Neue Möglichkeiten bei Suche nach kalter dunkler Materie

Neue Möglichkeiten bei Suche nach kalter dunkler Materie



Physik-News vom 25.01.2021

Das Baryon-Antibaryon-Symmetrie-Experiment (BASE) am Antiprotonen-Entschleuniger des CERN hat neue Grenzen für die Masse von Axion-ähnlichen Teilchen – hypothetischen Teilchen, die Kandidaten für dunkle Materie sind – festgelegt und eingeschränkt, wie leicht sie sich in Photonen, die Teilchen des Lichts, verwandeln können. Dies ist besonders bemerkenswert, da BASE nicht für solche Untersuchungen konzipiert wurde. Das neue Ergebnis des Experiments, veröffentlicht in Physical Review Letters, beschreibt diese bahnbrechende Methode und eröffnet neue experimentelle Möglichkeiten für die Suche nach kalter dunkler Materie.

„BASE verfügt über extrem empfindliche Detektionssysteme mit abgestimmten supraleitenden Schwingkreisen, um die Eigenschaften einzelner gefangener Antiprotonen zu untersuchen. Wir haben erkannt, dass diese Detektoren auch für die Suche nach Signalen von anderen Teilchen geeignet sind. In dieser kürzlich veröffentlichten Arbeit haben wir einen unserer Detektoren als Antenne benutzt, um nach einer neuen Art von Axion-ähnlichen Teilchen zu suchen“, erläutert Jack Devlin, ein CERN-Forschungsstipendiat, der am BASE-Experiment arbeitet.


Jack Devlin arbeitet an der BASE-Elektronik.

Publikation:


Jack A. Devlin, Matthias J. Borchert, Stefan Erlewein, Markus Fleck, James A. Harrington, Barbara Latacz, Jan Warncke, Elise Wursten, Matthew A. Bohman, Andreas H. Mooser, Christian Smorra, Markus Wiesinger, Christian Will, Klaus Blaum, Yasuyuki Matsuda, Christian Ospelkaus, Wolfgang Quint, Jochen Walz, Yasunori Yamazaki, and Stefan Ulmer
Constraints on the coupling between axion-like dark matter and photons using an antiproton superconducting tuned detection circuit in a cryogenic Penning trap
Phys. Rev. Lett. 126, 041301, 126, 041301

DOI: 10.1103/PhysRevLett.126.041301



Axionen oder Axion-ähnliche Teilchen sind Kandidaten für kalte dunkle Materie. Aufgrund astrophysikalischer Beobachtungen geht man davon aus, dass etwa 26,8 Prozent des Materie-Energie-Gehalts des Universums aus dunkler Materie und nur etwa 5 Prozent aus normaler − sichtbarer − Materie bestehen; der Rest ist die mysteriöse dunkle Energie. Diese unbekannten Teilchen spüren die Schwerkraft, reagieren aber kaum auf die anderen fundamentalen Kräfte, wenn sie diese überhaupt erfahren.


Details des BASE-Experiments: Analysefalle (AT) und supraleitendes axiales Detektionssystem, verbunden mit einem Kupferdraht. Roter Pfeil: Magnetfeld in der Penningfalle. Violetter Pfeil: Richtung des Magnetfelds von zerfallenden Axion-artigen Teilchen.

Die etablierte Theorie der fundamentalen Kräfte und Teilchen, das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, enthält keine Teilchen mit den passenden Eigenschaften für kalte dunkle Materie. Da das Standardmodell jedoch viele Fragen unbeantwortet lässt, haben Physiker darüber hinaus gehende Theorien vorgeschlagen, von denen einige die Natur der dunklen Materie erklären. Manche dieser Theorien schlagen die Existenz von Axionen oder Axion-ähnlichen Teilchen vor. Diese Theorien müssen getestet werden, und auf der ganzen Welt gibt es viele Experimente, die nach diesen Teilchen suchen. Das BASE-Experiment am CERN hat nun zum ersten Mal die Detektoren, die zum Nachweis einzelner Antiprotonen entwickelt wurden, für die Suche nach dunkler Materie eingesetzt.

Im Vergleich zu den großen Detektoren am LHC ist BASE ein wesentlich kleineres Experiment. Der Antiprotonen-Entschleuniger des CERN versorgt es mit Antiprotonen. BASE fängt diese Teilchen ein und speichert sie in einer Penningfalle, einer Kombination aus elektrischen und starken magnetischen Feldern. Um Kollisionen mit gewöhnlicher Materie zu vermeiden, wird die Falle bei etwa 5 Kelvin (~−268 °C) betrieben, wo äußerst niedrige Drücke, ähnlich denen im Weltraum, erreicht werden (10−18 mbar). In dieser extrem gut isolierten Umgebung können Wolken von gefangenen Antiprotonen über Jahre hinweg existieren. Durch sorgfältiges Einstellen der elektrischen Felder können die Physiker bei BASE einzelne Antiprotonen isolieren und in einen separaten Teil der Falle bringen. In diesem Bereich können sehr empfindliche resonante supraleitende Detektoren die winzigen elektrischen Ströme nachweisen, die von einzelnen Antiprotonen erzeugt werden, während sie sich in der Falle bewegen.

In der nun veröffentlichten Arbeit suchte das BASE-Team nach unerwarteten elektrischen Signalen in ihren empfindlichen Antiprotonendetektoren. Das Herzstück jedes Detektors ist eine kleine, etwa 4 cm durchmessende, Torus-förmige Spule, die ähnlich aussieht wie die Transformatorspulen, die man in vielen gewöhnlichen elektronischen Geräten findet. Die BASE-Detektoren sind jedoch supraleitend − haben also fast keinen elektrischen Widerstand, und alle umgebenden Komponenten sind sorgfältig so gewählt, dass sie keine elektrischen Verluste verursachen. Das macht die BASE-Detektoren extrem empfindlich gegenüber elektromagnetischen Hochfrequenzfeldern.

In der vorliegenden Arbeit nutzten die Physiker erstmals das in der Penningfalle gespeicherte Antiproton als Quantensensor, um das Hintergrundrauschen ihres Detektors genau zu kalibrieren. Dann begannen sie, nach ungewöhnlichen aber schwachen Signalen zu suchen, die möglicherweise von Axion-ähnlichen Teilchen und ihren möglichen Wechselwirkungen mit Photonen verursacht werden. Im untersuchten Frequenzbereich konnten sie bisher kein derartiges Signal nachweisen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass es BASE gelungen ist, neue Grenzen für die Masse Axion-artiger Teilchen zu setzen und ihre möglichen Wechselwirkungen mit Photonen zu untersuchen.



Mit dieser Studie eröffnet BASE anderen Penningfallen-Experimenten die Möglichkeit, sich an der Suche nach dunkler Materie zu beteiligen. Verschiedene Änderungen können die Detektionsempfindlichkeit weiter verbessern, um in Zukunft empfindlichere Schranken an die Konversion der hypothetischen Axion-ähnlichen Teilchen in Photonen zu setzen. „Mit dieser neuen Technik haben wir zwei bisher nicht miteinander verbundene Zweige der Experimentalphysik kombiniert: die Axion-Physik und die Hochpräzisions-Penningfallen-Physik. Unser Laborexperiment ist komplementär zu astrophysikalischen Experimenten und besonders empfindlich im niedrigen Axion-Massenbereich. Mit einem eigens dafür gebauten Messinstrument könnten wir die Bandbreite und Empfindlichkeit erhöhen, um die Landschaft der Axion-Suche mit Penningfallen-Techniken zu erweitern“, hofft Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Kollaboration.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für Kernphysik via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.






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