Urknall: Unterschied zwischen den Versionen

Urknall: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Aka
K (Halbgeviertstrich)
 
imported>Wrongfilter
 
Zeile 1: Zeile 1:
{{Dieser Artikel|handelt vom Beginn des Kosmos. Zum Fest siehe [[Luzerner Fasnacht]].}}
{{Dieser Artikel|handelt vom Beginn des Kosmos. Zum Fest siehe [[Luzerner Fasnacht]].}}
[[Datei:Universe expansion-de.svg|mini|hochkant=1.5|Graphische Darstellung der Entstehung des Universums aus dem Urknall heraus]]
Als '''Urknall''' ({{enS|Big Bang}}) wird in der [[Kosmologie]] der Beginn des [[Universum]]s, also der Anfangspunkt der Entstehung von Materie, Raum und Zeit bezeichnet. Nach dem [[Kosmologisches Standardmodell|kosmologischen Standardmodell]] ereignete sich der Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren.


[[Datei:Universe expansion-de.png|miniatur|hochkant=1.5|Künstlerische Illustration der Entstehung des Universums aus dem Urknall heraus]]
„Urknall“ bezeichnet keine Explosion in einem bestehenden Raum, sondern die gemeinsame Entstehung von Materie, Raum und Zeit aus einer ursprünglichen [[Singularität (Astronomie)|Singularität]]. Diese ergibt sich formal, indem man die Entwicklung des [[Expansion des Universums|expandierenden Universums]] zeitlich rückwärts bis zu dem Punkt betrachtet, an dem die [[Dichte|Materie-]] und [[Energiedichte]] unendlich werden ([[Extrapolation]]). Demnach müsste noch kurz nach dem Urknall die Dichte des Universums die [[Planck-Dichte]] übertroffen haben.
<onlyinclude><!-- BKL und Bild nicht in die Kurzfassung im Portal Physik übernehmen -->
Der '''Urknall''' (aus ''ur-'' „zuerst“ und ''Knall'') ist in der modernen [[Kosmologie]] der Beginn des [[Universum (Astronomie)|Universums]]. Er ereignete sich nach dem [[Lambda-CDM-Modell|kosmologischen Standardmodell]] (Lambda-CDM-Modell) vor etwa 13,8 Milliarden Jahren. Im Rahmen der '''Urknalltheorie''' wird nicht der eigentliche Urknall beschrieben, sondern das frühe Universum in seiner zeitlichen Entwicklung nach dem Urknall.  


Der „Urknall“ bezeichnet keine [[Explosion]] in einem bestehenden Raum, sondern die gemeinsame Entstehung von [[Materie (Physik)|Materie]], [[Raum (Physik)|Raum]] und [[Zeit]] aus einer ursprünglichen [[Singularität (Astronomie)|Singularität]]. Genauer ist der Urknall die Bezeichnung eines formalen Punktes im kosmologischen Modell eines expandierenden Universums. Man erreicht ihn, wenn man die Entwicklung zeitlich rückwärts bis zu dem Punkt betrachtet, an dem die zugrunde liegende [[Allgemeine Relativitätstheorie]] ihre Gültigkeit verliert, weil die Dichte unendlich wird. Demnach muss noch kurz nach dem Urknall die Dichte des Universums die [[Planck-Einheiten|Planck-Dichte]] übertroffen haben, ein Zustand, der sich allenfalls durch eine noch unbekannte Theorie der [[Quantengravitation]] richtig beschreiben ließe, aber sicher nicht durch bestehende physikalische Theorien. Daher gibt es in der heutigen Physik keine allgemein akzeptierte Theorie für das sehr frühe Universum. </onlyinclude><!-- Den restlichen Artikel nicht in die Kurzfassung im Portal Physik übernehmen -->
Für die Beschreibung dieses Zustandes ist die [[Allgemeine Relativitätstheorie]] unzureichend; es wird jedoch erwartet, dass eine noch zu entwickelnde Theorie der [[Quantengravitation]] dies leisten wird. Daher gibt es in der heutigen Physik keine allgemein akzeptierte Beschreibung des sehr frühen Universums, des Urknalls selbst oder einer Zeit ''vor'' dem Urknall (siehe [[#Weitergehende Modelle|Weitergehende Modelle]]).


Als Begründer der Urknall-[[Theorie]] gilt der belgische Theologe und Physiker [[Georges Lemaître]], der 1931 für den heißen Anfangszustand des Universums den Begriff „primordiales Atom“ oder „Uratom“, später auch „kosmisches Ei“ verwendete. Allerdings hatte bereits 1225 der englische Gelehrte und Bischof [[Robert Grosseteste]] in seinem Werk ''De luce'' (Über das Licht) die Grundidee eines Urknalls vorweggenommen.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/wissen/naturphilosophie-urknall-im-mittelalter-1.1916349 Christoph Behrens: Naturphilosophie: Urknall im Mittelalter], in: Süddeutsche.de - Wissen, 19.03.2014, abgerufen am 9. August 2016</ref><ref>[http://arxiv.org/abs/1403.0769v2 Richard G. Bower et al.: A Medieval Multiverse: Mathematical Modelling of the 13th Century Universe of Robert Grosseteste], in: Cornell University Library: History and Philosophy of Physics, 2. Auflage vom 10.03.2014 {{DOI|10.1098/rspa.2014.0025}}</ref>
'''Urknalltheorien''' beschreiben ''nicht'' den Urknall selbst, sondern das frühe Universum in seiner zeitlichen Entwicklung ''nach'' dem Urknall: von einem Zeitpunkt mehr als eine [[Planck-Zeit]] (etwa 10<sup>−43</sup>&nbsp;Sekunden) nach dem Urknall bis etwa 300.000 bis 400.000&nbsp;Jahre später, als sich stabile Atome bilden konnten und das Universum durchsichtig wurde. Die weitere Entwicklung wird nicht mehr zum Bereich des Urknalls gezählt.
Der englische Begriff ''Big Bang'' (wörtlich also ‚Großer Knall‘) wurde von [[Fred Hoyle]] geprägt, der mit dieser Wortwahl die Theorie unglaubwürdig erscheinen lassen wollte, weil er Anhänger der dazu konkurrierenden [[Steady-State-Theorie]] war. Die Steady-State-Theorie verlor in den 1960er Jahren an Zustimmung, als die Urknalltheorie zunehmend durch astronomische Beobachtungen bestätigt wurde, und wird heute nur noch von einer Minderheit der Kosmologen untersucht.


Mit dem Begriff Urknall ist der Anfangspunkt der Entstehung von Materie und [[Raumzeit]] gemeint. Ein solcher Anfang ergibt sich aus [[Kosmologie|kosmologischen Theorien]], in denen die von Astronomen beobachtete [[Expansion des Universums]] zurückgerechnet wird bis zu einem Zeitpunkt, an dem alle [[Materie (Physik)|Materie]] und [[Strahlung]] in einem engen Raumgebiet konzentriert war. Der eigentliche Urknall liegt noch davor und bezeichnet den formalen Zeitpunkt, an dem die [[Energiedichte]] [[unendlich]] wäre. Da die etablierten physikalischen Theorien wie [[Quantenfeldtheorie]] und [[allgemeine Relativitätstheorie]]  die [[Existenz]] von Raum, Zeit und Materie voraussetzen, lässt sich der eigentliche Urknall mit ihnen nicht beschreiben. Sie sind auch nicht auf Vorgänge anwendbar, die in kleineren Zeiten als die [[Planck-Zeit]] (ca. 10<sup>−43</sup> Sekunden) ablaufen. Diese für die bestehenden physikalischen Theorien prinzipiell unzugängliche Zeit direkt nach dem Urknall wird als Planck-Ära bezeichnet. Ab etwa 10<sup>−6</sup> Sekunden nach dem Urknall hatte sich das Universum so weit ausgedehnt und abgekühlt, dass seine weitere Entwicklung von Prozessen bestimmt wurde, wie sie heute in der [[Elementarteilchenphysik]] beobachtet werden können.
== Grundannahmen ==
{{Quellen}}
Die Urknalltheorien basieren auf zwei [[Axiom|Grundannahmen]]:
# Die [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetze]] sind universell, das Universum lässt sich also mit den Naturgesetzen beschreiben, die heute nahe der Erde gelten.
# Das Universum sieht an jedem Ort (aber nicht zu jeder Zeit) in alle Richtungen für große Entfernungen gleich aus. Die Annahme der räumlichen Homogenität wird als [[kopernikanisches Prinzip]] bezeichnet und durch die Annahme der Isotropie zum [[Kosmologisches Prinzip|kosmologischen Prinzip]] erweitert.<ref>Siehe Aussage von Hans Böhringer im Gespräch [https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/kosmologie/das-kosmologische-prinzip ''Das kosmologische Prinzip.'']</ref>
 
Im Folgenden werden diese Annahmen und grundlegende Folgerungen daraus erläutert.


Die Urknalltheorien behandeln die  Entwicklung des Universums von einem Zeitpunkt, zu dem der Urknall deutlich mehr als eine Planck-Zeit zurückliegt, bis zu etwa 300.000 bis 400.000 Jahre danach, als sich stabile Atome bilden konnten und das Universum durchsichtig wurde. Die weitere Entwicklung wird nicht mehr zum Bereich des Urknalls gezählt. Die wichtigsten Aussagen der Urknalltheorien  werden im Folgenden dargestellt.
=== Universalität der Naturgesetze ===
<!--Neben der Expansion kann die Theorie auch das [[Elektromagnetisches Spektrum|Spektrum]] der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|Hintergrundstrahlung]] des Universums erklären, ebenso die Häufigkeitsverteilung der chemischen Elemente im Weltraum (insbesondere [[Wasserstoff]], [[Deuterium]] und die [[Isotop]]e des [[Helium]]), sowie das Fehlen von Sternen, die älter als etwa 13 Milliarden Jahre alt sind: Mit astronomischen Beobachtungen hat man das Alter des Universums – und somit den formalen Zeitpunkt des Urknalls – auf 13,8&nbsp;Milliarden Jahre eingeschätzt (±0,2 Milliarden Jahre).
Um das gesamte Universum in jedem seiner Entwicklungsstadien auf der Grundlage der uns bekannten Naturgesetze beschreiben zu können, ist die Annahme unabdingbar, dass diese Naturgesetze universell und konstant (zeitunabhängig) gelten. Es gibt keine Beobachtungen der [[Astronomie]] (etwa 13,5&nbsp;Mrd. Jahre zurückblickend) oder der [[Paläogeologie]] (4&nbsp;Mrd. Jahre zurück), die diese Annahme in Frage stellen.


Das prinzipiell mögliche Gegenstück des Urknalls, ein Kollaps des Universums, wurde von [[John Archibald Wheeler]] als ''[[Big Crunch]]'' bezeichnet. Beobachtungen haben allerdings gezeigt, dass die Massendichte im Universum zu gering sein könnte, als dass sie durch ihre Gravitationswirkung einen derartigen Kollaps herbeiführen könnte. Das Universum wird sich demnach vermutlich unbegrenzt weiter ausdehnen.-->
Aus der angenommenen Konstanz und Universalität der derzeit bekannten Naturgesetze folgt, dass sich die Entwicklung des Universums als Ganzes mittels der allgemeinen Relativitätstheorie und die darin ablaufenden Prozesse mit dem [[Standardmodell|Standardmodell der Elementarteilchenphysik]] beschreiben lassen. Im extremen Fall großer Materiedichte und gleichzeitig großer [[Raumzeitkrümmung]] werden zur Beschreibung gleichzeitig die allgemeine Relativitätstheorie und zusätzlich die [[Quantenfeldtheorie]]n benötigt, die dem Standardmodell zugrunde liegen. Die Vereinigung stößt jedoch auf fundamentale Schwierigkeiten, sodass zurzeit die ersten paar Mikrosekunden der Geschichte des Universums nicht [[Widerspruchsfreiheit|konsistent]] beschrieben werden können.


== Grundannahmen ==
=== Kosmologisches Prinzip ===
Die Urknalltheorien basieren auf zwei [[Axiom|Grundannahmen]]: Die erste Annahme ist, dass die [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetze]] universell sind und sich also das [[Universum]] mit den Naturgesetzen beschreiben lässt, die heute nahe der Erde gelten. Die zweite Annahme lautet, dass das Universum an jedem Ort (aber nicht zu jeder Zeit) in alle Richtungen für große Entfernungen gleich aussieht. Diese Annahme wird als [[Kopernikanisches Prinzip]] oder [[kosmologisches Prinzip]] bezeichnet. Im Folgenden werden diese Annahmen und grundlegende Folgerungen daraus erläutert.
{{Hauptartikel|Kosmologisches Prinzip}}
Das kosmologische Prinzip besagt, dass das Weltall zur selben Zeit an jedem Raumpunkt und auch in alle Richtungen für große Entfernungen gleich aussieht, und wird auch (räumliche) ''[[Homogenität (Physik)|Homogenität]]'' genannt; die Annahme, dass es in jeder Richtung gleich aussehe, heißt (räumliche) ''[[Isotropie]]''.
 
Ein Blick zum [[Sternenhimmel]] mit bloßem Auge zeigt, dass das Universum in der näheren Umgebung der Erde ''nicht'' homogen und isotrop ist, denn die Verteilung der Sterne ist unregelmäßig. Auf größerer Skala bilden die Sterne [[Galaxie]]n, die ihrerseits teilweise [[Galaxienhaufen]] bilden, ansonsten in einer [[wabe]]nartigen Struktur verteilt sind, die aus [[Filamente und Voids|Filamenten und Voids]] besteht.


=== Universalität der Naturgesetze ===
Auf noch größerer Skala ist jedoch keine Struktur mehr erkennbar. Dies und die hochgradige Isotropie der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmischen Hintergrundstrahlung]] rechtfertigen die Beschreibung des Universums als Ganzes durch das kosmologische Prinzip.
Um das gesamte Universum auf der Grundlage der uns bekannten Naturgesetze beschreiben zu können, ist die Annahme unabdingbar, dass diese Naturgesetze universell gelten. Alle bisherigen astronomischen Beobachtungen weisen auch auf eine Allgemeingültigkeit der Naturgesetze hin.


Aus der angenommenen Universalität der derzeit bekannten Naturgesetze folgt, dass sich die Entwicklung des Universums als Ganzes mittels der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] beschreiben lässt, und die darin ablaufenden Prozesse mittels der [[Quantenfeldtheorie]]. Dabei tritt allerdings das Problem auf, dass die beiden Theorien nicht miteinander vereinbar sind. [[Quanteneffekt]]e werden relevant, wenn bei sehr großer Materiedichte auch die Raumzeitkrümmung sehr groß ist. Deshalb ist die überzeugende Beschreibung des sehr frühen Universums derzeit nicht möglich. Der Punkt des Urknalls selbst und eine sehr kurze, darauf folgende Zeitspanne von deutlich mehr als einer Planck-Zeit ist mit den derzeitigen Theorien nicht beschreibbar, und der Begriff „Urknall“ kann als Bezeichnung für diesen unverstandenen Teil verstanden werden.
Wendet man das kosmologische Prinzip auf die allgemeine Relativitätstheorie an, so vereinfachen sich die [[Einsteinsche Feldgleichungen|einsteinschen Feldgleichungen]] zu den [[Friedmann-Gleichungen]], die ein homogenes, isotropes Universum beschreiben. Zur Lösung der Gleichungen geht man vom heutigen Zustand des Universums aus und verfolgt die Entwicklung rückwärts in der Zeit. Die exakte Lösung hängt insbesondere von den gemessenen Werten der [[Hubble-Konstante]] sowie diverser [[Dichteparameter]] ab, die den Masse- und Energieinhalt des Universums beschreiben.


=== Kosmologisches Prinzip ===
Man findet dann, dass das Universum früher kleiner war (siehe auch [[Expansion des Universums]]); gleichzeitig war es heißer und dichter. Formal führt die Lösung auf einen Zeitpunkt, zu dem der Wert des [[Skalenfaktor]]s verschwindet, also das Universum keine Ausdehnung hatte und die [[Temperatur]] und Dichte [[unendlich]] groß werden. Dieser Zeitpunkt wird als „Urknall“ bezeichnet. Er ist eine formale [[Singularität (Astronomie)|Singularität]] der Lösung der Friedmann-Gleichungen.
Das [[Kosmologisches Prinzip|kosmologische Prinzip]] besagt, dass das Weltall zur selben Zeit an jedem Raumpunkt und auch in alle Richtungen für große Entfernungen gleich aussieht, und wird auch (räumliche) ''Homogenität'' genannt; die Annahme, dass es in jeder Richtung gleich aussehe, heißt (räumliche) ''Isotropie''. Ein Blick zum Sternenhimmel mit bloßem Auge zeigt sofort, dass das Universum in der näheren Umgebung der Erde nicht homogen und isotrop ist, denn es gibt unregelmäßig verteilte Sterne. Auf größerer Skala bilden die Sterne [[Galaxie]]n, die allerdings auch sehr ungleichmäßig verteilt sind und [[Galaxienhaufen]] bilden. Auf noch größerer Skala ist eine wabenartige Struktur erkennbar, die aus sogenannten [[Filament (Kosmologie)|Filamenten]] und [[Void (Astronomie)|Voids]] besteht.


Wendet man das kosmologische Prinzip auf die allgemeine Relativitätstheorie an, vereinfachen sich die [[Einsteinsche Feldgleichungen|einsteinschen Feldgleichungen]] zu den sogenannten [[Friedmann-Gleichungen]]. Diese beschreiben demzufolge ein homogenes, isotropes Universum. Zur Lösung der Gleichungen geht man vom heutigen Zustand des Universums aus und verfolgt die Entwicklung rückwärts in der Zeit. Die exakte Lösung hängt insbesondere von den gemessenen Werten der [[Hubble-Konstante]] sowie diverser [[Dichteparameter]] ab, die den Masse- und Energieinhalt des Universums beschreiben. Man findet dann, dass das Universum früher kleiner war ([[Expansion des Universums]]); gleichzeitig war es heißer und dichter. Formal führt die Lösung auf einen Zeitpunkt, zu dem der Wert des [[Skalenfaktor]]s verschwindet, also das Universum keine Ausdehnung hatte und die [[Temperatur]] und [[Dichte]] [[unendlich]] groß werden. Dieser Zeitpunkt wird als „Urknall“ bezeichnet. Er ist eine formale Singularität der Lösung der Friedmann-Gleichungen. Damit wird allerdings keine Aussage über die physikalische Realität einer derartigen Anfangssingularität gemacht, da die Gleichungen der [[Klassische Physik|klassischen Physik]] nur einen begrenzten Gültigkeitsbereich haben und nicht mehr anwendbar sind, wenn [[Quantenphysik|Quanteneffekte]] eine Rolle spielen, wie das im sehr frühen, heißen und dichten Universum angenommen wird. Zur Beschreibung der Entwicklung des Universums zu sehr frühen Zeiten wäre eine Theorie der [[Quantengravitation]] erforderlich.
Damit wird allerdings keine Aussage über die physikalische Realität einer derartigen Anfangssingularität gemacht, da die Gleichungen der [[Klassische Physik|klassischen Physik]] nur einen begrenzten Gültigkeitsbereich haben und nicht mehr anwendbar sind, wenn [[Quantenphysik|Quanteneffekte]] eine Rolle spielen, wie das im sehr frühen, heißen und dichten Universum angenommen wird. Zur Beschreibung der Entwicklung des Universums zu sehr frühen Zeiten ist eine Theorie der Quantengravitation erforderlich.


== Frühes Universum ==
== Frühes Universum ==
Zeile 34: Zeile 40:


=== Planck-Ära ===
=== Planck-Ära ===
Die Planck-Ära bezeichnet den Zeitraum nach dem Urknall bis zur kleinsten physikalisch sinnvollen Zeitangabe, der [[Planck-Zeit]] mit etwa 10<sup>−43</sup> Sekunden. Die Temperatur zu diesem Zeitpunkt entspricht der [[Planck-Einheiten#Definitionen|Planck-Temperatur]], etwa 10<sup>32</sup> Kelvin. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nach Meinung der Wissenschaftler nur eine [[Fundamentale Wechselwirkung|fundamentale Kraft]], die '''Urkraft'''. Bis heute gibt es keine allgemein akzeptierte Theorie für die Planck-Ära. Als mögliche Kandidaten gelten die [[M-Theorie]] und die [[Schleifenquantengravitation]].<ref>[http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_p05.html#plar Planck-Ära]; Lexikon der Astrophysik – Andreas Müller; abgerufen September 2014</ref><ref>[http://www-ekp.physik.uni-karlsruhe.de/~jwagner/SS08/talks/JensHomfeld_Handout.pdf Handout 2008]; [[Uni Karlsruhe]]; Jens Homfeld; Vorlesung am 2. Mai 2008; abgerufen September 2014</ref>
Die Planck-Ära bezeichnet den Zeitraum nach dem Urknall bis zur kleinsten physikalisch sinnvollen Zeitangabe, der [[Planck-Zeit]] mit etwa 10<sup>−43</sup> Sekunden. Die Temperatur zu diesem Zeitpunkt entspricht der [[Planck-Einheiten#Definitionen|Planck-Temperatur]], etwa 10<sup>32</sup> Kelvin. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nach Meinung der Wissenschaftler nur eine [[Fundamentale Wechselwirkung|fundamentale Kraft]], die '''Urkraft'''. Bis heute gibt es keine allgemein akzeptierte Theorie für die Planck-Ära. Als mögliche Kandidaten gelten die [[M-Theorie]] und die [[Schleifenquantengravitation]].<ref>Andreas Müller: ''[http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_p05.html#plar Planck-Ära.]'' In: ''wissenschaft-online.de.'' Lexikon der Astrophysik, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref><ref>Jens Homfeld: ''[http://www-ekp.physik.uni-karlsruhe.de/~jwagner/SS08/talks/JensHomfeld_Handout.pdf Urknalltheorie.]'' In: ''ekp.physik.uni-karlsruhe.de.'' [[Uni Karlsruhe]]. Handout 2008, Vorlesung am 2. Mai 2008, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref>


=== GUT-Ära ===
=== GUT-Ära ===
In der [[Kosmologie]] wird allgemein angenommen, dass sich an die Planck-Ära die GUT-Ära<ref>[http://books.google.de/books?id=im_SYWy5pjMC&pg=PA1110&lpg=PA1110&dq=GUT+%C3%84ra&source=bl&ots=A6CSdgArys&sig=Zj6aP7fL3NjPcTS1Ppn8d4SUog4&hl=de&sa=X&ei=yeMbVIyrAsjaOrmCgLgB&redir_esc=y#v=onepage&q=GUT%20%C3%84ra&f=false Astronomie: die kosmische Perspektive]; Harald Lesch; 2010; abgerufen September 2014</ref> bzw. [[Baryogenese]] nach einer [[Spontane Symmetriebrechung|spontanen Symmetriebrechung]] anschloss. Dabei spaltete sich die Urkraft in die X-Kraft oder GUT-Kraft und die Gravitation auf. GUT steht für ''Grand Unified Theories'', zu deutsch [[Große vereinheitlichte Theorie]]. Diese würde die [[starke Kernkraft]], die [[schwache Kernkraft]] und die [[elektromagnetische Kraft]] vereinigen. Hochenergie-Experimente an [[Teilchenbeschleuniger]]n deuten darauf hin, dass bei einer Energie von etwa 2·10<sup>16</sup> GeV die drei genannten Kräfte nicht mehr voneinander unterscheidbar sind. Oberhalb dieser Energie gäbe es daher nur eine Kraft, die als GUT-Kraft bezeichnet wird. Dies wäre ein Zustand höherer Symmetrie. Bei Energien unter diesem Wert bricht diese Symmetrie auf und die drei genannten Kräfte würden sichtbar.<ref>[http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_g05.html#gut Gut-Ära]; Lexikon der Astrophysik – Andreas Müller; abgerufen September 2014</ref> Allerdings kann derzeit die nötige Energiedichte in Laborexperimenten nicht erreicht werden, um solche Theorien ausreichend zu prüfen.
In der Kosmologie wird allgemein angenommen, dass sich an die Planck-Ära die GUT-Ära<ref>H. Lesch (Hrsg.); J. Bennett, M. Donahue, N. Schneider, M. Voit: ''[https://books.google.de/books?id=im_SYWy5pjMC&printsec=frontcover&dq=Astronomie+die+kosmische+perspektive&hl=de&sa=X&q=GUT%20Ära&f=false#v=snippet&q=GUT%20Ära&f=false Astronomie. Die kosmische Perspektive.]'' 2010, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref> bzw. [[Baryogenese]] nach einer [[Spontane Symmetriebrechung|spontanen Symmetriebrechung]] anschloss. Dabei spaltete sich die Urkraft auf in:
* die Gravitation und
* die GUT-Kraft (''Grand Unified Theory,'' deutsch [[Große vereinheitlichte Theorie]]).
:Diese vereinigt:
:* die [[starke Kernkraft]]
:* die [[schwache Kernkraft]]
:* die [[elektromagnetische Kraft]].
Hochenergie-Experimente an [[Teilchenbeschleuniger]]n deuten darauf hin, dass bei einer Energie von etwa 2·10<sup>16</sup>&nbsp;[[GeV]] die drei o.&nbsp;g. Kräfte nicht mehr voneinander unterscheidbar sind, sondern in eine Kraft übergehen, die als GUT-Kraft bezeichnet wird; dies ist ein Zustand höherer Symmetrie. Liegen dir Energien unter diesem Wert bricht diese Symmetrie auf, und die drei genannten Kräfte werden sichtbar werden.<ref>Andreas Müller: ''[http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_g05.html#gut Große Vereinheitlichte Theorien.]'' In: ''wissenschaft-online.de.'' Lexikon der Astrophysik, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref> Allerdings kann derzeit die nötige Energiedichte in Laborexperimenten nicht erreicht werden, um solche Theorien ausreichend zu prüfen.


==== Inflationstheorie ====
==== Kosmische Inflation ====
{{Hauptartikel|Inflation (Kosmologie)}}
{{Hauptartikel|Inflation (Kosmologie)}}
Die Inflation wird zeitlich in der GUT-Ära angesiedelt. Während dieser sogenannten Inflation dehnte sich das Universum innerhalb von 10<sup>−35</sup> bis 10<sup>−32</sup> Sekunden um einen Faktor zwischen 10<sup>30</sup> und 10<sup>50</sup> aus. Diese [[Überlichtgeschwindigkeit|überlichtschnelle]] Ausdehnung des Universums steht nicht im Widerspruch zur [[Relativitätstheorie]], da diese nur eine überlichtschnelle Bewegung ''im Raum'', nicht jedoch eine überlichtschnelle Ausdehnung ''des Raumes selbst'' verbietet. Der Bereich, der dem heute beobachtbaren Universum entspricht, hätte dabei der Theorie zufolge von einem Durchmesser, der den eines [[Proton]]s weit unterschreitet, auf etwa 10&nbsp;cm expandieren müssen.
Die Inflation wird zeitlich in der GUT-Ära angesiedelt. Während der Inflation dehnte sich das Universum innerhalb von&nbsp;10<sup>−35</sup> bis&nbsp;10<sup>−32</sup> Sekunden um einen Faktor zwischen&nbsp;10<sup>30</sup> und&nbsp;10<sup>50</sup> aus. Diese [[Überlichtgeschwindigkeit|überlichtschnelle]] Ausdehnung des Universums steht ''nicht'' im Widerspruch zur [[Relativitätstheorie]], da diese nur eine überlichtschnelle Bewegung ''im Raum'' verbietet, nicht jedoch eine überlichtschnelle Ausdehnung ''des Raumes selbst''. Der Bereich, der dem [[Beobachtbares Universum|heute beobachtbaren Universum]] entspricht, hätte dabei der Theorie zufolge von einem Durchmesser, der den eines [[Proton]]s weit unterschreitet, auf etwa 10&nbsp;cm expandieren müssen.


Die genauen Details der Inflation sind unbekannt, allerdings gelten die Messungen der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund#Anisotropie|Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung]] durch den [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]]-Satelliten als starkes Indiz dafür, dass eine Inflation mit bestimmten Eigenschaften stattgefunden hat. Mittels der Messergebnisse des [[Planck-Weltraumteleskop]]s könnte es möglich werden, genauere Erkenntnisse über die Inflationsepoche zu gewinnen.
Die genauen Details der Inflation sind unbekannt, allerdings gelten die Messungen der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund #Anisotropie|Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung]] durch den [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP-Satelliten]] als starkes Indiz dafür, dass eine Inflation mit bestimmten Eigenschaften stattgefunden hat. Mittels der Messergebnisse des [[Planck-Weltraumteleskop]]s könnte es möglich werden, genauere Erkenntnisse über die Inflationsepoche zu gewinnen. Die ursprüngliche Inflationstheorie geht auf eine Arbeit von [[Alan Guth]] aus dem Jahr&nbsp;1981 zurück und wurde von [[Andrei Dmitrijewitsch Linde]] und anderen seither weiter bearbeitet. In dieser Theorie werden eine oder mehrere [[Skalarfeld]]er verwendet, die als [[Inflaton]]<nowiki/>felder bezeichnet werden.


Die ursprüngliche Theorie geht auf [[Alan Guth]] aus 1981 zurück und wurde von [[Andrei Dmitrijewitsch Linde]] und anderen seit dem weiter bearbeitet. In dieser Theorie werden eine oder mehrere Skalarfelder verwendet, die als [[Inflaton]]felder bezeichnet werden. Ebenfalls unklar ist die Ursache für das Ende der Inflation. Eine mögliche Erklärung hierfür sollen Slow-Roll-Modelle bieten, in denen das Inflatonfeld ein energetisches Minimum erreicht und die Inflation deshalb endet; eine Alternative ist das bereits beschriebene GUT-Modell, in denen das Ende der Inflation durch Brechung der GUT-Symmetrie erklärt wird.<ref>[http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_i.html#infl Inflation]; Lexikon der Astrophysik – Andreas Müller; abgerufen September 2014</ref>  
Ebenfalls unklar ist die Ursache für das Ende der Inflation. Eine mögliche Erklärung hierfür sollen ''Slow-Roll''-Modelle bieten, in denen das Inflatonfeld ein energetisches Minimum erreicht und die Inflation deshalb endet; eine Alternative ist das bereits beschriebene GUT-Modell, in dem das Ende der Inflation durch Brechung der GUT-Symmetrie erklärt wird.<ref>Andreas Müller: ''[http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_i.html#infl Inflation.]'' In: ''wissenschaft-online.de.'' Lexikon der Astrophysik, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref>


Eine Inflationsphase kann mehrere kosmologische Beobachtungen erklären:
Eine Inflationsphase kann mehrere kosmologische Beobachtungen erklären:
* die globale [[Homogenität]] des Kosmos ([[Horizontproblem]]),
* die globale [[Homogenität (Physik)|Homogenität]] des Kosmos ([[Horizontproblem]]),
* die geringe [[Krümmung]] des Raumes ([[Flachheitsproblem]]),
* die geringe [[Krümmung]] des Raumes ([[Flachheitsproblem]]),
* die Tatsache, dass keine [[Magnetischer Monopol|magnetischen Monopole]] beobachtet werden,
* die Tatsache, dass keine [[Magnetischer Monopol|magnetischen Monopole]] beobachtet werden,
Zeile 54: Zeile 67:
* das bereits erwähnte Spektrum der Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.
* das bereits erwähnte Spektrum der Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.


Das Inflationsmodell versagt jedoch bei der Erklärung der [[Kosmologische Konstante|Kosmologischen Konstante]]. Einsteins <math> \Lambda</math> wäre demnach nicht konstant, sondern abhängig von der Zeit, eine Annahme, die in [[Quintessenz (Physik)|Quintessenz-Modellen]] verwendet wird. [[Urknall#Weitergehende Modelle|Weitergehende Modelle]] halten die [[Kosmologische Konstante]] konstant.
Das Inflationsmodell versagt jedoch bei der Erklärung der [[Kosmologische Konstante|kosmologischen Konstante]]. Einsteins <math>\Lambda</math> wäre demnach nicht konstant, sondern abhängig von der Zeit, eine Annahme, die in [[Quintessenz (Physik)|Quintessenz-Modellen]] verwendet wird. [[#Weitergehende Modelle|Weitergehende Modelle]] halten die kosmologische Konstante für konstant.


== Entwicklung des Universums ==
== Entwicklung des Universums ==
 
[[Datei:Expansion des Universums.png|mini|hochkant=2|Entwicklungsstadien des Universums (nur zur Illustration, nicht maßstäblich)]]
[[Datei:Expansion des Universums.png|miniatur|hochkant=2|Entwicklungsstadien des Universums (nur zur Illustration, nicht maßstäblich)]]
Die Zeit nach der Inflation und der Brechung einer angenommenen GUT-Symmetrie sowie der [[Elektroschwache Wechselwirkung|elektroschwachen]] Symmetrie kann mit den bekannten physikalischen Theorien beschrieben werden. Das Verhalten des Universums ab dieser Phase ist durch Beobachtungen gut belegt und unterscheidet sich in den verschiedenen Urknall-Modellen kaum.
Die Zeit nach der Inflation und der spekulativen Brechung einer möglichen GUT-Symmetrie, sowie der elektroschwachen Symmetrie kann mit den bekannten physikalischen Theorien beschrieben werden. Das Verhalten des Universums ab dieser Phase ist durch Beobachtungen relativ weitgehend festgelegt und unterscheidet sich für die verschiedenen Urknall-Modelle kaum.


=== Primordiale Nukleosynthese ===
=== Primordiale Nukleosynthese ===
{{Hauptartikel|Primordiale Nukleosynthese}}
{{Hauptartikel|Primordiale Nukleosynthese}}
Als primordiale Nukleosynthese wird die Entstehung von Atomkernen im frühen Universum bezeichnet. Nach Ende der Inflation, also nach etwa 10<sup>−30</sup>&nbsp;s sank die Temperatur auf 10<sup>25</sup>&nbsp;K ab. Es bildeten sich [[Quark (Physik)|Quarks]] und Anti-Quarks, die Bausteine der heutigen schweren Teilchen (Baryogenese). Die Temperatur war aber so hoch und die Zeiten zwischen zwei Teilchenstößen so kurz, dass sich noch keine stabilen Protonen oder [[Neutron]]en bildeten, sondern ein so genanntes [[Quark-Gluon-Plasma|Quark-Gluonen-Plasma]] aus annähernd freien Teilchen entstand. Die Zeit bis zur Bildung stabiler Hadronen wird auch ''Quark-Ära'' genannt.
Als primordiale Nukleosynthese wird die Entstehung von [[Atomkern]]en im frühen Universum bezeichnet.
 
Nach Ende der Inflation, also nach etwa 10<sup>−30</sup>&nbsp;s, sank die Temperatur auf 10<sup>25</sup>&nbsp;K ab. Es bildeten sich [[Quark (Physik)|Quarks]] und [[Antiteilchen|Anti-Quarks]], die Bausteine der heutigen schweren Teilchen ([[Baryon]]en). Die Temperatur war aber so hoch und die Zeiten zwischen zwei Teilchenstößen so kurz, dass sich noch keine stabilen Protonen oder [[Neutron]]en bildeten, sondern ein [[Quark-Gluon-Plasma|Quark-Gluonen-Plasma]] aus annähernd [[Freies Teilchen|freien Teilchen]]. Diese Ära wird auch ''Quark-Ära'' genannt.
 
Nach 10<sup>−6</sup>&nbsp;s lag eine Temperatur von 10<sup>13</sup>&nbsp;K vor. Quarks konnten nicht mehr als freie Teilchen existieren, sondern vereinigten sich zu [[Hadron]]en, d.&nbsp;h. Protonen, Neutronen und schwereren Verwandten. Nach 10<sup>−4</sup>&nbsp;s war die Temperatur auf 10<sup>12</sup>&nbsp;K gesunken, sodass keine Proton-Antiproton- oder Neutron-Antineutron-Paare mehr gebildet wurden. Die meisten Protonen und Neutronen wurden bei Stößen mit ihren Antiteilchen vernichtet&nbsp;– bis auf einen kleinen Überschuss von einem Milliardstel ([[Baryonenasymmetrie]]). Die Dichte sank auf 10<sup>13</sup>&nbsp;g/cm<sup>3</sup>. Mit abnehmender Temperatur zerfielen die schwereren Hadronen, und es blieben schließlich Protonen und Neutronen sowie ihre Antiteilchen übrig. Durch ständige Umwandlungen von Protonen in Neutronen und umgekehrt entstand auch eine große Zahl von [[Neutrino]]s. In dieser ''Hadronen-Ära'' gab es gleich viele Protonen wie Neutronen, da sie aufgrund ausreichend verfügbarer Energie beliebig ineinander umgewandelt werden konnten. Nach 1&nbsp;s war eine Temperatur von 10<sup>10</sup>&nbsp;K erreicht. Unterhalb dieser Temperatur konnten weiterhin Neutronen zu Protonen zerfallen, aber keine neuen Neutronen gebildet werden.


Nach 10<sup>−6</sup>&nbsp;s lag eine Temperatur von 10<sup>13</sup>&nbsp;K vor. Quarks konnten nicht mehr als freie Teilchen existieren, sondern vereinigten sich zu [[Hadron]]en, den Bausteinen der [[Atomkern]]e. Nach 10<sup>−4</sup>&nbsp;s war die Temperatur auf 10<sup>12</sup>&nbsp;K gesunken, so dass keine Proton-Antiproton- oder Neutron-Antineutron-Paare mehr gebildet wurden. Die meisten Protonen und Neutronen wurden bei Stößen mit ihren Antiteilchen vernichtet – bis auf einen kleinen Überschuss von einem Milliardstel. Die Dichte sank auf 10<sup>13</sup>&nbsp;g/cm<sup>3</sup>. Mit abnehmender Temperatur zerfielen die schwereren Hadronen und es blieben schließlich [[Proton]]en und [[Neutron]]en sowie ihre Antiteilchen übrig. Durch ständige Umwandlungen von Protonen in Neutronen und umgekehrt entstand auch eine große Zahl von [[Neutrino]]s. In dieser sogenannten ''Hadronen-Ära'' gab es gleich viele Protonen wie Neutronen, da sie ineinander umgewandelt werden konnten. Nach 1&nbsp;s war eine Temperatur von 10<sup>10</sup>&nbsp;K erreicht. Ab dieser Temperatur konnten Protonen nicht mehr in Neutronen umgewandelt werden.
Erst nach 10&nbsp;Sekunden, bei Temperaturen unterhalb von 10<sup>9</sup>&nbsp;K, vereinigten sich Protonen und verbleibende Neutronen durch [[Kernfusion]] zu ersten [[Deuterium]]-Atomkernen. Soweit diese nicht wieder zerfielen, verschmolzen sie paarweise zu [[Helium-4]]-Kernen. Nach etwa 3&nbsp;Minuten hatte die Temperatur und Dichte der Materie so weit abgenommen, dass die Kernfusion zum Erliegen kam. Die übriggebliebenen freien Neutronen waren nicht stabil und zerfielen im Verlauf der nächsten Minuten in Protonen und Elektronen. Insgesamt bildeten sich in den ersten drei Minuten zu 25 % Helium-4 (<sup>4</sup>He) und zu 0,001 % Deuterium sowie Spuren von Helium-3 (<sup>3</sup>He), [[Lithium]] und [[Beryllium]]. Die restlichen 75 % stellten Protonen, die späteren [[Wasserstoff]]<nowiki/>atomkerne. Alle schwereren [[Chemisches Element|Elemente]] entstanden erst später im Inneren von Sternen.


Erst nach 10 Sekunden, bei Temperaturen unterhalb von 10<sup>9</sup>&nbsp;K, vereinigten sich Protonen und Neutronen durch [[Kernfusion]] zu ersten [[Deuterium]]-[[Atomkern]]en. Diese wurden zum größten Teil in Helium-4-Kerne umgewandelt. Nach etwa 3 Minuten hatte die Temperatur und Dichte der Materie so weit abgenommen, dass die Kernfusion zum Erliegen kam. Die übriggebliebenen freien Neutronen waren nicht stabil und zerfielen im Verlauf der nächsten Minuten in Protonen und Elektronen. Insgesamt bildeten sich in den ersten drei Minuten zu 25 % Helium-4 (<sup>4</sup>He) und 0,001 % [[Deuterium]] sowie Spuren von Helium-3 (<sup>3</sup>He), [[Lithium]] und [[Beryllium]]. Die restlichen 75 % stellten Protonen, die späteren Wasserstoffatomkerne.
Die Temperatur war immer noch so hoch, dass die Materie als [[Plasma (Physik)|Plasma]] vorlag, ein Gemisch aus freien Atomkernen, Protonen und Elektronen, mit [[Wärmestrahlung|thermischer Strahlung]] im [[Röntgenstrahlung|Röntgenbereich]].


Alle schwereren [[Chemisches Element|Elemente]] entstanden erst später im Inneren von Sternen. Die Temperatur war immer noch so hoch, dass die Materie als [[Plasma (Physik)|Plasma]] vorlag, einem Gemisch aus freien Atomkernen, Protonen und Elektronen, mit [[Wärmestrahlung|thermischer Strahlung]] im [[Röntgenstrahlung|Röntgenbereich]].
Neben [[Elementarteilchen]] und [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischer Strahlung]] entstanden auch primordiale [[Magnetfeld]]er. Dies wird auf den [[Harrison-Effekt]] zurückgeführt: Man geht davon aus, dass das Plasma im heißen und dichten Universum [[Wirbel (Strömungslehre)|Wirbel]] bildete. Die hierdurch hervorgerufene [[Reibung]] an dem sehr starken Strahlungsfeld führte zur Erzeugung elektrischer Ströme, die durch [[Elektromagnetische Induktion|Induktion]] Magnetfelder bewirkten.<ref>''[https://www.mpg.de/11989507/magnetfeld-vom-urknall?c=2191 Relikt des Urknalls. Astrophysiker berechnen das ursprüngliche Magnetfeld in unserer kosmischen Nachbarschaft.]'' In: ''mpg.de.'' Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft, 1. April 2018, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref><ref>S. Hutschenreuter u. a.: ''[https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1361-6382/aacde0 The primordial magnetic field in our cosmic backyard.]'' In: ''iopscience.iop.org.'' [[Institute of Physics]],  16. Juli 2018, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref>


=== Stark gekoppeltes Plasma ===
=== Stark gekoppeltes Plasma ===
Für Neutrinos, die kaum mit anderen Teilchen wechselwirken, war die Dichte nach 10<sup>−4</sup>&nbsp;s niedrig genug – sie befanden sich nicht mehr im [[Thermisches Gleichgewicht|thermischen Gleichgewicht]] mit den anderen Teilchen, das heißt, sie ''entkoppelten''. Nach 1&nbsp;s war eine Temperatur von 10<sup>10</sup>&nbsp;K erreicht. Jetzt vernichteten sich auch Elektronen und Positronen – bis auf den Überschuss von einem Milliardstel an Elektronen. Damit war die Bildung der Bausteine der Materie, aus der sich der Kosmos auch heute noch zusammensetzt, weitgehend abgeschlossen. Das Universum war nun gefüllt mit einem stark wechselwirkenden Plasma aus Elektronen, [[Photon]]en („Lichtteilchen“) und Atomkernen, vor allem Protonen. Außerdem gab es Neutrinos, die vor allem durch die Gravitation mit dem heißen Plasma wechselwirkten. Außerdem wird im Rahmen des [[Lambda-CDM-Modell|kosmologischen Standardmodells]] angenommen, dass es außerdem eine große Menge [[Dunkle Materie|dunkler Materie]] gab, die ebenfalls nur durch die Gravitation mit dem Plasma wechselwirkte.
Für Neutrinos, die kaum mit anderen Teilchen wechselwirken, war die Dichte nach 10<sup>−4</sup>&nbsp;s niedrig genug&nbsp;– sie befanden sich nicht mehr im [[Thermisches Gleichgewicht|thermischen Gleichgewicht]] mit den anderen Teilchen, d.&nbsp;h., sie ''entkoppelten''.


Es dauerte etwa 400.000 Jahre, bis die Temperatur ausreichend abgesunken war, dass sich stabile Atome bildeten ('''Rekombinationsepoche''') und Licht große Distanzen zurücklegen konnte, ohne absorbiert zu werden. Die ''[[mittlere freie Weglänge]]'' von Photonen vergrößerte sich extrem, das Universum wurde also durchsichtig, genauer gesagt nahm seine ''[[Extinktion (Optik)|optische Dichte]]'' sehr rapide ab. Diese Entkopplung des Lichts dauerte etwa 100.000 Jahre. In dieser Zeitspanne waren einige Regionen des Universums bereits soweit abgekühlt, dass sie durchsichtig waren, während in anderen Regionen noch heißes Plasma vorherrschte. Da es zur Zeit der Entkopplung sehr viel mehr Photonen als Protonen im Universum gab, lag die Temperatur des Universums deutlich niedriger als die [[Ionisationsenergie]] des Wasserstoffs <math>k_\mathrm{B} T \approx 13{,}6\,\mathrm{eV}</math>, wobei <math>k_\mathrm{B}</math> die [[Boltzmann-Konstante]] ist, nämlich bei etwa <math>k_\mathrm{B} T \approx 0{,}3\,\mathrm{eV}</math>, was einer Temperatur von etwa 4000&nbsp;K entspricht. Das bedeutet, dass das Maximum der Strahlungsintensität zu dieser Zeit im sichtbaren Spektrum lag. Diese Strahlung ist noch heute als [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmische Hintergrundstrahlung]] messbar. Allerdings ist sie aufgrund der kosmologischen [[Rotverschiebung]] inzwischen sehr viel langwelligere Mikrowellenstrahlung und entspricht einer Temperatur von 2,73&nbsp;K.
Nach 1&nbsp;s war eine Temperatur von 10<sup>10</sup>&nbsp;K erreicht. Jetzt vernichteten sich auch Elektronen und [[Positron]]en&nbsp;– bis auf den Überschuss von einem Milliardstel an Elektronen. Damit war die Bildung der Bausteine der Materie, aus der sich der Kosmos auch heute noch zusammensetzt, weitgehend abgeschlossen. Das Universum war nun gefüllt mit einem stark wechselwirkenden Plasma aus Elektronen, [[Photon]]en („Lichtteilchen“) und Atomkernen, vor allem Protonen. Darüber hinaus gab es Neutrinos, die vor allem durch die Gravitation mit dem heißen Plasma wechselwirkten. Außerdem wird im Rahmen des [[Lambda-CDM-Modell|kosmologischen Standardmodells]] angenommen, dass es eine große Menge [[Dunkle Materie|Dunkler Materie]] gab, die ebenfalls nur durch die Gravitation mit dem Plasma wechselwirkte.


Die Dynamik des Plasmas ist entscheidend für die Entstehung der Temperaturfluktuationen der Hintergrundstrahlung und der Bildung von Materiestrukturen. Das Verhalten des plasmagefüllten Universums kann im Rahmen der [[Kosmologische Störungstheorie|kosmologischen Störungstheorie]] mittels der [[Boltzmann-Gleichung]] beschrieben werden. Damit lassen sich gewisse Grundcharakteristika des Spektrums der Temperaturfluktuationen erklären. Insbesondere kommt es in dem Plasma zu Druckwellen, also gewissermaßen [[Schall]]wellen, die bestimmte charakteristische Peaks im Spektrum der Temperaturfluktuationen verursachen. Dass diese Peaks von den Raumsonden [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] und [[Planck (Teleskop)|Planck]] mit großer Genauigkeit gemessen werden konnten, ist ein unterstützendes Indiz für diese Theorien. Die Entstehung großräumiger Strukturen wird qualitativ damit erklärt, dass sich Dunkle Materie an Orten sammelt, wo auch das Plasma dichter ist und damit Dichteungleichgewichte so sehr verstärkt, dass sich die Materie schließlich fast ausschließlich in relativ kleinen Bereichen des Universums sammelt.
Es dauerte etwa 400.000&nbsp;Jahre, bis die Temperatur so weit abgesunken war, dass sich stabile Atome bildeten ('''[[Rekombination (Physik)|Rekombinations]]<nowiki/>epoche''') und Licht große Distanzen zurücklegen konnte, ohne [[Absorption (Physik)|absorbiert]] zu werden. Die [[mittlere freie Weglänge]] von Photonen vergrößerte sich extrem, das Universum wurde also durchsichtig, genauer gesagt nahm seine [[Extinktion (Optik)|optische Dichte]] rapide ab. Diese Entkopplung des Lichts dauerte etwa 100.000&nbsp;Jahre. In dieser Zeitspanne waren einige Regionen des Universums bereits soweit abgekühlt, dass sie durchsichtig waren, während in anderen Regionen noch heißes Plasma vorherrschte.
 
Da es zur Zeit der Entkopplung sehr viel mehr Photonen als Protonen im Universum gab, lag die durchschnittliche Teilchenenergie im Universums mit etwa <math>k_\mathrm{B} T_{univ} \approx 0{,}3 \, \mathrm{eV}</math> deutlich niedriger als die [[Ionisationsenergie]] des Wasserstoffs <math>k_\mathrm{B} T \approx 13{,}6 \, \mathrm{eV}</math>; dabei ist
* <math>k_\mathrm{B}</math> die [[Boltzmann-Konstante]],
* <math>\mathrm{eV}</math> ein [[Elektronenvolt]],
* <math>T_{univ}</math> eine Temperatur von etwa 4000&nbsp;K (die Temperatur des Universums zur damaligen Zeit).
Das bedeutet, dass das Maximum der [[Strahlungsintensität]] zu dieser Zeit im sichtbaren Spektrum lag. Diese Strahlung ist noch heute als [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmische Hintergrundstrahlung]] messbar. Allerdings ist sie aufgrund der [[Rotverschiebung#Kosmologische Rotverschiebung|kosmologischen Rotverschiebung]] inzwischen sehr viel langwelligere [[Mikrowellenstrahlung]] und entspricht einer Temperatur von 2,73&nbsp;K. Als die Entkopplung vollständig abgeschlossen war, begann das [[Dunkles Zeitalter (Kosmologie)|dunkle Zeitalter]].
 
Die Dynamik des Plasmas ist entscheidend für die Entstehung der Temperaturfluktuationen der Hintergrundstrahlung und der Bildung von Materiestrukturen. Das Verhalten des plasmagefüllten Universums kann im Rahmen der [[Kosmologische Störungstheorie|kosmologischen Störungstheorie]] mittels der [[Boltzmann-Gleichung]] beschrieben werden. Damit lassen sich gewisse Grundcharakteristika des Spektrums der Temperaturfluktuationen erklären. Insbesondere kommt es in dem Plasma zu [[Druckwelle]]n, also gewissermaßen [[Schall]]wellen, die bestimmte charakteristische Peaks im Spektrum der Temperaturfluktuationen verursachen. Dass diese Peaks von den Raumsonden [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] und [[Planck-Weltraumteleskop|Planck]] mit großer Genauigkeit gemessen werden konnten, ist ein unterstützendes Indiz für diese Theorien. Die Entstehung großräumiger Strukturen wird qualitativ damit erklärt, dass sich Dunkle Materie an Orten sammelt, wo auch das Plasma dichter ist, und damit Dichteschwankungen so sehr verstärkt, dass sich die Materie schließlich fast ausschließlich in relativ kleinen Bereichen des Universums sammelt.


=== Strahlungs-Ära und Materie-Ära ===
=== Strahlungs-Ära und Materie-Ära ===
Die Friedmann-Gleichungen basieren auf dem Materiemodell des [[Perfektes Fluid|perfekten Fluids]]. In diesem Modell wird die Materie durch zwei Zustandsgrößen, nämlich Energiedichte <math>\rho</math> und Druck <math>p</math> beschrieben. Der Zusammenhang zwischen Energie und Druck wird durch eine [[Zustandsgleichung]] <math>\rho = w p</math> beschrieben. Die wichtigsten Fälle für die üblichen Modelle des Universums sind Strahlung mit <math>w=\frac{1}{3}</math>, massive Teilchen, oft als „Staub“ bezeichnet, mit <math>w=0</math> und eine [[kosmologische Konstante]] mit <math>w=-1</math>. Für die verschiedenen Arten der Materie ist die Abhängigkeit der Energiedichte vom [[Skalenfaktor]] <math>a(t)</math> sehr unterschiedlich, nämlich <math>\rho(t) \sim a^{-3(1+w)}(t)</math>. Die unterschiedliche Zeitabhängigkeit bei Strahlung und massiven Teilchen lässt sich auch anschaulich verstehen; bei Strahlung nimmt zusätzlich zum Abfallen der Anzahldichte der Photonen (infolge der Expansion des Raumes) die [[Wellenlänge]] der einzelnen Photonen durch die kosmologische [[Rotverschiebung]] zu. Dies sorgt dafür, dass die Energiedichte der Strahlung schneller abnimmt als die der massiven Materie. Deshalb wird ein Universum, das zu Beginn strahlungsdominiert war, nach einiger Zeit durch massive Teilchen dominiert, bis zuletzt eine eventuelle kosmologische Konstante vorherrschen würde.
Die Friedmann-Gleichungen basieren auf dem Materiemodell des [[Perfektes Fluid|perfekten Fluids]]. In diesem Modell wird die Materie beschrieben durch die [[Zustandsgleichung]]


Den Urknall-Modellen zufolge stellte (elektromagnetische) Strahlung nach der Inflation den Hauptanteil der Energiedichte im Kosmos. Zu einem Zeitpunkt von etwa 70.000 Jahren nach dem Urknall waren die Energiedichten von Strahlung und Materie gleich, danach bestimmte die massive Materie die Dynamik des Universums. Man spricht vom Ende der strahlungsdominierten Ära und dem Beginn der materiedominierten Ära.
:<math>\rho = w p</math>
 
mit den zwei [[Zustandsgröße]]n
* Energiedichte <math>\rho</math> und
* [[Druck (Physik)|Druck]] <math>p</math>
sowie einer Proportionalitätskonstante <math>w</math>.
 
Die wichtigsten Fälle für die üblichen Modelle des Universums sind:
* Strahlung mit <math>w = \tfrac{1}{3}</math>
* massive Teilchen, oft als „Staub“ bezeichnet, mit <math>w = 0 \, (\Rightarrow \rho = 0)</math>
* eine [[kosmologische Konstante]] mit <math>w = -1 \, (\Rightarrow \rho = -p)</math>.
Außerdem hängt die Energiedichte wie folgt ab vom [[Skalenfaktor]] <math>a(t)</math>:
 
:<math>\rho(t) \sim a^{-3(1+w)}(t)</math>.
 
Konkret ist dieser Zusammenhang für die verschiedenen Arten der Materie sehr unterschiedlich:
 
<math>\Rightarrow \rho(t) \sim a^{-4}(t)</math> für Strahlung,
:<math>\rho(t) \sim a^{-3}(t)</math> für massive Teilchen,
:<math>\rho(t) \sim a^{ 0}(t)</math> für eine kosmologische Konstante.
 
Dass die Energiedichte der Strahlung schneller abnimmt als die der massiven Materie, lässt sich auch anschaulich verstehen: Bei Strahlung nimmt nicht nur die [[Anzahldichte]] der Photonen ab (infolge der Expansion des Raumes), sondern auch die [[Wellenlänge]] der einzelnen Photonen zu (durch die kosmologische Rotverschiebung).
 
Deshalb stellte den Urknall-Modellen zufolge nach der Inflation zunächst (elektromagnetische) Strahlung den Hauptanteil der Energiedichte im Kosmos (Strahlungs-Ära). Etwa 70.000&nbsp;Jahre nach dem Urknall waren die Energiedichten von Strahlung und Materie gleich, danach wurde die Dynamik des Universums von massiven Teilchen dominiert (Materie-Ära), die zuletzt von der kosmologischen Konstante (bzw. [[Dunkle Energie|Dunkler Energie]]) abgelöst wurde.


== Vorhersagen der Urknall-Modelle ==
== Vorhersagen der Urknall-Modelle ==
Die Urknall-Modelle mit den oben beschriebenen Charakteristika sind die anerkanntesten Modelle zur Erklärung des heutigen Zustandes des Universums. Der Grund dafür ist, dass sie einige zentrale Vorhersagen machen, die sich gut mit dem beobachteten Zustand des Universums decken. Die wichtigsten Vorhersagen sind die Expansion des Universums, die kosmische Hintergrundstrahlung und die Elementverteilung, insbesondere der Anteil an Helium an der Gesamtmasse der Atome. Auch die wichtigsten Eigenschaften der Temperaturfluktuationen der kosmischen Hintergrundstrahlung werden im Rahmen der Urknall-Modelle mittels kosmologischer Störungstheorie sehr erfolgreich erklärt. Die Theorie der Temperaturfluktuationen bietet außerdem ein Modell zur Entstehung großräumiger Strukturen, nämlich der Filamente und Voids, die die zuvor beschriebene Wabenstruktur bilden.
Die Urknall-Modelle mit den oben beschriebenen Charakteristika sind die anerkanntesten Modelle zur Erklärung des heutigen Zustandes des Universums. Der Grund dafür ist, dass sie einige zentrale Vorhersagen machen, die sich gut mit dem beobachteten Zustand des Universums decken. Die wichtigsten Vorhersagen sind die Expansion des Universums, die kosmische Hintergrundstrahlung und die Elementverteilung, insbesondere der Anteil an Helium an der Gesamtmasse der [[Baryonische Materie|baryonischen Materie]]. Auch die wichtigsten Eigenschaften der Temperaturfluktuationen der kosmischen Hintergrundstrahlung werden im Rahmen der Urknall-Modelle mittels kosmologischer Störungstheorie sehr erfolgreich erklärt. Die Theorie der Temperaturfluktuationen bietet außerdem ein Modell zur Entstehung großräumiger Strukturen, nämlich der Filamente und Voids, die die zuvor beschriebene Wabenstruktur bilden.


=== Expansion des Universums ===
=== Expansion des Universums ===
{{Hauptartikel|Expansion des Universums}}
{{Hauptartikel|Expansion des Universums}}
Die Expansion des Universums wurde 1929 von [[Edwin Hubble]] erstmals beobachtet. Er entdeckte, dass die Entfernung von Galaxien von der Milchstraße und ihre Rotverschiebung proportional sind. Die Rotverschiebung erklärt man dadurch, dass sich die Galaxien vom Beobachter entfernen, Hubbles Beobachtung war die Proportionalität von Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit. Es war spätestens seit der Arbeit von [[Georges Lemaître]] 1927 bekannt, dass eine solche Proportionalität aus den Friedmann-Gleichungen folgt, die auch den Urknall beinhalten. Diese Beobachtung war damit die erste Bestätigung der Urknall-Modelle. Heute ist das Hubble-Gesetz durch Messungen an sehr vielen Galaxien gut bestätigt. Allerdings gilt eine näherungsweise Proportionalität, wie von den Friedmann-Gleichungen für ein Universum mit massiver Materie vorhergesagt, nur für vergleichsweise nahe Galaxien. Sehr ferne Galaxien haben allerdings Fluchtgeschwindigkeiten, die größer sind, als in einem materiedominierten Universum zu erwarten ist. Dies wird als Hinweis auf eine kosmologische Konstante oder [[Dunkle Energie]] gedeutet.
Die Expansion des Universums wurde 1929 von [[Edwin Hubble]] erstmals beobachtet. Er entdeckte, dass die Entfernung von Galaxien von der Milchstraße und ihre Rotverschiebung proportional sind. Die Rotverschiebung erklärt man dadurch, dass sich die Galaxien vom Beobachter entfernen, Hubbles Beobachtung war die Proportionalität von Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit. Es war spätestens seit der Arbeit von [[Georges Lemaître]] 1927 bekannt, dass eine solche Proportionalität aus den Friedmann-Gleichungen folgt, die auch den Urknall beinhalten. Diese Beobachtung war damit die erste Bestätigung der Urknall-Modelle. Heute ist das Hubble-Gesetz durch Messungen an sehr vielen Galaxien gut bestätigt. Allerdings gilt eine näherungsweise Proportionalität, wie von den Friedmann-Gleichungen für ein Universum mit massiver Materie vorhergesagt, nur für vergleichsweise nahe Galaxien. Sehr ferne Galaxien haben hingegen Fluchtgeschwindigkeiten, die größer sind, als in einem materiedominierten Universum zu erwarten ist. Dies wird als Hinweis auf eine kosmologische Konstante oder [[Dunkle Energie]] gedeutet.


=== Häufigkeit der Elemente ===
=== Häufigkeit der Elemente ===
Der größte Teil der leichten Atomkerne entstand in den ersten Minuten des Universums während der [[Primordiale Nukleosynthese|primordialen Nukleosynthese]]. Die Beschreibung dieses Prozesses im Rahmen des Urknallmodells geht auf [[Ralph Alpher]] und [[George Gamow]] zurück, die die [[Alpher-Bethe-Gamow-Theorie]] entwickelten.<ref>{{cite journal | last1=Alpher | first1=R. A. | authorlink=Ralph Asher Alpher | first2=H. | last2=Bethe | first3=G. | last3=Gamow | date=1948-04-01 | url=https://www.yumpu.com/en/document/view/28339468/the-origin-of-chemical-elements-snolab | accessdate=2011-03-10 | title= The Origin of Chemical Elements | journal=[[Physical Review]] | volume=73 | issue=7 | pages=803–804 | doi=10.1103/PhysRev.73.803 | bibcode=1948PhRv...73..803A}}</ref> Insbesondere der Massenanteil des Heliums von etwa 25 % der gewöhnlichen Materie (ohne Dunkle Materie) wird von den Urknallmodellen übereinstimmend in sehr guter Übereinstimmung mit der beobachteten Häufigkeit vorhergesagt.<ref>{{cite journal | author = Bludman, S. A. | title = Baryonic Mass Fraction in Rich Clusters and the Total Mass Density in the Cosmos | arxiv = astro-ph/9706047 | journal = [[Astrophysical Journal]] | volume = 508 | issue = 2 | pages = 535–538 | month = December | year = 1998 | doi = 10.1086/306412 | bibcode = 1998ApJ...508..535B }}</ref> Durch die Messung der Häufigkeit von selteneren Kernen wie [[Deuterium]], Helium-3 und [[Lithium]]-7 kann auf die Dichte gewöhnlicher Materie im Universum geschlossen werden. Die gemessenen Häufigkeiten dieser Elemente sind im Rahmen der existierenden Modelle miteinander und mit anderen Messungen der Materiedichte konsistent.
Der größte Teil der leichten Atomkerne entstand in den ersten Minuten des Universums während der [[Primordiale Nukleosynthese|primordialen Nukleosynthese]]. Die Beschreibung dieses Prozesses im Rahmen des Urknallmodells geht auf [[Ralph Alpher]] und [[George Gamow]] zurück, die die [[Alpher-Bethe-Gamow-Theorie]] entwickelten.<ref>{{cite journal |last1=Alpher |first1=R. A. |authorlink=Ralph Asher Alpher |first2=H. |last2=Bethe |first3=G. |last3=Gamow |date=1948-04-01 |title=The Origin of Chemical Elements |journal=[[Physical Review]] |volume=73 |issue=7 |pages=803–804 |doi=10.1103/PhysRev.73.803 |bibcode=1948PhRv...73..803A}}</ref> Insbesondere der Massenanteil des Heliums von etwa 25 % der gewöhnlichen Materie (ohne Dunkle Materie) wird von den Urknallmodellen in sehr guter Übereinstimmung mit der beobachteten Häufigkeit vorhergesagt.<ref>{{cite journal |author = S. A. Bludman |title = Baryonic Mass Fraction in Rich Clusters and the Total Mass Density in the Cosmos |arxiv = astro-ph/9706047 |journal = [[Astrophysical Journal]] |volume = 508 |issue = 2 |pages = 535–538 |month = December |year = 1998 |doi = 10.1086/306412 |bibcode = 1998ApJ...508..535B}}</ref> Durch die Messung der Häufigkeit von selteneren Kernen wie [[Deuterium]], Helium-3 und [[Lithium]]-7 kann auf die Dichte gewöhnlicher Materie im Universum geschlossen werden. Die gemessenen Häufigkeiten dieser Elemente sind im Rahmen der existierenden Modelle miteinander und mit anderen Messungen der Materiedichte konsistent.


=== Kosmische Hintergrundstrahlung ===
=== Kosmische Hintergrundstrahlung ===
{{Hauptartikel|Kosmischer Mikrowellenhintergrund}}
{{Hauptartikel|Kosmischer Mikrowellenhintergrund}}
[[Datei:COBE cmb fluctuations.png|miniatur|280px|Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung aufgenommen durch den Satelliten [[COBE]] (Mission 1989–1993)]]
[[Datei:COBE cmb fluctuations.png|mini|280px|Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung, aufgenommen durch den Satelliten [[COBE]] (Mission 1989–1993)]]
Die kosmische Hintergrundstrahlung wurde 1948 von Ralph Alpher, George Gamow und [[Robert Herman]] vorhergesagt. Sie sagten in der Folge verschiedene Temperaturen im Bereich von etwa 5 bis 50&nbsp;K vorher. Erst 1964 wurde die Hintergrundstrahlung von [[Arno Penzias]] und [[Robert Woodrow Wilson]] erstmals als realer Effekt identifiziert, nachdem zuvor mehrere Astronomen Messungen des Signals für Antennenfehler gehalten hatten.<ref>[http://cosmictimes.gsfc.nasa.gov/teachers/downloads/newsletters/1965NL_HomeEd.pdf Online-Artikel] (PDF; 531&nbsp;kB) auf der Website „Cosmic Times“ der NASA</ref> Die gemessene Temperatur wurde mit 3&nbsp;K angegeben, heutige Messungen ergeben eine Temperatur von 2,725&nbsp;K. Die Hintergrundstrahlung ist in sehr guter Näherung isotrop, das heißt sie hat in jeder Richtung übereinstimmende Temperatur und Intensität. Abweichungen in Höhe von 1 % ergeben sich durch den [[Doppler-Effekt]] aufgrund der Bewegung der Erde. Auch die [[Milchstraße]] ist als deutliche Störung erkennbar.
Die kosmische Hintergrundstrahlung wurde 1948 von Ralph Alpher, George Gamow und [[Robert Herman]] vorhergesagt. Ihre Berechnungen ergaben in der Folge verschiedene Temperaturen im Bereich von etwa 5 bis 50&nbsp;K. Erst 1964 wurde die Hintergrundstrahlung von [[Arno Penzias]] und [[Robert Woodrow Wilson]] erstmals als realer Effekt identifiziert, nachdem zuvor mehrere Astronomen Messungen des Signals für Antennenfehler gehalten hatten.<ref>''[https://imagine.gsfc.nasa.gov/educators/programs/cosmictimes/online_edition/1965/murmur.html Murmur of a Bang.]'' In: ''imagine.gsfc.nasa.gov.'' Online-Artikel auf der Website „Cosmic Times“ der NASA, abgerufen am 15. Dezember 2021.</ref> Die gemessene Temperatur wurde mit 3&nbsp;K angegeben, heutige Messungen ergeben eine Temperatur von 2,725&nbsp;K. Die Hintergrundstrahlung ist in sehr guter Näherung isotrop, das heißt, sie hat in jeder Richtung übereinstimmende Temperatur und Intensität. Abweichungen in Höhe von 1 % ergeben sich durch den [[Doppler-Effekt]] aufgrund der Bewegung der Erde. Auch die [[Milchstraße]] ist als deutliche Störung erkennbar.


[[Rainer K. Sachs]] und [[Arthur M. Wolfe]] sagten 1967 vorher, dass es sehr kleine Temperaturfluktuationen der Hintergrundstrahlung gebe. Der von ihnen vorhergesagte Effekt wurde zu ihren Ehren [[Sachs-Wolfe-Effekt]] genannt. Im Jahr 1993 entdeckte der Satellit [[COBE]] tatsächlich Fluktuationen von 0,001 % in der Temperatur der Hintergrundstrahlung, wobei der Satellit [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] diese Beobachtung, ebenso wie den Sachs-Wolfe-Effekt bestätigte. Weitere bedeutende Charakteristika des Spektrums der Temperaturanisotropien sind die [[Silk-Dämpfung]] und [[Baryonische akustische Oszillation]]en.
[[Rainer K. Sachs]] und [[Arthur M. Wolfe]] kamen 1967 zu dem Ergebnis, dass es sehr kleine Temperaturfluktuationen der Hintergrundstrahlung geben müsse. Dies wurde zu Ehren der Forscher [[Sachs-Wolfe-Effekt]] genannt. Im Jahr 1993 wurde mit Hilfe des Satelliten [[COBE]] tatsächlich Fluktuationen von 0,001 % in der Temperatur der Hintergrundstrahlung entdeckt, was später mit der Raumsonde [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] bestätigt wurde und somit ein Nachweis für den Sachs-Wolfe-Effekt war. Weitere bedeutende Charakteristika des Spektrums der Temperaturanisotropien sind die [[Silk-Dämpfung]] und [[Baryonische akustische Oszillation]]en.


=== Bildung großräumiger Strukturen ===
=== Bildung großräumiger Strukturen ===
Durch die Entkopplung der Strahlung geriet die Materie nun stärker unter den Einfluss der Gravitation. Ausgehend von räumlichen Dichteschwankungen, die möglicherweise bereits in der inflationären Phase durch [[Quantenfluktuation]]en entstanden sind, bildeten sich nach 1 Million Jahren großräumige Strukturen im Kosmos. Dabei begann die Materie in den Raumgebieten mit höherer Massedichte als Folge gravitativer Instabilität zu kollabieren und Masseansammlungen zu bilden. Es bildeten sich zuerst sogenannte [[Halo (Astronomie)|Halos]] aus [[Dunkle Materie|Dunkler Materie]], die als Gravitationssenken wirkten, in denen sich später die für uns sichtbare Materie sammelte. Die dem Strahlungsdruck unterliegende baryonische Materie hatte keine ausreichende Dichte, um ohne Hilfe der Dunklen Materie so früh zu großräumigen Strukturen zu verklumpen, dass sich die daraus resultierenden Temperaturschwankungen heute noch in der Hintergrundstrahlung beobachten lässt. Ohne Dunkle Materie würde die Entstehung großräumiger Strukturen, wie der Wabenstruktur aus Voids und Filamenten, ebenso wie die Entstehung eher kleinerer Strukturen, wie Galaxien, viel länger dauern als das Alter des Universums, das sich aus den Urknall-Modellen ergibt.
Durch die Entkopplung der Strahlung geriet die Materie nun stärker unter den Einfluss der Gravitation. Ausgehend von räumlichen Dichteschwankungen, die möglicherweise bereits in der inflationären Phase durch [[Quantenfluktuation]]en entstanden sind, bildeten sich nach 1 Million Jahren großräumige Strukturen im Kosmos. Dabei begann die Materie in den Raumgebieten mit höherer Massedichte als Folge gravitativer Instabilität zu kollabieren und Masseansammlungen zu bilden. Es bildeten sich zuerst sogenannte [[Halo (Astronomie)|Halos]] aus [[Dunkle Materie|Dunkler Materie]], die als Gravitationssenken wirkten, in denen sich später die für uns sichtbare Materie sammelte. Die dem Strahlungsdruck unterliegende baryonische Materie hatte keine ausreichende Dichte, um ohne Hilfe der Dunklen Materie so früh zu großräumigen Strukturen zu verklumpen, dass sich die daraus resultierenden Temperaturschwankungen heute noch in der Hintergrundstrahlung beobachten lässt. Ohne Dunkle Materie würde die Entstehung großräumiger Strukturen, wie der Wabenstruktur aus Voids und Filamenten, ebenso wie die Entstehung eher kleinerer Strukturen, wie Galaxien, viel länger dauern als das Alter des Universums, das sich aus den Urknall-Modellen ergibt.


Zur Untersuchung der Eigenschaften der Dunklen Materie wurde versucht, durch Simulationen den Prozess der Strukturbildung nachzubilden. Dabei wurden verschiedene Szenarien durchgespielt, und einige konnten mit Hilfe solcher Simulationen als gänzlich unrealistisch ausgeschlossen werden. Als realistisch erscheinen heute sogenannte <math>\Lambda </math>CDM-Szenarien, wobei das <math> \Lambda</math> die [[Kosmologische Konstante]] der [[Einsteinsche Feldgleichungen|Einsteinschen Feldgleichungen]] ist, und CDM für kalte Dunkle Materie (engl.: cold dark matter) steht. Welche Art von Teilchen die Dunkle Materie bildet, ist derzeit noch unbekannt.
Zur Untersuchung der Eigenschaften der Dunklen Materie wurde versucht, durch Simulationen den Prozess der Strukturbildung nachzubilden. Dabei wurden verschiedene Szenarien durchgespielt, und einige konnten mit Hilfe solcher Simulationen als gänzlich unrealistisch ausgeschlossen werden. Als realistisch erscheinen heute sogenannte ΛCDM-Szenarien, wobei das Λ die [[Kosmologische Konstante]] der [[Einsteinsche Feldgleichungen|Einsteinschen Feldgleichungen]] ist, und CDM für kalte Dunkle Materie (engl.: cold dark matter) steht. Welche Art von Teilchen die Dunkle Materie bildet, ist derzeit noch unbekannt.


Die kollabierenden Gaswolken hatten sich inzwischen soweit verdichtet, dass sich die ersten Sterne bildeten. Diese waren wesentlich massenreicher als unsere Sonne, so dass sie sehr heiß wurden und hohe Drücke bildeten.<ref>Claus-Peter Sesin: ''Das Ende der Finsternis''. S. 134. In: GEOkompakt „Das Universum“, Heft Nr. 6, 2006, [http://www.geo.de/GEO/heftreihen/geokompakt/20116.html Internetseite]</ref> Infolgedessen wurden auch schwerere Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Eisen durch Kernfusion erzeugt. Wegen ihrer großen Masse war die Lebensdauer dieser Sterne mit 3–10 Millionen Jahren relativ kurz, sie explodierten in einer [[Supernova]]. Während der Explosion wurden durch [[Neutroneneinfang]] Elemente schwerer als Eisen gebildet (z. B. [[Uran]]) und gelangten in den interstellaren Raum. Der Explosionsdruck verdichtete angrenzende Gaswolken, die dadurch schneller neue Sterne hervorbringen konnten. Da die mit Metallen angereicherten Gaswolken schneller auskühlten, entstanden massenärmere und kleinere Sterne mit schwächerer Leuchtkraft, aber von längerer Lebensdauer.
Die kollabierenden Gaswolken hatten sich inzwischen soweit verdichtet, dass sich die ersten Sterne bildeten. Diese waren wesentlich massenreicher als unsere Sonne, sodass sie sehr heiß wurden und hohe Drücke bildeten.<ref>Claus-Peter Sesin: ''Ende der Finsternis.'' S. 134. In: GEOkompakt „Das Universum“, Heft Nr. 6, 2006, {{Webarchiv |text=''GEOkompakt Nr. 6 – 03/06 – Das Universum.'' |url=http://www.geo.de/GEO/heftreihen/geokompakt/20116.html |wayback=20120405075732}}.</ref> Infolgedessen wurden auch schwerere Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Eisen durch Kernfusion erzeugt. Wegen ihrer großen Masse war die Lebensdauer dieser Sterne mit 3–10 Millionen Jahren relativ kurz, sie explodierten in einer [[Supernova]]. Während der Explosion wurden durch [[Neutroneneinfang]] Elemente schwerer als Eisen gebildet (z.&nbsp;B. [[Uran]]) und gelangten in den interstellaren Raum. Der Explosionsdruck verdichtete angrenzende Gaswolken, die dadurch schneller neue Sterne hervorbringen konnten. Da die mit Metallen angereicherten Gaswolken schneller auskühlten, entstanden massenärmere und kleinere Sterne mit schwächerer Leuchtkraft, aber von längerer Lebensdauer.


Es bildeten sich die ersten [[Kugelsternhaufen]] aus diesen Sternen, und schließlich die ersten Galaxien aus ihren Vorläufern.
Es bildeten sich die ersten [[Kugelsternhaufen]] aus diesen Sternen und schließlich die ersten Galaxien aus ihren Vorläufern.


== Weitergehende Modelle ==
== Weitergehende Modelle ==
Es gibt verschiedene Modelle, die ab einer Zeit von etwa 10<sup>−30</sup> ''s'' mit den Urknall-Modellen übereinstimmen und das Ziel verfolgen, das sehr frühe Universum ohne Singularitäten zu erklären. Solche Modelle können in einigen Fällen zusätzliche Vorhersagen gegenüber den gewöhnlichen Urknall-Modellen machen oder in den Vorhersagen geringfügig abweichen, sofern diese Abweichungen nicht durch die Messgenauigkeit widerlegt sind. Derartige Modelle stehen meist im Zusammenhang mit den Theorien der [[Quantengravitation]] und der [[Schleifenquantengravitation]] (''Loop-Quantengravitation'') als ''Schleifen-[[Quantenkosmologie]]''.<ref>Martin Bojowald: ''Zurück vor den Urknall''; S 113–135. S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-10-003910-1.</ref>
Es gibt verschiedene Modelle, die ab einer Zeit von etwa 10<sup>−30</sup>&nbsp;s mit den Urknall-Modellen übereinstimmen und das Ziel verfolgen, das sehr frühe Universum ohne Singularitäten zu erklären. Solche Modelle können in einigen Fällen zusätzliche Vorhersagen gegenüber den gewöhnlichen Urknall-Modellen machen oder in den Vorhersagen geringfügig abweichen, sofern diese Abweichungen nicht durch die Messgenauigkeit widerlegt sind. Derartige Modelle stehen meist im Zusammenhang mit den Theorien der [[Quantengravitation]] und der [[Schleifenquantengravitation]] ''(Loop-Quantengravitation)'' als ''Schleifen-[[Quantenkosmologie]]''.<ref>Martin Bojowald: ''Zurück vor den Urknall.'' S 113–135. S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-10-003910-1.</ref>


=== Branenkosmologie ===
=== Branenkosmologie ===
Zeile 118: Zeile 165:
Ein weiterentwickeltes Modell der Branenkosmologie ist das zyklische [[Ekpyrotisches Universum|ekpyrotische Universum]] von [[Paul Steinhardt]] und [[Neil Turok]], das ebenfalls auf der Stringtheorie basiert und 2002 entwickelt wurde. In diesem Modell kollidieren zwei vierdimensionale Branen in einer fünfdimensionalen Raumzeit periodisch, wobei sie jedes Mal einen Zustand erzeugen, wie er nach dem Urknallmodell im sehr frühen Universum geherrscht hat. Sie bilden insbesondere eine Alternative zur Inflationstheorie, indem sie im Rahmen der heutigen Messgenauigkeit dieselben Vorhersagen machen. Allerdings macht das ekpyrotische Modell abweichende Vorhersagen zur Polarisierung der Fluktuationen der Hintergrundstrahlung, dadurch ist es durch zukünftige Messungen im Prinzip möglich, eines der beiden Modelle zu falsifizieren.
Ein weiterentwickeltes Modell der Branenkosmologie ist das zyklische [[Ekpyrotisches Universum|ekpyrotische Universum]] von [[Paul Steinhardt]] und [[Neil Turok]], das ebenfalls auf der Stringtheorie basiert und 2002 entwickelt wurde. In diesem Modell kollidieren zwei vierdimensionale Branen in einer fünfdimensionalen Raumzeit periodisch, wobei sie jedes Mal einen Zustand erzeugen, wie er nach dem Urknallmodell im sehr frühen Universum geherrscht hat. Sie bilden insbesondere eine Alternative zur Inflationstheorie, indem sie im Rahmen der heutigen Messgenauigkeit dieselben Vorhersagen machen. Allerdings macht das ekpyrotische Modell abweichende Vorhersagen zur Polarisierung der Fluktuationen der Hintergrundstrahlung, dadurch ist es durch zukünftige Messungen im Prinzip möglich, eines der beiden Modelle zu falsifizieren.


=== Loop Quantum Cosmology ===
=== Schleifenquantenkosmologie ===
Die Loop Quantum Cosmology ist eine Theorie, die sich aus der [[Schleifenquantengravitation]] entwickelt hat (unter anderem durch [[Martin Bojowald]]). Da in dieser Theorie das kosmologische Prinzip als Annahme vorausgesetzt wird, ist noch nicht geklärt, inwiefern sie mit der Schleifenquantengravitation selbst kompatibel ist. Die Loop Quantum Cosmology gibt eine Erklärung für die kosmische Inflation und bietet mit dem [[Big Bounce]] ein kosmologisches Modell ohne Urknallsingularität. In diesem Modell kollabiert ein Vorgänger-Universum in einem [[Big Crunch]], allerdings sorgen Effekte der Quantengravitation dafür, dass es nicht zu einer Singularität kollabiert, sondern nur bis zu einer maximalen Dichte. Dann setzt wieder eine Expansion ein, aus der das heutige Universum hervorgeht. Dieses Modell ist aktuell Forschungsgegenstand und viele Fragen sind noch ungeklärt. Unter anderem ist nicht klar, ob sich die Geschichte des zyklischen Universums bei jedem Durchlauf identisch wiederholt oder variiert. Eine Weiterentwicklung des Modells ergibt ein zyklisches Universum, das immer im Wechsel bis zu einer maximalen Ausdehnung expandiert und zu einer minimalen Ausdehnung kollabiert.
Die Schleifenquantenkosmologie ist eine Theorie, die sich aus der [[Schleifenquantengravitation]] entwickelt hat (unter anderem durch [[Martin Bojowald]]). Da in dieser Theorie das kosmologische Prinzip als Annahme vorausgesetzt wird, ist noch nicht geklärt, inwiefern sie mit der Schleifenquantengravitation selbst kompatibel ist. Die Loop Quantum Cosmology gibt eine Erklärung für die kosmische Inflation und bietet mit dem [[Big Bounce]] ein kosmologisches Modell ohne Urknallsingularität. In diesem Modell kollabiert ein Vorgänger-Universum in einem [[Big Crunch]], allerdings sorgen Effekte der Quantengravitation dafür, dass es nicht zu einer Singularität kollabiert, sondern nur bis zu einer maximalen Dichte. Dann setzt wieder eine Expansion ein, aus der das heutige Universum hervorgeht. Dieses Modell ist aktuell Forschungsgegenstand und viele Fragen sind noch ungeklärt. Unter anderem ist nicht klar, ob sich die Geschichte des zyklischen Universums bei jedem Durchlauf identisch wiederholt oder variiert. Eine Weiterentwicklung des Modells ergibt ein zyklisches Universum, das immer im Wechsel bis zu einer maximalen Ausdehnung expandiert und zu einer minimalen Ausdehnung kollabiert.


=== Chaotische Inflation ===
=== Chaotische Inflation ===
Die Theorie der chaotischen Inflation wurde 1986 von [[Andrei Linde]] vorgeschlagen und ist nicht mit einer bestimmten Quantengravitationstheorie verknüpft. Sie besagt, dass der Großteil des Universums ewig inflationär expandiert und nur innerhalb verschiedener Blasen die Inflation zum Erliegen kommt, so dass sich eine Vielzahl von Teiluniversen bildet. Dem Modell zufolge sorgen die Quantenfluktuationen des [[Inflationstheorie|Inflatonfelds]] dafür, dass der Großteil des Universums ewig in der inflationären Phase bleibt. Nicht-inflationäre Blasen entstehen, wenn die Quantenfluktuationen des Inflatonfeldes lokal kleiner werden. Obwohl die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung dieser Blasen sehr hoch ist, sorgt die hohe Geschwindigkeit der Inflation dafür, dass sie gegenüber dem Rest des Universums sehr schnell sehr viel kleiner werden, dadurch nur sehr selten kollidieren und der Großteil des Universums durch ewige Inflation geprägt ist.
Die Theorie der chaotischen Inflation wurde 1986 von [[Andrei Linde]] vorgeschlagen und ist nicht mit einer bestimmten Quantengravitationstheorie verknüpft. Sie besagt, dass der Großteil des Universums ewig inflationär expandiert und nur innerhalb verschiedener Blasen die Inflation zum Erliegen kommt, sodass sich eine Vielzahl von Teiluniversen bildet. Dem Modell zufolge sorgen die Quantenfluktuationen des [[Inflationstheorie|Inflatonfelds]] dafür, dass der Großteil des Universums ewig in der inflationären Phase bleibt. Nicht-inflationäre Blasen entstehen, wenn die Quantenfluktuationen des Inflatonfeldes lokal kleiner werden. Obwohl die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung dieser Blasen sehr hoch ist, sorgt die hohe Geschwindigkeit der Inflation dafür, dass sie gegenüber dem Rest des Universums sehr schnell sehr viel kleiner werden, dadurch nur sehr selten kollidieren und der Großteil des Universums durch ewige Inflation geprägt ist.


Die verschiedenen Teiluniversen können unterschiedliche Werte der Naturkonstanten und damit unterschiedliche physikalische Gesetze enthalten, wenn es mehrere stabile Zustände des Feldes gibt. Die Theorie wird manchmal auch als [[Multiversum]]stheorie aufgefasst (zum Beispiel [[Alexander Vilenkin]]), da viele Teiluniversen existieren, die nie miteinander in Kontakt treten können. Das inflationäre Multiversum wird auch als [[Quantenschaum]] bezeichnet, da es in seinen Eigenschaften nicht mit dem beobachtbaren Universum übereinstimmt. So enthält es der Theorie zufolge weder Materie noch Strahlung, sondern ausschließlich das Inflatonfeld.
Die verschiedenen Teiluniversen können unterschiedliche Werte der Naturkonstanten und damit unterschiedliche physikalische Gesetze enthalten, wenn es mehrere stabile Zustände des Feldes gibt. Die Theorie wird manchmal auch als [[Multiversum]]stheorie aufgefasst (zum Beispiel [[Alexander Vilenkin]]), da viele Teiluniversen existieren, die nie miteinander in Kontakt treten können. Das inflationäre Multiversum wird auch als [[Quantenschaum]] bezeichnet, da es in seinen Eigenschaften nicht mit dem beobachtbaren Universum übereinstimmt. So enthält es der Theorie zufolge weder Materie noch Strahlung, sondern ausschließlich das Inflatonfeld.


== Forschungsgeschichte ==
== Forschungsgeschichte ==
Die Voraussetzung für die moderne Kosmologie und damit auch der Urknall-Modelle bildet die 1915 von [[Albert Einstein]] publizierte [[allgemeine Relativitätstheorie]]. 1922 legte [[Alexander Alexandrowitsch Friedmann|Alexander Friedmann]] mit seiner Beschreibung des expandierenden Universums den Grundstein für die Urknall-Modelle. Obwohl Einstein anerkannte, dass sein Modell mit den [[Einsteinsche Feldgleichungen|Feldgleichungen]] verträglich war, wurde seine Arbeit zunächst kaum diskutiert, da keine astronomischen Beobachtungen auf eine Expansion des Universums hindeuteten und daher statische kosmologische Modelle bevorzugt wurden. [[Georges Lemaître]] entwickelte 1927 Friedmanns Modell unabhängig von diesem erneut und entwickelte es zu einer ersten Urknalltheorie weiter, der zufolge das Universum aus einem einzigen Teilchen, dem „Uratom“ hervorgegangen sei. Er leitete als Folge der Expansion des Universums bereits eine Proportionalität von Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit stellarer Objekte her. Allerdings wurde auch diese Arbeit wenig beachtet.
In der Antike hatten vor allem die heute verlorenen [[Vorsokratiker|vorsokratischen]] Naturphilosophen Vorstellungen eines Urknalls entwickelt, die in Grundzügen modernen Erkenntnissen bereits nahekamen.<ref>Siehe etwa A.I. Eremeeva, ''Ancient prototypes of the big bang and the Hot Universe (to the prehistory of some fundamental ideas in cosmology).'' In: ''Astronomical & Astrophysical Transactions.'' 11 (1996), 193-196, {{doi|10.1080/10556799608205465}}.</ref> Insbesondere die Lehren zur Entstehung des Universums von [[Anaxagoras]] im 5.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr., laut denen das Weltall expandiert, werden in der modernen Forschung häufig in Zusammenhang mit dem ''Big Bang'' gebracht.<ref>Siehe etwa P. Tzamalikos: ''Anaxagoras, Origen, and Neoplatonism: The Legacy of Anaxagoras to Classical and Late Antiquity.'' De Gruyter, Berlin, S. 279.<br />A. Gregory: ''Ancient Greek Cosmogony.'' Duckworth, London 2007.</ref>
 
Als Begründer der Urknalltheorie gilt der belgische Theologe und Physiker [[Georges Lemaître]], der 1931 für den heißen Anfangszustand des Universums die Ausdrücke „primordiales Atom“ oder „Uratom“, später auch „kosmisches Ei“ verwendete. Die englische Bezeichnung ''Big Bang'' (wörtlich ‚Großer Knall‘) wurde von [[Fred Hoyle]] geprägt. Hoyle vertrat die [[Steady-State-Theorie]] und wollte mit der Wortwahl ''Big Bang'' das Bild eines expandierenden Universums, das scheinbar aus dem Nichts entsteht, unglaubwürdig erscheinen lassen. Die Steady-State-Theorie verlor in den 1960er Jahren an Zustimmung, als die Urknalltheorie durch astronomische Beobachtungen zunehmend bestätigt wurde.
 
Die Voraussetzung für die moderne Kosmologie und damit auch für die Urknall-Modelle bildet die 1915 von [[Albert Einstein]] publizierte [[allgemeine Relativitätstheorie]]. 1922 legte [[Alexander Alexandrowitsch Friedmann|Alexander Friedmann]] mit seiner Beschreibung des expandierenden Universums den Grundstein für die Urknall-Modelle. Obwohl Einstein anerkannte, dass sein Modell mit den [[Einsteinsche Feldgleichungen|Feldgleichungen]] verträglich war, wurde Friedmanns Arbeit zunächst kaum diskutiert, da keine astronomischen Beobachtungen auf eine Expansion des Universums hindeuteten und daher statische kosmologische Modelle bevorzugt wurden, auch von Einstein selbst. Lemaître entwickelte 1927 Friedmanns Modell unabhängig von diesem erneut und führte es weiter zu einer ersten Urknalltheorie, der zufolge das Universum aus einem einzigen Teilchen, dem „Uratom“ hervorgegangen sei. Er leitete als Folge der Expansion des Universums bereits eine Proportionalität von Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit stellarer Objekte her. Allerdings wurde auch diese Arbeit wenig beachtet.
 
1929 entdeckte [[Edwin Hubble]] durch Entfernungsmessungen an [[Cepheiden]] in Galaxien außerhalb der Milchstraße, dass die Rotverschiebung der Galaxien zu ihrer Entfernung proportional ist. Diesen Befund, der heute [[Hubble-Konstante|Hubble-Gesetz]] genannt wird, erklärte er durch den [[Dopplereffekt]] als Folge einer Expansion des Universums. Hubble bestätigte damit Lemaîtres Vorhersage, allerdings war ihm diese nicht bekannt und er bezieht sich in seinen Schriften nicht darauf. 1935 bewiesen [[Howard P.&nbsp;Robertson]] und [[Arthur Geoffrey Walker]] schließlich, dass die [[Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Metrik]]en unabhängig vom Materiemodell die einzigen Metriken sind, die mit dem kosmologischen Prinzip verträglich sind.


1929 entdeckte [[Edwin Hubble]] durch Entfernungsmessungen an [[Cepheiden]] in Galaxien außerhalb der Milchstraße, dass die Rotverschiebung der Galaxien zu ihrer Entfernung proportional ist. Diesen Befund, der heute [[Hubble-Konstante|Hubble-Gesetz]] genannt wird, erklärte er durch den [[Dopplereffekt]] als Folge einer Expansion des Universums. Hubble bestätigte damit Lemaîtres Vorhersage, allerdings war ihm diese nicht bekannt und er bezieht sich in seinen Schriften nicht darauf. 1935 bewiesen [[Howard P. Robertson]] und [[Arthur Geoffrey Walker]] schließlich, dass die [[Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Metrik]]en unabhängig vom Materiemodell die einzigen Metriken sind, die mit dem kosmologischen Prinzip verträglich sind.
1948 entwickelten [[Ralph Alpher]], [[George Gamow]] und [[Robert Herman]] eine Theorie von der Entstehung des Kosmos aus einem heißen Anfangszustand. Im Rahmen dieser Theorie sagten sie sowohl die Häufigkeit von Helium im frühen Universum als auch die Existenz einer kosmischen Hintergrundstrahlung mit [[Schwarzer Körper|Schwarzkörperspektrum]] vorher. Für die heutige Temperatur der Hintergrundstrahlung gaben sie verschiedene Schätzungen im Bereich von 5&nbsp;K bis 50&nbsp;K. [[Arno Penzias]] und [[Robert Woodrow Wilson]] entdeckten 1964 unbeabsichtigt die [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung]]. Da sie nur auf zwei Frequenzen maßen, konnten sie nicht feststellen, dass die Strahlung ein Schwarzkörperspektrum hat. Dies wurde durch weitere Messungen in den folgenden Jahren bestätigt und die Temperatur wurde mit 3&nbsp;K gemessen. 1967 sagten [[Rainer K.&nbsp;Sachs]] und [[Arthur M.&nbsp;Wolfe]] Temperaturfluktuationen der kosmischen Hintergrundstrahlung vorher.<ref>{{Literatur |Autor=R. K. Sachs, A. M. Wolfe |Titel=Perturbations of a Cosmological Model and Angular Variations of the Microwave Background |Sammelwerk=The Astrophysical Journal |Band=147 |Datum=1967 |Seiten=73 |DOI=10.1086/148982}}</ref> Dieser Effekt wird nach ihnen als [[Sachs-Wolfe-Effekt]] bezeichnet.
1948 entwickelten [[Ralph Alpher]], [[George Gamow]] und [[Robert Herman]] eine Theorie von der Entstehung des Kosmos aus einem heißen Anfangszustand. Im Rahmen dieser Theorie sagten sie sowohl die Häufigkeit von Helium im frühen Universum als auch die Existenz einer kosmischen Hintergrundstrahlung mit [[Schwarzer Körper|Schwarzkörperspektrum]] vorher. Für die heutige Temperatur der Hintergrundstrahlung gaben sie verschiedene Schätzungen im Bereich von 5&nbsp;K bis 50&nbsp;K. [[Arno Penzias]] und [[Robert Woodrow Wilson]] entdeckten 1964 unbeabsichtigt die [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung]]. Da sie nur auf zwei Frequenzen maßen, konnten sie nicht feststellen, dass die Strahlung ein Schwarzkörperspektrum hat. Dies wurde durch weitere Messungen in den folgenden Jahren bestätigt und die Temperatur wurde mit 3&nbsp;K gemessen. 1967 sagten [[Rainer K. Sachs]] und [[Arthur M. Wolfe]] Temperaturfluktuationen der kosmischen Hintergrundstrahlung vorher.<ref>{{Literatur|Autor=R. K. Sachs, A. M. Wolfe|Titel=Perturbations of a Cosmological Model and Angular Variations of the Microwave Background|Sammelwerk=The Astrophysical Journal|Band=147|Jahr=1967|Seiten=73|DOI=10.1086/148982}}</ref> Dieser Effekt wird nach ihnen als [[Sachs-Wolfe-Effekt]] bezeichnet.


[[Stephen Hawking]] und [[Roger Penrose]] zeigten 1965 bis 1969 mathematisch, dass sich die immer noch bezweifelten ultra-dichten Zustände am Beginn der Zeit unter den Voraussetzungen „Gültigkeit der ART“ und „expandierendes Universum“ zwingend ergeben.<ref>[[Helge Kragh]]: ''Big Bang Cosmology''. In: Hetherington 2014, siehe Literaturliste, S. 40.</ref>
[[Stephen Hawking]] und [[Roger Penrose]] zeigten 1965 bis 1969 mathematisch, dass sich die immer noch bezweifelten ultra-dichten Zustände am Beginn der Zeit unter den Voraussetzungen „Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie“ und „expandierendes Universum“ zwingend ergeben.<ref>[[Helge Kragh]]: ''Big Bang Cosmology.'' In: Hetherington 2014, siehe Literaturliste, S. 40.</ref>


Um den extrem homogenen und isotropen Anfangszustand des beobachtbaren Universums zu erklären, der aus der Isotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung gefolgert wird, schlug [[Roger Penrose]] 1979 die [[Weylkrümmungshypothese]] vor.<ref>{{Literatur | Autor=[[Roger Penrose]] | Titel= Singularities and Time-Asymmetry | Sammelwerk=General Relativity: An Einstein Centenary Survey | Herausgeber=[[Stephen Hawking]] und [[Werner Israel]] | Verlag=Cambridge University Press | Jahr = 1979 | Seiten = 581–638}}</ref> Diese Hypothese liefert auch eine Erklärung für den Ursprung des [[Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik|zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik]]. Als konkurrierende Hypothese zur Erklärung der Homogenität und Isotropie des frühen Universums und zur Lösung des Horizont-Problems entwickelte [[Alan Guth]] 1981 die Theorie des inflationären Universums, die eine Phase sehr schneller Expansion in der Frühphase des Universums postuliert. Die Theorie des inflationären Universums wurde später von [[Andrei Linde]] und anderen weiter entwickelt und konnte sich schließlich als Erklärungsmodell durchsetzen.
Um den extrem homogenen und isotropen Anfangszustand des beobachtbaren Universums zu erklären, der aus der Isotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung gefolgert wird, schlug [[Roger Penrose]] 1979 die [[Weylkrümmungshypothese]] vor.<ref>{{Literatur |Autor=[[Roger Penrose]] |Titel=Singularities and Time-Asymmetry |Sammelwerk=General Relativity: An Einstein Centenary Survey |Herausgeber=[[Stephen Hawking]] und [[Werner Israel]] |Verlag=Cambridge University Press |Datum=1979 |Seiten=581–638}}</ref> Diese Hypothese liefert auch eine Erklärung für den Ursprung des [[Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik|zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik]]. Als konkurrierende Hypothese zur Erklärung der Homogenität und Isotropie des frühen Universums und zur Lösung des Horizont-Problems entwickelte [[Alan Guth]] 1981 die Theorie des inflationären Universums, die eine Phase sehr schneller Expansion in der Frühphase des Universums postuliert. Die Theorie des inflationären Universums wurde später von [[Andrei Linde]] und anderen weiter entwickelt und konnte sich schließlich als Erklärungsmodell durchsetzen.


Valerie de Lapparent, [[Margaret Geller]] und [[John Huchra]] entdeckten 1986 die Anordnung von [[Galaxienhaufen]] in wandartigen Strukturen, die wiederum großskalige blasenartige Leerräume (''[[Void (Astronomie)|Voids]]'') umschließen.<ref>{{cite journal | author=V. de Lapparent, [[Margaret Geller|M. J. Geller]] und [[John Huchra|J. P. Huchra]] | title=A Slice of the Universe | journal=[[Astrophysical Journal]] | volume=302 | year=1986 | pages=L1–L5 | doi=10.1086/184625 }}</ref> Durch die [[Satellit (Raumfahrt)|Satelliten]] [[COBE]] (1989–1993), [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] (2001–2010) und [[Planck-Weltraumteleskop|Planck]] (2009–2013) wurde die kosmische Hintergrundstrahlung mit erheblicher Genauigkeit vermessen. Dabei wurden die Fluktuationen der Hintergrundstrahlung entdeckt und ihr Spektrum vermessen, womit die Vorhersage von Sachs und Wolfe bestätigt wurde. Die Messergebnisse dieser Satelliten in Verbindung mit Entfernungsmessungen<ref name="riess">{{cite journal | first=Adam G. | last=Riess | authorlink=Adam Riess | coauthors=''et al.'' ([[Supernova Search Team]]) | title=Observational evidence from supernovae for an accelerating Universe and a cosmological constant |journal=Astronomical Journal | year=1998 | volume=116 | issue=3 | pages=1009–1038 | arxiv=astro-ph/9805201 | doi=10.1086/300499 | bibcode=1998AJ....116.1009R}}</ref> gestatteten eine genauere Bestimmung kosmologischer Parameter,<ref name="Spergel2003">[[David Spergel]] et al.: ''First-Year Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Observations: Determination of Cosmological Parameters''. In: ''ApJS''. Band 148, 2003, S. 175</ref> die Hinweise auf ein beschleunigt expandierendes Universum ergeben.
Valerie de Lapparent, [[Margaret Geller]] und [[John Huchra]] entdeckten 1986 die Anordnung von [[Galaxienhaufen]] in wandartigen Strukturen, die wiederum großskalige, blasenartige Leerräume (''[[Void (Astronomie)|Voids]]'') umschließen.<ref>{{cite journal |author=V. de Lapparent, [[Margaret Geller|M. J. Geller]] und [[John Huchra|J. P. Huchra]] |title=A Slice of the Universe |journal=[[Astrophysical Journal]] |volume=302 |year=1986 |pages=L1–L5 |doi=10.1086/184625}}</ref> Durch die [[Satellit (Raumfahrt)|Satelliten]] [[COBE]] (1989–1993), [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] (2001–2010) und [[Planck-Weltraumteleskop|Planck]] (2009–2013) wurde die kosmische Hintergrundstrahlung mit erheblicher Genauigkeit vermessen. Dabei wurden die Fluktuationen der Hintergrundstrahlung entdeckt und ihr Spektrum vermessen, womit die Vorhersage von Sachs und Wolfe bestätigt wurde. Die Messergebnisse dieser Satelliten in Verbindung mit Entfernungsmessungen<ref name="riess">{{cite journal |first=Adam G. |last=Riess |authorlink=Adam Riess |coauthors=''u. a.'' ([[Supernova Search Team]]) |title=Observational evidence from supernovae for an accelerating Universe and a cosmological constant |journal=Astronomical Journal |year=1998 |volume=116 |issue=3 |pages=1009–1038 |arxiv=astro-ph/9805201 |doi=10.1086/300499 |bibcode=1998AJ....116.1009R}}</ref> gestatteten eine genauere Bestimmung kosmologischer Parameter,<ref name="Spergel2003">[[David Spergel]] u. a.: ''First-Year Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Observations: Determination of Cosmological Parameters.'' In: ''ApJS.'' Band 148, 2003, S. 175.</ref> die Hinweise auf ein beschleunigt expandierendes Universum ergeben.


== Literatur ==
== Literatur ==
<!-- jeweils chronologisch -->
<!-- jeweils chronologisch -->
'''Vor dem Urknall'''
'''„Vor“ dem Urknall'''
* [[Martin Bojowald]]: ''Zurück vor den Urknall: Die ganze Geschichte des Universums.'' Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 3-10-003910-6.
* [[Martin Bojowald]]: ''Zurück vor den Urknall: Die ganze Geschichte des Universums.'' Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 3-10-003910-6.
* Brian Clegg: ''Vor dem Urknall – Eine Reise hinter den Anfang der Zeit.'' Rowohlt, Reinbek 2013, ISBN 978-3-499-62775-0.
* Brian Clegg: ''Vor dem Urknall – Eine Reise hinter den Anfang der Zeit.'' Rowohlt, Reinbek 2013, ISBN 978-3-499-62775-0.
Zeile 152: Zeile 204:
* Harry Nussbaumer: ''Achtzig Jahre expandierendes Universum.'' In: ''Sterne und Weltraum.'' Band 46, Nr. 6. Spektrum, Heidelberg 2007, {{ISSN|0039-1263}}, S. 36–44.
* Harry Nussbaumer: ''Achtzig Jahre expandierendes Universum.'' In: ''Sterne und Weltraum.'' Band 46, Nr. 6. Spektrum, Heidelberg 2007, {{ISSN|0039-1263}}, S. 36–44.
* [[Dieter B. Herrmann]]: ''Urknall im Labor.'' Wie Teilchenbeschleuniger die Natur simulieren. Springer, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-10313-1.
* [[Dieter B. Herrmann]]: ''Urknall im Labor.'' Wie Teilchenbeschleuniger die Natur simulieren. Springer, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-10313-1.
* [[Dieter Lüst]]: ''Quantenfische. Die Stringtheorie und die Suche nach der Weltformel.'' Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62285-4; ergänzte Taschenbuchausgabe: Deutscher Taschenbuchverlag, München 2014, ISBN 978-3-423-34799-0.
* ''Der Urknall'' (= ''GEO kompakt.'' Nr. 29). Gruner & Jahr, Hamburg 2012, ISBN 978-3-652-00026-0.
* ''Der Urknall'' (= ''GEO kompakt.'' Nr. 29). Gruner & Jahr, Hamburg 2012, ISBN 978-3-652-00026-0.
* Norriss S. Hetherington (Hrsg.): ''Encyclopedia of Cosmology (Routledge Revivals): Historical, Philosophical, and Scientific Foundations of Modern Cosmology''. Taylor and Francis, 2014, ISBN 9781317677666, {{Google Buch|BuchID=EP9QAwAAQBAJ|Seite=40}}.
* Norriss S. Hetherington (Hrsg.): ''Encyclopedia of Cosmology (Routledge Revivals): Historical, Philosophical, and Scientific Foundations of Modern Cosmology''. Taylor and Francis, 2014, ISBN 978-1-317-67766-6, {{Google Buch |BuchID=EP9QAwAAQBAJ |Seite=40}}.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Big Bang|Urknall}}
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary}}
{{Commonscat|Big Bang|Urknall}}
* {{Alpha Centauri|38}}
* {{Alpha Centauri|38}}
* {{Alpha Centauri|80}}
* {{Alpha Centauri|80}}
* {{Alpha Centauri|81}}
* {{Alpha Centauri|81}}
* [[Spektrum der Wissenschaft|Spektrum]].de: [http://www.spektrum.de/news/was-wir-ueber-den-urknall-wissen/1431727 Was wir über den Urknall wissen]
* [[Spektrum.de]]: [http://www.spektrum.de/news/was-wir-ueber-den-urknall-wissen/1431727 Was wir über den Urknall wissen]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 27. Februar 2022, 09:55 Uhr

Graphische Darstellung der Entstehung des Universums aus dem Urknall heraus

Als Urknall (englisch Big Bang) wird in der Kosmologie der Beginn des Universums, also der Anfangspunkt der Entstehung von Materie, Raum und Zeit bezeichnet. Nach dem kosmologischen Standardmodell ereignete sich der Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren.

„Urknall“ bezeichnet keine Explosion in einem bestehenden Raum, sondern die gemeinsame Entstehung von Materie, Raum und Zeit aus einer ursprünglichen Singularität. Diese ergibt sich formal, indem man die Entwicklung des expandierenden Universums zeitlich rückwärts bis zu dem Punkt betrachtet, an dem die Materie- und Energiedichte unendlich werden (Extrapolation). Demnach müsste noch kurz nach dem Urknall die Dichte des Universums die Planck-Dichte übertroffen haben.

Für die Beschreibung dieses Zustandes ist die Allgemeine Relativitätstheorie unzureichend; es wird jedoch erwartet, dass eine noch zu entwickelnde Theorie der Quantengravitation dies leisten wird. Daher gibt es in der heutigen Physik keine allgemein akzeptierte Beschreibung des sehr frühen Universums, des Urknalls selbst oder einer Zeit vor dem Urknall (siehe Weitergehende Modelle).

Urknalltheorien beschreiben nicht den Urknall selbst, sondern das frühe Universum in seiner zeitlichen Entwicklung nach dem Urknall: von einem Zeitpunkt mehr als eine Planck-Zeit (etwa 10−43 Sekunden) nach dem Urknall bis etwa 300.000 bis 400.000 Jahre später, als sich stabile Atome bilden konnten und das Universum durchsichtig wurde. Die weitere Entwicklung wird nicht mehr zum Bereich des Urknalls gezählt.

Grundannahmen

Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst entfernt. Bitte hilf der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst.

Die Urknalltheorien basieren auf zwei Grundannahmen:

  1. Die Naturgesetze sind universell, das Universum lässt sich also mit den Naturgesetzen beschreiben, die heute nahe der Erde gelten.
  2. Das Universum sieht an jedem Ort (aber nicht zu jeder Zeit) in alle Richtungen für große Entfernungen gleich aus. Die Annahme der räumlichen Homogenität wird als kopernikanisches Prinzip bezeichnet und durch die Annahme der Isotropie zum kosmologischen Prinzip erweitert.[1]

Im Folgenden werden diese Annahmen und grundlegende Folgerungen daraus erläutert.

Universalität der Naturgesetze

Um das gesamte Universum in jedem seiner Entwicklungsstadien auf der Grundlage der uns bekannten Naturgesetze beschreiben zu können, ist die Annahme unabdingbar, dass diese Naturgesetze universell und konstant (zeitunabhängig) gelten. Es gibt keine Beobachtungen der Astronomie (etwa 13,5 Mrd. Jahre zurückblickend) oder der Paläogeologie (4 Mrd. Jahre zurück), die diese Annahme in Frage stellen.

Aus der angenommenen Konstanz und Universalität der derzeit bekannten Naturgesetze folgt, dass sich die Entwicklung des Universums als Ganzes mittels der allgemeinen Relativitätstheorie und die darin ablaufenden Prozesse mit dem Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschreiben lassen. Im extremen Fall großer Materiedichte und gleichzeitig großer Raumzeitkrümmung werden zur Beschreibung gleichzeitig die allgemeine Relativitätstheorie und zusätzlich die Quantenfeldtheorien benötigt, die dem Standardmodell zugrunde liegen. Die Vereinigung stößt jedoch auf fundamentale Schwierigkeiten, sodass zurzeit die ersten paar Mikrosekunden der Geschichte des Universums nicht konsistent beschrieben werden können.

Kosmologisches Prinzip

Das kosmologische Prinzip besagt, dass das Weltall zur selben Zeit an jedem Raumpunkt und auch in alle Richtungen für große Entfernungen gleich aussieht, und wird auch (räumliche) Homogenität genannt; die Annahme, dass es in jeder Richtung gleich aussehe, heißt (räumliche) Isotropie.

Ein Blick zum Sternenhimmel mit bloßem Auge zeigt, dass das Universum in der näheren Umgebung der Erde nicht homogen und isotrop ist, denn die Verteilung der Sterne ist unregelmäßig. Auf größerer Skala bilden die Sterne Galaxien, die ihrerseits teilweise Galaxienhaufen bilden, ansonsten in einer wabenartigen Struktur verteilt sind, die aus Filamenten und Voids besteht.

Auf noch größerer Skala ist jedoch keine Struktur mehr erkennbar. Dies und die hochgradige Isotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung rechtfertigen die Beschreibung des Universums als Ganzes durch das kosmologische Prinzip.

Wendet man das kosmologische Prinzip auf die allgemeine Relativitätstheorie an, so vereinfachen sich die einsteinschen Feldgleichungen zu den Friedmann-Gleichungen, die ein homogenes, isotropes Universum beschreiben. Zur Lösung der Gleichungen geht man vom heutigen Zustand des Universums aus und verfolgt die Entwicklung rückwärts in der Zeit. Die exakte Lösung hängt insbesondere von den gemessenen Werten der Hubble-Konstante sowie diverser Dichteparameter ab, die den Masse- und Energieinhalt des Universums beschreiben.

Man findet dann, dass das Universum früher kleiner war (siehe auch Expansion des Universums); gleichzeitig war es heißer und dichter. Formal führt die Lösung auf einen Zeitpunkt, zu dem der Wert des Skalenfaktors verschwindet, also das Universum keine Ausdehnung hatte und die Temperatur und Dichte unendlich groß werden. Dieser Zeitpunkt wird als „Urknall“ bezeichnet. Er ist eine formale Singularität der Lösung der Friedmann-Gleichungen.

Damit wird allerdings keine Aussage über die physikalische Realität einer derartigen Anfangssingularität gemacht, da die Gleichungen der klassischen Physik nur einen begrenzten Gültigkeitsbereich haben und nicht mehr anwendbar sind, wenn Quanteneffekte eine Rolle spielen, wie das im sehr frühen, heißen und dichten Universum angenommen wird. Zur Beschreibung der Entwicklung des Universums zu sehr frühen Zeiten ist eine Theorie der Quantengravitation erforderlich.

Frühes Universum

Den Friedmann-Gleichungen zufolge war die Energiedichte des Universums in seiner Frühphase sehr hoch. Das bedeutet, dass auch die Energien der Teilchen im Mittel sehr hoch waren. Die sehr frühe Phase des Universums ist daher Gegenstand von Theorien, die nicht mit Laborexperimenten überprüft werden können.

Planck-Ära

Die Planck-Ära bezeichnet den Zeitraum nach dem Urknall bis zur kleinsten physikalisch sinnvollen Zeitangabe, der Planck-Zeit mit etwa 10−43 Sekunden. Die Temperatur zu diesem Zeitpunkt entspricht der Planck-Temperatur, etwa 1032 Kelvin. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nach Meinung der Wissenschaftler nur eine fundamentale Kraft, die Urkraft. Bis heute gibt es keine allgemein akzeptierte Theorie für die Planck-Ära. Als mögliche Kandidaten gelten die M-Theorie und die Schleifenquantengravitation.[2][3]

GUT-Ära

In der Kosmologie wird allgemein angenommen, dass sich an die Planck-Ära die GUT-Ära[4] bzw. Baryogenese nach einer spontanen Symmetriebrechung anschloss. Dabei spaltete sich die Urkraft auf in:

Diese vereinigt:
  • die starke Kernkraft
  • die schwache Kernkraft
  • die elektromagnetische Kraft.

Hochenergie-Experimente an Teilchenbeschleunigern deuten darauf hin, dass bei einer Energie von etwa 2·1016 GeV die drei o. g. Kräfte nicht mehr voneinander unterscheidbar sind, sondern in eine Kraft übergehen, die als GUT-Kraft bezeichnet wird; dies ist ein Zustand höherer Symmetrie. Liegen dir Energien unter diesem Wert bricht diese Symmetrie auf, und die drei genannten Kräfte werden sichtbar werden.[5] Allerdings kann derzeit die nötige Energiedichte in Laborexperimenten nicht erreicht werden, um solche Theorien ausreichend zu prüfen.

Kosmische Inflation

Die Inflation wird zeitlich in der GUT-Ära angesiedelt. Während der Inflation dehnte sich das Universum innerhalb von 10−35 bis 10−32 Sekunden um einen Faktor zwischen 1030 und 1050 aus. Diese überlichtschnelle Ausdehnung des Universums steht nicht im Widerspruch zur Relativitätstheorie, da diese nur eine überlichtschnelle Bewegung im Raum verbietet, nicht jedoch eine überlichtschnelle Ausdehnung des Raumes selbst. Der Bereich, der dem heute beobachtbaren Universum entspricht, hätte dabei der Theorie zufolge von einem Durchmesser, der den eines Protons weit unterschreitet, auf etwa 10 cm expandieren müssen.

Die genauen Details der Inflation sind unbekannt, allerdings gelten die Messungen der Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung durch den WMAP-Satelliten als starkes Indiz dafür, dass eine Inflation mit bestimmten Eigenschaften stattgefunden hat. Mittels der Messergebnisse des Planck-Weltraumteleskops könnte es möglich werden, genauere Erkenntnisse über die Inflationsepoche zu gewinnen. Die ursprüngliche Inflationstheorie geht auf eine Arbeit von Alan Guth aus dem Jahr 1981 zurück und wurde von Andrei Dmitrijewitsch Linde und anderen seither weiter bearbeitet. In dieser Theorie werden eine oder mehrere Skalarfelder verwendet, die als Inflatonfelder bezeichnet werden.

Ebenfalls unklar ist die Ursache für das Ende der Inflation. Eine mögliche Erklärung hierfür sollen Slow-Roll-Modelle bieten, in denen das Inflatonfeld ein energetisches Minimum erreicht und die Inflation deshalb endet; eine Alternative ist das bereits beschriebene GUT-Modell, in dem das Ende der Inflation durch Brechung der GUT-Symmetrie erklärt wird.[6]

Eine Inflationsphase kann mehrere kosmologische Beobachtungen erklären:

  • die globale Homogenität des Kosmos (Horizontproblem),
  • die geringe Krümmung des Raumes (Flachheitsproblem),
  • die Tatsache, dass keine magnetischen Monopole beobachtet werden,
  • die großräumigen Strukturen im Kosmos wie Galaxien und Galaxienhaufen,
  • das bereits erwähnte Spektrum der Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Das Inflationsmodell versagt jedoch bei der Erklärung der kosmologischen Konstante. Einsteins $ \Lambda $ wäre demnach nicht konstant, sondern abhängig von der Zeit, eine Annahme, die in Quintessenz-Modellen verwendet wird. Weitergehende Modelle halten die kosmologische Konstante für konstant.

Entwicklung des Universums

Entwicklungsstadien des Universums (nur zur Illustration, nicht maßstäblich)

Die Zeit nach der Inflation und der Brechung einer angenommenen GUT-Symmetrie sowie der elektroschwachen Symmetrie kann mit den bekannten physikalischen Theorien beschrieben werden. Das Verhalten des Universums ab dieser Phase ist durch Beobachtungen gut belegt und unterscheidet sich in den verschiedenen Urknall-Modellen kaum.

Primordiale Nukleosynthese

Als primordiale Nukleosynthese wird die Entstehung von Atomkernen im frühen Universum bezeichnet.

Nach Ende der Inflation, also nach etwa 10−30 s, sank die Temperatur auf 1025 K ab. Es bildeten sich Quarks und Anti-Quarks, die Bausteine der heutigen schweren Teilchen (Baryonen). Die Temperatur war aber so hoch und die Zeiten zwischen zwei Teilchenstößen so kurz, dass sich noch keine stabilen Protonen oder Neutronen bildeten, sondern ein Quark-Gluonen-Plasma aus annähernd freien Teilchen. Diese Ära wird auch Quark-Ära genannt.

Nach 10−6 s lag eine Temperatur von 1013 K vor. Quarks konnten nicht mehr als freie Teilchen existieren, sondern vereinigten sich zu Hadronen, d. h. Protonen, Neutronen und schwereren Verwandten. Nach 10−4 s war die Temperatur auf 1012 K gesunken, sodass keine Proton-Antiproton- oder Neutron-Antineutron-Paare mehr gebildet wurden. Die meisten Protonen und Neutronen wurden bei Stößen mit ihren Antiteilchen vernichtet – bis auf einen kleinen Überschuss von einem Milliardstel (Baryonenasymmetrie). Die Dichte sank auf 1013 g/cm3. Mit abnehmender Temperatur zerfielen die schwereren Hadronen, und es blieben schließlich Protonen und Neutronen sowie ihre Antiteilchen übrig. Durch ständige Umwandlungen von Protonen in Neutronen und umgekehrt entstand auch eine große Zahl von Neutrinos. In dieser Hadronen-Ära gab es gleich viele Protonen wie Neutronen, da sie aufgrund ausreichend verfügbarer Energie beliebig ineinander umgewandelt werden konnten. Nach 1 s war eine Temperatur von 1010 K erreicht. Unterhalb dieser Temperatur konnten weiterhin Neutronen zu Protonen zerfallen, aber keine neuen Neutronen gebildet werden.

Erst nach 10 Sekunden, bei Temperaturen unterhalb von 109 K, vereinigten sich Protonen und verbleibende Neutronen durch Kernfusion zu ersten Deuterium-Atomkernen. Soweit diese nicht wieder zerfielen, verschmolzen sie paarweise zu Helium-4-Kernen. Nach etwa 3 Minuten hatte die Temperatur und Dichte der Materie so weit abgenommen, dass die Kernfusion zum Erliegen kam. Die übriggebliebenen freien Neutronen waren nicht stabil und zerfielen im Verlauf der nächsten Minuten in Protonen und Elektronen. Insgesamt bildeten sich in den ersten drei Minuten zu 25 % Helium-4 (4He) und zu 0,001 % Deuterium sowie Spuren von Helium-3 (3He), Lithium und Beryllium. Die restlichen 75 % stellten Protonen, die späteren Wasserstoffatomkerne. Alle schwereren Elemente entstanden erst später im Inneren von Sternen.

Die Temperatur war immer noch so hoch, dass die Materie als Plasma vorlag, ein Gemisch aus freien Atomkernen, Protonen und Elektronen, mit thermischer Strahlung im Röntgenbereich.

Neben Elementarteilchen und elektromagnetischer Strahlung entstanden auch primordiale Magnetfelder. Dies wird auf den Harrison-Effekt zurückgeführt: Man geht davon aus, dass das Plasma im heißen und dichten Universum Wirbel bildete. Die hierdurch hervorgerufene Reibung an dem sehr starken Strahlungsfeld führte zur Erzeugung elektrischer Ströme, die durch Induktion Magnetfelder bewirkten.[7][8]

Stark gekoppeltes Plasma

Für Neutrinos, die kaum mit anderen Teilchen wechselwirken, war die Dichte nach 10−4 s niedrig genug – sie befanden sich nicht mehr im thermischen Gleichgewicht mit den anderen Teilchen, d. h., sie entkoppelten.

Nach 1 s war eine Temperatur von 1010 K erreicht. Jetzt vernichteten sich auch Elektronen und Positronen – bis auf den Überschuss von einem Milliardstel an Elektronen. Damit war die Bildung der Bausteine der Materie, aus der sich der Kosmos auch heute noch zusammensetzt, weitgehend abgeschlossen. Das Universum war nun gefüllt mit einem stark wechselwirkenden Plasma aus Elektronen, Photonen („Lichtteilchen“) und Atomkernen, vor allem Protonen. Darüber hinaus gab es Neutrinos, die vor allem durch die Gravitation mit dem heißen Plasma wechselwirkten. Außerdem wird im Rahmen des kosmologischen Standardmodells angenommen, dass es eine große Menge Dunkler Materie gab, die ebenfalls nur durch die Gravitation mit dem Plasma wechselwirkte.

Es dauerte etwa 400.000 Jahre, bis die Temperatur so weit abgesunken war, dass sich stabile Atome bildeten (Rekombinationsepoche) und Licht große Distanzen zurücklegen konnte, ohne absorbiert zu werden. Die mittlere freie Weglänge von Photonen vergrößerte sich extrem, das Universum wurde also durchsichtig, genauer gesagt nahm seine optische Dichte rapide ab. Diese Entkopplung des Lichts dauerte etwa 100.000 Jahre. In dieser Zeitspanne waren einige Regionen des Universums bereits soweit abgekühlt, dass sie durchsichtig waren, während in anderen Regionen noch heißes Plasma vorherrschte.

Da es zur Zeit der Entkopplung sehr viel mehr Photonen als Protonen im Universum gab, lag die durchschnittliche Teilchenenergie im Universums mit etwa $ k_{\mathrm {B} }T_{univ}\approx 0{,}3\,\mathrm {eV} $ deutlich niedriger als die Ionisationsenergie des Wasserstoffs $ k_{\mathrm {B} }T\approx 13{,}6\,\mathrm {eV} $; dabei ist

  • $ k_{\mathrm {B} } $ die Boltzmann-Konstante,
  • $ \mathrm {eV} $ ein Elektronenvolt,
  • $ T_{univ} $ eine Temperatur von etwa 4000 K (die Temperatur des Universums zur damaligen Zeit).

Das bedeutet, dass das Maximum der Strahlungsintensität zu dieser Zeit im sichtbaren Spektrum lag. Diese Strahlung ist noch heute als kosmische Hintergrundstrahlung messbar. Allerdings ist sie aufgrund der kosmologischen Rotverschiebung inzwischen sehr viel langwelligere Mikrowellenstrahlung und entspricht einer Temperatur von 2,73 K. Als die Entkopplung vollständig abgeschlossen war, begann das dunkle Zeitalter.

Die Dynamik des Plasmas ist entscheidend für die Entstehung der Temperaturfluktuationen der Hintergrundstrahlung und der Bildung von Materiestrukturen. Das Verhalten des plasmagefüllten Universums kann im Rahmen der kosmologischen Störungstheorie mittels der Boltzmann-Gleichung beschrieben werden. Damit lassen sich gewisse Grundcharakteristika des Spektrums der Temperaturfluktuationen erklären. Insbesondere kommt es in dem Plasma zu Druckwellen, also gewissermaßen Schallwellen, die bestimmte charakteristische Peaks im Spektrum der Temperaturfluktuationen verursachen. Dass diese Peaks von den Raumsonden WMAP und Planck mit großer Genauigkeit gemessen werden konnten, ist ein unterstützendes Indiz für diese Theorien. Die Entstehung großräumiger Strukturen wird qualitativ damit erklärt, dass sich Dunkle Materie an Orten sammelt, wo auch das Plasma dichter ist, und damit Dichteschwankungen so sehr verstärkt, dass sich die Materie schließlich fast ausschließlich in relativ kleinen Bereichen des Universums sammelt.

Strahlungs-Ära und Materie-Ära

Die Friedmann-Gleichungen basieren auf dem Materiemodell des perfekten Fluids. In diesem Modell wird die Materie beschrieben durch die Zustandsgleichung

$ \rho =wp $

mit den zwei Zustandsgrößen

  • Energiedichte $ \rho $ und
  • Druck $ p $

sowie einer Proportionalitätskonstante $ w $.

Die wichtigsten Fälle für die üblichen Modelle des Universums sind:

  • Strahlung mit $ w={\tfrac {1}{3}} $
  • massive Teilchen, oft als „Staub“ bezeichnet, mit $ w=0\,(\Rightarrow \rho =0) $
  • eine kosmologische Konstante mit $ w=-1\,(\Rightarrow \rho =-p) $.

Außerdem hängt die Energiedichte wie folgt ab vom Skalenfaktor $ a(t) $:

$ \rho (t)\sim a^{-3(1+w)}(t) $.

Konkret ist dieser Zusammenhang für die verschiedenen Arten der Materie sehr unterschiedlich:

$ \Rightarrow \rho (t)\sim a^{-4}(t) $ für Strahlung,

$ \rho (t)\sim a^{-3}(t) $ für massive Teilchen,
$ \rho (t)\sim a^{0}(t) $ für eine kosmologische Konstante.

Dass die Energiedichte der Strahlung schneller abnimmt als die der massiven Materie, lässt sich auch anschaulich verstehen: Bei Strahlung nimmt nicht nur die Anzahldichte der Photonen ab (infolge der Expansion des Raumes), sondern auch die Wellenlänge der einzelnen Photonen zu (durch die kosmologische Rotverschiebung).

Deshalb stellte den Urknall-Modellen zufolge nach der Inflation zunächst (elektromagnetische) Strahlung den Hauptanteil der Energiedichte im Kosmos (Strahlungs-Ära). Etwa 70.000 Jahre nach dem Urknall waren die Energiedichten von Strahlung und Materie gleich, danach wurde die Dynamik des Universums von massiven Teilchen dominiert (Materie-Ära), die zuletzt von der kosmologischen Konstante (bzw. Dunkler Energie) abgelöst wurde.

Vorhersagen der Urknall-Modelle

Die Urknall-Modelle mit den oben beschriebenen Charakteristika sind die anerkanntesten Modelle zur Erklärung des heutigen Zustandes des Universums. Der Grund dafür ist, dass sie einige zentrale Vorhersagen machen, die sich gut mit dem beobachteten Zustand des Universums decken. Die wichtigsten Vorhersagen sind die Expansion des Universums, die kosmische Hintergrundstrahlung und die Elementverteilung, insbesondere der Anteil an Helium an der Gesamtmasse der baryonischen Materie. Auch die wichtigsten Eigenschaften der Temperaturfluktuationen der kosmischen Hintergrundstrahlung werden im Rahmen der Urknall-Modelle mittels kosmologischer Störungstheorie sehr erfolgreich erklärt. Die Theorie der Temperaturfluktuationen bietet außerdem ein Modell zur Entstehung großräumiger Strukturen, nämlich der Filamente und Voids, die die zuvor beschriebene Wabenstruktur bilden.

Expansion des Universums

Die Expansion des Universums wurde 1929 von Edwin Hubble erstmals beobachtet. Er entdeckte, dass die Entfernung von Galaxien von der Milchstraße und ihre Rotverschiebung proportional sind. Die Rotverschiebung erklärt man dadurch, dass sich die Galaxien vom Beobachter entfernen, Hubbles Beobachtung war die Proportionalität von Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit. Es war spätestens seit der Arbeit von Georges Lemaître 1927 bekannt, dass eine solche Proportionalität aus den Friedmann-Gleichungen folgt, die auch den Urknall beinhalten. Diese Beobachtung war damit die erste Bestätigung der Urknall-Modelle. Heute ist das Hubble-Gesetz durch Messungen an sehr vielen Galaxien gut bestätigt. Allerdings gilt eine näherungsweise Proportionalität, wie von den Friedmann-Gleichungen für ein Universum mit massiver Materie vorhergesagt, nur für vergleichsweise nahe Galaxien. Sehr ferne Galaxien haben hingegen Fluchtgeschwindigkeiten, die größer sind, als in einem materiedominierten Universum zu erwarten ist. Dies wird als Hinweis auf eine kosmologische Konstante oder Dunkle Energie gedeutet.

Häufigkeit der Elemente

Der größte Teil der leichten Atomkerne entstand in den ersten Minuten des Universums während der primordialen Nukleosynthese. Die Beschreibung dieses Prozesses im Rahmen des Urknallmodells geht auf Ralph Alpher und George Gamow zurück, die die Alpher-Bethe-Gamow-Theorie entwickelten.[9] Insbesondere der Massenanteil des Heliums von etwa 25 % der gewöhnlichen Materie (ohne Dunkle Materie) wird von den Urknallmodellen in sehr guter Übereinstimmung mit der beobachteten Häufigkeit vorhergesagt.[10] Durch die Messung der Häufigkeit von selteneren Kernen wie Deuterium, Helium-3 und Lithium-7 kann auf die Dichte gewöhnlicher Materie im Universum geschlossen werden. Die gemessenen Häufigkeiten dieser Elemente sind im Rahmen der existierenden Modelle miteinander und mit anderen Messungen der Materiedichte konsistent.

Kosmische Hintergrundstrahlung

Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung, aufgenommen durch den Satelliten COBE (Mission 1989–1993)

Die kosmische Hintergrundstrahlung wurde 1948 von Ralph Alpher, George Gamow und Robert Herman vorhergesagt. Ihre Berechnungen ergaben in der Folge verschiedene Temperaturen im Bereich von etwa 5 bis 50 K. Erst 1964 wurde die Hintergrundstrahlung von Arno Penzias und Robert Woodrow Wilson erstmals als realer Effekt identifiziert, nachdem zuvor mehrere Astronomen Messungen des Signals für Antennenfehler gehalten hatten.[11] Die gemessene Temperatur wurde mit 3 K angegeben, heutige Messungen ergeben eine Temperatur von 2,725 K. Die Hintergrundstrahlung ist in sehr guter Näherung isotrop, das heißt, sie hat in jeder Richtung übereinstimmende Temperatur und Intensität. Abweichungen in Höhe von 1 % ergeben sich durch den Doppler-Effekt aufgrund der Bewegung der Erde. Auch die Milchstraße ist als deutliche Störung erkennbar.

Rainer K. Sachs und Arthur M. Wolfe kamen 1967 zu dem Ergebnis, dass es sehr kleine Temperaturfluktuationen der Hintergrundstrahlung geben müsse. Dies wurde zu Ehren der Forscher Sachs-Wolfe-Effekt genannt. Im Jahr 1993 wurde mit Hilfe des Satelliten COBE tatsächlich Fluktuationen von 0,001 % in der Temperatur der Hintergrundstrahlung entdeckt, was später mit der Raumsonde WMAP bestätigt wurde und somit ein Nachweis für den Sachs-Wolfe-Effekt war. Weitere bedeutende Charakteristika des Spektrums der Temperaturanisotropien sind die Silk-Dämpfung und Baryonische akustische Oszillationen.

Bildung großräumiger Strukturen

Durch die Entkopplung der Strahlung geriet die Materie nun stärker unter den Einfluss der Gravitation. Ausgehend von räumlichen Dichteschwankungen, die möglicherweise bereits in der inflationären Phase durch Quantenfluktuationen entstanden sind, bildeten sich nach 1 Million Jahren großräumige Strukturen im Kosmos. Dabei begann die Materie in den Raumgebieten mit höherer Massedichte als Folge gravitativer Instabilität zu kollabieren und Masseansammlungen zu bilden. Es bildeten sich zuerst sogenannte Halos aus Dunkler Materie, die als Gravitationssenken wirkten, in denen sich später die für uns sichtbare Materie sammelte. Die dem Strahlungsdruck unterliegende baryonische Materie hatte keine ausreichende Dichte, um ohne Hilfe der Dunklen Materie so früh zu großräumigen Strukturen zu verklumpen, dass sich die daraus resultierenden Temperaturschwankungen heute noch in der Hintergrundstrahlung beobachten lässt. Ohne Dunkle Materie würde die Entstehung großräumiger Strukturen, wie der Wabenstruktur aus Voids und Filamenten, ebenso wie die Entstehung eher kleinerer Strukturen, wie Galaxien, viel länger dauern als das Alter des Universums, das sich aus den Urknall-Modellen ergibt.

Zur Untersuchung der Eigenschaften der Dunklen Materie wurde versucht, durch Simulationen den Prozess der Strukturbildung nachzubilden. Dabei wurden verschiedene Szenarien durchgespielt, und einige konnten mit Hilfe solcher Simulationen als gänzlich unrealistisch ausgeschlossen werden. Als realistisch erscheinen heute sogenannte ΛCDM-Szenarien, wobei das Λ die Kosmologische Konstante der Einsteinschen Feldgleichungen ist, und CDM für kalte Dunkle Materie (engl.: cold dark matter) steht. Welche Art von Teilchen die Dunkle Materie bildet, ist derzeit noch unbekannt.

Die kollabierenden Gaswolken hatten sich inzwischen soweit verdichtet, dass sich die ersten Sterne bildeten. Diese waren wesentlich massenreicher als unsere Sonne, sodass sie sehr heiß wurden und hohe Drücke bildeten.[12] Infolgedessen wurden auch schwerere Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Eisen durch Kernfusion erzeugt. Wegen ihrer großen Masse war die Lebensdauer dieser Sterne mit 3–10 Millionen Jahren relativ kurz, sie explodierten in einer Supernova. Während der Explosion wurden durch Neutroneneinfang Elemente schwerer als Eisen gebildet (z. B. Uran) und gelangten in den interstellaren Raum. Der Explosionsdruck verdichtete angrenzende Gaswolken, die dadurch schneller neue Sterne hervorbringen konnten. Da die mit Metallen angereicherten Gaswolken schneller auskühlten, entstanden massenärmere und kleinere Sterne mit schwächerer Leuchtkraft, aber von längerer Lebensdauer.

Es bildeten sich die ersten Kugelsternhaufen aus diesen Sternen und schließlich die ersten Galaxien aus ihren Vorläufern.

Weitergehende Modelle

Es gibt verschiedene Modelle, die ab einer Zeit von etwa 10−30 s mit den Urknall-Modellen übereinstimmen und das Ziel verfolgen, das sehr frühe Universum ohne Singularitäten zu erklären. Solche Modelle können in einigen Fällen zusätzliche Vorhersagen gegenüber den gewöhnlichen Urknall-Modellen machen oder in den Vorhersagen geringfügig abweichen, sofern diese Abweichungen nicht durch die Messgenauigkeit widerlegt sind. Derartige Modelle stehen meist im Zusammenhang mit den Theorien der Quantengravitation und der Schleifenquantengravitation (Loop-Quantengravitation) als Schleifen-Quantenkosmologie.[13]

Branenkosmologie

Die Branenkosmologie ist eine Theorie, die in enger Verbindung zur Stringtheorie steht und Konzepte dieser Theorie verwendet. Modelle der Branenkosmologie beschreiben eine mindestens fünfdimensionale Raumzeit, in die die vierdimensionale Raumzeit als „Brane“ (das Wort ist von „Membran“ abgeleitet) eingebettet ist. Die moderne Behandlung dieser Theorie ging vom 1999 entwickelten Randall-Sundrum-Modell aus. In diesem soll eine Brane das beobachtbare Universum modellieren. Es liefert ein Erklärungsmodell dafür, warum die Gravitation viel schwächer ist als die anderen Grundkräfte, beschreibt aber keine Evolution des Universums. Es enthält also keine Expansion des Universums und daher auch weder Rotverschiebung noch Hintergrundstrahlung. Es ist damit kein realistisches Modell des beobachtbaren Universums.

Ein weiterentwickeltes Modell der Branenkosmologie ist das zyklische ekpyrotische Universum von Paul Steinhardt und Neil Turok, das ebenfalls auf der Stringtheorie basiert und 2002 entwickelt wurde. In diesem Modell kollidieren zwei vierdimensionale Branen in einer fünfdimensionalen Raumzeit periodisch, wobei sie jedes Mal einen Zustand erzeugen, wie er nach dem Urknallmodell im sehr frühen Universum geherrscht hat. Sie bilden insbesondere eine Alternative zur Inflationstheorie, indem sie im Rahmen der heutigen Messgenauigkeit dieselben Vorhersagen machen. Allerdings macht das ekpyrotische Modell abweichende Vorhersagen zur Polarisierung der Fluktuationen der Hintergrundstrahlung, dadurch ist es durch zukünftige Messungen im Prinzip möglich, eines der beiden Modelle zu falsifizieren.

Schleifenquantenkosmologie

Die Schleifenquantenkosmologie ist eine Theorie, die sich aus der Schleifenquantengravitation entwickelt hat (unter anderem durch Martin Bojowald). Da in dieser Theorie das kosmologische Prinzip als Annahme vorausgesetzt wird, ist noch nicht geklärt, inwiefern sie mit der Schleifenquantengravitation selbst kompatibel ist. Die Loop Quantum Cosmology gibt eine Erklärung für die kosmische Inflation und bietet mit dem Big Bounce ein kosmologisches Modell ohne Urknallsingularität. In diesem Modell kollabiert ein Vorgänger-Universum in einem Big Crunch, allerdings sorgen Effekte der Quantengravitation dafür, dass es nicht zu einer Singularität kollabiert, sondern nur bis zu einer maximalen Dichte. Dann setzt wieder eine Expansion ein, aus der das heutige Universum hervorgeht. Dieses Modell ist aktuell Forschungsgegenstand und viele Fragen sind noch ungeklärt. Unter anderem ist nicht klar, ob sich die Geschichte des zyklischen Universums bei jedem Durchlauf identisch wiederholt oder variiert. Eine Weiterentwicklung des Modells ergibt ein zyklisches Universum, das immer im Wechsel bis zu einer maximalen Ausdehnung expandiert und zu einer minimalen Ausdehnung kollabiert.

Chaotische Inflation

Die Theorie der chaotischen Inflation wurde 1986 von Andrei Linde vorgeschlagen und ist nicht mit einer bestimmten Quantengravitationstheorie verknüpft. Sie besagt, dass der Großteil des Universums ewig inflationär expandiert und nur innerhalb verschiedener Blasen die Inflation zum Erliegen kommt, sodass sich eine Vielzahl von Teiluniversen bildet. Dem Modell zufolge sorgen die Quantenfluktuationen des Inflatonfelds dafür, dass der Großteil des Universums ewig in der inflationären Phase bleibt. Nicht-inflationäre Blasen entstehen, wenn die Quantenfluktuationen des Inflatonfeldes lokal kleiner werden. Obwohl die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung dieser Blasen sehr hoch ist, sorgt die hohe Geschwindigkeit der Inflation dafür, dass sie gegenüber dem Rest des Universums sehr schnell sehr viel kleiner werden, dadurch nur sehr selten kollidieren und der Großteil des Universums durch ewige Inflation geprägt ist.

Die verschiedenen Teiluniversen können unterschiedliche Werte der Naturkonstanten und damit unterschiedliche physikalische Gesetze enthalten, wenn es mehrere stabile Zustände des Feldes gibt. Die Theorie wird manchmal auch als Multiversumstheorie aufgefasst (zum Beispiel Alexander Vilenkin), da viele Teiluniversen existieren, die nie miteinander in Kontakt treten können. Das inflationäre Multiversum wird auch als Quantenschaum bezeichnet, da es in seinen Eigenschaften nicht mit dem beobachtbaren Universum übereinstimmt. So enthält es der Theorie zufolge weder Materie noch Strahlung, sondern ausschließlich das Inflatonfeld.

Forschungsgeschichte

In der Antike hatten vor allem die heute verlorenen vorsokratischen Naturphilosophen Vorstellungen eines Urknalls entwickelt, die in Grundzügen modernen Erkenntnissen bereits nahekamen.[14] Insbesondere die Lehren zur Entstehung des Universums von Anaxagoras im 5. Jahrhundert v. Chr., laut denen das Weltall expandiert, werden in der modernen Forschung häufig in Zusammenhang mit dem Big Bang gebracht.[15]

Als Begründer der Urknalltheorie gilt der belgische Theologe und Physiker Georges Lemaître, der 1931 für den heißen Anfangszustand des Universums die Ausdrücke „primordiales Atom“ oder „Uratom“, später auch „kosmisches Ei“ verwendete. Die englische Bezeichnung Big Bang (wörtlich ‚Großer Knall‘) wurde von Fred Hoyle geprägt. Hoyle vertrat die Steady-State-Theorie und wollte mit der Wortwahl Big Bang das Bild eines expandierenden Universums, das scheinbar aus dem Nichts entsteht, unglaubwürdig erscheinen lassen. Die Steady-State-Theorie verlor in den 1960er Jahren an Zustimmung, als die Urknalltheorie durch astronomische Beobachtungen zunehmend bestätigt wurde.

Die Voraussetzung für die moderne Kosmologie und damit auch für die Urknall-Modelle bildet die 1915 von Albert Einstein publizierte allgemeine Relativitätstheorie. 1922 legte Alexander Friedmann mit seiner Beschreibung des expandierenden Universums den Grundstein für die Urknall-Modelle. Obwohl Einstein anerkannte, dass sein Modell mit den Feldgleichungen verträglich war, wurde Friedmanns Arbeit zunächst kaum diskutiert, da keine astronomischen Beobachtungen auf eine Expansion des Universums hindeuteten und daher statische kosmologische Modelle bevorzugt wurden, auch von Einstein selbst. Lemaître entwickelte 1927 Friedmanns Modell unabhängig von diesem erneut und führte es weiter zu einer ersten Urknalltheorie, der zufolge das Universum aus einem einzigen Teilchen, dem „Uratom“ hervorgegangen sei. Er leitete als Folge der Expansion des Universums bereits eine Proportionalität von Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit stellarer Objekte her. Allerdings wurde auch diese Arbeit wenig beachtet.

1929 entdeckte Edwin Hubble durch Entfernungsmessungen an Cepheiden in Galaxien außerhalb der Milchstraße, dass die Rotverschiebung der Galaxien zu ihrer Entfernung proportional ist. Diesen Befund, der heute Hubble-Gesetz genannt wird, erklärte er durch den Dopplereffekt als Folge einer Expansion des Universums. Hubble bestätigte damit Lemaîtres Vorhersage, allerdings war ihm diese nicht bekannt und er bezieht sich in seinen Schriften nicht darauf. 1935 bewiesen Howard P. Robertson und Arthur Geoffrey Walker schließlich, dass die Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Metriken unabhängig vom Materiemodell die einzigen Metriken sind, die mit dem kosmologischen Prinzip verträglich sind.

1948 entwickelten Ralph Alpher, George Gamow und Robert Herman eine Theorie von der Entstehung des Kosmos aus einem heißen Anfangszustand. Im Rahmen dieser Theorie sagten sie sowohl die Häufigkeit von Helium im frühen Universum als auch die Existenz einer kosmischen Hintergrundstrahlung mit Schwarzkörperspektrum vorher. Für die heutige Temperatur der Hintergrundstrahlung gaben sie verschiedene Schätzungen im Bereich von 5 K bis 50 K. Arno Penzias und Robert Woodrow Wilson entdeckten 1964 unbeabsichtigt die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung. Da sie nur auf zwei Frequenzen maßen, konnten sie nicht feststellen, dass die Strahlung ein Schwarzkörperspektrum hat. Dies wurde durch weitere Messungen in den folgenden Jahren bestätigt und die Temperatur wurde mit 3 K gemessen. 1967 sagten Rainer K. Sachs und Arthur M. Wolfe Temperaturfluktuationen der kosmischen Hintergrundstrahlung vorher.[16] Dieser Effekt wird nach ihnen als Sachs-Wolfe-Effekt bezeichnet.

Stephen Hawking und Roger Penrose zeigten 1965 bis 1969 mathematisch, dass sich die immer noch bezweifelten ultra-dichten Zustände am Beginn der Zeit unter den Voraussetzungen „Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie“ und „expandierendes Universum“ zwingend ergeben.[17]

Um den extrem homogenen und isotropen Anfangszustand des beobachtbaren Universums zu erklären, der aus der Isotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung gefolgert wird, schlug Roger Penrose 1979 die Weylkrümmungshypothese vor.[18] Diese Hypothese liefert auch eine Erklärung für den Ursprung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. Als konkurrierende Hypothese zur Erklärung der Homogenität und Isotropie des frühen Universums und zur Lösung des Horizont-Problems entwickelte Alan Guth 1981 die Theorie des inflationären Universums, die eine Phase sehr schneller Expansion in der Frühphase des Universums postuliert. Die Theorie des inflationären Universums wurde später von Andrei Linde und anderen weiter entwickelt und konnte sich schließlich als Erklärungsmodell durchsetzen.

Valerie de Lapparent, Margaret Geller und John Huchra entdeckten 1986 die Anordnung von Galaxienhaufen in wandartigen Strukturen, die wiederum großskalige, blasenartige Leerräume (Voids) umschließen.[19] Durch die Satelliten COBE (1989–1993), WMAP (2001–2010) und Planck (2009–2013) wurde die kosmische Hintergrundstrahlung mit erheblicher Genauigkeit vermessen. Dabei wurden die Fluktuationen der Hintergrundstrahlung entdeckt und ihr Spektrum vermessen, womit die Vorhersage von Sachs und Wolfe bestätigt wurde. Die Messergebnisse dieser Satelliten in Verbindung mit Entfernungsmessungen[20] gestatteten eine genauere Bestimmung kosmologischer Parameter,[21] die Hinweise auf ein beschleunigt expandierendes Universum ergeben.

Literatur

„Vor“ dem Urknall

  • Martin Bojowald: Zurück vor den Urknall: Die ganze Geschichte des Universums. Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 3-10-003910-6.
  • Brian Clegg: Vor dem Urknall – Eine Reise hinter den Anfang der Zeit. Rowohlt, Reinbek 2013, ISBN 978-3-499-62775-0.

Ab dem Urknall

  • Stephen W. Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Rowohlt, Reinbek 1991, ISBN 3-499-60555-4.
  • Steven Weinberg: Die ersten drei Minuten. Piper, München/Zürich 1997, ISBN 3-492-22478-4.
  • Gerhard Börner, Matthias Bartelmann: Astronomen entziffern das Buch der Schöpfung. In: Physik in unserer Zeit. Band 33, Nr. 3. Wiley-VCH, Weinheim 2002, ISSN 0031-9252, S. 114–120.
  • Hans-Joachim Blome, Harald Zaun: Der Urknall. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50837-5.
  • Simon Singh: Big Bang. Hanser, München/Wien 2005, ISBN 3-446-20598-5.
  • Harry Nussbaumer: Achtzig Jahre expandierendes Universum. In: Sterne und Weltraum. Band 46, Nr. 6. Spektrum, Heidelberg 2007, ISSN 0039-1263, S. 36–44.
  • Dieter B. Herrmann: Urknall im Labor. Wie Teilchenbeschleuniger die Natur simulieren. Springer, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-10313-1.
  • Dieter Lüst: Quantenfische. Die Stringtheorie und die Suche nach der Weltformel. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62285-4; ergänzte Taschenbuchausgabe: Deutscher Taschenbuchverlag, München 2014, ISBN 978-3-423-34799-0.
  • Der Urknall (= GEO kompakt. Nr. 29). Gruner & Jahr, Hamburg 2012, ISBN 978-3-652-00026-0.
  • Norriss S. Hetherington (Hrsg.): Encyclopedia of Cosmology (Routledge Revivals): Historical, Philosophical, and Scientific Foundations of Modern Cosmology. Taylor and Francis, 2014, ISBN 978-1-317-67766-6, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.

Weblinks

Commons: Urknall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Urknall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Siehe Aussage von Hans Böhringer im Gespräch Das kosmologische Prinzip.
  2. Andreas Müller: Planck-Ära. In: wissenschaft-online.de. Lexikon der Astrophysik, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  3. Jens Homfeld: Urknalltheorie. In: ekp.physik.uni-karlsruhe.de. Uni Karlsruhe. Handout 2008, Vorlesung am 2. Mai 2008, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  4. H. Lesch (Hrsg.); J. Bennett, M. Donahue, N. Schneider, M. Voit: Astronomie. Die kosmische Perspektive. 2010, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  5. Andreas Müller: Große Vereinheitlichte Theorien. In: wissenschaft-online.de. Lexikon der Astrophysik, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  6. Andreas Müller: Inflation. In: wissenschaft-online.de. Lexikon der Astrophysik, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  7. Relikt des Urknalls. Astrophysiker berechnen das ursprüngliche Magnetfeld in unserer kosmischen Nachbarschaft. In: mpg.de. Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft, 1. April 2018, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  8. S. Hutschenreuter u. a.: The primordial magnetic field in our cosmic backyard. In: iopscience.iop.org. Institute of Physics, 16. Juli 2018, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  9. R. A. Alpher, H. Bethe, G. Gamow: The Origin of Chemical Elements. In: Physical Review. 73. Jahrgang, Nr. 7, 1. April 1948, S. 803–804, doi:10.1103/PhysRev.73.803, bibcode:1948PhRv...73..803A.
  10. S. A. Bludman: Baryonic Mass Fraction in Rich Clusters and the Total Mass Density in the Cosmos. In: Astrophysical Journal. 508. Jahrgang, Nr. 2, Dezember 1998, S. 535–538, doi:10.1086/306412, arxiv:astro-ph/9706047, bibcode:1998ApJ...508..535B.
  11. Murmur of a Bang. In: imagine.gsfc.nasa.gov. Online-Artikel auf der Website „Cosmic Times“ der NASA, abgerufen am 15. Dezember 2021.
  12. Claus-Peter Sesin: Ende der Finsternis. S. 134. In: GEOkompakt „Das Universum“, Heft Nr. 6, 2006, GEOkompakt Nr. 6 – 03/06 – Das Universum. (Memento vom 5. April 2012 im Internet Archive).
  13. Martin Bojowald: Zurück vor den Urknall. S 113–135. S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-10-003910-1.
  14. Siehe etwa A.I. Eremeeva, Ancient prototypes of the big bang and the Hot Universe (to the prehistory of some fundamental ideas in cosmology). In: Astronomical & Astrophysical Transactions. 11 (1996), 193-196, doi:10.1080/10556799608205465.
  15. Siehe etwa P. Tzamalikos: Anaxagoras, Origen, and Neoplatonism: The Legacy of Anaxagoras to Classical and Late Antiquity. De Gruyter, Berlin, S. 279.
    A. Gregory: Ancient Greek Cosmogony. Duckworth, London 2007.
  16. R. K. Sachs, A. M. Wolfe: Perturbations of a Cosmological Model and Angular Variations of the Microwave Background. In: The Astrophysical Journal. Band 147, 1967, S. 73, doi:10.1086/148982.
  17. Helge Kragh: Big Bang Cosmology. In: Hetherington 2014, siehe Literaturliste, S. 40.
  18. Roger Penrose: Singularities and Time-Asymmetry. In: Stephen Hawking und Werner Israel (Hrsg.): General Relativity: An Einstein Centenary Survey. Cambridge University Press, 1979, S. 581–638.
  19. V. de Lapparent, M. J. Geller und J. P. Huchra: A Slice of the Universe. In: Astrophysical Journal. 302. Jahrgang, 1986, S. L1–L5, doi:10.1086/184625.
  20. Adam G. Riess, u. a. (Supernova Search Team): Observational evidence from supernovae for an accelerating Universe and a cosmological constant. In: Astronomical Journal. 116. Jahrgang, Nr. 3, 1998, S. 1009–1038, doi:10.1086/300499, arxiv:astro-ph/9805201, bibcode:1998AJ....116.1009R.
  21. David Spergel u. a.: First-Year Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Observations: Determination of Cosmological Parameters. In: ApJS. Band 148, 2003, S. 175.
Dieser Artikel wurde am 2. September 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.

Die News der letzten Tage