Zustandssumme: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Zustandssumme''' <math>Z</math> ist ein wesentliches Werkzeug der [[Statistische Physik|statistischen Physik]]. Aufgrund des englischen Begriffs ''partition function'' wird die Zustandssumme auch '''Partitionsfunktion''' genannt<ref>{{Literatur | Autor=Florian Scheck | Titel=Theoretische Physik 5: Statistische Theorie der Wärme | Verlag=Springer | Jahr=2008 | ISBN=9783540798231 | Seiten=98 | Online=[http://books.google.de/books?id=WclrgbUvr7sC&pg=PA98 online]}}</ref>, die aber nicht mit der [[Partitionsfunktion]] aus der Kombinatorik zu verwechseln ist.
Die '''Zustandssumme''' <math>Z</math> ist ein wesentliches Werkzeug der [[Statistische Physik|statistischen Physik]]. Aufgrund des englischen Begriffs ''partition function'' wird die Zustandssumme auch '''Partitionsfunktion''' genannt<ref>{{Literatur | Autor=Florian Scheck | Titel=Theoretische Physik 5: Statistische Theorie der Wärme | Verlag=Springer | Jahr=2008 | ISBN=9783540798231 | Seiten=98 | Online=[https://books.google.de/books?id=WclrgbUvr7sC&pg=PA98&hl=de online]}}</ref>, die aber nicht mit der [[Partitionsfunktion]] aus der Kombinatorik zu verwechseln ist.


Aus einer Zustandssumme (der Funktion, nicht dem Wert) lassen sich alle [[Thermodynamik|thermodynamischen]] [[Zustandsgröße|Größen]] ableiten. Wenn die [[Teilchenzahl]]en&nbsp;''N'' groß genug sind, kann man das System auch als [[Kontinuum (Physik)|kontinuierlich]] ansehen und die Zustandssummen als Zustands[[Integralrechnung|integral]]e formulieren.
Aus einer Zustandssumme (der Funktion, nicht dem Wert) lassen sich alle [[Thermodynamik|thermodynamischen]] [[Zustandsgröße|Größen]] ableiten. Wenn die [[Teilchenzahl]]en <math>N</math> groß genug sind, kann man das System auch als [[Kontinuum (Physik)|kontinuierlich]] ansehen und die Zustandssummen als Zustands[[Integralrechnung|integral]]e formulieren.


== Mikrokanonische Zustandssumme ==
== Mikrokanonische Zustandssumme ==
Die mikrokanonische Zustandssumme dient zur Beschreibung eines [[Abgeschlossenes System|abgeschlossenen Systems]] mit konstanter innerer Energie (<math>U</math>), Volumen (<math>V</math>) und Teilchenzahl (<math>N</math>) ohne Austausch mit der Umgebung im [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamischen Gleichgewicht]]. Das zugehörige [[Ensemble (Physik)|Ensemble]] heißt [[Mikrokanonisches Ensemble|mikrokanonisches Ensemble]].
Die mikrokanonische Zustandssumme dient zur Beschreibung eines [[Abgeschlossenes System (Thermodynamik)|abgeschlossenen Systems]] mit konstanter innerer Energie <math>U</math>, Volumen <math>V</math> und Teilchenzahl <math>N</math> ohne Austausch mit der Umgebung im [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamischen Gleichgewicht]]. Das zugehörige [[Ensemble (Physik)|Ensemble]] heißt [[mikrokanonisches Ensemble]].
Es sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es zwei unterschiedliche Definitionen für die mikrokanonische Zustandssumme gibt: Bei der einen Definition wird über alle Zustände mit Energie kleiner <math>U</math> summiert und bei der anderen Definition wird lediglich über die Energien in der Energieschale um <math>U</math> summiert.
Es sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es zwei unterschiedliche Definitionen für die mikrokanonische Zustandssumme gibt: Bei der einen Definition wird über alle Zustände mit Energie kleiner <math>U</math> summiert und bei der anderen Definition wird lediglich über die Zustände in der Energieschale um <math>U</math> summiert.


=== Abzählbare Zustände ===
=== Abzählbare Zustände ===
Zunächst werden solche Systeme betrachtet, die sich in einem aus einer endlichen oder abzählbaren Zahl von [[Mikrozustand|Mikrozuständen]] befinden können (Systeme mit [[überabzählbar]]en / kontinuierlichen Zuständen werden weiter unten diskutiert).
Zunächst werden solche Systeme betrachtet, die sich in einem aus einer endlichen oder abzählbaren Zahl von [[Mikrozustand|Mikrozuständen]] befinden können (Systeme mit [[überabzählbar]]en / kontinuierlichen Zuständen werden weiter unten diskutiert).


Für derartige Systeme ist (in der ersten Definition) die '''mikrokanonische Zustandssumme''' <math>Z_\mathrm{m}(U,N,V)</math> gegeben durch die Zahl jener Mikrozustände <math>\psi</math> eines [[Abgeschlossenes System|abgeschlossenen Systems]] bei gegebener [[Energie]] <math>U</math>, Teilchenzahl <math>N</math> und Volumen <math>V</math> (und evtl. weiteren Parametern), deren [[Gesamtenergie]] <math>E_{\psi}(N,V)</math> kleiner oder gleich <math>U</math> ist:
Für derartige Systeme ist (in der ersten Definition) die '''mikrokanonische Zustandssumme''' <math>Z_\mathrm{m}(U,N,V)</math> gegeben durch die Zahl jener Mikrozustände <math>\psi</math> eines abgeschlossenen Systems bei gegebener [[Energie]] <math>U</math>, Teilchenzahl <math>N</math> und Volumen <math>V</math> (und evtl. weiteren Parametern), deren [[Gesamtenergie]] <math>E_{\psi}(N,V)</math> kleiner oder gleich <math>U</math> ist:


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=== Kontinuierliche Zustände ===
=== Kontinuierliche Zustände ===
In der klassischen Mechanik werden häufig Systeme betrachtet, deren Mikrozustand sich kontinuierlich ändern kann. Ein Beispiel ist das [[Ideales Gas|ideale Gas]]. Der <math>\Gamma</math>-Raum (auch [[Phasenraum]] genannt) eines idealen Gases bestehend aus <math>N</math> Teilchen hat <math>6N</math> Dimensionen: <math>3N</math> Dimensionen für die [[Ortsraum|Ortskoordinaten]] und <math>3N</math> für die [[Impulsraum|Impulskoordinaten]]. Jeder Punkt <math>(p,q)</math> im Phasenraum entspricht einem Zustand <math>\psi</math> des Systems mit Energie <math> E_{\psi} =  H(p,q,N,V) </math>, wobei <math>  H(p,q,N,V) </math> die [[Hamiltonfunktion]] des Systems mit Teilchenzahl <math>N</math> und Volumen <math>V</math> ist. Da die in der [[Mikrokanonik]] betrachteten abgeschlossenen Systeme eine konstante Energie haben, ergeben die erlaubten Zustände im <math>\Gamma</math>-Raum eine [[Hyperfläche]], auf der sich das System bewegen kann. Die Zustandssumme für ein solches Gas ist das von dieser <math>H(p,q,N,V)=U</math>-[[Hyperfläche]] umschlossene Volumen, welches sich als [[Integralrechnung|Zustandsintegral]] schreiben lässt:
In der klassischen Mechanik werden häufig Systeme betrachtet, deren Mikrozustand sich kontinuierlich ändern kann. Ein Beispiel ist das [[Ideales Gas|ideale Gas]]. Der <math>\Gamma</math>-Raum (auch [[Phasenraum]] genannt) eines idealen Gases bestehend aus <math>N</math> Teilchen hat <math>6N</math> Dimensionen: <math>3N</math> Dimensionen für die [[Ortsraum|Ortskoordinaten]] und <math>3N</math> für die [[Impulsraum|Impulskoordinaten]]. Jeder Punkt <math>(p,q)</math> im Phasenraum entspricht einem Zustand <math>\psi</math> des Systems mit Energie <math> E_{\psi} =  H(p,q,N,V) </math>, wobei <math>  H(p,q,N,V) </math> die [[Hamiltonfunktion]] des Systems mit Teilchenzahl <math>N</math> und Volumen <math>V</math> ist. Da die in der [[Mikrokanonik]] betrachteten abgeschlossenen Systeme eine konstante Energie haben, ergeben die erlaubten Zustände im <math>\Gamma</math>-Raum eine [[Hyperfläche]], auf der sich das System bewegen kann. Die Zustandssumme für ein solches Gas ist das von dieser <math>H(p,q,N,V)=U</math>-Hyperfläche umschlossene Volumen, welches sich als [[Integralrechnung|Zustandsintegral]] schreiben lässt:
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[[Paul Hertz (Physiker)|P. Hertz]], [[Annalen der Physik|Ann. Phys.]] (Leipzig) 33, 225 (1910).
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wobei <math>\theta</math> die [[Heaviside-Funktion]] ist. Damit ist die [[Zustandsdichte]] bestimmt durch:
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:<math>D:=\frac{\mathrm d Z_\mathrm{m}(U,N,V)}{\mathrm dU}=\int\limits_{\R^{6N}} \delta(U- H(p,q,N,V)) \frac{\mathrm d^{3N}p\; \mathrm d^{3N} q}{h^{3N} N!}.</math>
:<math>D:=\frac{\mathrm d Z_\mathrm{m}(U,N,V)}{\mathrm dU}=\int\limits_{\R^{6N}} \delta(U- H(p,q,N,V)) \frac{\mathrm d^{3N}p\; \mathrm d^{3N} q}{h^{3N} N!}.</math>
Hierbei ist <math>\delta</math> die [[Delta-Distribution|Dirac'sche δ-Funktion]]. Wobei gilt:
Hierbei ist <math>\delta</math> die [[Delta-Distribution|Diracsche δ-Funktion]]. Wobei gilt:
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D= \frac{\mathrm d Z_m(U,N,V)}{\mathrm dU} =\lim _{\Delta U \to 0} \frac{z_m}{\Delta U}.
D= \frac{\mathrm d Z_m(U,N,V)}{\mathrm dU} =\lim _{\Delta U \to 0} \frac{z_m}{\Delta U}.
</math><ref>Wolfgang Nolting, Grundkurs Theoretische Physik. Bd.6: Statistische Physik, ISBN 978-3540205050, S. 27</ref>
</math><ref>Wolfgang Nolting, Grundkurs Theoretische Physik. Bd. 6: Statistische Physik, ISBN 978-3540205050, S. 27</ref>


Die [[Wahrscheinlichkeit]], das Gas um einen bestimmten Zustand <math>(p,q)</math> herum anzutreffen, ist:
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Oft findet man auch eine ''andere Definition der mikrokanonische Zustandssumme''. Summiert bzw. integriert wird dann über die Energieschale von <math> U - \Delta U</math> bis <math>U</math> um die <math>U=\mbox{const}</math>-[[Hyperfläche]] des Systems im <math>\Gamma</math>-Raum. Die Schale hat dabei die Breite <math>\Delta U</math>. Die diskrete Variante lautet (wie oben beschrieben):
Oft findet man auch eine ''andere Definition der mikrokanonischen Zustandssumme''. Summiert bzw. integriert wird dann über die Energieschale von <math> U - \Delta U</math> bis <math>U</math> um die <math>U=\mbox{const}</math>-[[Hyperfläche]] des Systems im <math>\Gamma</math>-Raum. Die Schale hat dabei die Breite <math>\Delta U</math>. Die diskrete Variante lautet (wie oben beschrieben):


:<math>z_\mathrm{m} (U,N,V) = \sum_{ U - \Delta U \le E_{\psi} (N,V) \le U } 1,</math>
:<math>z_\mathrm{m} (U,N,V) = \sum_{ U - \Delta U \le E_{\psi} (N,V) \le U } 1,</math>
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:<math>Z_k(N,V,T) = \sum_i\mathrm{e}^{-\frac{E_i}{k_\mathrm{B}T}}</math>
:<math>Z_k(N,V,T) = \sum_i\mathrm{e}^{-\frac{E_i}{k_\mathrm{B}T}}</math>


mit der [[Boltzmann-Konstante]] <math>k_\mathrm{B}.</math>
mit der [[Boltzmann-Konstante]] <math>k_\mathrm{B}</math>. Die kanonische Zustandssumme kann äquivalent geschrieben werden als:
:<math>Z_k(N,V,T) = \int \mathrm dE\, \sum_i \delta(E-E_i) e^{-\frac{E}{k_\mathrm{B}T}}= \int \mathrm dE\,\rho(E) e^{-\frac{E}{k_\mathrm{B}T}} </math>,
wobei die [[Zustandsdichte]]
:<math>\rho(E):=\sum_i \delta(E-E_i)</math>
eingeführt wurde.


Die Besetzungswahrscheinlichkeit eines Mikrozustandes <math>i</math> ist
Die Besetzungswahrscheinlichkeit eines Mikrozustandes <math>i</math> ist
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Das kanonische Zustandsintegral ist
Das kanonische Zustandsintegral im dreidimensionalen Raum ist


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Z_k(N,V,T) = \int \mathrm{e}^{-\frac{H(\mathbf{p,q})}{k_\mathrm{B}T}} \, \frac{\mathrm d\mathbf{p} \;\mathrm d\mathbf{q}}{h^{3N} N!}.
Z_k(N,V,T) = \int \mathrm{e}^{-\frac{H(\mathbf{p,q})}{k_\mathrm{B}T}} \, \frac{\mathrm d^N\mathbf{p} \;\mathrm d^N\mathbf{q}}{h^{3N} N!}.
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Dabei ist <math>H</math> die [[Hamilton-Funktion]]. Der Gibbs-Faktor <math>1/N!</math> stammt von der Ununterscheidbarkeit der Teilchen. Wenn man diesen Faktor wegließe, hätte man stattdessen N unterscheidbare Zustände und im Vergleich <math>(N!)</math> zu viele Mikrozustände, was das [[Gibbssches Paradoxon|Gibbssche Paradoxon]] zur Folge hätte: Zwei durch eine Trennwand getrennte Mengen des gleichen idealen Gases weisen die gleiche [[Temperatur]] und den gleichen [[Druck (Physik)|Druck]] auf. Beim Herausziehen der Trennwand beobachtet man ohne den <math>1/N!</math> Faktor fälschlicherweise eine Entropiezunahme.
Dabei ist <math>H</math> die [[Hamilton-Funktion]]. Der Gibbs-Faktor <math>1/N!</math> stammt von der Ununterscheidbarkeit der Teilchen. Wenn man diesen Faktor wegließe, hätte man stattdessen <math>N</math> unterscheidbare Zustände und im Vergleich <math>N!</math> zu viele Mikrozustände, was das [[Gibbssches Paradoxon|Gibbssche Paradoxon]] zur Folge hätte: Zwei durch eine Trennwand getrennte Mengen des gleichen idealen Gases weisen die gleiche [[Temperatur]] und den gleichen [[Druck (Physik)|Druck]] auf. Beim Herausziehen der Trennwand beobachtet man ohne den <math>1/N!</math> Faktor fälschlicherweise eine Entropiezunahme.


== Großkanonische Zustandssumme ==
== Großkanonische Zustandssumme ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Richard Becker (Physiker)|Richard Becker]] und Wolfgang Ludwig: ''Theorie der Wärme'' (Springer, Berlin, 1988), ISBN 3-540-15383-7  
* [[Richard Becker (Physiker)|Richard Becker]] und Wolfgang Ludwig: ''Theorie der Wärme'' (Springer, Berlin, 1988), ISBN 3-540-15383-7
* [[Torsten Fließbach]]: ''Statistische Physik'' (1995), ISBN 3-86025-715-3 - Eine Einführung in die Statistische Physik und Thermodynamik
* [[Torsten Fließbach]]: ''Statistische Physik'' (1995), ISBN 3-86025-715-3 Eine Einführung in die Statistische Physik und Thermodynamik


[[Kategorie:Statistische Physik]]
[[Kategorie:Statistische Physik]]
[[Kategorie:Thermodynamik]]
[[Kategorie:Thermodynamik]]

Aktuelle Version vom 18. Juli 2021, 15:56 Uhr

Die Zustandssumme $ Z $ ist ein wesentliches Werkzeug der statistischen Physik. Aufgrund des englischen Begriffs partition function wird die Zustandssumme auch Partitionsfunktion genannt[1], die aber nicht mit der Partitionsfunktion aus der Kombinatorik zu verwechseln ist.

Aus einer Zustandssumme (der Funktion, nicht dem Wert) lassen sich alle thermodynamischen Größen ableiten. Wenn die Teilchenzahlen $ N $ groß genug sind, kann man das System auch als kontinuierlich ansehen und die Zustandssummen als Zustandsintegrale formulieren.

Mikrokanonische Zustandssumme

Die mikrokanonische Zustandssumme dient zur Beschreibung eines abgeschlossenen Systems mit konstanter innerer Energie $ U $, Volumen $ V $ und Teilchenzahl $ N $ ohne Austausch mit der Umgebung im thermodynamischen Gleichgewicht. Das zugehörige Ensemble heißt mikrokanonisches Ensemble. Es sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es zwei unterschiedliche Definitionen für die mikrokanonische Zustandssumme gibt: Bei der einen Definition wird über alle Zustände mit Energie kleiner $ U $ summiert und bei der anderen Definition wird lediglich über die Zustände in der Energieschale um $ U $ summiert.

Abzählbare Zustände

Zunächst werden solche Systeme betrachtet, die sich in einem aus einer endlichen oder abzählbaren Zahl von Mikrozuständen befinden können (Systeme mit überabzählbaren / kontinuierlichen Zuständen werden weiter unten diskutiert).

Für derartige Systeme ist (in der ersten Definition) die mikrokanonische Zustandssumme $ Z_{\mathrm {m} }(U,N,V) $ gegeben durch die Zahl jener Mikrozustände $ \psi $ eines abgeschlossenen Systems bei gegebener Energie $ U $, Teilchenzahl $ N $ und Volumen $ V $ (und evtl. weiteren Parametern), deren Gesamtenergie $ E_{\psi }(N,V) $ kleiner oder gleich $ U $ ist:

$ Z_{\mathrm {m} }(U,N,V)=\!\!\!\sum _{E_{\psi }(N,V)\leq U}\!\!\!1. $

In der zweiten verbreiteten Definition der mikrokanonischen Zustandssumme $ z_{\mathrm {m} } $ ist diese gegeben durch die Zahl der Zustände deren Energie $ E_{\psi } $ in dem Intervall $ [U,U+\Delta U] $ liegt:

$ z_{\mathrm {m} }(U,N,V)=\!\!\!\sum _{U<E_{\psi }(N,V)<U+\Delta U}\!\!\!1=Z_{\mathrm {m} }(U+\Delta U,N,V)-Z_{\mathrm {m} }(U,N,V). $

Befindet sich das System im Gleichgewicht (also im Zustand maximaler Entropie), so ist die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten Mikrozustand $ \psi $ anzutreffen:

$ P(\psi |U,N,V)={\begin{cases}{\frac {1}{z_{\mathrm {m} }(U,N,V)}}&{\mbox{falls }}E_{\psi }(N,V)=U,\\0&{\mbox{sonst.}}\\\end{cases}} $

Kontinuierliche Zustände

In der klassischen Mechanik werden häufig Systeme betrachtet, deren Mikrozustand sich kontinuierlich ändern kann. Ein Beispiel ist das ideale Gas. Der $ \Gamma $-Raum (auch Phasenraum genannt) eines idealen Gases bestehend aus $ N $ Teilchen hat $ 6N $ Dimensionen: $ 3N $ Dimensionen für die Ortskoordinaten und $ 3N $ für die Impulskoordinaten. Jeder Punkt $ (p,q) $ im Phasenraum entspricht einem Zustand $ \psi $ des Systems mit Energie $ E_{\psi }=H(p,q,N,V) $, wobei $ H(p,q,N,V) $ die Hamiltonfunktion des Systems mit Teilchenzahl $ N $ und Volumen $ V $ ist. Da die in der Mikrokanonik betrachteten abgeschlossenen Systeme eine konstante Energie haben, ergeben die erlaubten Zustände im $ \Gamma $-Raum eine Hyperfläche, auf der sich das System bewegen kann. Die Zustandssumme für ein solches Gas ist das von dieser $ H(p,q,N,V)=U $-Hyperfläche umschlossene Volumen, welches sich als Zustandsintegral schreiben lässt: [2]

$ Z_{\mathrm {m} }(U,N,V)\;=\int \limits _{H(p,q,N,V)\leq U}{\frac {\mathrm {d} ^{3N}p\;\mathrm {d} ^{3N}q}{h^{3N}N!}}=\int \limits _{\mathbb {R} ^{6N}}\theta (U-H(p,q,N,V)){\frac {\mathrm {d} ^{3N}p\;\mathrm {d} ^{3N}q}{h^{3N}N!}}, $

wobei $ \theta $ die Heaviside-Funktion ist. Damit ist die Zustandsdichte bestimmt durch:

$ D:={\frac {\mathrm {d} Z_{\mathrm {m} }(U,N,V)}{\mathrm {d} U}}=\int \limits _{\mathbb {R} ^{6N}}\delta (U-H(p,q,N,V)){\frac {\mathrm {d} ^{3N}p\;\mathrm {d} ^{3N}q}{h^{3N}N!}}. $

Hierbei ist $ \delta $ die Diracsche δ-Funktion. Wobei gilt:

$ D={\frac {\mathrm {d} Z_{m}(U,N,V)}{\mathrm {d} U}}=\lim _{\Delta U\to 0}{\frac {z_{m}}{\Delta U}}. $[3]

Die Wahrscheinlichkeit, das Gas um einen bestimmten Zustand $ (p,q) $ herum anzutreffen, ist:

$ \mathrm {d} P(p,q|U,N,V)={\frac {1}{z_{\mathrm {m} }(U,N,V)}}\delta (U-H(p,q,N,V)){\frac {\mathrm {d} ^{3N}p\;\mathrm {d} ^{3N}q}{h^{3N}N!}} $

Oft findet man auch eine andere Definition der mikrokanonischen Zustandssumme. Summiert bzw. integriert wird dann über die Energieschale von $ U-\Delta U $ bis $ U $ um die $ U={\mbox{const}} $-Hyperfläche des Systems im $ \Gamma $-Raum. Die Schale hat dabei die Breite $ \Delta U $. Die diskrete Variante lautet (wie oben beschrieben):

$ z_{\mathrm {m} }(U,N,V)=\sum _{U-\Delta U\leq E_{\psi }(N,V)\leq U}1, $

Für kontinuierliche Systeme ist die Zustandssumme dann:

$ z_{\mathrm {m} }(U,N,V)=\int \limits _{U-\Delta U\leq H(p,q,N,V)\leq U}{\frac {\mathrm {d} ^{3N}p\;\mathrm {d} ^{3N}q}{h^{3N}N!}}. $

Für $ N\gg 1 $ nähern sich die Werte von $ Z_{\mathrm {m} } $ und $ z_{\mathrm {m} } $ einander an, da sich fast alle Zustände in der Randschale befinden.

Kanonische Zustandssumme

In der kanonischen Gesamtheit wird nicht die Energie des Systems vorgegeben, sondern die Temperatur. Diese Gesamtheit heißt auch Gibbs-Ensemble (siehe auch Kanonischer Zustand). Die Zustandssumme ist

$ Z_{k}(N,V,T)=\sum _{i}\mathrm {e} ^{-{\frac {E_{i}}{k_{\mathrm {B} }T}}} $

mit der Boltzmann-Konstante $ k_{\mathrm {B} } $. Die kanonische Zustandssumme kann äquivalent geschrieben werden als:

$ Z_{k}(N,V,T)=\int \mathrm {d} E\,\sum _{i}\delta (E-E_{i})e^{-{\frac {E}{k_{\mathrm {B} }T}}}=\int \mathrm {d} E\,\rho (E)e^{-{\frac {E}{k_{\mathrm {B} }T}}} $,

wobei die Zustandsdichte

$ \rho (E):=\sum _{i}\delta (E-E_{i}) $

eingeführt wurde.

Die Besetzungswahrscheinlichkeit eines Mikrozustandes $ i $ ist

$ p_{i}={\frac {1}{Z_{k}(N,V,T)}}\mathrm {e} ^{-{\frac {E_{i}}{k_{\mathrm {B} }T}}}. $

Das kanonische Zustandsintegral im dreidimensionalen Raum ist

$ Z_{k}(N,V,T)=\int \mathrm {e} ^{-{\frac {H(\mathbf {p,q} )}{k_{\mathrm {B} }T}}}\,{\frac {\mathrm {d} ^{N}\mathbf {p} \;\mathrm {d} ^{N}\mathbf {q} }{h^{3N}N!}}. $

Dabei ist $ H $ die Hamilton-Funktion. Der Gibbs-Faktor $ 1/N! $ stammt von der Ununterscheidbarkeit der Teilchen. Wenn man diesen Faktor wegließe, hätte man stattdessen $ N $ unterscheidbare Zustände und im Vergleich $ N! $ zu viele Mikrozustände, was das Gibbssche Paradoxon zur Folge hätte: Zwei durch eine Trennwand getrennte Mengen des gleichen idealen Gases weisen die gleiche Temperatur und den gleichen Druck auf. Beim Herausziehen der Trennwand beobachtet man ohne den $ 1/N! $ Faktor fälschlicherweise eine Entropiezunahme.

Großkanonische Zustandssumme

In der großkanonischen Gesamtheit wird statt der Teilchenzahl $ N $ das chemische Potential $ \mu $ vorgegeben. Die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Mikrozustandes $ i $ ist

$ p_{i}={\frac {1}{Z_{g}(\mu ,V,T)}}\mathrm {e} ^{-{\frac {E_{i}-\mu N_{i}}{k_{\mathrm {B} }T}}}. $

Die Zustandssumme ist

$ Z_{g}(\mu ,V,T)=\sum _{i}\mathrm {e} ^{-{\frac {E_{i}-\mu N_{i}}{k_{\mathrm {B} }T}}}. $

In integraler Schreibweise lautet die Zustandssumme bzw. das Zustandsintegral

$ Z_{g}(\mu ,V,T)=\sum \limits _{N=0}^{\infty }\int \mathrm {e} ^{-{\frac {E(\mathbf {p,q} )-\mu N}{k_{\mathrm {B} }T}}}\,{\frac {\mathrm {d} \mathbf {p} \;\mathrm {d} \mathbf {q} }{h^{3N}N!}}. $

Man kann die großkanonische Zustandssumme aus der kanonischen Zustandssumme und der Fugazität $ z=\exp(\mu /k_{\mathrm {B} }T) $ erhalten:

$ Z_{g}(\mu ,V,T)=\sum \limits _{N=0}^{\infty }Z_{k}(N,V,T)z^{N}=\sum _{N=0}^{\infty }Z_{k}(N,V,T)\,\mathrm {e} ^{\frac {\mu N}{k_{\mathrm {B} }T}}. $

Berechnung der thermodynamischen Potentiale

$ {\begin{alignedat}{3}S(N,V,E)&=&&k_{\mathrm {B} }&&\,\ln Z_{m}(N,V,E)\\F(N,V,T)&=-&&k_{\mathrm {B} }T&&\,\ln Z_{k}(N,V,T)\\\Omega (\mu ,V,T)&=-&&k_{\mathrm {B} }T&&\,\ln Z_{g}(\mu ,V,T)\end{alignedat}} $

Hier ist

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Florian Scheck: Theoretische Physik 5: Statistische Theorie der Wärme. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-79823-1, S. 98 (online).
  2. P. Hertz, Ann. Phys. (Leipzig) 33, 225 (1910). P. Hertz, Ann. Phys. (Leipzig) 33, 537 (1910).
  3. Wolfgang Nolting, Grundkurs Theoretische Physik. Bd. 6: Statistische Physik, ISBN 978-3540205050, S. 27

Literatur

  • Richard Becker und Wolfgang Ludwig: Theorie der Wärme (Springer, Berlin, 1988), ISBN 3-540-15383-7
  • Torsten Fließbach: Statistische Physik (1995), ISBN 3-86025-715-3 – Eine Einführung in die Statistische Physik und Thermodynamik

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