Oberth Effect

Oberth Effect

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Im englischsprachigen Raum ist der {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) die Abhängigkeit der Effizienz eines Raketentriebwerkes vom Ort in einem Gravitationsfeld: Je tiefer im Gravitationspotential der Treibstoff genutzt wird, desto größer ist der Energiezuwachs der Rakete. Die Energie der ausgestoßenen Stützmasse ist entsprechend geringer – der Energieerhaltungssatz ist nicht verletzt. Der Effekt ist nach Hermann Oberth benannt, der ihn als erster beschrieben hat.[1]

Der Effekt erklärt, warum der Transfer auf eine hohe Bahn über eine Hohmann-Bahn, bei der der größte Teil des Treibstoffs nahe an der Periapsis der niedrigen Ausgangsbahn eingesetzt wird, günstiger ist als über eine spiralförmige Bahn mit kontinuierlichem Verbrauch. Gleiches gilt beim Einschwenken aus einer hyperbolischen Bahn in einen Orbit: Das Bremsmanöver sollte dicht am Himmelskörper erfolgen. Oft ist der Orbit dann noch sehr gestreckt, weil in dieser Situation kein schubstarkes Triebwerk zur Verfügung steht. Die Bahn wird dann in mehreren Umläufen abgesenkt, indem jeweils in der Periapsis gezündet wird.

Der Oberth Effect kann auch zum Verständnis von mehrstufigen Raketen herbeigezogen werden; die oberste Stufe kann weit mehr kinetische Energie erzeugen als man erwarten würde, wenn man nur von der chemischen Energie ihres Treibstoffs ausginge.

Erklärungen

Ein Raketentriebwerk in einem Prüfstand verrichtet keine Arbeit. Die im Treibstoff gespeicherte chemische Energie wird ausschließlich zur Beschleunigung des Treibstoffs selbst aufgewendet. Wenn die Rakete sich aber bewegt, wirkt der Schub über die Strecke, die die Rakete zurücklegt. Die Definition der mechanischen Arbeit ist die Wirkung einer Kraft über einen Weg. Je weiter die Rakete sich also bei gezündetem Triebwerk fortbewegt, desto größer ist die Arbeit, die an ihr verrichtet wird, und damit auch die kinetische Energie, die sie durch den Schub erhält – entsprechend geringer ist die kinetische Energie der Verbrennungsabgase nach dem Ausstoß.

Aus der Definition der mechanischen Arbeit erhält man

$ \Delta E_{\mathrm {kin} }=F\cdot s $

Dabei ist $ E_{\mathrm {kin} } $ die kinetische Energie und $ F $ die Kraft (der Schub der Rakete, im Weiteren als konstant angenommen), $ s $ ist die zurückgelegte Strecke. Abgeleitet nach der Zeit t erhält man

$ {\frac {\operatorname {d} E_{\mathrm {kin} }}{\operatorname {d} t}}=F\cdot {\frac {\operatorname {d} s}{\operatorname {d} t}} $

oder

$ {\frac {\operatorname {d} E_{\mathrm {kin} }}{\operatorname {d} t}}=F\cdot v $

wobei $ v $ die Geschwindigkeit ist. Dividiert man durch die momentane Masse $ m $, um diese Gleichung mit der massenbezogenen spezifischen Energie ($ e_{\mathrm {kin} } $) zu schreiben, erhält man

$ {\frac {\operatorname {d} e_{\mathrm {kin} }}{\operatorname {d} t}}={\frac {F}{m}}\cdot v=a\cdot v $

mit der Beschleunigung $ a $.

Daraus lässt sich leicht erkennen, dass die Zunahme der spezifischen Energie der Rakete proportional zu ihrer Geschwindigkeit ist. Die Integration der Gleichung zeigt dann die Gesamtzunahme der spezifischen Energie der Rakete.

Ist die Brennzeit einer Zündung hinreichend kurz, ist es nicht einmal nötig zu integrieren. Fällt beispielsweise ein Raumfahrzeug zur Periapsis einer offenen oder geschlossenen Umlaufbahn, so nimmt seine Geschwindigkeit relativ zum zentralen Körper, dem Mond oder Planeten, zu. Eine kurze Zündung mit Schub in Richtung der Fortbewegung des Fahrzeugs an der Periapsis erhöht die Geschwindigkeit im gleichen Maße ($ \Delta v $) wie an jedem anderen Punkt. Da die kinetische Energie des Fahrzeugs aber quadratisch von seiner Geschwindigkeit abhängt, hat Geschwindigkeitszunahme hier jedoch eine überproportionale Zunahme der kinetischen Energie des Fahrzeugs zur Folge; es hat also nach der Zündung eine höhere Energie, als wenn die Zündung zu einer anderen Zeit erfolgt wäre.[2]

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätte das Raumfahrzeug Energie "geschenkt" bekommen, was den Energieerhaltungssatz verletzen würde. Der Gewinn an Energie des Fahrzeugs wird aber durch einen entsprechenden Verlust an der Energie ausgeglichen, die die Verbrennungsgase nach ihrem Ausstoß haben. Beim Ausstoß tiefer im Gravitationsfeld ist die Gesamtenergie der Abgase am Ende geringer.

Ein weiterer Erklärungsansatz betrachtet als Energie des Treibstoffs sowohl dessen chemische als auch kinetische Energie. Letztere dominiert bei Geschwindigkeiten von mehr als einigen km/s. Wird dieser Treibstoff bei hoher Geschwindigkeit der Rakete benutzt, so sinkt seine kinetische Energie und überträgt sich auf die Rakete.

Beispiel an einer Parabel

Ein Raumfahrzeug bewegt sich zu Beginn einer Triebwerkszündung mit der Geschwindigkeit $ v $ und erfährt eine Geschwindigkeitsänderung $ \Delta v $, dann ist die Änderung der spezifischen orbitalen Energie (SOE, von englisch specific orbital energy) oder Vis-Viva-Energie genau:

$ v\Delta v+{\frac {1}{2}}(\Delta v)^{2} $

Hat sich das Fahrzeug wieder (weit) vom Planeten entfernt, so besteht seine SOE nahezu ausschließlich aus kinetischer Energie, da das Gravitationspotential gegen null geht. Also gilt, je größer $ v $ zum Zeitpunkt der Zündung, desto größer die resultierende kinetische Energie und entsprechend die Geschwindigkeit.

Der Effekt wird stärker, je näher am zentralen Körper oder generell, je tiefer im Gravitationspotentialfeld die Zündung stattfindet, da dort die Geschwindigkeit größer ist.

Wird bei einem parabolischen Fly-by eines Raumfahrzeugs am Jupiter mit einer Geschwindigkeit von 50 km/s an der Periapsis eine Triebwerkzündung mit einem $ \Delta v $ von 5 km/s durchgeführt, so zeigt sich, dass die resultierende Endgeschwindigkeit des Fahrzeugs dem Fly-by in großer Entfernung um 22,9 km/s zunimmt, also dem 4,6-fachen des eingesetzten $ \Delta v $.

Detaillierte Herleitung

Wird eine Raketenzündung mit einer Geschwindigkeitsänderung $ \Delta v $ an der Periapsis einer parabolischen Trajektorie durchgeführt, dann ist die Geschwindigkeit an der Periapsis direkt vor der Zündung gleich der Fluchtgeschwindigkeit $ v_{\mathrm {esc} } $ des Fahrzeugs und die spezifische massenbezogene Energie nach der Zündung ist:

$ {\begin{aligned}e_{\mathrm {kin} }&={\frac {1}{2}}v^{2}\\&={\frac {1}{2}}(v_{\mathrm {esc} }+\Delta v)^{2}\\&={\frac {1}{2}}v_{\mathrm {esc} }^{2}+\Delta v\cdot v_{\mathrm {esc} }+{\frac {1}{2}}\Delta v^{2}\end{aligned}} $

mit $ v=v_{\mathrm {esc} }+\Delta v $

Wenn das Raumfahrzeug das Gravitationsfeld wieder verlässt, verliert es spezifische kinetische Energie in Höhe von:

$ {\frac {1}{2}}v_{\mathrm {esc} }^{2} $

und behält somit die Energie

$ \Delta v\cdot v_{\mathrm {esc} }+{\frac {1}{2}}\Delta v^{2} $

diese ist größer als die Energie, die von einer Zündung außerhalb des Gravitationspotentials gewonnen würde $ \left({\tfrac {1}{2}}\Delta v^{2}\right) $ und zwar um:

$ \Delta v\cdot v_{\mathrm {esc} } $

Es gilt nun weiter für den Zusammenhang von Impuls der spezifischen massenbezogenen Energie:

$ {\begin{aligned}e_{\mathrm {kin} }&={\frac {1}{2}}v^{2}\\p&=m\cdot v\end{aligned}} $

Also ist

$ p=p=m{\sqrt {2e_{\mathrm {kin} }}} $

Der Impuls einer Zündung an der Periapsis unter Nutzung des Oberth Effect ($ p_{\mathrm {oberth} } $) und der Impuls einer Zündung außerhalb des Gravitationseinflusses im freien Raum ($ p_{\mathrm {frei} } $) sind demnach:

$ {\begin{aligned}p_{\mathrm {frei} }&=m\cdot \Delta v\\p_{\mathrm {oberth} }&=m{\sqrt {2\Delta v\cdot v_{\mathrm {esc} }+\Delta v^{2}}}\end{aligned}} $

Es ist nun $ p_{\mathrm {oberth} } $ größer als $ p_{\mathrm {frei} } $ und zwar um den Faktor:

$ {\begin{aligned}{\frac {p_{\mathrm {oberth} }}{p_{\mathrm {frei} }}}&={\frac {m{\sqrt {2\Delta v\cdot v_{\mathrm {esc} }+\Delta v^{2}}}}{m\cdot \Delta v}}\\&={\sqrt {\frac {2\Delta v\cdot v_{\mathrm {esc} }+\Delta v^{2}}{\Delta v^{2}}}}\\&={\sqrt {1+{\frac {2v_{\mathrm {esc} }}{\Delta v}}}}\end{aligned}} $

Setzt man nun die Werte unseres vorigen Beispiels des Vorbeifluges am Jupiter ein, so erhält man für eine Fluchtgeschwindigkeit von 50 km/s und eine Zündung mit einer Geschwindigkeitsänderung von 5 km/s den Faktor

$ {\frac {p_{\mathrm {oberth} }}{p_{\mathrm {frei} }}}=4{,}6 $

Entsprechende Ergebnisse erhält man für geschlossene und hyperbolische Umlaufbahnen.

Einzelnachweise

  1. Ways to spaceflight. NASA TT F-622, Übersetzung von Wege zur Raumschiffahrt. R. Oldenbourg, München/Berlin 1929.
  2. Atomic Rockets web site: [email protected]

Weblinks

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