in Chile die Überbleibsel einer verhängnisvollen Begegnung zwischen einem toten Sterns und einem Asteroiden durch genau beobachten. Dies liefert einen Ausblick auf das Schicksal des Sonnensystems in ferner Zukunft.

Unter der Führung von Christopher Manser, einem Doktoranden der University of Warwick in Großbritannien, nutzten die Wissenschaftler Daten vom Very Large Telescope (VLT) der ESO und anderer Observatorien, um die zersplitterten Überbleibsel eines Asteroiden zu untersuchen, die die sterblichen Überreste eines Sterns umkreisen – eines Weißen Zwergs mit der Bezeichnung SDSS J1228+1040 [1].


Künstlerische Darstellung der leuchtenden Scheibe aus Materie um den Weißen Zwerg SDSS J1228+1040.

Publikation:


C. Manser et al.
Doppler-imaging of the planetary debris disc at the white dwarf SDSS J122859.93+104032.9
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society

DOI: 10.1093/mnras/stv2603



Unter Zuhilfenahme verschiedener Instrumente einschließlich des Ultraviolet and Visual Echelle Spectrograph (UVES) und X-Shooter, die beide am VLT angebracht sind, gelangen dem Team detaillierte Untersuchungen des Lichts, das vom Weißen Zwerg und der ihn umgebenden Materie stammt, und das über einen noch nie da gewesenen Zeitraum von zwölf Jahren zwischen 2003 und 2015. Beobachtungen über eine Zeitspanne von mehreren Jahren waren notwendig, um das System unter mehreren Gesichtspunkten untersuchen zu können [2].

„Das Bild, das wir aus den bearbeiteten Daten gewonnen haben, zeigt uns, dass das System wirklich scheibenartig geformt ist und viele Strukturen offenbart, die man nicht in einer einzigen Momentaufnahme nachweisen könnte“, erklärt Christopher Manser, der auch Erstautor des Fachartikels ist, in dem die Ergebnisse beschrieben werden.

Das Team nutzte ein technisches Verfahren, das als Doppler-Tomografie bezeichnet wird – und vom Prinzip her den tomografischen Aufnahmen in der Medizin ähnelt – das es ihnen erstmals ermöglichte, die Struktur der leuchtenden gasförmigen Überreste genau zu kartieren, die aus einer verhängnisvollen Begegnung mit J1228+1040 stammen und ihn umrunden.

Während sich große Sterne – solche, die etwa dem zehnfachen der Sonnenmasse entsprechen – am Ende ihres Lebens mit einer eindrucksvollen gewaltsamen Supernova-Explosion verabschieden, bleiben kleinere Sterne von solch einem dramatisches Schicksal verschont. Wenn sonnenähnliche Sterne das Ende ihres Lebens erreicht haben, brauchen sie ihren letzten Brennstoff auf, blähen sich zu einem Roten Riesen auf und schleudern später ihre äußeren Schichten in den Weltraum. Übrig bleibt nur der heiße und sehr dichte Kern des früheren Sterns – ein Weißer Zwerg.

Aber würden Planeten, Asteroiden und andere Körper in solch einem System diese Feuerprobe überleben? Was würde davon übrig bleiben? Dank der neuen Beobachtungen können solche Fragen leichter beantwortet werden.

Weiße Zwerge sind eher selten von Scheiben aus gasförmiger Materie umgeben – nur sieben dieser Art wurden je gefunden. Die Astronomen kamen zu dem Schluss, dass ein Asteroid dem toten Stern gefährlich nahe kam und durch die gewaltigen Gezeitenkräfte, denen er ausgesetzt war, auseinandergerissen wurde und die Materiescheibe bildete, die nun sichtbar ist.

Die den toten Stern umlaufende Scheibe bildete sich auf ähnliche Weise wie die leuchtenden Ringe, die um Planeten in unserer kosmischen Nachbarschaft beobachtet werden können, wie zum Beispiel beim Saturn. Obwohl J1228+1040 im Durchmesser sieben mal kleiner ist als der Ringplanet, ist seine Masse um das mehr als 2500-fache größer. Das Team fand heraus, dass sich die Entfernung zwischen dem Weißen Zwerg und seiner Scheibe ebenfalls unterscheidet – Saturn und seine Ringe würden locker in die Lücke dazwischen passen [3].

In der neuen Langzeitstudie mit dem VLT konnte das Team nun verfolgen, wie die Scheibe unter dem Einfluss des extrem starken Gravitationsfelds des Weißen Zwerges präzidiert. Sie fanden auch heraus, dass die Scheibe ein wenig schief und noch nicht kreisförmig ist.

„Als wir 2006 diese Scheibe aus Trümmerteilen entdeckten, die den Weißen Zwerg umläuft, hätten wir uns die außerordentlich spannenden Details nicht vorstellen können, die nun nach zwölf Jahren sichtbar werden – es hat sich definitiv gelohnt zu warten“, fügt Boris Gänsicke hinzu, ein Koautor der Arbeit.

Stern-Überreste wie J1228+1040 können entscheidende Hinweise für das Verständnis darüber liefern, welche Umstände herrschen, wenn Sterne das Ende ihres Lebens erreichen. Dies kann Astronomen helfen, die Prozesse zu verstehen, die in einem exoplanetaren System stattfinden und sogar das Schicksal des Sonnensystems vorherzusagen, wenn die Sonne in etwa sieben Milliarden Jahren ihrem Untergang entgegenblickt.


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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