Igor Wassiljewitsch Kurtschatow: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Igor Wassiljewitsch Kurtschatow''' ({{RuS|И́горь Васи́льевич Курча́тов}}, wissenschaftliche [[Transliteration]] ''Igor Vasil’evič Kurčatov'', Aussprache: [{{IPA|ˈiˑɡə⁠rʲ vɐˈsiˑlʲjɪvʲɪʧʲ kʊ⁠rˈʧʲaˑtə⁠f}}]; * {{JULGREGDATUM|12|1|1903|Link=1}} in ''Simski Sawod'', [[Gouvernement Ufa]], [[Russisches Kaiserreich|Russisches Reich]]; † [[7. Februar]] [[1960]] in [[Moskau]]) war ein sowjetischer Physiker und der Leiter des [[Sowjetisches Atombombenprojekt|sowjetischen Atombombenprojekts]]. Er gilt seither als „Vater der sowjetischen Atombombe“.
'''Igor Wassiljewitsch Kurtschatow''' ({{RuS|Игорь Васильевич Курчатов}}, wiss. [[Transliteration]] ''Igor Vasil'evič Kurčatov''; * {{JULGREGDATUM|12|1|1903|Link="true"}} in ''Simski Sawod'', [[Gouvernement Ufa]], [[Russisches Kaiserreich|Russisches Reich]]; † [[7. Februar]] [[1960]] in [[Moskau]]) war ein sowjetischer Physiker und der Leiter des [[Sowjetisches Atombombenprojekt|sowjetischen Atombombenprojekts]]. Er gilt seither als „Vater der sowjetischen Atombombe“.


== Lebenslauf ==
== Lebenslauf ==


Igor Kurtschatow kam in einem Dorf im Gouvernement Ufa, das heute zur Stadt [[Sim (Stadt)|Sim]] in der [[Russland|russischen]] [[Oblast Tscheljabinsk]] gehört, zur Welt. Er studierte [[Physik]] an der [[Nationale Taurische Wernadskyj-Universität|staatlichen Universität]] in [[Simferopol]] sowie Schiffbau am polytechnischen Institut in [[Petrograd]]. 1925 wechselte er an das physio-technische Institut, wo er unter [[Abram Fjodorowitsch Joffe|Abram Joffe]] an verschiedenen Problemen der [[Radioaktivität]] forschte. Ab 1932 erhielt er Geldmittel, mit denen er ein Team von Nuklearforschern finanzieren konnte.
Igor Kurtschatow kam in einem Dorf im Gouvernement Ufa, das heute zur Stadt [[Sim (Stadt)|Sim]] in der [[Russland|russischen]] [[Oblast Tscheljabinsk]] gehört, zur Welt. Er studierte [[Physik]] an der [[Nationale Taurische Wernadskyj-Universität|staatlichen Universität]] in [[Simferopol]] sowie Schiffbau am polytechnischen Institut in [[Petrograd]]. 1925 wechselte er an das [[Joffe-Institut|physio-technische Institut]], wo er unter [[Abram Fjodorowitsch Joffe|Abram Joffe]] an verschiedenen Problemen der [[Radioaktivität]] forschte. Dorthin kam auch sein jüngerer Bruder [[Boris Wassiljewitsch Kurtschatow]] (1905–1972), der später wesentlich an der Lösung chemischer Probleme im sowjetischen Kerntechnik-Programm beteiligt war. Ab 1932 erhielt er Geldmittel, mit denen er ein Team von Nuklearforschern finanzieren konnte.


[[Lew Wladimirowitsch Myssowski]], Kurtschatow und ihre Mitarbeiter bauten das erste sowjetische [[Zyklotron]].
[[Lew Wladimirowitsch Myssowski]], Kurtschatow und ihre Mitarbeiter bauten das erste sowjetische [[Zyklotron]].
[[Datei:RIAN archive 440214 A monument to Kurchatov on the background of the Semipalatinsk nuclear test site's Central Staff.jpg|mini|Denkmal für Kurtschatow in der kasachischen Stadt [[Kurtschatow (Kasachstan)|Kurtschatow]] vor einem Gebäude des [[Atomwaffentestgelände Semipalatinsk|Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk]]]]
[[Datei:RIAN archive 440214 A monument to Kurchatov on the background of the Semipalatinsk nuclear test site's Central Staff.jpg|mini|Denkmal für Kurtschatow in der kasachischen Stadt [[Kurtschatow (Kasachstan)|Kurtschatow]] vor einem Gebäude des [[Atomwaffentestgelände Semipalatinsk|Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk]]]]
[[Datei:Chelyabinsk Igor Kurchatov (2).jpg|mini|Kurtschatow-Denkmal (Bildhauer [[Wardkes Awakjan|W. Awakjan]], Architekten B. W. Petrow, W. L. Glasyrin, [[Ilja Wladimirowitsch Talalai|I. W. Talalai]], Ingenieur W. Naumow, 1986), [[Tscheljabinsk]]]]


Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 war Kurtschatow in der Rüstungsindustrie tätig. Zuerst konstruierte er eine Schutzvorrichtung für Schiffe gegen [[Seemine|Minen]]. Später arbeitet er an der Verbesserung des Panzerschutzes der sowjetischen [[Panzer]].
Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 war Kurtschatow in der Rüstungsindustrie tätig. Zuerst konstruierte er eine Schutzvorrichtung für Schiffe gegen [[Seemine|Minen]]. Später arbeitet er an der Verbesserung des Panzerschutzes der sowjetischen [[Panzer]].


1943 erhielt der sowjetische Geheimdienst [[Innenministerium der UdSSR|NKWD]] eine Kopie eines britischen Geheimreports über die Möglichkeiten von [[Atomwaffe]]n (den Bericht der [[MAUD-Kommission]]), was [[Josef Stalin|Stalin]] trotz der knappen Ressourcen während des Krieges dazu veranlasste, ein sowjetisches Atomwaffenprogramm zu initiieren. Stalin empfahl dem damaligen Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] daraufhin die Mitarbeit von Kurtschatow. Kurtschatow wurde schließlich zum Direktor des Programms ernannt. Das sowjetische Atombomben-Projekt erhielt zuerst nur eine relativ geringe Priorität, bis die Informationen des Spions [[Klaus Fuchs]] und die [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki|atomare Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki]] die Aufmerksamkeit von [[Josef Stalin|Stalin]] auf die Atombombe lenkten. Stalin befahl Kurtschatow die Produktion einer Bombe bis 1948 und setzte den Geheimdienstchef [[Lawrenti Beria]] als direkten Leiter des Projekts ein. Das gesamte Projekt wurde dann in die Stadt Sarow in der Oblast Gorki (heute [[Oblast Nischni Nowgorod]]) verlegt, und in [[Arsamas-16]] umbenannt. Die Arbeit des Teams (in dem auch andere prominente sowjetische Nuklearforscher wie [[Juli Borissowitsch Chariton]], dem wissenschaftlichen Leiter von Arsamas, [[Jakow Borissowitsch Seldowitsch|Jakow Seldowitsch]] und [[Andrei Dmitrijewitsch Sacharow|Andrei Sacharow]] arbeiteten) wurde durch wissenschaftliche Publikationen in den USA sowie die Informationen von [[Klaus Fuchs]] unterstützt. Kurtschatow und Beria (der die Informationen als gezielte Falschauskünfte bezweifelte) bestanden auf eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen.
1943 erhielt der sowjetische Geheimdienst [[Innenministerium der UdSSR|NKWD]] eine Kopie eines britischen Geheimreports über die Möglichkeiten von [[Atomwaffe]]n (den Bericht der [[MAUD-Kommission]]), was [[Josef Stalin|Stalin]] trotz der knappen Ressourcen während des Krieges dazu veranlasste, ein sowjetisches Atomwaffenprogramm zu initiieren. Stalin empfahl dem damaligen Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] daraufhin die Mitarbeit von Kurtschatow. Kurtschatow wurde schließlich zum Direktor des Programms ernannt. Sein Bruder Boris gehörte zu seinen Mitarbeitern. Das sowjetische Atombomben-Projekt erhielt zuerst nur eine relativ geringe Priorität, bis die Informationen des Spions [[Klaus Fuchs]] und die [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki|atomare Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki]] die Aufmerksamkeit von [[Josef Stalin|Stalin]] auf die Atombombe lenkten. Stalin befahl Kurtschatow die Produktion einer Bombe bis 1948 und setzte den Geheimdienstchef [[Lawrenti Beria]] als direkten Leiter des Projekts ein. Das gesamte Projekt wurde dann in die Stadt Sarow in der Oblast Gorki (heute [[Oblast Nischni Nowgorod]]) verlegt, und in [[Arsamas-16]] umbenannt. Die Arbeit des Teams (in dem auch andere prominente sowjetische Nuklearforscher wie [[Juli Borissowitsch Chariton]], dem wissenschaftlichen Leiter von Arsamas, [[Jakow Borissowitsch Seldowitsch|Jakow Seldowitsch]] und [[Andrei Dmitrijewitsch Sacharow|Andrei Sacharow]] arbeiteten) wurde durch wissenschaftliche Publikationen in den USA sowie die Informationen von Klaus Fuchs unterstützt. Kurtschatow und Beria (der die Informationen als gezielte Falschauskünfte bezweifelte) bestanden auf eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen. Unter seiner Leitung wurden die ersten sowjetischen Kernreaktoren entwickelt (F1 im Labor 2 in Moskau und der Reaktor A auf dem Gelände der Kerntechnischen Anlage Majak bei Tscheljabinsk, der das Plutonium für die erste sowjetische Atombombe lieferte), wobei sein Doktorand [[Igor Semjonowitsch Panassjuk]] ein wichtiger Mitarbeiter war.


Am 29. August 1949 wurde die erste sowjetische Atombombe gezündet. Kurtschatow arbeitete anschließend am sowjetischen [[Wasserstoffbombe]]n-Programm (1953). Später forderte er eine friedliche Nutzung der Nukleartechnologie und trat verstärkt gegen weitere Nuklearbomben-Tests ein. Er leistete viele wichtige Beiträge zur Theorie der Atomkerne, [[Thermonukleare Reaktion|thermonuklearen Reaktionen]] und zur Plasmaphysik.
Am 29. August 1949 wurde die erste sowjetische Atombombe gezündet. Kurtschatow arbeitete anschließend am sowjetischen [[Wasserstoffbombe]]n-Programm (1953). Später forderte er eine friedliche Nutzung der Nukleartechnologie und trat verstärkt gegen weitere Nuklearbomben-Tests ein. Er leistete viele wichtige Beiträge zur Theorie der Atomkerne, [[Thermonukleare Reaktion|thermonuklearen Reaktionen]] und zur Plasmaphysik.
Sein ehemaliges Institut ist nach ihm benannt ([[Kurtschatow-Institut]]). Das [[Kernkraftwerk Belojarsk]] erhielt seinen Namen. Von russischer Seite wurde auch das neu entdeckte [[chemisches Element|Element]] 104 nach ihm benannt: ''Kurtschatowium'', international setzte sich aber [[Rutherfordium]] durch.
1957 erhielt er den [[Leninpreis]] und er erhielt viermal den [[Stalinpreis]] bzw. [[Staatspreis der UdSSR]] (1942, 1949, 1951, 1954). Dreimal war er Held der Sozialistischen Arbeit (1949, 1951, 1954).


Kurtschatow starb 1960 in Moskau, während er sich mit seinem Freund Chariton auf einer Parkbank unterhielt. Seine Urne wurde an der [[Nekropole an der Kremlmauer|Kremlmauer]] beigesetzt.
Kurtschatow starb 1960 in Moskau, während er sich mit seinem Freund Chariton auf einer Parkbank unterhielt. Seine Urne wurde an der [[Nekropole an der Kremlmauer|Kremlmauer]] beigesetzt.
[[Datei:RR5110-0046R.gif|mini|Russische Gedenkmünze zum 100. Geburtstag von Kurtschatow, zwei [[Rubel]], 2003]]
[[Datei:RR5110-0046R.png|mini|Russische Gedenkmünze zum 100. Geburtstag von Kurtschatow, zwei [[Rubel]], 2003]]


== Ehrungen ==
== Ehrungen ==
1971 wurde die Stadt [[Kurtschatow (Russland)|Kurtschatow]] beim [[Kernkraftwerk Kursk]] (heute [[Russland]]) nach ihm benannt. Seit Anfang der 1990er-Jahre trägt auch die zuvor [[Geschlossene Stadt|geheime Stadt]] beim [[Atomwaffentestgelände Semipalatinsk]] in [[Kasachstan]] den Namen [[Kurtschatow (Kasachstan)|Kurtschatow]].
1957 erhielt er den [[Leninpreis]]. Zudem wurde er viermal mit dem [[Stalinpreis]] bzw. dem [[Staatspreis der UdSSR]] (1942, 1949, 1951, 1954) ausgezeichnet. Dreimal war er Held der Sozialistischen Arbeit (1949, 1951, 1954).
 
Sein ehemaliges Institut ist nach ihm benannt ([[Kurtschatow-Institut]]). Das [[Kernkraftwerk Belojarsk]] erhielt seinen Namen. Von russischer Seite wurde auch das neu entdeckte [[chemisches Element|Element]] 104 nach ihm benannt: ''Kurtschatowium'', international setzte sich aber [[Rutherfordium]] durch. 1971 wurde die Stadt [[Kurtschatow (Russland)|Kurtschatow]] beim [[Kernkraftwerk Kursk]] (heute [[Russland]]) nach ihm benannt. Seit Anfang der 1990er-Jahre trägt auch die zuvor [[Geschlossene Stadt|geheime Stadt]] beim [[Atomwaffentestgelände Semipalatinsk]] in [[Kasachstan]] den Namen [[Kurtschatow (Kasachstan)|Kurtschatow]].


Ihm zu Ehren ist die seit 1962 vergebene [[Kurtschatow-Goldmedaille]] benannt.
Ihm zu Ehren ist die seit 1962 vergebene [[Kurtschatow-Goldmedaille]] benannt. Ferner trägt der [[Mount Kurchatov]] und der [[Pik Kurchatova]] in der Antarktis seinen Namen. Der Asteroid des äußeren Hauptgürtels [[(2352) Kurchatov]] ist nach ihm benannt,<ref> {{Literatur|Autor=[[Lutz D. Schmadel]]|Titel=Dictionary of Minor Planet Names|TitelErg=Fifth Revised and Enlarged Edition|Hrsg=Lutz D. Schmadel|Auflage=5|Verlag=[[Springer Spektrum|Springer Verlag]]|Ort=[[Berlin]], [[Heidelberg]]|Datum=2003|Sprache=en|Umfang=992|Seiten=186|ISBN=978-3-540-29925-7|Online=[https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-540-29925-7_2339 link.springer.com]|Format=online|Abruf=2019-08-04|Originaltitel=Dictionary of Minor Planet Names|JahrEA=1992|VerlagEA=Springer Verlag|OrtEA=Berlin, Heidelberg|Zitat=1977 QA<sub>3</sub>. Discovered 1977 Aug. 22 by N. S. Chernykh at Nauchnyj.}}</ref> ebenso der [[Mondkrater]] [[Kurchatov (Mondkrater)|Kurchatov]].<ref>[https://planetarynames.wr.usgs.gov/Feature/3165 Gazetteer of Planetary Nomenclature]</ref>


== Trivia ==
== Trivia ==
* 1964 wurde im [[Vereinigtes Institut für Kernforschung|Vereinigten Institut für Kernforschung]] bei [[Dubna (Moskau)|Dubna]] (nahe Moskau) ein neues [[chemisches Element]] mit der [[Ordnungszahl]] 104 entdeckt (sog.&nbsp;[[Transurane]]). Dort wurde [[Plutonium]] mit [[Neon]]kernen beschossen.<ref name="barber">R. C. Barber, N. N. Greenwood, A. Z. Hrynkiewicz, Y. P. Jeannin, M. Lefort, M. Sakai, I. Ulehla, A. P. Wapstra, D. H. Wilkinson: ''Discovery of the transfermium elements. Part II: Introduction to discovery profiles. Part III: Discovery profiles of the transfermium elements (Note: For Part I see [[Pure and Applied Chemistry|Pure Appl. Chem.]], Vol. 63, No. 6, pp. 879-886, 1991).'' In: ''Pure and Applied Chemistry.'' 65, 1993, S.&nbsp;1757–1814, {{DOI|10.1351/pac199365081757}}.</ref><ref>G.N. Flerov, Yu.Ts. Oganesyan, Yu.V. Lobanov, V.I. Kuznetsov, V.A. Druin, V.P. Perelygin, K.A. Gavrilov, S.P. Tretiakova, V.M. Plotko: ''Synthesis and physical identification of the isotope of element 104 with mass number 260.'' In: ''Physics Letters.'' 13, 1964, S.&nbsp;73–75, {{DOI|10.1016/0031-9163(64)90313-0}}.</ref> Nach Vorschlägen sowjetischer Wissenschaftler zunächst ''Kurtschatowium'' (Ku) benannt und in verschiedenen Staaten verwendet. [[Vereinigte Staaten|US-amerikanische]] Forscher lehnten den Namen aus politischen Gründen ab und beanspruchten ihrerseits den durch sie 1969 erzielten ersten Nachweis des Elements für sich. Nach einer langjährigen [[Elementnamensgebungskontroverse]] setzte sich erst [[1997]] die Bezeichnung [[Rutherfordium]] (Rf) durch.
* 1964 wurde im [[Vereinigtes Institut für Kernforschung|Vereinigten Institut für Kernforschung]] in [[Dubna (Moskau)|Dubna]] (bei Moskau) ein neues [[chemisches Element]] mit der [[Ordnungszahl]] 104 entdeckt (sog.&nbsp;[[Transurane]]). Dort wurde [[Plutonium]] mit [[Neon]]kernen beschossen.<ref name="barber">R. C. Barber, N. N. Greenwood, A. Z. Hrynkiewicz, Y. P. Jeannin, M. Lefort, M. Sakai, I. Ulehla, A. P. Wapstra, D. H. Wilkinson: ''Discovery of the transfermium elements. Part II: Introduction to discovery profiles. Part III: Discovery profiles of the transfermium elements (Note: For Part I see [[Pure and Applied Chemistry|Pure Appl. Chem.]], Vol. 63, No. 6, pp. 879-886, 1991).'' In: ''Pure and Applied Chemistry.'' 65, 1993, S.&nbsp;1757–1814, {{DOI|10.1351/pac199365081757}}.</ref><ref>G.N. Flerov, Yu.Ts. Oganesyan, Yu.V. Lobanov, V.I. Kuznetsov, V.A. Druin, V.P. Perelygin, K.A. Gavrilov, S.P. Tretiakova, V.M. Plotko: ''Synthesis and physical identification of the isotope of element 104 with mass number 260.'' In: ''Physics Letters.'' 13, 1964, S.&nbsp;73–75, {{DOI|10.1016/0031-9163(64)90313-0}}.</ref> Nach Vorschlägen sowjetischer Wissenschaftler wurde zunächst der Name ''Kurtschatowium'' (Ku) gewählt und in verschiedenen Staaten verwendet. [[Vereinigte Staaten|US-amerikanische]] Forscher lehnten den Namen aus politischen Gründen jedoch ab und beanspruchten ihrerseits den durch sie 1969 erzielten ersten Nachweis des Elements für sich. Nach einer langjährigen [[Elementnamensgebungskontroverse]] setzte sich erst [[1997]] die Bezeichnung [[Rutherfordium]] (Rf) durch.
* Während des Atombomben-Programms schwor Kurtschatow, dass er seinen Bart nicht stutzen wolle, bis das Programm erfolgreich abgeschlossen sei. Er trug den Bart für den Rest seines Lebens, wodurch er den Spitznamen „Der Bart“ erhielt.
* Während des Atombomben-Programms schwor Kurtschatow, dass er seinen Bart nicht stutzen wolle, bis das Programm erfolgreich abgeschlossen sei. Er trug den Bart für den Rest seines Lebens, wodurch er den Spitznamen „Der Bart“ erhielt.


== Literatur ==
== Literatur ==
* I. P. Alexandrov, I.K.Kikoin: ''I. V. Kurchatov (1903-1960)'', Nuclear Physics, Band 17, 1960, S. 177–180
* A. P. Alexandrov (Hrsg.): ''Erinnerungen an I. V. Kurchatov'', Moskau, Nauka 1988 (russisch)
* Andreas Heinemann-Grüder: ''Die sowjetische Atombombe.'' Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1992, ISBN 3-924550-65-4
* Andreas Heinemann-Grüder: ''Die sowjetische Atombombe.'' Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1992, ISBN 3-924550-65-4
* David Holloway: ''Stalin and the bomb'', Yale University Press 1994
* Yu. V. Gaponov: ''Igor' Vasil'evich Kurchatov: The scientist and doer (January 12, 1903–February 7, 1960)'', Physics of Atomic Nuclei, Band 66, 2003, S. 1–5
* I.N. Golovin, N. N. Ponomarev-Stepnoi, L.L. Sokolovskii: ''From laboratory no. 2 of the USSR Academy of sciences to the Russian Science Center “Kurchatov Institute”'', Atomic Energy, Band 86, 1999, S. 243–253.
* I. N. Golovin: ''I. V. Kurchatov'', Moskau, Atomizdat 1973 (russisch)
* V. V. Goncharov: ''I. V. Kurchatov and nuclear reactors'', Atomic Energy, Band 14, 1963, Heft 1, S. 7–13
* I. V. Kurchatov: ''On the basic scientific research, design and practical work on atomic energy performed in 1947'', Atomic Energy, Band 86, 1999, Nr. 4, S. 254–265
* V. N. Mikhailov, G. A. Goncharov: ''Kurchatov and the development of nuclear weapons in the USSR'', Atomic Energy, Band 86, 1999, Nr. 4, S. 266–282
* R. S. Pease, B. F. J. Schonland: ''Academician I. V. Kurchatov'', Nature, Band 185, 1960, S. 887


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* {{GSE|067772|Igor Kurtschatow}}
* {{GSE|067772|Igor Kurtschatow}}
* [http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/1820/wo_stalins_bombe_reifte.html Simone Schlindwein: ''Wo Stalins Bombe reifte''. Spiegel Online, 19. November 2009]
* [https://www.spiegel.de/geschichte/kalter-krieg-wo-stalins-bombe-reifte-a-946878.html Simone Schlindwein: ''Wo Stalins Bombe reifte''. Spiegel Online, 19. November 2009]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften]]
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[[Kategorie:Person (Sowjetisches Atombombenprojekt)]]
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[[Kategorie:Russe]]
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Aktuelle Version vom 9. Februar 2022, 21:46 Uhr

Igor Wassiljewitsch Kurtschatow ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value), wissenschaftliche Transliteration Igor Vasil’evič Kurčatov, Aussprache: [ˈiˑɡə⁠rʲ vɐˈsiˑlʲjɪvʲɪʧʲ kʊ⁠rˈʧʲaˑtə⁠f]; * 30. Dezember 1902jul./ 12. Januar 1903greg. in Simski Sawod, Gouvernement Ufa, Russisches Reich; † 7. Februar 1960 in Moskau) war ein sowjetischer Physiker und der Leiter des sowjetischen Atombombenprojekts. Er gilt seither als „Vater der sowjetischen Atombombe“.

Lebenslauf

Igor Kurtschatow kam in einem Dorf im Gouvernement Ufa, das heute zur Stadt Sim in der russischen Oblast Tscheljabinsk gehört, zur Welt. Er studierte Physik an der staatlichen Universität in Simferopol sowie Schiffbau am polytechnischen Institut in Petrograd. 1925 wechselte er an das physio-technische Institut, wo er unter Abram Joffe an verschiedenen Problemen der Radioaktivität forschte. Dorthin kam auch sein jüngerer Bruder Boris Wassiljewitsch Kurtschatow (1905–1972), der später wesentlich an der Lösung chemischer Probleme im sowjetischen Kerntechnik-Programm beteiligt war. Ab 1932 erhielt er Geldmittel, mit denen er ein Team von Nuklearforschern finanzieren konnte.

Lew Wladimirowitsch Myssowski, Kurtschatow und ihre Mitarbeiter bauten das erste sowjetische Zyklotron.

Denkmal für Kurtschatow in der kasachischen Stadt Kurtschatow vor einem Gebäude des Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk
Kurtschatow-Denkmal (Bildhauer W. Awakjan, Architekten B. W. Petrow, W. L. Glasyrin, I. W. Talalai, Ingenieur W. Naumow, 1986), Tscheljabinsk

Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 war Kurtschatow in der Rüstungsindustrie tätig. Zuerst konstruierte er eine Schutzvorrichtung für Schiffe gegen Minen. Später arbeitet er an der Verbesserung des Panzerschutzes der sowjetischen Panzer.

1943 erhielt der sowjetische Geheimdienst NKWD eine Kopie eines britischen Geheimreports über die Möglichkeiten von Atomwaffen (den Bericht der MAUD-Kommission), was Stalin trotz der knappen Ressourcen während des Krieges dazu veranlasste, ein sowjetisches Atomwaffenprogramm zu initiieren. Stalin empfahl dem damaligen Außenminister Molotow daraufhin die Mitarbeit von Kurtschatow. Kurtschatow wurde schließlich zum Direktor des Programms ernannt. Sein Bruder Boris gehörte zu seinen Mitarbeitern. Das sowjetische Atombomben-Projekt erhielt zuerst nur eine relativ geringe Priorität, bis die Informationen des Spions Klaus Fuchs und die atomare Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki die Aufmerksamkeit von Stalin auf die Atombombe lenkten. Stalin befahl Kurtschatow die Produktion einer Bombe bis 1948 und setzte den Geheimdienstchef Lawrenti Beria als direkten Leiter des Projekts ein. Das gesamte Projekt wurde dann in die Stadt Sarow in der Oblast Gorki (heute Oblast Nischni Nowgorod) verlegt, und in Arsamas-16 umbenannt. Die Arbeit des Teams (in dem auch andere prominente sowjetische Nuklearforscher wie Juli Borissowitsch Chariton, dem wissenschaftlichen Leiter von Arsamas, Jakow Seldowitsch und Andrei Sacharow arbeiteten) wurde durch wissenschaftliche Publikationen in den USA sowie die Informationen von Klaus Fuchs unterstützt. Kurtschatow und Beria (der die Informationen als gezielte Falschauskünfte bezweifelte) bestanden auf eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen. Unter seiner Leitung wurden die ersten sowjetischen Kernreaktoren entwickelt (F1 im Labor 2 in Moskau und der Reaktor A auf dem Gelände der Kerntechnischen Anlage Majak bei Tscheljabinsk, der das Plutonium für die erste sowjetische Atombombe lieferte), wobei sein Doktorand Igor Semjonowitsch Panassjuk ein wichtiger Mitarbeiter war.

Am 29. August 1949 wurde die erste sowjetische Atombombe gezündet. Kurtschatow arbeitete anschließend am sowjetischen Wasserstoffbomben-Programm (1953). Später forderte er eine friedliche Nutzung der Nukleartechnologie und trat verstärkt gegen weitere Nuklearbomben-Tests ein. Er leistete viele wichtige Beiträge zur Theorie der Atomkerne, thermonuklearen Reaktionen und zur Plasmaphysik.

Kurtschatow starb 1960 in Moskau, während er sich mit seinem Freund Chariton auf einer Parkbank unterhielt. Seine Urne wurde an der Kremlmauer beigesetzt.

Russische Gedenkmünze zum 100. Geburtstag von Kurtschatow, zwei Rubel, 2003

Ehrungen

1957 erhielt er den Leninpreis. Zudem wurde er viermal mit dem Stalinpreis bzw. dem Staatspreis der UdSSR (1942, 1949, 1951, 1954) ausgezeichnet. Dreimal war er Held der Sozialistischen Arbeit (1949, 1951, 1954).

Sein ehemaliges Institut ist nach ihm benannt (Kurtschatow-Institut). Das Kernkraftwerk Belojarsk erhielt seinen Namen. Von russischer Seite wurde auch das neu entdeckte Element 104 nach ihm benannt: Kurtschatowium, international setzte sich aber Rutherfordium durch. 1971 wurde die Stadt Kurtschatow beim Kernkraftwerk Kursk (heute Russland) nach ihm benannt. Seit Anfang der 1990er-Jahre trägt auch die zuvor geheime Stadt beim Atomwaffentestgelände Semipalatinsk in Kasachstan den Namen Kurtschatow.

Ihm zu Ehren ist die seit 1962 vergebene Kurtschatow-Goldmedaille benannt. Ferner trägt der Mount Kurchatov und der Pik Kurchatova in der Antarktis seinen Namen. Der Asteroid des äußeren Hauptgürtels (2352) Kurchatov ist nach ihm benannt,[1] ebenso der Mondkrater Kurchatov.[2]

Trivia

  • 1964 wurde im Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna (bei Moskau) ein neues chemisches Element mit der Ordnungszahl 104 entdeckt (sog. Transurane). Dort wurde Plutonium mit Neonkernen beschossen.[3][4] Nach Vorschlägen sowjetischer Wissenschaftler wurde zunächst der Name Kurtschatowium (Ku) gewählt und in verschiedenen Staaten verwendet. US-amerikanische Forscher lehnten den Namen aus politischen Gründen jedoch ab und beanspruchten ihrerseits den durch sie 1969 erzielten ersten Nachweis des Elements für sich. Nach einer langjährigen Elementnamensgebungskontroverse setzte sich erst 1997 die Bezeichnung Rutherfordium (Rf) durch.
  • Während des Atombomben-Programms schwor Kurtschatow, dass er seinen Bart nicht stutzen wolle, bis das Programm erfolgreich abgeschlossen sei. Er trug den Bart für den Rest seines Lebens, wodurch er den Spitznamen „Der Bart“ erhielt.

Literatur

  • I. P. Alexandrov, I.K.Kikoin: I. V. Kurchatov (1903-1960), Nuclear Physics, Band 17, 1960, S. 177–180
  • A. P. Alexandrov (Hrsg.): Erinnerungen an I. V. Kurchatov, Moskau, Nauka 1988 (russisch)
  • Andreas Heinemann-Grüder: Die sowjetische Atombombe. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1992, ISBN 3-924550-65-4
  • David Holloway: Stalin and the bomb, Yale University Press 1994
  • Yu. V. Gaponov: Igor' Vasil'evich Kurchatov: The scientist and doer (January 12, 1903–February 7, 1960), Physics of Atomic Nuclei, Band 66, 2003, S. 1–5
  • I.N. Golovin, N. N. Ponomarev-Stepnoi, L.L. Sokolovskii: From laboratory no. 2 of the USSR Academy of sciences to the Russian Science Center “Kurchatov Institute”, Atomic Energy, Band 86, 1999, S. 243–253.
  • I. N. Golovin: I. V. Kurchatov, Moskau, Atomizdat 1973 (russisch)
  • V. V. Goncharov: I. V. Kurchatov and nuclear reactors, Atomic Energy, Band 14, 1963, Heft 1, S. 7–13
  • I. V. Kurchatov: On the basic scientific research, design and practical work on atomic energy performed in 1947, Atomic Energy, Band 86, 1999, Nr. 4, S. 254–265
  • V. N. Mikhailov, G. A. Goncharov: Kurchatov and the development of nuclear weapons in the USSR, Atomic Energy, Band 86, 1999, Nr. 4, S. 266–282
  • R. S. Pease, B. F. J. Schonland: Academician I. V. Kurchatov, Nature, Band 185, 1960, S. 887

Weblinks

Commons: Igor Kurtschatow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gazetteer of Planetary Nomenclature
  2. R. C. Barber, N. N. Greenwood, A. Z. Hrynkiewicz, Y. P. Jeannin, M. Lefort, M. Sakai, I. Ulehla, A. P. Wapstra, D. H. Wilkinson: Discovery of the transfermium elements. Part II: Introduction to discovery profiles. Part III: Discovery profiles of the transfermium elements (Note: For Part I see Pure Appl. Chem., Vol. 63, No. 6, pp. 879-886, 1991). In: Pure and Applied Chemistry. 65, 1993, S. 1757–1814, doi:10.1351/pac199365081757.
  3. G.N. Flerov, Yu.Ts. Oganesyan, Yu.V. Lobanov, V.I. Kuznetsov, V.A. Druin, V.P. Perelygin, K.A. Gavrilov, S.P. Tretiakova, V.M. Plotko: Synthesis and physical identification of the isotope of element 104 with mass number 260. In: Physics Letters. 13, 1964, S. 73–75, doi:10.1016/0031-9163(64)90313-0.

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