Topologischer Isolator: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Topological insulator band structure.svg|mini|Idealisierte elektronische [[Bandstruktur]] eines topologischen Isolators. Die [[Fermi-Energie]] liegt in der [[Bandlücke]], welche von topologisch geschützten Oberflächenzuständen durchquert wird.]]


[[Datei:Topological insulator band structure.svg|mini|Idealisierte elektronische [[Bandstruktur]] eines topologischen Isolators. Die [[Fermi-Energie]] liegt in der [[Bandlücke]], welche von topologisch geschützten Oberflächenzuständen durchquert wird.]]
In der Physik ist ein '''topologischer Isolator''' (ausführlich: ''ein Isolator mit topologisch geschützter Oberflächenleitfähigkeit'') ein [[Festkörper]], der sich ''in seinem Inneren'' wie ein elektrischer [[Nichtleiter|Isolator]] verhält, also trotz Anwesenheit eines externen elektrischen Feldes jeden elektrischen Strom vollständig verhindert, der aber gleichzeitig ''auf seiner Oberfläche'' (bzw. an den Außenkanten) die Bewegung von Ladungsträgern erlaubt (in der Regel liegt hier eine nahezu widerstandsfreie metallische Leitfähigkeit vor). Eine ähnliche Erscheinung ist als [[Randkanalmodell]] bekannt.


In der Physik ist ein '''topologischer Isolator''' (ausführlich: ''ein Isolator mit topologisch geschützter Oberflächenleitfähigkeit'') ein [[Festkörper]], der sich ''in seinem Inneren'' wie ein elektrischer [[Nichtleiter|Isolator]] verhält, also trotz Anwesenheit eines externen elektrischen Feldes jeden elektrischen Strom vollständig verhindert, der aber  gleichzeitig ''auf seiner Oberfläche'' (bzw. an den Außenkanten) die Bewegung von Ladungsträgern erlaubt (in der Regel liegt hier eine nahezu widerstandsfreie metallische Leitfähigkeit vor). Eine ähnliche Erscheinung ist als [[Randkanalmodell]] bekannt.  
Der Name verbindet [[physik]]alische Aspekte („Isolatorverhalten“) mit der [[Mathematik|mathematischen]] Disziplin [[Topologie (Mathematik)|Topologie]], die u. A. Begriffe wie „das Innere“ und „die Oberfläche“ reflektiert.


Der Name verbindet [[physik]]alische Aspekte („Isolatorverhalten“) mit der [[Mathematik|mathematischen]] Disziplin [[Topologie (Mathematik)|Topologie]], die u. A. Begriffe wie „das Innere“ und „die Oberfläche“ reflektiert.  
Dieses ungewöhnliche Verhalten ist schwer zu verstehen, das Phänomen relativ neu entdeckt. Es führt bei tiefen Temperaturen zu einer großen und fast widerstandslosen („dissipationsfreien“) elektrischen Leitfähigkeit des Systems. Dissipationsfreiheit kennt man sonst von [[Supraleitung|Supraleitern]]. Dort aber betrifft sie gerade das Innere, obwohl auch dort Supraströme an der Oberfläche auftreten.


Dieses ungewöhnliche Verhalten ist schwer zu verstehen, das Phänomen relativ neu entdeckt. Es führt bei tiefen Temperaturen zu einer großen und fast  widerstandslosen („dissipationsfreien“) elektrischen Leitfähigkeit des Systems. Dissipationsfreiheit kennt man sonst von [[Supraleitung|Supraleitern]]. Dort aber betrifft sie gerade das Innere, obwohl auch dort Supraströme an der Oberfläche auftreten.
Einige topologische Isolatoren zeigen einen [[Quanten-Hall-Effekt|Quanten-Spin-Hall-Effekt]], zum Beispiel das System topologischer Isolatoren in Quantentöpfen, an denen topologische Isolatoren 2007 erstmals durch die Gruppe von [[Laurens Molenkamp]] experimentell nachgewiesen wurden.  


Inzwischen wurden auf dem noch sehr jungen Gebiet der Topologischen Isolatoren Verbesserungen der Materialien erreicht. So gelang im Jahr 2016 die Synthese einer [[Monolage]] [[Bismut]] auf [[Siliciumkarbid]]. Aufgrund der entstehenden großen [[Energielücke]] von 0,8eV wird die Nutzung des Phänomens bei [[Raumtemperatur]] denkbar<ref name="bismuten"> Felix Reis, Gang Li, Lenart Dudy, Maximilian Bauernfeind, Stefan Glass, Werner Hanke, Ronny Thomale, Jörg Schäfer und Ralph Claessen: [http://science.sciencemag.org/content/357/6348/287 ''Bismuthene on a SiC substrate: A candidate for a high-temperature quantum spin Hall material''.] In: "Science" 21. Juli 2017 Vol. 357 Nr. 6348 S. 287-290.</ref>.
Inzwischen wurden auf dem noch sehr jungen Gebiet der Topologischen Isolatoren Verbesserungen der Materialien erreicht. So gelang im Jahr 2016 die Synthese einer [[Monolage]] [[Bismut]] auf [[Siliciumkarbid]]. Aufgrund der entstehenden großen [[Energielücke]] von 0,8&nbsp;eV wird die Nutzung des Phänomens eines topologischen Isolators und Quanten-Spin-Hall-Materials bei [[Raumtemperatur]] denkbar.<ref name="bismuten">Felix Reis, Gang Li, Lenart Dudy, Maximilian Bauernfeind, Stefan Glass, Werner Hanke, Ronny Thomale, Jörg Schäfer und Ralph Claessen: [http://science.sciencemag.org/content/357/6348/287 ''Bismuthene on a SiC substrate: A candidate for a high-temperature quantum spin Hall material''.] In: ''[[Science]]'', 21. Juli 2017 Vol. 357 Nr. 6348 S. 287–290.</ref><ref>[https://www.physik.uni-wuerzburg.de/tp1/team/professoren/prof-dr-dr-hc-werner-hanke/recent-research-topics/ Werner Hanke, Research Topics], Universität Würzburg, abgerufen 3. August 2019</ref>


==Allgemeines==
== Allgemeines ==
Ein System, das bezüglich der Volumeneffekte zwischen Valenz- und Leitungsband eine große [[Energielücke]] aufweist wie bei Isolatoren, kann aus topologischen Gründen an der Oberfläche ''leitende'', also Energielücken-freie Zustände aufweisen, die ''topologisch geschützt'' sind, z.&nbsp;B. wegen Zeitumkehrinvarianz der Wechselwirkungen. ''Topologisch geschützt'' bedeutet: Beliebige Änderungen der Parameter des Systems haben keinen Effekt bezüglich der geschützten Eigenschaften, weil (bzw. sofern) die topologischen Verhältnisse bei der Messung stets ungeändert bleiben. Zwar können sich die Parameter des Systems ändern, aber bei konstanter topologischer Invariante - hier bei Zeitumkehrvarianz - gehören neues und altes System zu derselben, i.&nbsp;W. durch Fig. 1 charakterisierten [[Äquivalenzklasse]].
Ein System, das bezüglich der Volumeneffekte zwischen Valenz- und Leitungsband eine große [[Energielücke]] aufweist wie bei Isolatoren, kann aus topologischen Gründen an der Oberfläche ''leitende'', also Energielücken-freie Zustände aufweisen, die ''topologisch geschützt'' sind, z.&nbsp;B. wegen Zeitumkehrinvarianz der Wechselwirkungen. ''Topologisch geschützt'' bedeutet: Beliebige Änderungen der Parameter des Systems haben keinen Effekt bezüglich der geschützten Eigenschaften, weil (bzw. sofern) die topologischen Verhältnisse bei der Messung stets ungeändert bleiben. Zwar können sich die Parameter des Systems ändern, aber bei konstanter topologischer Invariante –&nbsp;hier bei Zeitumkehrvarianz&nbsp;– gehören neues und altes System zu derselben, i.&nbsp;W. durch Fig. 1 charakterisierten [[Äquivalenzklasse]].


Die zugehörige [[topologische Invariante]] betrifft hier die Symmetrie gegen Bewegungsumkehr, die sog. [[Zeitumkehr (Physik)|Zeitumkehrsymmetrie]], t -> -t ,&nbsp;&nbsp;(folglich auch Umkehr von Impuls- und Drehimpuls-Vektoren). Sie ist immer gegeben, wenn die Änderungen der Wechselwirkung nur [[Potential (Physik)|Potential]]- und/oder [[Spin-Bahn-Kopplung|Spin-Bahn-Streuung]] betreffen, wird aber verletzt, wenn zusätzlich magnetische Störstellen dominieren.<ref>Thomas Guhr, Axel Müller-Groening, Hans A. Weidenmüller: [http://xxx.uni-augsburg.de/abs/cond-mat/9707301 ''Random Matrix Theories in Quantum Physics: Common Concepts.''] In: ''Physics Reports,'' Band 299, 1998, S.&nbsp;189–425.</ref> In den ersten beiden Fällen hat man sog. Kramers-Entartung: Zustände mit entgegengesetzten k-Vektoren und entgegengesetzten Spins haben gleiche Energie.
Die zugehörige [[topologische Invariante]] betrifft hier die Symmetrie gegen Bewegungsumkehr, die sog. [[Zeitumkehr (Physik)|Zeitumkehrsymmetrie]], <math>t \to -t</math> (folglich auch Umkehr von Impuls- und Drehimpuls-Vektoren). Sie ist immer gegeben, wenn die Änderungen der Wechselwirkung nur [[Potential (Physik)|Potential]]- und/oder [[Spin-Bahn-Kopplung|Spin-Bahn-Streuung]] betreffen, wird aber verletzt, wenn zusätzlich magnetische Störstellen dominieren.<ref>Thomas Guhr, Axel Müller-Groening, [[Hans-Arwed Weidenmüller]]: ''Random Matrix Theories in Quantum Physics: Common Concepts''. In: ''Physics Reports,'' Band 299, 1998, S.&nbsp;189–425, {{arXiv|cond-mat/9707301}}.</ref> In den ersten beiden Fällen hat man sog. Kramers-Entartung: Zustände mit entgegengesetzten k-Vektoren und entgegengesetzten Spins haben gleiche Energie.


==Vorschlag und Realisierung==
== Vorschlag und Realisierung ==
Topologische Isolatoren wurden 2005 von [[Charles L. Kane]] und unabhängig 2006 von [[Shoucheng Zhang]] vorhergesagt. Zhang sagte auch eine Realisierung in Tellurium-Cadmium-[[Quantentopf|Quantentöpfen]] vorher. Diese wurde 2007 bei tiefen Temperaturen durch eine Gruppe um [[Laurens W. Molenkamp]] an der [[Universität Würzburg]] nachgewiesen.<ref name="Molenkamp1" /> Ende 2013 erhielt Molenkamp einen [[Leibniz-Preis]] der [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|Deutschen Forschungsgemeinschaft]] für seine Untersuchungen des Phänomens.<ref>[http://www.uni-wuerzburg.de/sonstiges/meldungen/single/artikel/leibniz-pr-2/''Universität Würzburg: Leibniz-Preis für Würzburger Forscher'']</ref> Nachdem diese ersten Versuche aufgrund der sehr kleinen Volumen-Bandlücke noch bei sehr niedrigen Temperaturen gemacht werden mussten, sind im Forschungsgebiet mittlerweile Fortschritte gemacht worden. Nach theoretischer Vorhersage<ref> Chia-Hsiu Hsu, Zhi-Quan Huang, Feng-Chuan Chuang, Chien-Cheng Kuo, Yu-Tzu Liu, Hsin Lin and Arun Bansil:[http://stacks.iop.org/1367-2630/17/i=2/a=025005 "The nontrivial electronic structure of Bi/Sb honeycombs on SiC(0001)".] In: "New Journal of Physics" 10. Februar 2015 Vol. 17 Nr. 2 S. 025005.</ref> gelang Forschern ebenfalls in [[Würzburg]] die Herstellung von Bismuten auf Siliciumkarbid. Das System ähnelt aufgrund der Anordnung der Bi-Atome in einem Honigwaben-Gitter auf den ersten Blick [[Graphen]], jedoch entsteht durch die große [[Spin-Bahn-Kopplung]] der Bi-Atome und deren [[Fundamentale Wechselwirkung|Wechselwirkung]] mit dem [[Substrat (Materialwissenschaft)|Substrat]] eine [[Bandlücke|Volumen-Bandlücke]] von 0,8eV, was Raumtemperatur-Anwendungen möglich werden lässt.<ref name="bismuten" />
Topologische Isolatoren wurden 2005 von [[Charles L. Kane]] und unabhängig 2006 von [[Shoucheng Zhang]] vorhergesagt. Zhang sagte auch eine Realisierung in [[Quecksilbertellurid]]-[[Quantentopf|Quantentöpfen]] vorher. Diese wurde 2007 bei tiefen Temperaturen durch eine Gruppe um Laurens W. Molenkamp an der [[Universität Würzburg]] nachgewiesen.<ref name="Molenkamp1" /> Ende 2013 erhielt Molenkamp einen [[Leibniz-Preis]] der [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|Deutschen Forschungsgemeinschaft]] für seine Untersuchungen des Phänomens.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.uni-wuerzburg.de/sonstiges/meldungen/single/artikel/leibniz-pr-2/ |wayback=20150705050000 |text=''Würzburg: Leibniz-Preis für Würzburger Forscher'' |archiv-bot=2019-04-21 11:19:46 InternetArchiveBot}}</ref> Nachdem diese ersten Versuche aufgrund der sehr kleinen Volumen-Bandlücke noch bei sehr niedrigen Temperaturen gemacht werden mussten, sind im Forschungsgebiet mittlerweile Fortschritte gemacht worden. Nach theoretischer Vorhersage<ref>Chia-Hsiu Hsu, Zhi-Quan Huang, Feng-Chuan Chuang, Chien-Cheng Kuo, Yu-Tzu Liu, Hsin Lin and Arun Bansil:[http://stacks.iop.org/1367-2630/17/i=2/a=025005 ''The nontrivial electronic structure of Bi/Sb honeycombs on SiC(0001)''.] In: ''New Journal of Physics'', 10. Februar 2015, Vol. 17, Nr. 2, S. 025005.</ref> gelang Forschern ebenfalls in [[Würzburg]] um [[Werner Hanke (Physiker)|Werner Hanke]] 2017 die Herstellung von Bismuten auf Siliciumkarbid. Das System ähnelt aufgrund der Anordnung der Bi-Atome in einem Honigwaben-Gitter auf den ersten Blick [[Graphen]], jedoch entsteht durch die große [[Spin-Bahn-Kopplung]] der Bi-Atome und deren [[Fundamentale Wechselwirkung|Wechselwirkung]] mit dem [[Substrat (Materialwissenschaft)|Substrat]] eine [[Bandlücke|Volumen-Bandlücke]] von 0,8&nbsp;eV, was Raumtemperatur-Anwendungen möglich werden lässt.<ref name="bismuten" />


==Theoretische Interpretation==
== Theoretische Interpretation ==
Im Innern eines topologischen Isolators ähnelt die elektronische [[Bandstruktur]] der eines gewöhnlichen Isolators mit der [[Fermi-Energie]] zwischen dem Leitungs- und dem Valenzband. Auf der Oberfläche des topologischen Isolators gibt es jedoch spezielle Zustände, deren Energie innerhalb der Bandlücke liegt, die an der Oberfläche messbaren, fast reibungsfreien Ladungstransport ermöglichen: Bei Energien, die in der eigentlichen Bandlücke liegen, gibt es an der Oberfläche, wie in der Graphik durch die grünen Pfeile gekennzeichnet, [[Korrelation|korrelierte]] Paare solcher Oberflächenzustände mit antiparallelem Spin der Ladungsträger (Elektronen) und entgegengesetzter Bewegungsrichtung. Ein Modell für die Erklärung ist das [[Randkanalmodell]], das den auftretenden [[Quanten-Hall-Effekt]] erklärt, nach dem sich an einer Seite jeweils nur einer der beiden Spintypen der Elektronen (Spin-up oder Spin-down) befindet, da der Spin eines Elektrons einen "Drall" in eine einzige der beiden entsprechenden Richtungen erzeugt, zum Beispiel zur rechten oder linken Seite. Der Mechanismus ist ferner auch hier analog zur Theorie der [[Supraleitung]] und erinnert an den Singulett-Mechanismus bei der Bildung der dortigen sog. [[Cooper-Paar]]e, wobei aber hier der Spin jeweils senkrecht zum Impuls feststeht, „spin-momentum locking“. (Es gibt also nicht nur Analogien, sondern auch subtile Unterschiede.) An den jeweiligen "Rändern" ist im Randkanalmodell das entstehende Landauniveau nach oben gebogen und es entsteht durch den Schnittpunkt des zwischen zwei Landauniveaus liegenden Ferminiveaus mit den Orbitalen ein leitender "topologisch geschützter" Bereich, in dem eine Spinentartung vorliegt.
Im Innern eines topologischen Isolators ähnelt die elektronische [[Bandstruktur]] der eines gewöhnlichen Isolators mit der [[Fermi-Energie]] zwischen dem Leitungs- und dem Valenzband. Auf der Oberfläche des topologischen Isolators gibt es jedoch spezielle Zustände, deren Energien innerhalb der Bandlücke liegen, die an der Oberfläche messbaren, idealerweise dissipationslosen Ladungstransport ermöglichen: Bei Energien, die in der eigentlichen Bandlücke liegen, gibt es an der Oberfläche, wie in der Graphik durch die grünen Pfeile gekennzeichnet, [[Korrelation|korrelierte]] Paare solcher Oberflächenzustände mit antiparallelem Spin der Ladungsträger (Elektronen) und entgegengesetzter Bewegungsrichtung. Ein Modell für die Erklärung ist das [[Randkanalmodell]], das den auftretenden [[Quanten-Hall-Effekt]] erklärt, nach dem sich an einer Seite jeweils nur einer der beiden Spintypen der Elektronen (Spin-up oder Spin-down) befindet, da der Spin eines Elektrons einen "Drall" in eine einzige der beiden entsprechenden Richtungen erzeugt, zum Beispiel zur rechten oder linken Seite. Der Mechanismus ist ferner auch hier analog zur Theorie der [[Supraleitung]] und erinnert an den Singulett-Mechanismus bei der Bildung der dortigen sog. [[Cooper-Paar]]e, wobei aber hier der Spin jeweils senkrecht zum Impuls feststeht, „spin-momentum locking“. (Es gibt also nicht nur Analogien, sondern auch subtile Unterschiede.) An den jeweiligen "Rändern" ist im Randkanalmodell das entstehende Landauniveau nach oben gebogen und es entsteht durch den Schnittpunkt des zwischen zwei Landauniveaus liegenden Ferminiveaus mit den Orbitalen ein leitender "topologisch geschützter" Bereich, in dem eine Spinentartung vorliegt.


Die Folge davon ist, dass die Streuung stark unterdrückt wird und der Transport an der Oberfläche fast dissipationslos verläuft.<ref>{{Cite journal | doi = 10.1126/science.1136573 | volume = 314 | issue = 5806 | pages = 1692-1693 | last = Kane | first = Charles L. | coauthors = Eugene J. Mele | title = PHYSICS: A New Spin on the Insulating State | journal = Science
Die Folge davon ist, dass die Streuung stark unterdrückt wird und der Transport an der Oberfläche fast dissipationslos verläuft.<ref>{{Cite journal|doi = 10.1126/science.1136573 | volume = 314 | issue = 5806 | pages = 1692–1693 | last = Kane | first = Charles L. | coauthors = Eugene J. Mele | title = PHYSICS: A New Spin on the Insulating State | journal = Science
| accessdate = 2010-03-25 | date = 2006-12-15 | url = http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/314/5806/1692}}</ref> Diese Zustände sind durch einen Index ähnlich dem [[Geschlecht (Fläche)|Geschlecht]] einer Fläche in der mathematischen Disziplin der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] gekennzeichnet und sind ein Beispiel für einen topologisch geordneten Zustand.<ref>{{cite journal | last = Kane | first = C. L.  | coauthors = Mele, E. J. | date = 30. September 2005 | title = Z<sub>2</sub> Topological Order and the Quantum Spin Hall Effect | journal = [[Physical Review Letters]] | volume = 95 | issue = 14 | pages = 146802 | doi = 10.1103/PhysRevLett.95.146802 | url = http://prl.aps.org/abstract/PRL/v95/i14/e146802}}</ref>
| accessdate = 2010-03-25 | date = 2006-12-15 | url = http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/314/5806/1692}}</ref> Diese Zustände sind durch einen Index ähnlich dem [[Geschlecht (Fläche)|Geschlecht]] einer Fläche in der mathematischen Disziplin der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] gekennzeichnet und sind ein Beispiel für einen topologisch geordneten Zustand.<ref>{{cite journal|last = Kane | first = C. L.  | coauthors = E. J. Mele | date = 30. September 2005 | title = Z<sub>2</sub> Topological Order and the Quantum Spin Hall Effect | journal = [[Physical Review Letters]] | volume = 95 | issue = 14 | pages = 146802 | doi = 10.1103/PhysRevLett.95.146802 | url = http://prl.aps.org/abstract/PRL/v95/i14/e146802}}</ref>


==Weitere Beispiele==
== Weitere Beispiele ==
Topologisch geschützte Randzustände (1D) wurden in [[Quantentopf|Quantentöpfen]] (sehr dünnen Schichten) von [[Quecksilbertellurid]] zwischen [[Cadmiumtellurid]] vorhergesagt<ref>{{Cite journal | doi = 10.1126/science.1133734 | volume = 314 | issue = 5806 | pages = 1757-1761 | last = Bernevig | first = B. Andrei | coauthors = Taylor L. Hughes, Shou-Cheng Zhang | title = Quantum Spin Hall Effect and Topological Phase Transition in HgTe Quantum Wells | journal = Science | accessdate = 2010-03-25
Topologisch geschützte Randzustände (1D) wurden in [[Quantentopf|Quantentöpfen]] (sehr dünnen Schichten) von [[Quecksilbertellurid]] zwischen [[Cadmiumtellurid]] vorhergesagt ([[Andrei Bernevig]], Shoucheng Zhang, Taylor Hughes)<ref>{{Cite journal|doi = 10.1126/science.1133734 | volume = 314 | issue = 5806 | pages = 1757–1761 | last = Bernevig | first = B. Andrei | coauthors = Taylor L. Hughes, Shou-Cheng Zhang | title = Quantum Spin Hall Effect and Topological Phase Transition in HgTe Quantum Wells | journal = Science | accessdate = 2010-03-25
| date = 2006-12-15 | url = http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/314/5806/1757}}</ref> und kurz darauf experimentell beobachtet.<ref name="Molenkamp1">{{Cite journal | doi = 10.1126/science.1148047 | volume = 318 | issue = 5851 | pages = 766-770 | last = König | first = Markus | coauthors = Steffen Wiedmann, Christoph Brune, Andreas Roth, Hartmut Buhmann, Laurens W. Molenkamp, Xiao-Liang Qi, Shou-Cheng Zhang | title = Quantum Spin Hall Insulator State in HgTe Quantum Wells | journal = Science | accessdate = 2010-03-25 | date = 2007-11-02 | url = http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/318/5851/766}}</ref> Später wurden sie in dreidimensionalen Systemen aus binären Verbindungen mit [[Bismut]] vorhergesagt.<ref>{{Cite journal | doi = 10.1103/PhysRevB.76.045302 | volume = 76 | issue = 4 | pages = 045302 | last = Fu | first = Liang | coauthors = C. L. Kane | title = Topological insulators with inversion symmetry | journal = Physical Review B | date = 2007-07-02 }} {{Cite journal | doi = 10.1088/1367-2630/9/9/356 | id={{ISSN|1367-2630 }}| volume = 9 | issue = 9 | pages = 356-356 | last = Shuichi Murakami | title = Phase transition between the quantum spin Hall and insulator phases in 3D: emergence of a topological gapless phase | journal = New Journal of Physics | accessdate = 2010-03-26 | date = 2007 | url = http://iopscience.iop.org/1367-2630/9/9/356/}}</ref> Der erste experimentell realisierte dreidimensionale topologische Isolator wurde in Bismut-Antimon beobachtet.<ref>{{Cite journal | last = Hsieh | first = D. | coauthors = D. Qian, L. Wray, Y. Xia, Y. S. Hor, R. J. Cava & M. Z. Hasan | title = A Topological Dirac insulator in a 3D quantum spin Hall phase | journal = Nature | volume = 452 | issue = 9 | pages = 970-974 | accessdate = 2010 | date = 2008 | url = http://www.nature.com/nature/journal/v452/n7190/full/nature06843.html}}</ref> Kurze Zeit später wurden topologisch geschützte Oberflächenzustände auch in reinem [[Antimon]], [[Bismutselenid|Wismutselenid]], [[Bismuttellurid|Wismuttellurid]] und [[Antimontellurid]] von verschiedenen Gruppen mittels [[ARPES]] nachgewiesen.<ref>{{Cite journal | last = Hasan | first = M. Z | coauthors = C. L Kane | title = Topological Insulators | journal = Rev.Mod.Phys. | date = 2010-02-20 | arxiv = 1002.3895}}</ref> Von verschiedenen anderen Materialsystemen wird inzwischen angenommen, dass sie sich wie ein topologischer Isolator verhalten.<ref>{{Cite journal | doi = 10.1038/nmat2771 | id={{ISSN|1476-1122 }}| volume = 9 | issue = 7 | pages = 546-549 | last = Lin | first = Hsin | coauthors = L. Andrew Wray, Yuqi Xia, Suyang Xu, Shuang Jia, Robert J. Cava, Arun Bansil, M. Zahid Hasan | title = Half-Heusler ternary compounds as new multifunctional experimental platforms for topological quantum phenomena | journal = [[Nat Mater]] | date = 2010-07 }}</ref> In einigen dieser Materialien liegt die Fermi-Energie im Valenz- oder Leitungsband aufgrund natürlich auftretender Defekte. In diesem Fall muss sie mittels [[Dotierung]] oder durch eine Gatterspannung in die Bandlücke geschoben werden.<ref>{{Cite journal| doi = 10.1103/PhysRevLett.103.146401| volume = 103| issue = 14| pages = 146401| last = Hsieh| first = D.| coauthors = Y. Xia, D. Qian, L. Wray, F. Meier, J. H. Dil, J. Osterwalder, L. Patthey, A. V. Fedorov, H. Lin, A. Bansil, D. Grauer, Y. S. Hor, R. J. Cava, M. Z. Hasan| title = Observation of Time-Reversal-Protected Single-Dirac-Cone Topological-Insulator States in Bi2Te3 and Sb2Te3| journal = Physical Review Letters| date = 2009}}</ref><ref>{{Cite journal| doi = 10.1209/0295-5075/81/57006| volume = 81| issue = 5| pages = 57006| last = Noh| first = H.-J.| coauthors = H. Koh, S.-J. Oh, J.-H. Park, H.-D. Kim, J. D. Rameau, T. Valla, T. E. Kidd, P. D. Johnson, Y. Hu and Q. Li  | title = Spin-orbit interaction effect in the electronic structure of Bi2Te3 observed by angle-resolved photoemission spectroscopy| journal = EPL Europhysics Letters| accessdate = 2010-04-25| date = 2008| url = http://iopscience.iop.org/0295-5075/81/5/57006/}}</ref>
| date = 2006-12-15 | url = http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/314/5806/1757}}</ref> und kurz darauf experimentell beobachtet durch die Gruppe von [[Laurens Molenkamp]].<ref name="Molenkamp1">{{Cite journal|doi = 10.1126/science.1148047 | volume = 318 | issue = 5851 | pages = 766–770 | last = König | first = Markus | coauthors = Steffen Wiedmann, Christoph Brune, Andreas Roth, Hartmut Buhmann, Laurens W. Molenkamp, Xiao-Liang Qi, Shou-Cheng Zhang | title = Quantum Spin Hall Insulator State in HgTe Quantum Wells | journal = Science | accessdate = 2010-03-25 | date = 2007-11-02 | url = http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/318/5851/766}}</ref> Später wurden sie in dreidimensionalen Systemen aus binären Verbindungen mit [[Bismut]] vorhergesagt.<ref>{{Cite journal|doi = 10.1103/PhysRevB.76.045302 | volume = 76 | issue = 4 | pages = 045302 | last = Fu | first = Liang | coauthors = C. L. Kane | title = Topological insulators with inversion symmetry | journal = Physical Review B | date = 2007-07-02 }} {{Cite journal|doi = 10.1088/1367-2630/9/9/356 | id={{ISSN|1367-2630}}| volume = 9 | issue = 9 | pages = 356-356 | last = Shuichi Murakami | title = Phase transition between the quantum spin Hall and insulator phases in 3D: emergence of a topological gapless phase | journal = New Journal of Physics | accessdate = 2010-03-26 | date = 2007 | url = http://iopscience.iop.org/1367-2630/9/9/356/}}</ref> Der erste experimentell realisierte dreidimensionale topologische Isolator wurde in Bismut-Antimon beobachtet.<ref>{{Cite journal|last = Hsieh | first = D. | coauthors = D. Qian, L. Wray, Y. Xia, Y. S. Hor, R. J. Cava & M. Z. Hasan | title = A Topological Dirac insulator in a 3D quantum spin Hall phase | journal = Nature | volume = 452 | issue = 9 | pages = 970–974 | accessdate = 2010 | date = 2008 | url = http://www.nature.com/nature/journal/v452/n7190/full/nature06843.html}}</ref> Kurze Zeit später wurden topologisch geschützte Oberflächenzustände auch in reinem [[Antimon]], [[Bismutselenid|Wismutselenid]], [[Bismuttellurid|Wismuttellurid]] und [[Antimontellurid]] von verschiedenen Gruppen mittels [[ARPES]] nachgewiesen.<ref>{{Cite journal|last1 = Hasan | first1 = M. Z | last2 = Kane | first2 = C. L. | title = Topological Insulators | journal = Rev. Mod. Phys. | date = 2010 | volume = 82| pages = 3045| arxiv = 1002.3895}}</ref> Von verschiedenen anderen Materialsystemen wird inzwischen angenommen, dass sie sich wie ein topologischer Isolator verhalten.<ref>{{Cite journal|doi = 10.1038/nmat2771 | id={{ISSN|1476-1122}}| volume = 9 | issue = 7 | pages = 546–549 | last = Lin | first = Hsin | coauthors = L. Andrew Wray, Yuqi Xia, Suyang Xu, Shuang Jia, Robert J. Cava, Arun Bansil, M. Zahid Hasan | title = Half-Heusler ternary compounds as new multifunctional experimental platforms for topological quantum phenomena | journal = [[Nat Mater]] | date = 2010-07 }}</ref> In einigen dieser Materialien liegt die Fermi-Energie im Valenz- oder Leitungsband aufgrund natürlich auftretender Defekte. In diesem Fall muss sie mittels [[Dotierung]] oder durch eine Gatterspannung in die Bandlücke geschoben werden.<ref>{{Cite journal|doi = 10.1103/PhysRevLett.103.146401| volume = 103| issue = 14| pages = 146401| last = Hsieh| first = D.| coauthors = Y. Xia, D. Qian, L. Wray, F. Meier, J. H. Dil, J. Osterwalder, L. Patthey, A. V. Fedorov, H. Lin, A. Bansil, D. Grauer, Y. S. Hor, R. J. Cava, M. Z. Hasan| title = Observation of Time-Reversal-Protected Single-Dirac-Cone Topological-Insulator States in Bi<sub>2</sub>Te<sub>3</sub> and Sb<sub>2</sub>Te<sub>3</sub>| journal = Physical Review Letters| date = 2009}}</ref><ref>{{Cite journal|doi = 10.1209/0295-5075/81/57006| volume = 81| issue = 5| pages = 57006| last = Noh| first = H.-J.| coauthors = H. Koh, S.-J. Oh, J.-H. Park, H.-D. Kim, J. D. Rameau, T. Valla, T. E. Kidd, P. D. Johnson, Y. Hu and Q. Li  | title = Spin-orbit interaction effect in the electronic structure of Bi2Te3 observed by angle-resolved photoemission spectroscopy| journal = EPL Europhysics Letters| accessdate = 2010-04-25| date = 2008| url = http://iopscience.iop.org/0295-5075/81/5/57006/}}</ref>


Ähnliche Randströme treten auch im [[Quanten-Hall-Effekt]] auf. Dies erfordert aber starke Magnetfelder, (meist) tiefe Temperaturen und zweidimensionale Systeme.
Ähnliche Randströme treten auch im [[Quanten-Hall-Effekt]] auf. Dies erfordert aber starke Magnetfelder, (meist) tiefe Temperaturen und zweidimensionale Systeme.


Ein helikales Dirac-Fermion, das sich wie ein masseloses relativistisches Teilchen verhält, wurde ebenfalls in einem topologischen Isolator beobachtet.<ref>D. Hsieh, Y. Xia u.&nbsp;a.: ''A tunable topological insulator in the spin helical Dirac transport regime.'' In: ''Nature.'' 460, 2009, S.&nbsp;1101, {{DOI|10.1038/nature08234}}.</ref>
Ein helikales Dirac-Fermion, das sich wie ein masseloses relativistisches Teilchen verhält, wurde ebenfalls in einem topologischen Isolator beobachtet.<ref>D. Hsieh, Y. Xia u.&nbsp;a.: ''A tunable topological insulator in the spin helical Dirac transport regime''. In: ''[[Nature]]'', 460, 2009, S.&nbsp;1101, [[doi:10.1038/nature08234]].</ref>


==Mathematisches (Äquivalenzklassen)==
Topologische Isolatoren für Licht in optischen Wellenleitern wurden von [[Alexander Szameit]] und Kollegen 2013 realisiert.<ref>M. C. Rechtsman, J. M. Zeuner, Y. Plotnik, Y. Lumer, D. Podolsky, F. Dreisow, S. Nolte, M. Segev, A. Szameit: ''Photonic Floquet Topological Insulatorse''. In: ''[[Nature]]'', Band 496, 2013, S. 196–200</ref> Sie verwendeten in Quarzglas mittels Laser eingeschriebene, verwundene Wellenleiterstrukturen und konnten später die Vorhersage experimentell belegen, dass sogenannte topologische Anderson-Isolatoren (siehe auch [[Anderson-Lokalisierung]], vgl.<ref>[https://openaccess.leidenuniv.nl/bitstream/handle/1887/16222/06.pdf;jsessionid=0B87D46301AFA9BBDCFBAC84F5A4EF44?sequence=10 openaccess.leidenuniv.nl] Beitrag der [[Universität Leiden]]: ''Theory of the topological Anderson insulator''</ref>) funktionieren.<ref>Simon Stützer, Yonatan Plotnik, Yaakov Lumer, Paraj Titum, Netanel H. Lindner, Mordechai Segev, Mikael C. Rechtsman, Alexander Szameit: ''Photonic topological Anderson insulators''. In: ''[[Nature]]'', Heft 560, S. 461–465 (22. August 2018), abgerufen am 24. August 2018</ref> Sie zeigten, dass der Transport von Licht an der Oberfläche eines regelmäßigen topologischen Isolators durch eine kleine Variation in der Struktur unterbunden wurde, jedoch beim Einbringen weiterer, unregelmäßiger Störungen dennoch wieder stattfand.


Mathematisch wird die allgemeine Theorie der topologisch geschützten Randzustände durch [[Kohomologie]]gruppen beschrieben.<ref name=spt>Xie Chen, Zheng-Cheng Gu, Zheng-Xin Liu, Xiao-Gang Wen: ''Symmetry protected topological orders and the group cohomology of their symmetry group''. Review (2011), {{arXiv|1106.4772}}.</ref>
== Mathematische Klassifizierung ==


Streng genommen unterscheidet man den etwas allgemeineren Begriff „Topologie-geschützt“ von dem hier maßgebenden, etwas schwächeren Begriff „Symmetrie-geschützt“. Auch semantische Aspekte sind dabei zu beachten, insbesondere die Subtilität der Bezeichnung "Symmetrie-geschützt". Dies bedeutet nicht, dass die Zugehörigkeit der „geschützten Zustände“ zur jeweiligen Symmetrieklasse sich aus der ursprünglich oder zuletzt vorliegenden Symmetrie ergibt; vielmehr wird gefordert, dass die ursprüngliche Symmetrie, z.&nbsp;B. die Zeitumkehrinvarianz, während des gesamten Messprozesses ungeändert bleibt, was nicht immer der Fall ist. Also nur „Schutz aus konstant gehaltenen topologischen Gründen (kürzer: ''aus Symmetriegründen'', bzw. präziser: ''wegen Zeitumkehrsymmetrie''), wobei die mathematischen Zusammenhänge im Einzelnen sehr kompliziert sind.
Mathematisch wird die allgemeine Theorie der topologisch geschützten Randzustände durch [[Kohomologie]]gruppen beschrieben.<ref name="spt">Xie Chen, Zheng-Cheng Gu, Zheng-Xin Liu, Xiao-Gang Wen: ''Symmetry protected topological orders and the group cohomology of their symmetry group''. Review (2011), {{arXiv|1106.4772}}.</ref>


In der Arbeit „Klassifizierung symmetriegeschützter topologischer Phasen“<ref> Frank Pollmann und Andreas Schnyder: [http://www.pro-physik.de/details/physikjournalArticle/8281042/Klassifizierung_symmetriegeschuetzter_topologischer_Phasen.html  ''Klassifizierung symmetriegeschützter topologischer Phasen'', Physik-Journal 14 (8/9) (2015), 65-69] </ref> wird das mathematische Verhalten der Systeme ausführlich aus theoretisch-physikalischer Sicht beschreiben und auf die 10 Klassen von [[Alexander Altland|Altland]] und [[Martin R. Zirnbauer|Zirnbauer]] eingegangen: Zehn Klassen ergeben sich deshalb, weil einerseits die symmetrisierten bzw. antisymmetrisierten<ref> Der Zeitumkehroperator, beispielsweise, wird in der Quantenmechanik nicht durch einen  unitären, sondern durch einen antiunitären Operator repräsentiert, weil komplexe Zahlen ins Konjugiert-komplexe umgewandelt werden.</ref> &nbsp;[[Zeitumkehr (Physik)|Zeitumkehr]]- <math>(Zu-),</math>  [[Teilchen-Loch]]- <math>(TL-),</math> bzw. [[Chirale Symmetrie|Chiralen Symmetrien]] <math>(Ch-),</math> oder Antisymmetrien  maßgeblich sind<ref> R. Winkler, U. Zülicke: ''Discrete Symmetries of low-dimensional Dirac models: A selective review with a focus on condensed-matter realisations'', ANZIAM J 0 (2014) 1-15 {{arXiv|1206.0355}}.</ref>, andererseits aber zusätzlich auch die sog. „triviale“ Transformation, <math>Id,</math> und das Operatorprodukt <math>Zu\cdot  TL\cdot Ch\,.</math> 
Streng genommen unterscheidet man den etwas allgemeineren Begriff „Topologie-geschützt“ von dem hier maßgebenden, etwas schwächeren Begriff „Symmetrie-geschützt“. „Symmetrie-geschützt“ bedeutet nicht, dass die Zugehörigkeit der „geschützten Zustände“ zur jeweiligen Symmetrieklasse sich aus der ursprünglich oder zuletzt vorliegenden Symmetrie ergibt; vielmehr wird gefordert, dass die ursprüngliche Symmetrie, z.&nbsp;B. die Zeitumkehrinvarianz, während des gesamten Messprozesses ungeändert bleibt, was nicht immer der Fall ist. Also nur „Schutz aus konstant gehaltenen topologischen Gründen (kürzer: ''aus Symmetriegründen'', bzw. präziser: ''wegen Zeitumkehrsymmetrie'').


Die Systeme sind also aus sachlich-unvermeidlichen Gründen sehr kompliziert: Von einigen mathematisch bekannten Klassen wurde noch keine experimentelle Realisierung gefunden.
In der Arbeit ''Klassifizierung symmetriegeschützter topologischer Phasen''<ref>Frank Pollmann, Andreas Schnyder: ''Klassifizierung symmetriegeschützter topologischer Phasen''. In: ''Physik-Journal'', 14 (8/9), 2015, S. 65–69 ([https://www.pro-physik.de/restricted-files/87216 online (PDF)])</ref> wird das mathematische Verhalten der Systeme ausführlich aus theoretisch-physikalischer Sicht beschreiben und auf die 10 Klassen von [[Alexander Altland|Altland]] und [[Martin R. Zirnbauer|Zirnbauer]] eingegangen: Zehn Klassen ergeben sich deshalb, weil einerseits die symmetrisierten bzw. antisymmetrisierten<ref>Der Zeitumkehroperator, beispielsweise, wird in der Quantenmechanik nicht durch einen unitären, sondern durch einen antiunitären Operator repräsentiert, weil komplexe Zahlen ins Konjugiert-komplexe umgewandelt werden.</ref> &nbsp;[[Zeitumkehr (Physik)|Zeitumkehr]]- <math>(Zu-),</math> [[Elektron-Loch-Paar|Teilchen-Loch]]- <math>(TL-),</math> bzw. [[Chirale Symmetrie|Chiralen Symmetrien]] <math>(Ch-),</math> oder Antisymmetrien maßgeblich sind<ref>R. Winkler, U. Zülicke: ''Discrete Symmetries of low-dimensional Dirac models: A selective review with a focus on condensed-matter realisations'', ANZIAM J 0 (2014) 1–15 {{arXiv|1206.0355}}.</ref>, andererseits aber zusätzlich auch die sog. „triviale“ Transformation, <math>Id,</math> und das Operatorprodukt <math>Zu\cdot TL\cdot Ch\,.</math>
 
Von einigen mathematisch bekannten Klassen wurde noch keine experimentelle Realisierung gefunden.


== Literatur ==
== Literatur ==
*{{cite journal | last = Moore | first = Joel | authorlink = | coauthors=  | year = 2010 | month = | title = The Birth of Topological Insulators | journal = [[Nature]] | volume =  464 | issue =  7286| pages = 194 | doi = 10.1038/nature08916 | url =  | accessdate = | quote =| pmid =20220837 }}
*{{cite journal|last = Moore | first = Joel | authorlink = | coauthors=  | year = 2010 | month = | title = The Birth of Topological Insulators | journal = [[Nature]] | volume =  464 | issue =  7286| pages = 194 | doi = 10.1038/nature08916 | url =  | accessdate = | quote =| pmid =20220837 }}
*{{cite journal | last = Kane | first = C. L.  | authorlink = | coauthors = [[Eugene J. Mele|Mele, E. J.]]  | year = 2006 | month = | title = A New Spin on the Insulating State | journal = [[Science]] | volume = 314 | issue = 5806 | pages = 1692 | doi = 10.1126/science.1136573 | url =  | accessdate = | quote =| pmid =17170283 }}
*{{cite journal|last = Kane | first = C. L.  | authorlink = | coauthors = [[Eugene J. Mele|E. J. Mele]]  | year = 2006 | month = | title = A New Spin on the Insulating State | journal = [[Science]] | volume = 314 | issue = 5806 | pages = 1692 | doi = 10.1126/science.1136573 | url =  | accessdate = | quote =| pmid =17170283 }}
*{{cite journal | last = Kane | first = C.L. | authorlink = | coauthors=  | year = 2008 | month = | title = Topological Insulator: An Insulator with a Twist | journal = [[Nature]] | volume =  4 | issue = 5  | pages = 348 | doi = 10.1038/nphys955| url =  | accessdate = | quote =| pmid = }}
*{{cite journal|last = Kane | first = C.L. | authorlink = | coauthors=  | year = 2008 | month = | title = Topological Insulator: An Insulator with a Twist | journal = [[Nature]] | volume =  4 | issue = 5  | pages = 348 | doi = 10.1038/nphys955| url =  | accessdate = | quote =| pmid = }}
*{{cite journal | last = Witze | first = Alexandra | authorlink = | coauthors=  | year = 2010 | month = | title = Topological Insulators: Physics On the Edge | journal = Science News | volume =  | issue =  | pages = | doi =  | url = http://www.sciencenews.org/view/feature/id/58909/title/Physics_on_the_edge | accessdate = | quote =}}
*{{cite journal|last = Witze | first = Alexandra | authorlink = | coauthors=  | year = 2010 | month = | title = Topological Insulators: Physics On the Edge | journal = Science News | volume =  | issue =  | pages = | doi =  | url = http://www.sciencenews.org/view/feature/id/58909/title/Physics_on_the_edge | accessdate = | quote =}}
*{{Cite journal | doi = 10.1038/466310a | volume = 466 | pages = 310–311 | last = Brumfield | first = Geoff | title = Topological insulators: Star material : Nature News | journal = [[Nature]] | accessdate = 2010-08-06 | date = 2010 | url = http://www.nature.com/news/2010/100714/full/466310a.html}}
*{{Cite journal|doi = 10.1038/466310a | volume = 466 | pages = 310–311 | last = Brumfield | first = Geoff | title = Topological insulators: Star material: Nature News | journal = [[Nature]] | accessdate = 2010-08-06 | date = 2010 | url = http://www.nature.com/news/2010/100714/full/466310a.html}}
*{{cite journal | last = Murakami | first = Shuichi | authorlink = | coauthors=  | year = 2010 | month = | title = Focus on Topological Insulators | journal = [[New Journal of Physics]] | volume =  | issue =  | pages = | doi =  | url = http://iopscience.iop.org/1367-2630/focus/Focus%20on%20Topological%20Insulators | accessdate = | quote =}}
*{{cite journal|last = Murakami | first = Shuichi | authorlink = | coauthors=  | year = 2010 | month = | title = Focus on Topological Insulators | journal = [[New Journal of Physics]] | volume =  | issue =  | pages = | doi =  | url = http://iopscience.iop.org/1367-2630/focus/Focus%20on%20Topological%20Insulators | accessdate = | quote =}}


== Einzelnachweise und Fußnoten==
== Einzelnachweise und Fußnoten ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Festkörperphysik]]
[[Kategorie:Festkörperphysik]]

Aktuelle Version vom 11. Mai 2021, 11:00 Uhr

Idealisierte elektronische Bandstruktur eines topologischen Isolators. Die Fermi-Energie liegt in der Bandlücke, welche von topologisch geschützten Oberflächenzuständen durchquert wird.

In der Physik ist ein topologischer Isolator (ausführlich: ein Isolator mit topologisch geschützter Oberflächenleitfähigkeit) ein Festkörper, der sich in seinem Inneren wie ein elektrischer Isolator verhält, also trotz Anwesenheit eines externen elektrischen Feldes jeden elektrischen Strom vollständig verhindert, der aber gleichzeitig auf seiner Oberfläche (bzw. an den Außenkanten) die Bewegung von Ladungsträgern erlaubt (in der Regel liegt hier eine nahezu widerstandsfreie metallische Leitfähigkeit vor). Eine ähnliche Erscheinung ist als Randkanalmodell bekannt.

Der Name verbindet physikalische Aspekte („Isolatorverhalten“) mit der mathematischen Disziplin Topologie, die u. A. Begriffe wie „das Innere“ und „die Oberfläche“ reflektiert.

Dieses ungewöhnliche Verhalten ist schwer zu verstehen, das Phänomen relativ neu entdeckt. Es führt bei tiefen Temperaturen zu einer großen und fast widerstandslosen („dissipationsfreien“) elektrischen Leitfähigkeit des Systems. Dissipationsfreiheit kennt man sonst von Supraleitern. Dort aber betrifft sie gerade das Innere, obwohl auch dort Supraströme an der Oberfläche auftreten.

Einige topologische Isolatoren zeigen einen Quanten-Spin-Hall-Effekt, zum Beispiel das System topologischer Isolatoren in Quantentöpfen, an denen topologische Isolatoren 2007 erstmals durch die Gruppe von Laurens Molenkamp experimentell nachgewiesen wurden.

Inzwischen wurden auf dem noch sehr jungen Gebiet der Topologischen Isolatoren Verbesserungen der Materialien erreicht. So gelang im Jahr 2016 die Synthese einer Monolage Bismut auf Siliciumkarbid. Aufgrund der entstehenden großen Energielücke von 0,8 eV wird die Nutzung des Phänomens eines topologischen Isolators und Quanten-Spin-Hall-Materials bei Raumtemperatur denkbar.[1][2]

Allgemeines

Ein System, das bezüglich der Volumeneffekte zwischen Valenz- und Leitungsband eine große Energielücke aufweist wie bei Isolatoren, kann aus topologischen Gründen an der Oberfläche leitende, also Energielücken-freie Zustände aufweisen, die topologisch geschützt sind, z. B. wegen Zeitumkehrinvarianz der Wechselwirkungen. Topologisch geschützt bedeutet: Beliebige Änderungen der Parameter des Systems haben keinen Effekt bezüglich der geschützten Eigenschaften, weil (bzw. sofern) die topologischen Verhältnisse bei der Messung stets ungeändert bleiben. Zwar können sich die Parameter des Systems ändern, aber bei konstanter topologischer Invariante – hier bei Zeitumkehrvarianz – gehören neues und altes System zu derselben, i. W. durch Fig. 1 charakterisierten Äquivalenzklasse.

Die zugehörige topologische Invariante betrifft hier die Symmetrie gegen Bewegungsumkehr, die sog. Zeitumkehrsymmetrie, $ t\to -t $ (folglich auch Umkehr von Impuls- und Drehimpuls-Vektoren). Sie ist immer gegeben, wenn die Änderungen der Wechselwirkung nur Potential- und/oder Spin-Bahn-Streuung betreffen, wird aber verletzt, wenn zusätzlich magnetische Störstellen dominieren.[3] In den ersten beiden Fällen hat man sog. Kramers-Entartung: Zustände mit entgegengesetzten k-Vektoren und entgegengesetzten Spins haben gleiche Energie.

Vorschlag und Realisierung

Topologische Isolatoren wurden 2005 von Charles L. Kane und unabhängig 2006 von Shoucheng Zhang vorhergesagt. Zhang sagte auch eine Realisierung in Quecksilbertellurid-Quantentöpfen vorher. Diese wurde 2007 bei tiefen Temperaturen durch eine Gruppe um Laurens W. Molenkamp an der Universität Würzburg nachgewiesen.[4] Ende 2013 erhielt Molenkamp einen Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft für seine Untersuchungen des Phänomens.[5] Nachdem diese ersten Versuche aufgrund der sehr kleinen Volumen-Bandlücke noch bei sehr niedrigen Temperaturen gemacht werden mussten, sind im Forschungsgebiet mittlerweile Fortschritte gemacht worden. Nach theoretischer Vorhersage[6] gelang Forschern ebenfalls in Würzburg um Werner Hanke 2017 die Herstellung von Bismuten auf Siliciumkarbid. Das System ähnelt aufgrund der Anordnung der Bi-Atome in einem Honigwaben-Gitter auf den ersten Blick Graphen, jedoch entsteht durch die große Spin-Bahn-Kopplung der Bi-Atome und deren Wechselwirkung mit dem Substrat eine Volumen-Bandlücke von 0,8 eV, was Raumtemperatur-Anwendungen möglich werden lässt.[1]

Theoretische Interpretation

Im Innern eines topologischen Isolators ähnelt die elektronische Bandstruktur der eines gewöhnlichen Isolators mit der Fermi-Energie zwischen dem Leitungs- und dem Valenzband. Auf der Oberfläche des topologischen Isolators gibt es jedoch spezielle Zustände, deren Energien innerhalb der Bandlücke liegen, die an der Oberfläche messbaren, idealerweise dissipationslosen Ladungstransport ermöglichen: Bei Energien, die in der eigentlichen Bandlücke liegen, gibt es an der Oberfläche, wie in der Graphik durch die grünen Pfeile gekennzeichnet, korrelierte Paare solcher Oberflächenzustände mit antiparallelem Spin der Ladungsträger (Elektronen) und entgegengesetzter Bewegungsrichtung. Ein Modell für die Erklärung ist das Randkanalmodell, das den auftretenden Quanten-Hall-Effekt erklärt, nach dem sich an einer Seite jeweils nur einer der beiden Spintypen der Elektronen (Spin-up oder Spin-down) befindet, da der Spin eines Elektrons einen "Drall" in eine einzige der beiden entsprechenden Richtungen erzeugt, zum Beispiel zur rechten oder linken Seite. Der Mechanismus ist ferner auch hier analog zur Theorie der Supraleitung und erinnert an den Singulett-Mechanismus bei der Bildung der dortigen sog. Cooper-Paare, wobei aber hier der Spin jeweils senkrecht zum Impuls feststeht, „spin-momentum locking“. (Es gibt also nicht nur Analogien, sondern auch subtile Unterschiede.) An den jeweiligen "Rändern" ist im Randkanalmodell das entstehende Landauniveau nach oben gebogen und es entsteht durch den Schnittpunkt des zwischen zwei Landauniveaus liegenden Ferminiveaus mit den Orbitalen ein leitender "topologisch geschützter" Bereich, in dem eine Spinentartung vorliegt.

Die Folge davon ist, dass die Streuung stark unterdrückt wird und der Transport an der Oberfläche fast dissipationslos verläuft.[7] Diese Zustände sind durch einen Index ähnlich dem Geschlecht einer Fläche in der mathematischen Disziplin der Topologie gekennzeichnet und sind ein Beispiel für einen topologisch geordneten Zustand.[8]

Weitere Beispiele

Topologisch geschützte Randzustände (1D) wurden in Quantentöpfen (sehr dünnen Schichten) von Quecksilbertellurid zwischen Cadmiumtellurid vorhergesagt (Andrei Bernevig, Shoucheng Zhang, Taylor Hughes)[9] und kurz darauf experimentell beobachtet durch die Gruppe von Laurens Molenkamp.[4] Später wurden sie in dreidimensionalen Systemen aus binären Verbindungen mit Bismut vorhergesagt.[10] Der erste experimentell realisierte dreidimensionale topologische Isolator wurde in Bismut-Antimon beobachtet.[11] Kurze Zeit später wurden topologisch geschützte Oberflächenzustände auch in reinem Antimon, Wismutselenid, Wismuttellurid und Antimontellurid von verschiedenen Gruppen mittels ARPES nachgewiesen.[12] Von verschiedenen anderen Materialsystemen wird inzwischen angenommen, dass sie sich wie ein topologischer Isolator verhalten.[13] In einigen dieser Materialien liegt die Fermi-Energie im Valenz- oder Leitungsband aufgrund natürlich auftretender Defekte. In diesem Fall muss sie mittels Dotierung oder durch eine Gatterspannung in die Bandlücke geschoben werden.[14][15]

Ähnliche Randströme treten auch im Quanten-Hall-Effekt auf. Dies erfordert aber starke Magnetfelder, (meist) tiefe Temperaturen und zweidimensionale Systeme.

Ein helikales Dirac-Fermion, das sich wie ein masseloses relativistisches Teilchen verhält, wurde ebenfalls in einem topologischen Isolator beobachtet.[16]

Topologische Isolatoren für Licht in optischen Wellenleitern wurden von Alexander Szameit und Kollegen 2013 realisiert.[17] Sie verwendeten in Quarzglas mittels Laser eingeschriebene, verwundene Wellenleiterstrukturen und konnten später die Vorhersage experimentell belegen, dass sogenannte topologische Anderson-Isolatoren (siehe auch Anderson-Lokalisierung, vgl.[18]) funktionieren.[19] Sie zeigten, dass der Transport von Licht an der Oberfläche eines regelmäßigen topologischen Isolators durch eine kleine Variation in der Struktur unterbunden wurde, jedoch beim Einbringen weiterer, unregelmäßiger Störungen dennoch wieder stattfand.

Mathematische Klassifizierung

Mathematisch wird die allgemeine Theorie der topologisch geschützten Randzustände durch Kohomologiegruppen beschrieben.[20]

Streng genommen unterscheidet man den etwas allgemeineren Begriff „Topologie-geschützt“ von dem hier maßgebenden, etwas schwächeren Begriff „Symmetrie-geschützt“. „Symmetrie-geschützt“ bedeutet nicht, dass die Zugehörigkeit der „geschützten Zustände“ zur jeweiligen Symmetrieklasse sich aus der ursprünglich oder zuletzt vorliegenden Symmetrie ergibt; vielmehr wird gefordert, dass die ursprüngliche Symmetrie, z. B. die Zeitumkehrinvarianz, während des gesamten Messprozesses ungeändert bleibt, was nicht immer der Fall ist. Also nur „Schutz aus konstant gehaltenen topologischen Gründen (kürzer: aus Symmetriegründen, bzw. präziser: wegen Zeitumkehrsymmetrie)“.

In der Arbeit Klassifizierung symmetriegeschützter topologischer Phasen[21] wird das mathematische Verhalten der Systeme ausführlich aus theoretisch-physikalischer Sicht beschreiben und auf die 10 Klassen von Altland und Zirnbauer eingegangen: Zehn Klassen ergeben sich deshalb, weil einerseits die symmetrisierten bzw. antisymmetrisierten[22]  Zeitumkehr- $ (Zu-), $ Teilchen-Loch- $ (TL-), $ bzw. Chiralen Symmetrien $ (Ch-), $ oder Antisymmetrien maßgeblich sind[23], andererseits aber zusätzlich auch die sog. „triviale“ Transformation, $ Id, $ und das Operatorprodukt $ Zu\cdot TL\cdot Ch\,. $

Von einigen mathematisch bekannten Klassen wurde noch keine experimentelle Realisierung gefunden.

Literatur

  • Joel Moore: The Birth of Topological Insulators. In: Nature. 464. Jahrgang, Nr. 7286, 2010, S. 194, doi:10.1038/nature08916, PMID 20220837.
  • C. L. Kane, E. J. Mele: A New Spin on the Insulating State. In: Science. 314. Jahrgang, Nr. 5806, 2006, S. 1692, doi:10.1126/science.1136573, PMID 17170283.
  • C.L. Kane: Topological Insulator: An Insulator with a Twist. In: Nature. 4. Jahrgang, Nr. 5, 2008, S. 348, doi:10.1038/nphys955.
  • Alexandra Witze: Topological Insulators: Physics On the Edge. In: Science News. 2010 (sciencenews.org).
  • Geoff Brumfield: Topological insulators: Star material: Nature News. In: Nature. 466. Jahrgang, 2010, S. 310–311, doi:10.1038/466310a (nature.com [abgerufen am 6. August 2010]).
  • Shuichi Murakami: Focus on Topological Insulators. In: New Journal of Physics. 2010 (iop.org).

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. 1,0 1,1 Felix Reis, Gang Li, Lenart Dudy, Maximilian Bauernfeind, Stefan Glass, Werner Hanke, Ronny Thomale, Jörg Schäfer und Ralph Claessen: Bismuthene on a SiC substrate: A candidate for a high-temperature quantum spin Hall material. In: Science, 21. Juli 2017 Vol. 357 Nr. 6348 S. 287–290.
  2. Werner Hanke, Research Topics, Universität Würzburg, abgerufen 3. August 2019
  3. Thomas Guhr, Axel Müller-Groening, Hans-Arwed Weidenmüller: Random Matrix Theories in Quantum Physics: Common Concepts. In: Physics Reports, Band 299, 1998, S. 189–425, arxiv:cond-mat/9707301.
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