Isentropenexponent

Isentropenexponent

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Spezialfälle der polytropen Zustandsänderung
n = 0: isobar, n = 1: isotherm, n = κ: isentrop,
n = ∞: isochor

Der Isentropenexponent (auch Adiabatenexponent genannt), bezeichnet mit dem Symbol $ \kappa $ oder $ \gamma $, ist das Verhältnis der Wärmekapazität von Gasen bei konstantem Druck (Cp) und bei konstantem Volumen (CV):

$ \kappa ={\frac {C_{p}}{C_{V}}} $

$ \kappa $ ist eine Materialeigenschaft und ergibt sich auch als Quotient der massebezogenen Wärmekapazität, wie auch der molaren Wärmekapazität. Seinen Namen erhielt $ \kappa $ als Exponent in der Isentropengleichung oder Adiabatengleichung für ideale Gase:

$ \ pV^{\kappa }=\mathrm {const.} $

Isentrope Zustandsänderungen sind adiabat und reversibel und lassen damit die Entropie konstant. Sie treten z. B. näherungsweise bei großräumigen Luftströmungen auf, weshalb man κ in der Meteorologie auch oft als Adiabatenexponent, Adiabatenkoeffizient oder Adiabatenindex bezeichnet. In der Technik ist in der Regel eine adiabate Zustandsänderung (z. B. in einer Dampfturbine) nicht reversibel, da Reibungs-, Drossel- und Stoßvorgänge Entropie produzieren (vergl. „Adiabate Maschine“ und „Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik“). Diese Zustandsänderungen lassen sich näherungsweise durch eine Polytrope mit einem Polytropenexponenten n beschreiben, der sich von κ unterscheidet. Die Isentrope ist der Spezialfall einer Polytrope mit $ n=\kappa $ (vergl. Bild).

Isentropenexponent für Gase bei Normaldruck[1]
Temp Gas κ Temp Gas κ Temp Gas κ
–200 °C H2[2] 1,65 0 °C Luft
trocken
1,40 –180 °C N2 1,43
–73 °C 1,44 400 °C 1,37 20 °C 1,40
20 °C 1,41 1000 °C 1,32 500 °C 1,36
1000 °C 1,36 2000 °C 1,30 1000 °C 1,32
2000 °C 1,31 −55 °C CO2 1,35 2000 °C 1,30
–250 °C
bis
1500 °C
He 1,67 20 °C 1,29 –73 °C CH4 1,34
400 °C 1,24 20 °C 1,31
1000 °C 1,18 350 °C 1,18
100 °C H2O 1,33 2000 °C 1,16 1000 °C 1,11
200 °C 1,32 20 °C CO 1,40 20 °C NH3 1,29
500 °C 1,28 1000 °C 1,32 450 °C 1,20
1000 °C 1,23 2000 °C 1,29 0 °C bis
500 °C
Ne, Ar
Xe, Kr
1,67
2000 °C 1,19 –180 °C O2 1,44
20 °C NO 1,37 20 °C 1,40 20 °C SO2 1,28
2000 °C 1,29 400 °C 1,34 250 °C 1,22
20 °C N2O 1,28 1000 °C 1,31 15 °C C2H6 1,20
20 °C NO2 1,29 2000 °C 1,28 15 °C C3H8 1,13
Isentropenexponent für superkritische Gase bei 200 bar Druck [1]
Temp Gas κ Temp Gas κ Temp Gas κ
126,2 K N2 2,07 154,6 K O2 2,25 304,1 K CO2 2,36
300 K 1,67 300 K 1,77 500 K 1,50
600 K 1,43 600 K 1,41 700 K 1,28
2000 K 1,30 1000 K 1,33 1100 K 1,20
638,9 K H2O 10,7 5,2 K He 1,13 126,2 K Ar 2,07
700 K 1,95 300 K 1,65 300 K 2,23
900 K 1,41 700 K 1,66 500 K 1,81
1200 K 1,28 1500 K 1,66 700 K 1,72
33,15 K H2 1,51 132,9 K CO 2,54 190,6 K CH4 2,00
300 K 1,42 300 K 1,69 300 K 1,91
600 K 1,39 400 K 1,53 400 K 1,47
1000 K 1,38 500 K 1,47 600 K 1,24

Der Isentropenexponent bestimmt auch die Schallgeschwindigkeit, da die mit dem Schall verbundenen raschen Druck- und Dichteschwankungen näherungsweise isentrop verlaufen.

Der Wert des Isentropenexponenten hängt vom Freiheitsgrad der Gasteilchen ab. Gasmoleküle mit mehr Atomen besitzen einen höheren Freiheitsgrad. Der Freiheitsgrad setzt sich zusammen aus Translations-, Rotations- und Schwingungsfreiheitsgrad. Translation ist bei allen Temperaturen angeregt, Rotation erst ab mittleren, Vibration erst bei höheren Temperaturen. Anders gesagt: mit abnehmender Temperatur „frieren“ immer mehr Freiheitsgrade ein. Deshalb weist die Wärmekapazität von mehratomigen Gasen eine starke Temperaturabhängigkeit auf. Auch der Isentropenexponent mehratomiger Gasmoleküle ist stark temperaturabhängig, da die Gaskonstante, also die Differenz zwischen isobarer und isochorer Wärmekapazität bei allen Gasen über einen großen Temperaturbereich konstant bleibt.

$ \kappa ={\frac {C_{p}}{C_{V}}}={\frac {f+2}{f}} $

Die Zahl der Freiheitsgrade eines Gasmoleküls ist von der Geometrie und der Bindungsstärke der Atome abhängig.

$ f=3\cdot N-r $

Der Freiheitsgrad eines Körpers gibt an, wie viele Bewegungsmöglichkeiten dieser Körper innerhalb eines Koordinatensystems hat. Der einzelne Massenpunkt hat 3 Freiheitsgrade, er kann sich entlang der x-, y- und z-Achse im Raum bewegen. Er hat keine Rotationsfreiheitsgrade, denn ein Punkt kann sich nicht drehen. Ein System von N Punkten hat 3N Freiheitsgrade. Liegen zwischen den Punkten r starre Bindungen vor, so reduziert sich die Anzahl der Freiheitsgrade auf $ 3\cdot N-r $.[3]

Trockene Luft hat einen Isentropenexponent von etwa 1,4. Dies entspricht dem theoretischen Wert für 3 Translations- und 2 Rotationsfreiheitsgrade, da bei zweiatomigen Molekülen eine Rotation um die Verbindungsachse nicht möglich ist. Eigenschwingungen werden beim Luftmolekül unter Normalbedingungen noch nicht angeregt. Bei viel höheren Temperaturen kommt es durch Dissoziation und Ionisation zu noch mehr Freiheitsgraden. Bei feuchter Luft kann es bei Expansion z. B. infolge der Abkühlung zum Wasserausfall kommen: durch die freiwerdende Kondensationswärme wird der Exponent niedriger. Messen lässt sich der Isentropenexponent mit Hilfe des Rüchardt-Experiments.

Molare Wärmekapazität $ C_{\mathrm {p(mol)} },C_{\mathrm {V(mol)} } $; Isentropenexponent $ \kappa $; Freiheitsgrad $ f $
von Gasen bei Normalbedingung
Molekül $ C_{\mathrm {V(mol)} } $ $ C_{\mathrm {p(mol)} } $ $ \kappa ={\tfrac {C_{p}}{C_{v}}} $ $ f=3\cdot N-r $ Beispiele
1-atomige Gase $ {\frac {3}{2}}\cdot R $ $ {\frac {5}{2}}\cdot R $ $ {\frac {5}{3}}=1{,}{\overline {6}} $ $ 3=3\cdot 1-0 $ Helium, Argon
2-atomige Gase $ {\frac {5}{2}}\cdot R $ $ {\frac {7}{2}}\cdot R $ $ {\frac {7}{5}}=1{,}4 $ $ 5=3\cdot 2-1 $ Stickstoff, Sauerstoff,
Wasserstoff, Kohlenmonoxid
3-atomige Gase, starres Molekül $ {\frac {6}{2}}\cdot R $ $ {\frac {8}{2}}\cdot R $ $ {\frac {8}{6}}=1{,}{\overline {3}} $ $ 6=3\cdot 3-3 $ Wasserdampf bei 373,124 K, Schwefelwasserstoff
3-atomige Gase,
nicht starres Molekül
$ {\frac {7}{2}}\cdot R $ $ {\frac {9}{2}}\cdot R $ $ {\frac {9}{7}}\approx 1{,}29 $ $ 7=3\cdot 3-2 $ Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Stickoxide
$ R=C_{\mathrm {p(mol)} }-C_{\mathrm {V(mol)} } $; (Gaskonstante = 8,314 J/molK)

Literatur

  • Alfred Böge: Handbuch Maschinenbau. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-1025-0.

Weblinks

Quellen

  1. 1,0 1,1 NIST Standard Reference Database Number 69
  2. Engineering Toolbox: Hochtemperatur-cp-Werte
  3. dtv-Atlas zur Physik; Mechanik, Akustik, Thermodynamik, Optik. Band 1, München 1987ff, ISBN 3-423-03226-X, S. 49 und 109.

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