Thomson-Streuung: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Thomson-Streuung''' (nach [[Joseph John Thomson]]) bezeichnet die elastische [[Streuung (Physik)|Streuung]] von Licht ([[Photon]]en) an geladenen freien oder (im Vergleich zur Photonenenergie) schwach gebundenen Teilchen (im Allgemeinen [[quasifrei]]e [[Elektron|Elektronen]]). Die Thomson-Streuung ist dabei der Grenzfall der [[Compton-Streuung]] für kleine Photonenenergien. Beide Streuungen beschreiben das gleiche Phänomen und beruhen auf einem [[Elastischer Stoß|elastischen Stoß]].
'''Thomson-Streuung''' (nach [[Joseph John Thomson]]) bezeichnet die [[Elastischer Stoß|elastische]] [[Streuung (Physik)|Streuung]] von Licht ([[Photon]]en) an geladenen Teilchen, die [[Freies Teilchen|frei]] oder im Vergleich zur Photonenenergie schwach [[gebundener Zustand|gebunden]] sind (im Allgemeinen [[quasifreie Elektronen]]). Dieses Modell gilt auch für [[Drude-Theorie|freie Elektronen im Metall]], deren [[Resonanzfrequenz]] aufgrund fehlender [[Rückstellkraft|Rückstellkräfte]] gegen Null geht.


Geladene Teilchen werden durch das Feld einer [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischen Welle]] zu kohärenten harmonischen Schwingungen in der Ebene des elektrischen Feldes angeregt. Da diese Oszillation eine beschleunigte Bewegung ist, strahlen die Teilchen gleichzeitig Energie in Form einer elektromagnetischen Welle gleicher Frequenz ab ([[Hertzscher Dipol|Dipolstrahlung]]). Man sagt, die Welle wird gestreut.
Geladene Teilchen werden durch das Feld einer [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischen Welle]] zu [[Kohärenz (Physik)|kohärent]]en [[Schwingung #Harmonische_Schwingungen|harmonischen Schwingungen]] in der Ebene des [[elektrisches Feld|elektrischen Feldes]] angeregt. Da diese Schwingung eine beschleunigte Bewegung ist, strahlen die Teilchen gleichzeitig Energie in Form einer elektromagnetischen Welle gleicher [[Frequenz]] ab ([[Hertzscher Dipol|Dipolstrahlung]]). Man sagt, die Welle wird [[Streuung (Physik)|gestreut]].


Thomson-Streuung ist eine rückstoßfreie Streuung, d. h., es findet kein Impulsübertrag vom Photon auf das Elektron statt. Sie tritt nur auf, solange die Energie der einfallenden Photonen klein genug ist, d. h., die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung viel größer ist als ein Atomradius (z. B. weiche [[Röntgenstrahlung]]). Bei kürzeren Wellenlängen, also höheren Energien, muss der Rückstoß des Elektrons berücksichtigt werden ([[Compton-Effekt|Compton-Streuung]]).
== Abgrenzung von anderen Streuungen ==
Streuung an gebundenen Elektronen oder ganzen [[Atom]]en bezeichnet man als [[Rayleigh-Streuung]].


Dieses Modell gilt auch für freie Elektronen im Metall, deren Resonanzfrequenz aufgrund fehlender Rückstellkräfte gegen Null geht. Streuung an gebundenen Elektronen oder ganzen Atomen bezeichnet man als [[Rayleigh-Streuung]].
Die Thomson-Streuung ist der Grenzfall der [[Compton-Streuung]] für kleine Photonenenergien. Beide Streuungen beschreiben das gleiche Phänomen und beruhen auf einem elastischen Stoß. Die Thomson-Streuung ist [[rückstoß]]<nowiki/>frei, d.&nbsp;h., es findet ''kein'' [[Impulsübertrag]] vom Photon auf das Elektron statt. Sie tritt nur auf, solange die Energie der einfallenden Photonen klein genug ist, d.&nbsp;h., die [[Wellenlänge]] der elektromagnetischen Strahlung viel größer ist als ein [[Atomradius]] (z.&nbsp;B. weiche [[Röntgenstrahlung]]). Bei kürzeren Wellenlängen, also höheren Energien, muss der Rückstoß des Elektrons berücksichtigt werden (Compton-Streuung).


In der Praxis nutzt man (bei nicht allzu kleinen Dichten) die Thomson-Streuung als Methode zur Bestimmung der Elektronendichte (Intensität der Streustrahlung) und Elektronentemperatur (spektrale Verteilung der Streustrahlung, unter Annahme einer [[Maxwell-Boltzmann-Verteilung|Maxwell-Verteilung]] der Geschwindigkeit).
== Berechnung ==
Der klassische '''Thomson-[[Wirkungsquerschnitt]]'''<ref>Claude Amsler: ''Kern- und Teilchenphysik''. vdf Hochschulverlag, 2007, ISBN 978-3-7281-3695-4, {{Google Buch|BuchID=iaVKCgAAQBAJ|Seite=123|Hervorhebung=Thomson-Wirkungsquerschnitt}}.</ref> ergibt sich als Grenzfall hoher Frequenz (im Vergleich zur [[Eigenfrequenz]], <math>\omega \gg \omega_0</math>) aus dem [[Oszillatormodell]]:<ref name="nist">{{Internetquelle |url=https://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?sigmae |titel=CODATA Recommended Values |hrsg=National Institute of Standards and Technology |abruf=2021-10-19}}</ref>


Der klassische '''Thomson-Wirkungsquerschnitt'''<ref>Claude Amsler: ''Kern- und Teilchenphysik''. vdf Hochschulverlag, 2007, ISBN 978-3-7281-3695-4, {{Google Buch|BuchID=iaVKCgAAQBAJ|Seite=123|Hervorhebung=Thomson-Wirkungsquerschnitt}}.</ref> ergibt sich als Grenzfall hoher Frequenz (im Vergleich zur Eigenfrequenz, <math>\omega \gg \omega_0</math>) aus dem [[Oszillatormodell]]:
:<math>\sigma_\mathrm{T} = \frac{8 \pi}{3} r_e^2 = \frac{1}{6 \pi} \left( \frac{e^2}{\varepsilon_0 \, {m_e} \, c^2} \right)^2 = 6{,}652\,458\,732\,1(60) \cdot 10^{-29}\,\mathrm{m}^2</math>


:<math> \sigma_\mathrm{T} = \frac{8 \pi}{3} r_e^2 = \frac{1}{6 \pi \epsilon_0^2} \frac{e^4}{{m_e}^2 c^4}= 6{,}652\,458\,558(27) \cdot 10^{-29}\,\mathrm{m}^2 </math>
mit
* dem [[Klassischer Elektronenradius|klassischen Elektronenradius]] <math>r_e = \frac{1}{4 \, \pi} \frac{e^2}{\varepsilon_0 \, m_\mathrm{e}\, c^2}</math>
** der [[Elementarladung]] <math>e</math>
** der [[Elektrische Feldkonstante|elektrischen Feldkonstante]] <math>\varepsilon_0</math>
** der Elektronenmasse <math>m_e</math>
** der [[Lichtgeschwindigkeit]] <math>c</math>.


wobei <math>r_e</math> der [[Klassischer Elektronenradius|klassische Elektronenradius]] ist.
Eine bessere Näherung für kleine Energien erhält man durch [[Reihenentwicklung|Expansion]] der [[Klein-Nishina-Wirkungsquerschnitt|Klein-Nishina-Formel]]:
 
Eine bessere Näherung für kleine Energien erhält man durch Expansion der [[Klein-Nishina-Wirkungsquerschnitt|Klein-Nishina-Formel]]:


:<math>\sigma(\nu) = \sigma_\mathrm{T} \left(1-2\alpha + \frac{56}{5}\alpha^2 + \dots\right)</math>
:<math>\sigma(\nu) = \sigma_\mathrm{T} \left(1-2\alpha + \frac{56}{5}\alpha^2 + \dots\right)</math>


mit dem Faktor <math>\alpha = \frac{h \nu}{m_e c^2}.</math>
mit
* der Frequenz <math>\nu</math>
* dem Faktor <math>\alpha(\nu) = \frac{h \, \nu}{m_e c^2}</math>
** dem [[Plancksches Wirkungsquantum|Planckschen Wirkungsquantum]] <math>h</math>.


Eine Anwendung der Thomson-Streuung sind Messungen der Dichte im [[Plasma (Physik)|Plasma]] in [[Fusionsreaktor]]en. Dabei werden aus mehreren aktiv gütegeschalteten [[Nd:YAG-Laser]]n (Wellenlänge 1064 nm) parallele Lichtstrahlen von unten ins Plasma eingestrahlt. Im rechten Winkel dazu werden über eine Optik die gestreuten Lichtteilchen über [[Monochromator]]en gemessen. Es kommt dabei zur Verschiebung um bis zu 700 nm. Durch die relativ geringe Pulsrate der Laser ist die zeitliche Auflösung begrenzt. Es lassen sich aber meist mehrere Laser unmittelbar hintereinander abfeuern. Damit ist in einem kurzen Zeitintervall die Auflösung höher.
== Anwendung ==
In der Praxis nutzt man (bei nicht allzu kleinen [[Dichte]]n) die Thomson-Streuung zur Bestimmung der [[Elektronendichte]] ([[Intensität (Physik)|Intensität]] der [[Streustrahlung]]) und der [[Elektronentemperatur]] ([[Spektralverteilung|spektrale Verteilung]] der Streustrahlung, unter Annahme einer [[Maxwell-Boltzmann-Verteilung|Maxwell-Verteilung]] der Geschwindigkeit).


== Einzelnachweise ==
Eine Anwendung der Thomson-Streuung sind z.&nbsp;B. Messungen der Dichte im [[Plasma (Physik)|Plasma]] von [[Fusionsreaktor]]en. Dabei werden aus mehreren aktiv [[Güteschaltung|gütegeschaltet]]en [[Nd:YAG-Laser]]n (Wellenlänge 1064&nbsp;nm) parallele Lichtstrahlen von unten ins Plasma eingestrahlt. Im rechten Winkel dazu werden über eine Optik die gestreuten Lichtteilchen über [[Monochromator]]en gemessen. Es kommt dabei zu einer Verschiebung um bis zu 700&nbsp;nm. Durch die relativ geringe Pulsrate der Laser ist die zeitliche Auflösung begrenzt. Es lassen sich aber meist mehrere Laser unmittelbar hintereinander abfeuern. Damit ist in einem kurzen Zeitintervall die Auflösung höher.
<references />


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Polarisationsfaktor]]
* [[Polarisationsfaktor]]
== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Optik]]
[[Kategorie:Optik]]

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2021, 15:46 Uhr

Thomson-Streuung (nach Joseph John Thomson) bezeichnet die elastische Streuung von Licht (Photonen) an geladenen Teilchen, die frei oder im Vergleich zur Photonenenergie schwach gebunden sind (im Allgemeinen quasifreie Elektronen). Dieses Modell gilt auch für freie Elektronen im Metall, deren Resonanzfrequenz aufgrund fehlender Rückstellkräfte gegen Null geht.

Geladene Teilchen werden durch das Feld einer elektromagnetischen Welle zu kohärenten harmonischen Schwingungen in der Ebene des elektrischen Feldes angeregt. Da diese Schwingung eine beschleunigte Bewegung ist, strahlen die Teilchen gleichzeitig Energie in Form einer elektromagnetischen Welle gleicher Frequenz ab (Dipolstrahlung). Man sagt, die Welle wird gestreut.

Abgrenzung von anderen Streuungen

Streuung an gebundenen Elektronen oder ganzen Atomen bezeichnet man als Rayleigh-Streuung.

Die Thomson-Streuung ist der Grenzfall der Compton-Streuung für kleine Photonenenergien. Beide Streuungen beschreiben das gleiche Phänomen und beruhen auf einem elastischen Stoß. Die Thomson-Streuung ist rückstoßfrei, d. h., es findet kein Impulsübertrag vom Photon auf das Elektron statt. Sie tritt nur auf, solange die Energie der einfallenden Photonen klein genug ist, d. h., die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung viel größer ist als ein Atomradius (z. B. weiche Röntgenstrahlung). Bei kürzeren Wellenlängen, also höheren Energien, muss der Rückstoß des Elektrons berücksichtigt werden (Compton-Streuung).

Berechnung

Der klassische Thomson-Wirkungsquerschnitt[1] ergibt sich als Grenzfall hoher Frequenz (im Vergleich zur Eigenfrequenz, $ \omega \gg \omega _{0} $) aus dem Oszillatormodell:[2]

$ \sigma _{\mathrm {T} }={\frac {8\pi }{3}}r_{e}^{2}={\frac {1}{6\pi }}\left({\frac {e^{2}}{\varepsilon _{0}\,{m_{e}}\,c^{2}}}\right)^{2}=6{,}652\,458\,732\,1(60)\cdot 10^{-29}\,\mathrm {m} ^{2} $

mit

Eine bessere Näherung für kleine Energien erhält man durch Expansion der Klein-Nishina-Formel:

$ \sigma (\nu )=\sigma _{\mathrm {T} }\left(1-2\alpha +{\frac {56}{5}}\alpha ^{2}+\dots \right) $

mit

Anwendung

In der Praxis nutzt man (bei nicht allzu kleinen Dichten) die Thomson-Streuung zur Bestimmung der Elektronendichte (Intensität der Streustrahlung) und der Elektronentemperatur (spektrale Verteilung der Streustrahlung, unter Annahme einer Maxwell-Verteilung der Geschwindigkeit).

Eine Anwendung der Thomson-Streuung sind z. B. Messungen der Dichte im Plasma von Fusionsreaktoren. Dabei werden aus mehreren aktiv gütegeschalteten Nd:YAG-Lasern (Wellenlänge 1064 nm) parallele Lichtstrahlen von unten ins Plasma eingestrahlt. Im rechten Winkel dazu werden über eine Optik die gestreuten Lichtteilchen über Monochromatoren gemessen. Es kommt dabei zu einer Verschiebung um bis zu 700 nm. Durch die relativ geringe Pulsrate der Laser ist die zeitliche Auflösung begrenzt. Es lassen sich aber meist mehrere Laser unmittelbar hintereinander abfeuern. Damit ist in einem kurzen Zeitintervall die Auflösung höher.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Claude Amsler: Kern- und Teilchenphysik. vdf Hochschulverlag, 2007, ISBN 978-3-7281-3695-4, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  2. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 19. Oktober 2021.

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