Wignerfunktion: Unterschied zwischen den Versionen

Wignerfunktion: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Wignerfunktion''' (Wigner-Quasi-[[Wahrscheinlichkeitsverteilung]]) wurde 1932 von [[Eugene Wigner]] eingeführt, um [[Quantenmechanik|Quantenkorrekturen]] der klassischen [[Statistische Mechanik|Statistischen Mechanik]] zu untersuchen. Das Ziel bestand darin, die [[Wellenfunktion]] der [[Schrödingergleichung]] durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung im [[Phasenraum]] zu ersetzen. Eine solche Verteilung wurde unabhängig 1931 von [[Hermann Weyl]] als [[Dichtematrix]] in der [[Darstellungstheorie]] gefunden. Ein weiteres Mal wurde sie durch J. Ville 1948 als quadratische (als Funktion des Signals) Darstellung der örtlichen Zeit-Frequenz Energie eines Signals entdeckt. Diese Verteilung ist auch unter den Namen „Wignerfunktion“, „Wigner-Weyl-Transformation“ oder „Wigner-Ville-Verteilung“ bekannt. Sie findet Anwendung in der Statistischen Mechanik, [[Quantenchemie]], [[Quantenoptik]], [[Optik|klassischen Optik]] und der [[Signalanalyse]] in einer Reihe von Gebieten wie der [[Elektrotechnik]], [[Seismologie]], [[Biologie]] und Motorendesign.
Die '''Wignerfunktion''' (Wigner-Quasi-[[Wahrscheinlichkeitsverteilung]]) wurde 1932 von [[Eugene Wigner]] eingeführt, um [[Quantenmechanik|Quantenkorrekturen]] der klassischen [[Statistische Mechanik|Statistischen Mechanik]] zu untersuchen. Das Ziel bestand darin, die [[Wellenfunktion]] der [[Schrödingergleichung]] durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung im [[Phasenraum]] zu ersetzen. Eine solche Verteilung wurde unabhängig 1931 von [[Hermann Weyl]] als [[Dichtematrix]] in der [[Darstellungstheorie]] gefunden. Ein weiteres Mal wurde sie durch J. Ville 1948 als quadratische (als Funktion des Signals) Darstellung der örtlichen Zeit-Frequenz Energie eines Signals entdeckt. Diese Verteilung ist auch unter den Namen „Wignerfunktion“, „Wigner-Weyl-Transformation“ oder „Wigner-Ville-Verteilung“ bekannt. Sie findet Anwendung in der Statistischen Mechanik, [[Quantenchemie]], [[Quantenoptik]], [[Optik|klassischen Optik]] und der [[Signalanalyse]], sowie in einer Reihe von Gebieten der [[Elektrotechnik]], [[Seismologie]], [[Biologie]] und Motorendesign.


Ein klassisches Teilchen besitzt eine definierte Lage und Impuls und kann daher durch einen Punkt im Phasenraum dargestellt werden. Für ein [[Ensemble (Physik)|Ensemble]] von Teilchen lässt sich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, die die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der sich ein Teilchen an einem bestimmten Ort im Phasenraum befindet. Dies ist jedoch nicht für ein Quantenteilchen möglich, welches der [[Heisenbergsche Unschärferelation|Unschärferelation]] genügen muss. Stattdessen lässt sich eine Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, die notwendigerweise nicht alle Eigenschaften einer gewöhnlichen Wahrscheinlichkeitsverteilung aufweist. Die Wignerverteilung kann zum Beispiel für nicht-klassische Zustände negative Werte annehmen und kann daher verwendet
Ein klassisches Teilchen besitzt eine definierte Lage und einen definierten Impuls und kann daher durch einen Punkt im Phasenraum dargestellt werden. Für ein [[Ensemble (Physik)|Ensemble]] von Teilchen lässt sich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, die die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der sich ein Teilchen an einem bestimmten Ort im Phasenraum befindet. Dies ist jedoch nicht für ein Quantenteilchen möglich, welches der [[Heisenbergsche Unschärferelation|Unschärferelation]] genügen muss. Stattdessen lässt sich eine Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, die notwendigerweise nicht alle Eigenschaften einer gewöhnlichen Wahrscheinlichkeitsverteilung aufweist. Die Wignerverteilung kann zum Beispiel für nicht-klassische Zustände negative Werte annehmen und kann daher verwendet
werden, um solche Zustände zu identifizieren.
werden, um solche Zustände zu identifizieren.


Die Wignerverteilung ''P''(''x'', ''p'') wird definiert als:
Die Wignerverteilung <math>P(x, p)</math> wird definiert als:


:<math> P(x,p)=\frac{1}{\pi\hbar}\int_{-\infty}^{\infty}dy\, \psi^*(x+y)\psi(x-y)e^{2ipy/\hbar}</math>
:<math> P(x,p)=\frac{1}{\pi\hbar}\int_{-\infty}^{\infty}dy\, \psi^*(x+y)\psi(x-y)e^{2ipy/\hbar}</math>


mit der Wellenfunktion &psi; und dem Ort, x, sowie Impuls, p. Letztere können aber auch ein beliebiges Paar konjugierter Variablen sein (z.&#x202f;B. Real- und Imaginärteil des elektrischen Feldes oder Frequenz und Dauer eines Signals). Die Verteilung ist symmetrisch in x und p:
mit der Wellenfunktion <math>\psi</math> und dem Ort, <math>x</math>, sowie Impuls, <math>p</math>. Letztere können aber auch ein beliebiges Paar konjugierter Variablen sein (z.&#x202f;B. Real- und Imaginärteil des elektrischen Feldes oder Frequenz und Dauer eines Signals). Die Verteilung ist symmetrisch in <math>x</math> und <math>p</math>:


:<math> P(x,p)=\frac{1}{\pi\hbar}\int_{-\infty}^{\infty}dq\, \phi^*(p+q)\phi(p-q)e^{-2ixq/\hbar}</math>
:<math> P(x,p)=\frac{1}{\pi\hbar}\int_{-\infty}^{\infty}dq\, \phi^*(p+q)\phi(p-q)e^{-2ixq/\hbar}</math>


wobei &Phi; die [[Fouriertransformation|Fouriertransformierte]] von &Psi; ist.
wobei <math>\phi</math> die [[Fouriertransformation|Fouriertransformierte]] von <math>\psi</math> ist.


Für einen gemischten Zustand:
Für einen gemischten Zustand:
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:<math> P(x,p)=\frac{1}{\pi\hbar}\int_{-\infty}^{\infty}dy\, \langle x-y| \hat{\rho} |x+y \rangle e^{2ipy/\hbar}</math>
:<math> P(x,p)=\frac{1}{\pi\hbar}\int_{-\infty}^{\infty}dy\, \langle x-y| \hat{\rho} |x+y \rangle e^{2ipy/\hbar}</math>


wobei &rho; die Dichtematrix bezeichnet.
wobei <math>\hat{\rho}</math> die Dichtematrix bezeichnet.


== Mathematische Eigenschaften ==
== Mathematische Eigenschaften ==
1.  <math>P(x, p)</math> ist reell.


1. ''P''(''x'', ''p'') ist reell
2.  Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen von <math>x</math> und <math>p</math> ergeben sich aus:
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P(x,p)=\langle x|\hat{\rho}|x \rangle </math>. Wenn sich das System durch einen [[Reiner Zustand|reinen Zustand]] beschreiben lässt, folgt <math>\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P(x,p)= |\psi(x)|^2 </math>.
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\,P(x,p)=\langle p|\hat{\rho}|p \rangle</math>. Wenn sich das System durch einen reinen Zustand beschreiben lässt, folgt <math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\,P(x,p)=|\phi(p)|^2</math>.
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P(x,p)=\operatorname{Spur}(\hat{\rho})</math>.
*Die Spur von <math>\hat{\rho}</math> ist gewöhnlich gleich 1.
*Aus 1. und 2. folgt, dass <math>P(x,p)</math> an einigen Stellen negativ ist, falls es sich nicht um einen [[kohärenter Zustand|kohärenten Zustand]] (oder eine Mischung kohärenter Zustände) oder nicht um einen [[Gequetschter Zustand|gequetschten Vakuumzustand]] handelt.


2Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen von ''x'' und ''p'' ergeben sich aus:
3.  <math>P(x, p)</math> besitzt die folgenden Symmetrien:
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P(x,p)=\langle x|\hat{\rho}|x \rangle </math>. Wenn sich das System durch einen [[reiner Zustand|reinen Zustand]] beschreiben lässt, folgt <math>\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P(x,p)= |\psi(x)|^2 </math>.
*Zeitumkehr: <math>\psi(x) \rightarrow \psi(x)^* \Rightarrow P(x,p) \rightarrow P(x,-p)</math>.
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\,P(x,p)=\langle p|\hat{\rho}|p \rangle</math>. Wenn sich das System durch einen reinen Zustand beschreiben lässt, folgt <math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\,P(x,p)=|\phi(p)|^2</math>
*Raumspiegelung: <math>\psi(x) \rightarrow \psi(-x) \Rightarrow P(x,p) \rightarrow P(-x,-p)</math>.
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P(x,p)=\operatorname{Spur}(\hat{\rho})</math>
*Die Spur von &rho; ist gewöhnlich gleich 1.
*Aus 1. und 2. folgt, dass P(x,p) an einigen Stellen negativ ist, falls es sich nicht um einen [[kohärenter Zustand|kohärenten Zustand]] (oder eine Mischung kohärenter Zustände) oder nicht um einen [[gequetschter Zustand|gequetschten Vakuumzustand]] handelt.


3''P''(''x'', ''p'') besitzt die folgenden Symmetrien:
4.  <math>P(x, p)</math> ist [[Galilei-Invarianz|Galilei-invariant]]:
*Zeitumkehr: <math>\psi(x) \rightarrow \psi(x)^* \Rightarrow P(x,p) \rightarrow P(x,-p)</math>
*<math>\psi(x) \rightarrow \psi(x+y) \Rightarrow P(x,p) \rightarrow P(x+y,p)</math>.
*Raumspiegelung: <math>\psi(x) \rightarrow \psi(-x) \Rightarrow P(x,p) \rightarrow P(-x,-p)</math>
 
4.  ''P''(''x'', ''p'') ist [[Galilei-Invarianz|galilei-invariant]]:
*<math>\psi(x) \rightarrow \psi(x+y) \Rightarrow P(x,p) \rightarrow P(x+y,p)</math>
*Sie ist nicht invariant unter der [[Lorentztransformation]].
*Sie ist nicht invariant unter der [[Lorentztransformation]].


5. Die Bewegungsgleichung eines Punktes im Phasenraum ist ohne Kräfte klassisch:
5. Die Bewegungsgleichung eines Punktes im Phasenraum ist ohne Kräfte klassisch:
*<math>\frac{\partial P(x,p)}{\partial t}=\frac{-p}{m}\frac{\partial P(x,p)}{\partial x}
*<math>\frac{\partial P(x,p)}{\partial t}=\frac{-p}{m}\frac{\partial P(x,p)}{\partial x}
</math>
</math>.
6. Die Überlappung zweier Zustände berechnet sich als:
6. Die Überlappung zweier Zustände berechnet sich als:
*<math>|\langle \psi|\theta \rangle|^2=2\pi\hbar\int_{-\infty}^{\infty}dx\,\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P_{\psi}(x,p)P_{\theta}(x,p)</math>
*<math>|\langle \psi|\theta \rangle|^2=2\pi\hbar\int_{-\infty}^{\infty}dx\,\int_{-\infty}^{\infty}dp\,P_{\psi}(x,p)P_{\theta}(x,p)</math>.


7.  Operatoren und Erwartungswerte (Mittelwerte) werden folgendermaßen berechnet:
7.  Operatoren und Erwartungswerte (Mittelwerte) werden folgendermaßen berechnet:
*<math>A(x,p)=\int_{-\infty}^{\infty}dy\, \langle x-y/2| \hat{A} |x+y/2 \rangle e^{ipy/\hbar}</math>
*<math>A(x,p)=\int_{-\infty}^{\infty}dy\, \langle x-y/2| \hat{A} |x+y/2 \rangle e^{ipy/\hbar}</math>.
*<math>\langle \psi|\hat{A}|\psi\rangle=Tr(\hat{\rho}\hat{A})=\int_{-\infty}^{\infty}dx\, \int_{-\infty}^{\infty}dp P(x,p)A(x,p)
*<math>\langle \psi|\hat{A}|\psi\rangle=Tr(\hat{\rho}\hat{A})=\int_{-\infty}^{\infty}dx\, \int_{-\infty}^{\infty}dp P(x,p)A(x,p)
</math>
</math>.


8.  Damit ''P''(''x'', ''p'') physikalische (positive) Dichtematrizen beschreibt, muss gelten:
8.  Damit <math>P(x, p)</math> physikalische (positive) Dichtematrizen beschreibt, muss gelten:
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\, \int_{-\infty}^{\infty}dp\, P(x,p)P_{\theta}(x,p)\ge 0</math>
*<math>\int_{-\infty}^{\infty}dx\, \int_{-\infty}^{\infty}dp\, P(x,p)P_{\theta}(x,p)\ge 0</math>
wobei |&theta;> ein reiner Zustand ist.
wobei <math>|\theta \rangle</math> ein reiner Zustand ist.


== Anwendung der Wignerfunktion außerhalb der Quantenmechanik ==
== Anwendung außerhalb der Quantenmechanik ==
 
* In der Modellierung optischer Systeme wie Teleskope oder Glasfasern in Geräten zur Telekommunikation füllt die Wignerfunktion die Lücke zwischen dem einfachen [[Raytracing#Weitere Anwendungsgebiete|Ray tracing]] und der vollständigen Wellenanalyse des Systems. Dabei wird in der Näherung kleiner Winkel (paraxial) <math>p / \hbar</math> durch  <math>k=|k| \sin \theta \approx |k| \theta</math> ersetzt. In diesem Zusammenhang ist die Wignerfunktion die beste Näherung zu einer Beschreibung des Systems mit Hilfe von Strahlen mit dem Ort <math>x</math> und Winkel <math>\theta</math> unter Einschluss von Interferenzeffekten. Falls diese negative Werte an irgendeinem Punkt annimmt, lässt sich das System nicht mit der einfachen Raytracing-Methode beschreiben.
* In der Modellierung optischer Systeme wie Teleskope oder Glasfasern in Geräten zur Telekommunikation füllt die Wignerfunktion die Lücke zwischen dem einfachen [[Raytracing#Weitere Anwendungsgebiete|Ray tracing]] und der vollständigen Wellenanalyse des Systems. Dabei wird in der Näherung kleiner Winkel (paraxial) <math>p / \hbar</math> durch  ''k''=|''k''|sin&theta;≈|''k''|&theta; ersetzt. In diesem Zusammenhang ist die Wignerfunktion die beste Näherung zu einer Beschreibung des Systems mit Hilfe von Strahlen mit dem Ort ''x'' und Winkel &theta; unter Einschluss von Interferenzeffekten. Falls diese negative Werte an irgendeinem Punkt annimmt, lässt sich das System nicht mit der einfachen Raytracing-Methode beschreiben.
* In der Signalanalyse wird ein zeitabhängiges elektrisches Signal, mechanische Vibrationen oder Schallwellen durch die Wignerfunktion dargestellt. Dabei wird <math>x</math> durch die Zeit und <math>p / \hbar</math> durch die Kreisfrequenz <math>\omega = 2\pi f</math> ersetzt.  Hierbei bezeichnet <math>f</math> die gewöhnliche Frequenz.
* In der Signalanalyse wird ein zeitabhängiges elektrisches Signal, mechanische Vibrationen oder Schallwellen durch die Wignerfunktion dargestellt. Dabei wird ''x'' durch die Zeit und <math>p / \hbar</math> durch die Kreisfrequenz &omega;=2&pi;''f'' ersetzt.  Hierbei bezeichnet ''f'' die gewöhnliche Frequenz.
* Auf dem Gebiet der ultraschnellen Optik werden [[Pulslaser|kurze Laserpulse]] durch die Wignerfunktion mittels der gleichen Substitution von Frequenz und Zeit charakterisiert. Bestimmte Pulseigenschaften wie ein [[Chirp]] (Änderung der Frequenz mit der Zeit) lassen sich durch die Wignerfunktion darstellen.
* Auf dem Gebiet der ultraschnellen Optik werden [[Pulslaser|kurze Laserpulse]] durch die Wignerfunktion mittels der gleichen Substitution von Frequenz und Zeit charakterisiert. Bestimmte Pulseigenschaften wie ein [[Chirp]] (Änderung der Frequenz mit der Zeit) lassen sich durch die Wignerfunktion darstellen.
* In der Quantenoptik werden ''x'' und <math>p / \hbar</math> durch ''X'' und ''P'' Quadraturen ersetzt, welche den Real- und Imaginärteil des elektrischen Feldes bezeichnen (siehe [[kohärenter Zustand]]).
* In der Quantenoptik werden <math>x</math> und <math>p / \hbar</math> durch <math>X</math> und <math>P</math> Quadraturen ersetzt, welche den Real- und Imaginärteil des elektrischen Feldes bezeichnen (siehe [[kohärenter Zustand]]).


== Messung der Wignerfunktion ==
== Messung ==
*[[Tomographie]]
*[[Tomographie]]
*[[Homodyne Detektion]]
*[[Homodyne Detektion]]
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== Weitere Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilungen ==
== Weitere Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilungen ==
 
Die Wignerverteilung war die erste Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung, aber viele weitere mit verschiedenen Vorteilen folgten, darunter:
Die Wignerverteilung war die erste Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung aber viele weitere mit verschiedenen Vorteilen folgten, darunter:
* [[Glauber P Darstellung]],
* [[Glauber P Darstellung]]
* [[Husimi Q Darstellung]].
* [[Husimi Q Darstellung]]


== Historische Anmerkung ==
== Historische Anmerkung ==
Wie in der Einleitung angeführt, wurde die Wignerfunktion viele Male unabhängig in verschiedenen Zusammenhängen gefunden. Tatsächlich scheint es so, dass Wigner nicht wusste, dass diese Funktion selbst innerhalb der Quantentheorie zuvor von [[Werner Heisenberg|Heisenberg]] und [[Paul Dirac|Dirac]] eingeführt worden war. Diese sahen jedoch nicht deren Bedeutung und glaubten, dass diese Funktion lediglich eine Näherung der exakten quantenmechanischen Beschreibung des Systems war. Im Übrigen wurde Dirac später der Schwager von Wigner (siehe Literatur).
Wie in der Einleitung angeführt, wurde die Wignerfunktion viele Male unabhängig in verschiedenen Zusammenhängen gefunden. Tatsächlich scheint es so, dass Wigner nicht wusste, dass diese Funktion selbst innerhalb der Quantentheorie zuvor von [[Werner Heisenberg|Heisenberg]] und [[Paul Dirac|Dirac]] eingeführt worden war. Diese sahen jedoch nicht deren Bedeutung und glaubten, dass diese Funktion lediglich eine Näherung der exakten quantenmechanischen Beschreibung des Systems war. Im Übrigen wurde Dirac später der Schwager von Wigner (siehe Literatur).
== Siehe auch ==
* [[Heisenberggruppe]]
* [[Quantentomographie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
*{{Literatur
*{{Literatur
|Autor = E.P. Wigner
  |Autor=E.P. Wigner
|Titel = On the quantum correction for thermodynamic equilibrium
  |Titel=On the quantum correction for thermodynamic equilibrium
|Sammelwerk = Phys. Rev.
  |Sammelwerk=Phys. Rev.
|Band = 40
  |Band=40
|Jahr = 1932
  |Datum=1932-06
|Monat = Juni
  |Seiten=749–759}}
|Seiten = 749–759
}}
*{{Literatur
*{{Literatur
|Autor = H. Weyl
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|Titel = Quantenmechanik und Gruppentheorie
  |Titel=Quantenmechanik und Gruppentheorie
|Sammelwerk = Z. Phys.
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|Band = 46
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*{{Literatur
*{{Literatur
|Autor = H. Weyl
  |Autor=H. Weyl
|Titel = Gruppentheorie und Quantenmechanik
  |Titel=Gruppentheorie und Quantenmechanik
|Verlag = S. Hirzel
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|Jahr = 1928
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*{{Literatur
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|Autor = H. Weyl
  |Autor=H. Weyl
|Titel = The Theory of Groups and Quantum Mechanics
  |Titel=The Theory of Groups and Quantum Mechanics
|Verlag = Dover
  |Verlag=Dover
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  |Ort=New York
|Jahr = 1931
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*{{Literatur
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|Autor = J. Ville
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|Titel = Théorie et Applications de la Notion de Signal Analytique
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|Sammelwerk = Cables et Transmission
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  |Nummer=1
|Jahr = 1948
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*{{Literatur
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|Autor = W. Heisenberg
  |Autor=[[Werner Heisenberg|W. Heisenberg]]
|Titel = Über die inkohärente Streuung von Röntgenstrahlen
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|Sammelwerk = Physik. Zeitschr.
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|Band = 32
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|Seiten = 737–740
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*{{Literatur
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|Autor = P.A.M. Dirac
  |Autor=[[Paul Dirac|P.A.M. Dirac]]
|Titel = Note on exchange phenomena in the Thomas atom
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|Sammelwerk = Proc. Camb. Phil. Soc.
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|Band = 26
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|Jahr = 1930
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|Seiten = 376–395
  |Seiten=376–395}}
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*{{Literatur
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|Autor = C. Zachos, D. Fairlie, T. Curtright
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|Titel = Quantum  Mechanics in Phase Space
  |Titel=Quantum  Mechanics in Phase Space
|Verlag = World Scientific
  |Verlag=World Scientific
|Ort = Singapore
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|Jahr = 2005
  |Datum=2005
|Seiten = 737–740
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}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://qis.ucalgary.ca/quantech/wiggalery.php A gallery of Wigner functions] at Department of Physics  and Astronomy, University of Calgary
* [http://qis.ucalgary.ca/quantech/wiggalery.php A gallery of Wigner functions] at Department of Physics  and Astronomy, University of Calgary
* [http://gerdbreitenbach.de/gallery/ A Gallery of Quantum States]
* [http://gerdbreitenbach.de/gallery/ A Gallery of Quantum States]
 
* [http://www.spektrum.de/lexikon/physik/wigner-verteilung/15623/ Wigner-Verteilung]
[[Kategorie:Quantenmechanik]]
[[Kategorie:Quantenmechanik]]

Aktuelle Version vom 19. September 2020, 10:58 Uhr

Wignerfunktionen von Fock-Zuständen mit 0 (a), 1 (b) und 5 (c) Photonen.

Die Wignerfunktion (Wigner-Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung) wurde 1932 von Eugene Wigner eingeführt, um Quantenkorrekturen der klassischen Statistischen Mechanik zu untersuchen. Das Ziel bestand darin, die Wellenfunktion der Schrödingergleichung durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung im Phasenraum zu ersetzen. Eine solche Verteilung wurde unabhängig 1931 von Hermann Weyl als Dichtematrix in der Darstellungstheorie gefunden. Ein weiteres Mal wurde sie durch J. Ville 1948 als quadratische (als Funktion des Signals) Darstellung der örtlichen Zeit-Frequenz Energie eines Signals entdeckt. Diese Verteilung ist auch unter den Namen „Wignerfunktion“, „Wigner-Weyl-Transformation“ oder „Wigner-Ville-Verteilung“ bekannt. Sie findet Anwendung in der Statistischen Mechanik, Quantenchemie, Quantenoptik, klassischen Optik und der Signalanalyse, sowie in einer Reihe von Gebieten der Elektrotechnik, Seismologie, Biologie und Motorendesign.

Ein klassisches Teilchen besitzt eine definierte Lage und einen definierten Impuls und kann daher durch einen Punkt im Phasenraum dargestellt werden. Für ein Ensemble von Teilchen lässt sich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, die die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der sich ein Teilchen an einem bestimmten Ort im Phasenraum befindet. Dies ist jedoch nicht für ein Quantenteilchen möglich, welches der Unschärferelation genügen muss. Stattdessen lässt sich eine Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, die notwendigerweise nicht alle Eigenschaften einer gewöhnlichen Wahrscheinlichkeitsverteilung aufweist. Die Wignerverteilung kann zum Beispiel für nicht-klassische Zustände negative Werte annehmen und kann daher verwendet werden, um solche Zustände zu identifizieren.

Die Wignerverteilung $ P(x,p) $ wird definiert als:

$ P(x,p)={\frac {1}{\pi \hbar }}\int _{-\infty }^{\infty }dy\,\psi ^{*}(x+y)\psi (x-y)e^{2ipy/\hbar } $

mit der Wellenfunktion $ \psi $ und dem Ort, $ x $, sowie Impuls, $ p $. Letztere können aber auch ein beliebiges Paar konjugierter Variablen sein (z. B. Real- und Imaginärteil des elektrischen Feldes oder Frequenz und Dauer eines Signals). Die Verteilung ist symmetrisch in $ x $ und $ p $:

$ P(x,p)={\frac {1}{\pi \hbar }}\int _{-\infty }^{\infty }dq\,\phi ^{*}(p+q)\phi (p-q)e^{-2ixq/\hbar } $

wobei $ \phi $ die Fouriertransformierte von $ \psi $ ist.

Für einen gemischten Zustand:

$ P(x,p)={\frac {1}{\pi \hbar }}\int _{-\infty }^{\infty }dy\,\langle x-y|{\hat {\rho }}|x+y\rangle e^{2ipy/\hbar } $

wobei $ {\hat {\rho }} $ die Dichtematrix bezeichnet.

Mathematische Eigenschaften

1. $ P(x,p) $ ist reell.

2. Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen von $ x $ und $ p $ ergeben sich aus:

  • $ \int _{-\infty }^{\infty }dp\,P(x,p)=\langle x|{\hat {\rho }}|x\rangle $. Wenn sich das System durch einen reinen Zustand beschreiben lässt, folgt $ \int _{-\infty }^{\infty }dp\,P(x,p)=|\psi (x)|^{2} $.
  • $ \int _{-\infty }^{\infty }dx\,P(x,p)=\langle p|{\hat {\rho }}|p\rangle $. Wenn sich das System durch einen reinen Zustand beschreiben lässt, folgt $ \int _{-\infty }^{\infty }dx\,P(x,p)=|\phi (p)|^{2} $.
  • $ \int _{-\infty }^{\infty }dx\int _{-\infty }^{\infty }dp\,P(x,p)=\operatorname {Spur} ({\hat {\rho }}) $.
  • Die Spur von $ {\hat {\rho }} $ ist gewöhnlich gleich 1.
  • Aus 1. und 2. folgt, dass $ P(x,p) $ an einigen Stellen negativ ist, falls es sich nicht um einen kohärenten Zustand (oder eine Mischung kohärenter Zustände) oder nicht um einen gequetschten Vakuumzustand handelt.

3. $ P(x,p) $ besitzt die folgenden Symmetrien:

  • Zeitumkehr: $ \psi (x)\rightarrow \psi (x)^{*}\Rightarrow P(x,p)\rightarrow P(x,-p) $.
  • Raumspiegelung: $ \psi (x)\rightarrow \psi (-x)\Rightarrow P(x,p)\rightarrow P(-x,-p) $.

4. $ P(x,p) $ ist Galilei-invariant:

  • $ \psi (x)\rightarrow \psi (x+y)\Rightarrow P(x,p)\rightarrow P(x+y,p) $.
  • Sie ist nicht invariant unter der Lorentztransformation.

5. Die Bewegungsgleichung eines Punktes im Phasenraum ist ohne Kräfte klassisch:

  • $ {\frac {\partial P(x,p)}{\partial t}}={\frac {-p}{m}}{\frac {\partial P(x,p)}{\partial x}} $.

6. Die Überlappung zweier Zustände berechnet sich als:

  • $ |\langle \psi |\theta \rangle |^{2}=2\pi \hbar \int _{-\infty }^{\infty }dx\,\int _{-\infty }^{\infty }dp\,P_{\psi }(x,p)P_{\theta }(x,p) $.

7. Operatoren und Erwartungswerte (Mittelwerte) werden folgendermaßen berechnet:

  • $ A(x,p)=\int _{-\infty }^{\infty }dy\,\langle x-y/2|{\hat {A}}|x+y/2\rangle e^{ipy/\hbar } $.
  • $ \langle \psi |{\hat {A}}|\psi \rangle =Tr({\hat {\rho }}{\hat {A}})=\int _{-\infty }^{\infty }dx\,\int _{-\infty }^{\infty }dpP(x,p)A(x,p) $.

8. Damit $ P(x,p) $ physikalische (positive) Dichtematrizen beschreibt, muss gelten:

  • $ \int _{-\infty }^{\infty }dx\,\int _{-\infty }^{\infty }dp\,P(x,p)P_{\theta }(x,p)\geq 0 $

wobei $ |\theta \rangle $ ein reiner Zustand ist.

Anwendung außerhalb der Quantenmechanik

  • In der Modellierung optischer Systeme wie Teleskope oder Glasfasern in Geräten zur Telekommunikation füllt die Wignerfunktion die Lücke zwischen dem einfachen Ray tracing und der vollständigen Wellenanalyse des Systems. Dabei wird in der Näherung kleiner Winkel (paraxial) $ p/\hbar $ durch $ k=|k|\sin \theta \approx |k|\theta $ ersetzt. In diesem Zusammenhang ist die Wignerfunktion die beste Näherung zu einer Beschreibung des Systems mit Hilfe von Strahlen mit dem Ort $ x $ und Winkel $ \theta $ unter Einschluss von Interferenzeffekten. Falls diese negative Werte an irgendeinem Punkt annimmt, lässt sich das System nicht mit der einfachen Raytracing-Methode beschreiben.
  • In der Signalanalyse wird ein zeitabhängiges elektrisches Signal, mechanische Vibrationen oder Schallwellen durch die Wignerfunktion dargestellt. Dabei wird $ x $ durch die Zeit und $ p/\hbar $ durch die Kreisfrequenz $ \omega =2\pi f $ ersetzt. Hierbei bezeichnet $ f $ die gewöhnliche Frequenz.
  • Auf dem Gebiet der ultraschnellen Optik werden kurze Laserpulse durch die Wignerfunktion mittels der gleichen Substitution von Frequenz und Zeit charakterisiert. Bestimmte Pulseigenschaften wie ein Chirp (Änderung der Frequenz mit der Zeit) lassen sich durch die Wignerfunktion darstellen.
  • In der Quantenoptik werden $ x $ und $ p/\hbar $ durch $ X $ und $ P $ Quadraturen ersetzt, welche den Real- und Imaginärteil des elektrischen Feldes bezeichnen (siehe kohärenter Zustand).

Messung

  • Tomographie
  • Homodyne Detektion
  • FROG Frequency-resolved optical gating

Weitere Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilungen

Die Wignerverteilung war die erste Quasi-Wahrscheinlichkeitsverteilung, aber viele weitere mit verschiedenen Vorteilen folgten, darunter:

  • Glauber P Darstellung,
  • Husimi Q Darstellung.

Historische Anmerkung

Wie in der Einleitung angeführt, wurde die Wignerfunktion viele Male unabhängig in verschiedenen Zusammenhängen gefunden. Tatsächlich scheint es so, dass Wigner nicht wusste, dass diese Funktion selbst innerhalb der Quantentheorie zuvor von Heisenberg und Dirac eingeführt worden war. Diese sahen jedoch nicht deren Bedeutung und glaubten, dass diese Funktion lediglich eine Näherung der exakten quantenmechanischen Beschreibung des Systems war. Im Übrigen wurde Dirac später der Schwager von Wigner (siehe Literatur).

Literatur

  • E.P. Wigner: On the quantum correction for thermodynamic equilibrium. In: Phys. Rev. Band 40, Juni 1932, S. 749–759.
  • H. Weyl: Quantenmechanik und Gruppentheorie. In: Z. Phys. Band 46, Juni 1927, S. 1–46.
  • H. Weyl: Gruppentheorie und Quantenmechanik. S. Hirzel, Leipzig 1928.
  • H. Weyl: The Theory of Groups and Quantum Mechanics. Dover, New York 1931.
  • J. Ville: Théorie et Applications de la Notion de Signal Analytique. In: Cables et Transmission. Band 2, Nr. 1, 1948, S. 61–74.
  • W. Heisenberg: Über die inkohärente Streuung von Röntgenstrahlen. In: Physik. Zeitschr. Band 32, 1931, S. 737–740.
  • P.A.M. Dirac: Note on exchange phenomena in the Thomas atom. In: Proc. Camb. Phil. Soc. Band 26, 1930, S. 376–395.
  • C. Zachos, D. Fairlie, T. Curtright: Quantum Mechanics in Phase Space. World Scientific, Singapore 2005, S. 737–740.

Weblinks

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