Gravitationskonstante: Unterschied zwischen den Versionen

Gravitationskonstante: Unterschied zwischen den Versionen

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| Formelzeichen = <math> G </math>
| Formelzeichen = <math> G </math>
| Art          =  
| Art          =  
| WertSI        = <math> 6{,}674\;08\; \cdot 10^{-11} \mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}} </math>
| WertSI        = {{ZahlExp|6,67430|−11|suffix=(15)|post=<math>\textstyle \frac{\mathrm{m^3}}{\mathrm{kg\,s^2}}</math>}}
| Genauigkeit  = <math> 4{,}7 \cdot 10^{-5}</math>
| Genauigkeit  = {{ZahlExp|2,2|−5}}
| WertCgs      =  
| WertCgs      =  
| WertPlanck    =  
| WertPlanck    = 1. Gelegentlich wird aber auch <math>8\pi\;G</math> auf 1 gesetzt.
| Formel        =  
| Formel        =  
| Anmerkung    = Quelle SI-Wert: [[CODATA]] 2014 ([http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?bg Direktlink])
| Anmerkung    = Quelle SI-Wert: [[CODATA]] 2018 ([http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?bg Direktlink])
}}
}}
Die '''Gravitationskonstante''' (Formelzeichen <math>G</math> oder <math>\gamma</math>) ist die fundamentale [[Naturkonstante]], die die Stärke der [[Gravitation]] bestimmt. In dem [[Gravitationsgesetz]] nach [[Isaac Newton]] ergibt sie direkt die Stärke der Gravitationskraft zwischen zwei Körpern in Abhängigkeit von ihrem Abstand und ihren [[Masse (Physik)|Massen]], in der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] nach [[Albert Einstein]] bestimmt sie die Krümmung der vierdimensionalen [[Raumzeit]] und damit den Ablauf aller mit der Gravitation zusammenhängenden Erscheinungen. Für die Beschreibung astronomischer Größen und Vorgänge besitzt sie fundamentale Bedeutung. Der Wert der Gravitationskonstanten beträgt<ref name="CODATAbg">{{Internetquelle |url=http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?bg |hrsg=National Institute of Standards and Technology |titel=CODATA Recommended Values |zugriff=2015-07-26 }} Wert für die Gravitationskonstante.</ref>
Die '''Gravitationskonstante''' (Formelzeichen <math>G</math> oder <math>\gamma</math>) ist die fundamentale [[Naturkonstante]], die die Stärke der [[Gravitation]] bestimmt. In dem [[Gravitationsgesetz]] nach [[Isaac Newton]] ergibt sie direkt die Stärke der Gravitationskraft zwischen zwei Körpern in Abhängigkeit von ihrem Abstand und ihren [[Masse (Physik)|Massen]], in der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] nach [[Albert Einstein]] bestimmt sie die Krümmung der vierdimensionalen [[Raumzeit]] und damit den Ablauf aller mit der Gravitation zusammenhängenden Erscheinungen. Für die Beschreibung astronomischer Größen und Vorgänge besitzt sie fundamentale Bedeutung. Der Wert der Gravitationskonstanten beträgt<ref name="CODATAbg">{{Internetquelle |url=http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?bg |hrsg=National Institute of Standards and Technology |titel=CODATA Recommended Values: Newtonian constant of gravitation |zugriff=2019-05-20}} Wert für die Gravitationskonstante.</ref>
:<math>G = (6{,}674\;08\;\pm 0{,}000\;31) \cdot 10^{-11}\,\mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}},</math>
: <math>G = (6{,}674\,30\pm 0{,}000\,15) \cdot 10^{-11}\,\mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}},</math>


wobei bereits die vierte Stelle nach dem Komma unsicher ist.
wobei bereits die vierte Dezimalstelle unsicher ist.


== Definition ==
== Definition ==
Nach dem [[Newtonsches Gravitationsgesetz|newtonschen Gravitationsgesetz]] ziehen sich zwei kugelsymmetrische Körper mit den Massen <math>m_1</math> und <math>m_2</math>, deren Mittelpunkte einen Abstand <math>r</math> haben, gegenseitig mit der Kraft
Nach dem [[Newtonsches Gravitationsgesetz|newtonschen Gravitationsgesetz]] ziehen sich zwei kugelsymmetrische Körper mit den Massen <math>m_1</math> und <math>m_2</math>, deren Mittelpunkte einen Abstand <math>r</math> haben, gegenseitig mit der Kraft
:<math>F = G\, \frac{m_1 \, m_2}{r^2}</math>
: <math>F = G\, \frac{m_1 \, m_2}{r^2}</math>
an. Die in der Gleichung auftretende [[Proportionalität]]skonstante <math>G</math> ist die Gravitationskonstante.
an. Die in der Gleichung auftretende [[Proportionalität]]skonstante <math>G</math> ist die Gravitationskonstante.


In dieser expliziten Form wurde die Gravitationskonstante nicht von Newton selbst, sondern erst 1873, also 200 Jahre später, von [[Alfred Cornu]] und [[Jean-Baptistin Baille]] eingeführt.<ref name="SpeakeQuinn2014">{{Literatur |Autor=Clive Speake, Terry Quinn |Titel=The search for Newton’s constant |Sammelwerk=Physics Today |Band=67 |Nummer=7 |Datum=2014 |Seiten=27 |DOI=10.1063/PT.3.2447}}</ref> Bis dahin hatte man das Newtonsche Gravitationsgesetz lediglich in seiner ursprünglichen Form verwendet, d.&nbsp;h. in Gestalt der Proportionalitäten <math>F \propto m_1\ ,\ F \propto m_2\ ,\ F \propto r^{-2}</math>.
Diese Form des Gesetzes wurde 1873, 200 Jahre nach Newton, durch [[Alfred Cornu]] und [[Jean-Baptistin Baille]] eingeführt.<ref name="SpeakeQuinn2014">{{Literatur |Autor=Clive Speake, Terry Quinn |Titel=The search for Newton’s constant |Sammelwerk=Physics Today |Band=67 |Nummer=7 |Datum=2014 |Seiten=27 |DOI=10.1063/PT.3.2447}}</ref> Newton schrieb sein Gesetz ohne Nennung der Konstante in Form der Proportionalitäten <math>F \propto m_1\ ,\ F \propto m_2\ ,\ F \propto r^{-2}</math>, wie es damals in der wissenschaftlichen Literatur üblich war.
 
Um die Formulierung eines [[Rationalisiertes Einheitensystem|rationalisierten Einheitensystems]] zu erhalten, hätte man eine Definition über <math display="inline">F=G\,\frac{m_1 \, m_2}{4\pi r^2}</math> wählen müssen, also mit einer 4π-mal so großen Proportionalitätskonstanten.


== Wert und Einheiten ==
== Wert und Einheiten ==
Im [[Internationales Einheitensystem|Internationalen Einheitensystem]] (SI) beträgt der Wert nach der aktuellen Empfehlung [[CODATA]]&nbsp;2014:<ref name="CODATAbg" />
Im [[Internationales Einheitensystem|Internationalen Einheitensystem]] (SI) beträgt der Wert nach der aktuellen Empfehlung [[CODATA]]&nbsp;2018:<ref name="CODATAbg" />
:<math>G = 6{,}674\;08\;(31) \cdot 10^{-11}\,\mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}}</math>
: <math>G = 6{,}674\,30(15) \cdot 10^{-11}\,\mathrm{\frac{m^3}{kg \cdot s^2}}</math>
(also mit einer geschätzten [[Committee on Data for Science and Technology#Standardunsicherheiten von CODATA-Werten|Standardunsicherheit]] von <math>0{,}000\;31 \cdot 10^{-11}\,\mathrm{m}^3/(\mathrm{kg}\cdot \mathrm{s}^2)</math>).
(also mit einer geschätzten [[Committee on Data for Science and Technology#Standardunsicherheiten von CODATA-Werten|Standardunsicherheit]] von <math>0{,}000\,15 \cdot 10^{-11}\,\mathrm{m}^3/(\mathrm{kg}\cdot \mathrm{s}^2)</math>).


Im [[CGS-Einheitensystem]] hat <math>G</math> den Wert
Im [[CGS-Einheitensystem]] hat <math>G</math> den Wert
:<math>G = 6{,}674\;08\;(31) \cdot 10^{-8}\,\mathrm{\frac{cm^3}{g \cdot s^2}}.</math>
: <math>G = 6{,}674\,30(15) \cdot 10^{-8}\,\mathrm{\frac{cm^3}{g \cdot s^2}}.</math>


Die Gravitationskonstante kann auch mit anderen Naturkonstanten ausgedrückt werden, zum Beispiel mit Hilfe des [[Plancksches Wirkungsquantum|reduzierten Planckschen Wirkungsquantums]] <math>\hbar</math> und der [[Lichtgeschwindigkeit]] <math>c</math> („[[natürliche Einheiten]]“). Nach CODATA 2010 ergibt sich als Wert:<ref>{{Internetquelle |url=http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?bgspu |hrsg=National Institute of Standards and Technology |titel=CODATA Recommended Values |zugriff=2015-07-26 }} Wert für die Gravitationskonstante in natürlichen Einheiten. Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes, diese Unsicherheit ist als [[CODATA#Standardunsicherheiten von CODATA-Werten|geschätzte Standardabweichung]] des angegebenen Zahlenwertes vom tatsächlichen Wert angegeben.</ref>
Die Gravitationskonstante kann auch mit anderen Naturkonstanten ausgedrückt werden, zum Beispiel mit Hilfe des [[Plancksches Wirkungsquantum|reduzierten Planckschen Wirkungsquantums]] <math>\hbar</math> und der [[Lichtgeschwindigkeit]] <math>c</math> („[[natürliche Einheiten]]“). Nach CODATA 2018 ergibt sich als Wert:<ref>{{Internetquelle |url=http://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?bgspu |hrsg=National Institute of Standards and Technology |titel=CODATA Recommended Values: Newtonian constant of gravitation over h-bar c|zugriff=2019-05-20}} Wert für die Gravitationskonstante in natürlichen Einheiten. Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes, diese Unsicherheit ist als [[CODATA#Standardunsicherheiten von CODATA-Werten|geschätzte Standardabweichung]] des angegebenen Zahlenwertes vom tatsächlichen Wert angegeben.</ref>
:<math>G = 6{,}708\;61\;(31) \cdot 10^{-39}\,\frac{\hbar c}{(\mathrm{GeV}/c^2)^2}</math>
:<math>G = 6{,}708\,83(15) \cdot 10^{-39}\,\frac{\hbar c}{(\mathrm{GeV}/c^2)^{2}}</math>


Verglichen mit anderen [[Grundkräfte der Physik|Grundkräften der Physik]] ist die Gravitation eine sehr schwache Wechselwirkung, was sich in dem kleinen Wert der Gravitationskonstanten ausdrückt. Berechnet man beispielsweise den [[Betragsfunktion|Betrag]] des Verhältnisses zwischen der Gravitationskraft und der [[Coulombsches Gesetz|elektrostatischen Kraft]] zwischen zwei [[Proton]]en, so erhält man unabhängig vom Abstand:
Verglichen mit anderen [[Grundkräfte der Physik|Grundkräften der Physik]] ist die Gravitation eine sehr schwache Wechselwirkung, was sich in dem kleinen Wert der Gravitationskonstanten ausdrückt. Berechnet man beispielsweise den [[Betragsfunktion|Betrag]] des Verhältnisses zwischen der Gravitationskraft und der [[Coulombsches Gesetz|elektrostatischen Kraft]] zwischen zwei [[Proton]]en, so erhält man unabhängig vom Abstand:
:<math>\left| \frac{F_\text{Gravitation}}{F_\text{elektrisch}}\right| = \frac{G m_\text{Proton}^2}{e^2 / (4 \pi \varepsilon_0)} \approx 10^{-36}</math>
: <math>\left| \frac{F_\text{Gravitation}}{F_\text{elektrisch}}\right| = \frac{G m_\text{Proton}^2}{e^2 / (4 \pi \varepsilon_0)} \approx 10^{-36}</math>


== Messungen ==
== Messungen ==
Die Gravitationskraft zwischen der Erde und einem anderen Objekt, d.&nbsp;h., sein [[Gewichtskraft|Gewicht]], lässt sich zwar sehr genau messen, allerdings müsste man, um daraus die Gravitationskonstante mit gleicher Genauigkeit zu bestimmen, die Erdmasse oder besser die ganze Massenverteilung in der Erde zuverlässig kennen. Das ist aber nicht gegeben, sodass zur Messung von <math>G</math> die überaus geringe Anziehungskraft zwischen Körpern bekannter Masse im Labor bestimmt werden muss. Beispielsweise beträgt die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern von je 100&nbsp;kg Masse in 1&nbsp;m Abstand weniger als 10<sup>−9</sup> (ein Milliardstel) ihres Gewichts, und alle andere Materie im oder außerhalb des Labors übt auf die Testkörper ebenfalls Gravitation aus. Diese Messungen gestalten sich daher schwierig. Schon kleinste Temperaturunterschiede, Luftströmungen, Ungleichmäßigkeiten im oder [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechen]] des Materials, sogar die Anzahl der Fahrzeuge auf dem Parkplatz vor dem Institutsgebäude, verfälschen die Ergebnisse.<ref name="Bartlett">David F. Bartlett: ''Why is it so easy to underestimate systematic errors when measuring G?'' Phil. Trans. R. Soc. A 372, 2014, [[DOI:10.1098/rsta.2014.0021]] (freier Volltext).</ref>
Die Gravitationskraft zwischen der Erde und einem anderen Objekt, d.&nbsp;h., sein [[Gewichtskraft|Gewicht]], lässt sich zwar sehr genau messen, allerdings müsste man, um daraus die Gravitationskonstante mit gleicher Genauigkeit zu bestimmen, die Erdmasse oder besser die ganze Massenverteilung in der Erde zuverlässig kennen. Das ist aber nicht gegeben, sodass zur Messung von <math>G</math> die überaus geringe Anziehungskraft zwischen Körpern bekannter Masse im Labor bestimmt werden muss. Beispielsweise beträgt die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern von je 100&nbsp;kg Masse in 1&nbsp;m Abstand weniger als 10<sup>−9</sup> (ein Milliardstel) ihrer Gewichtskraft, und alle andere Materie im Labor oder außerhalb davon übt auf die Testkörper ebenfalls Gravitation aus. Diese Messungen gestalten sich daher schwierig. Schon kleinste Temperaturunterschiede, Luftströmungen, Ungleichmäßigkeiten im Material oder [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechen]] des Materials, sogar die Anzahl der Fahrzeuge auf dem Parkplatz vor dem Institutsgebäude, verfälschen die Ergebnisse.<ref name="Bartlett">David F. Bartlett: ''Why is it so easy to underestimate systematic errors when measuring G?'' Phil. Trans. R. Soc. A 372, 2014, [[doi:10.1098/rsta.2014.0021]] (freier Volltext).</ref>


=== Aktueller Stand ===
=== Aktueller Stand ===
Ein Wert für <math>G</math> mit achtstelliger Genauigkeit, wie für andere Naturkonstanten längst erreicht, würde hier also eine Reduzierung solcher möglichen Störeinflüsse auf 10<sup>−17</sup> (ein Hundertbilliardstel) der Gewichtskraft der beteiligten Körper erfordern. Das ist bisher nicht gelungen. Fünfstellige Genauigkeit ist somit die höchste, sie wurde für eine Messung von <math>G</math> aus dem Jahr 2000 angegeben. Allerdings gibt es allein aus den letzten drei Jahrzehnten insgesamt 13 weitere Messergebnisse aus Labors rund um die Welt mit verschiedenen Apparaturen, die z.&nbsp;T. ähnlich hohe Genauigkeit angeben, sich aber dennoch bis fast zum Zehnfachen der jeweils angegebenen Unsicherheitsbereiche unterscheiden. Es wird vermutet, dass die einzelnen Apparaturen noch unerkannte Schwachstellen haben.<ref name="SpeakeQuinn2014" /> Der derzeit empfohlene Wert für <math>G</math>, wie oben angegeben, ist ein gewichteter Durchschnittswert und schließt mit seinem Unsicherheitsbereich 6 der 14 Einzelwerte ein, aber unter den außerhalb liegenden sind vier mit ebenfalls sehr hoher Genauigkeit.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.nist.gov/pml/div684/fcdc/upload/Newell-CODATA-and-the-Newtonian-gravitational-constantv4.ppt |titel=CODATA and the Newtonian Gravitational Constant |autor= David B. Newell |zugriff=2015-08-05 }}</ref>
Ein Wert für <math>G</math> mit achtstelliger Genauigkeit, wie für andere Naturkonstanten längst erreicht, würde hier also eine Reduzierung solcher möglichen Störeinflüsse auf 10<sup>−17</sup> (ein Hundertbilliardstel) der Gewichtskraft der beteiligten Körper erfordern. Das ist bisher nicht gelungen. Fünfstellige Genauigkeit ist somit die höchste, sie wurde für eine Messung von <math>G</math> aus dem Jahr 2000 angegeben. Allerdings gibt es allein aus den letzten drei Jahrzehnten insgesamt 13 weitere Messergebnisse aus Labors rund um die Welt mit verschiedenen Apparaturen, die z.&nbsp;T. ähnlich hohe Genauigkeit angeben, sich aber dennoch bis fast zum Zehnfachen der jeweils angegebenen Unsicherheitsbereiche unterscheiden. Es wird vermutet, dass die einzelnen Apparaturen noch unerkannte Schwachstellen haben.<ref name="SpeakeQuinn2014" /> <!--Noch aktuell? Der derzeit empfohlene Wert für <math>G</math>, wie oben angegeben, ist ein gewichteter Durchschnittswert und schließt mit seinem Unsicherheitsbereich 6 der 14 Einzelwerte ein, aber unter den außerhalb liegenden sind vier mit ebenfalls sehr hoher Genauigkeit.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.nist.gov/pml/div684/fcdc/upload/Newell-CODATA-and-the-Newtonian-gravitational-constantv4.ppt |titel=CODATA and the Newtonian Gravitational Constant |autor=David B. Newell |zugriff=2015-08-05}}</ref>-->
 
Im Ergebnis kann die relative Unsicherheit im Wert von <math>G</math> derzeit nicht unter 2,2&nbsp;·&nbsp;10<sup>−5</sup> gedrückt werden. Damit ist <math>G</math> unter den grundlegenden Naturkonstanten zurzeit diejenige mit der geringsten Messgenauigkeit. Zum Vergleich: Die [[Rydberg-Konstante]] ist in SI-Einheiten mit einer relativen Unsicherheit von 1,9&nbsp;·&nbsp;10<sup>−12</sup> bekannt, das ist mehr als millionenfach genauer.


Im Ergebnis kann die relative Unsicherheit im Wert von <math>G</math> derzeit nicht unter 4,7·10<sup>−5</sup> gedrückt werden. Damit ist <math>G</math> unter den grundlegenden Naturkonstanten zurzeit diejenige mit der geringsten Messgenauigkeit. Zum Vergleich: Das [[Plancksches Wirkungsquantum|Plancksche Wirkungsquantum]] ist in SI-Einheiten mit einer relativen Unsicherheit von 1,2·10<sup>−8</sup> bekannt, das ist mehr als tausendfach genauer.
Die – im Vergleich – geringe Genauigkeit von <math>G</math> und die zu große Streubreite der Einzelergebnisse gelten als Mängel. Die Streubreite könnte außer auf unerkannte Schwachstellen der Messapparaturen auch auf einen noch unverstandenen Aspekt der Gravitation hinweisen. Die Ungenauigkeit begrenzt die Möglichkeit, aus der Gravitation eines Himmelskörpers seine Masse bestimmen zu können. Dazu muss der Himmelskörper von einem Begleiter umrundet werden, dessen Bahnradius <math> r </math> und Umlaufkreisfrequenz <math> \omega </math> bekannt sind, sodass der {{Anker|Gravitationsparameter}}'''Gravitationsparameter''' <math> \mu = r^3 \omega^2</math> bestimmt werden kann. Das ist oft mit hoher Genauigkeit möglich, für die Erde z.&nbsp;B. mit bis zu 10-stelliger Genauigkeit (siehe [[WGS&nbsp;84]]). Dann ergibt sich die Masse des Himmelskörpers aus <math> M= \mu/G </math> (siehe [[Keplersche Gesetze]]). Das ist trotz der Unsicherheit in <math>G</math> wesentlich genauer, als wenn man die Masse aus dem Durchmesser und dem Dichteverlauf im Innern des Himmelskörpers schätzte.


Die – im Vergleich – geringe Genauigkeit von <math>G</math> und die zu große Streubreite der Einzelergebnisse gelten als Mängel. Die Streubreite könnte außer auf unerkannte Schwachstellen der Messapparaturen auch auf einen noch unverstandenen Aspekt der Gravitation hinweisen. Die Ungenauigkeit begrenzt die Möglichkeit, aus der Gravitation eines Himmelskörpers seine Masse bestimmen zu können. Dazu muss der Himmelskörper von einem Begleiter umrundet werden, dessen Bahnradius <math> r </math> und Umlaufkreisfrequenz <math> \omega </math> bekannt sind, sodass der '''Gravitationsparameter''' <math> \mu = r^3 \omega^2</math> bestimmt werden kann. Das ist oft mit hoher Genauigkeit möglich, für die Erde z.&nbsp;B. mit bis zu 10-stelliger Genauigkeit (siehe [[WGS&nbsp;84]]). Dann ergibt sich die Masse des Himmelskörpers aus <math> M= \mu/G </math> (siehe [[Keplersche Gesetze]]). Das ist trotz der Unsicherheit in <math>G</math> wesentlich genauer, als wenn man die Masse aus dem Durchmesser und dem Dichteverlauf im Innern des Himmelskörpers schätzte.
In neuesten Experimenten wird die Gravitationskonstante mit zwei unterschiedlichen Verfahren durch die Variation des Versuchsaufbaus der Pendelwaage gemessen:
* Schwingungszeit-Methode: Ein vergoldeter Quarzblock an einer Glasfaser und zwei jeweils 778 Gramm schwere Stahlkugeln ändern die Torsionsschwingungen, mit dem Ergebnis der Gravitationskonstanten von <math>6{,}674\,184\cdot 10^{-11}\,\mathrm{{m^3}\,{kg^{-1}\,s^{-2}}}</math> &plusmn;11,64 ppm.
* Methode zur Messung der Winkelbeschleunigung: Im zweiten Versuchsaufbau können sich beide Massen (Quarzblock und Stahlkugeln) unabhängig drehen und der Drehtisch wird so nachgeführt, dass die Torsion kompensiert wird, wodurch kein Drehwinkel, sondern die Winkelbeschleunigung („''angular-acceleration-feedback method''“) zur Kompensation des Drehwinkels gemessen wird, woraus ein Wert von <math>6{,}674\,484\cdot 10^{-11}\,\mathrm{{m^3}\,{kg^{-1}\,s^{-2}}}</math> &plusmn;11,61 ppm abgeleitet wurde.
In früheren Experimenten betrug die Standardabweichung &plusmn;47 ppm, sie wurde also um &plusmn;36 ppm verbessert.<ref>[https://www.nature.com/articles/s41586-018-0431-5] Nature 29 August 2018: Measurements of the gravitational constant using two independent methods</ref><ref>[http://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-mehr/schwerkraft-auf-dem-pruefstand-gravitationskonstante-ist-neu-vermessen-worden-15786641.html] FAZ, aktualisiert am 13. September 2018: Schwerkraft auf dem Prüfstand</ref>


=== Das Cavendish-Experiment ===
=== Das Cavendish-Experiment ===
[[Datei:Cavendish Experiment.png|mini|Cavendish-Experiment (1798)]]
[[Datei:Cavendish Experiment.png|mini|Cavendish-Experiment (1798)]]
Die erste Messung der Gravitationskraft zwischen zwei Massen bekannter Größe gelang [[Henry Cavendish]] im Jahr 1798 mithilfe der eigens dafür erfundenen [[Gravitationswaage]].<ref>Henry Cavendish: ''[[:Datei:Cavendish-Experiments to Determine the Density of the Earth..pdf|Experiments to determine the Density of the Earth.]]'' (PDF) 1798 (englisch).</ref> Die Waage bestand aus zwei kugelförmigen Testmassen mit zusammen (in heutigen Einheiten) <math>m</math>&nbsp;=&nbsp;1,46&nbsp;kg, die zu einer Hantel verbunden und an einem Torsionsdraht aufgehängt waren, sodass sie freie horizontale Drehschwingungen ausführen konnten. Zwei große Kugeln mit einer Gesamtmasse <math>M_c=316\,\mathrm{kg}</math>, in gleichem Abstand <math>r_m</math> dicht neben je einer der Testmassen, erzeugten die Anziehungskraft, die die Testmassen ca. 1° aus der Ruhelage auslenkten. Aus dem Auslenkwinkel wurde die Torsionskraft <math>F_c</math> ermittelt, die der Anziehungskraft der großen und kleinen Kugeln bei diesem Abstand die Waage hält. Die dazu nötige Kenntnis der Torsionssteifigkeit des Drahtes wurde aus der Periodendauer der Torsionsschwingung gewonnen.
Die erste Messung der Gravitationskraft zwischen zwei Massen bekannter Größe gelang [[Henry Cavendish]] im Jahr 1798 mithilfe der eigens dafür erfundenen [[Gravitationswaage]].<ref>Henry Cavendish: ''[[:Datei:Cavendish-Experiments to Determine the Density of the Earth..pdf|Experiments to determine the Density of the Earth.]]'' (PDF) 1798 (englisch).</ref> Die Waage bestand aus zwei kugelförmigen Testmassen mit zusammen (in heutigen Einheiten) <math>m=1{,}46\,\mathrm{kg}</math>, die zu einer Hantel verbunden und an einem Torsionsdraht aufgehängt waren, sodass sie freie horizontale Drehschwingungen ausführen konnten. Zwei große Kugeln mit einer Gesamtmasse <math>M_c=316\,\mathrm{kg}</math>, in gleichem Abstand <math>r_m</math> dicht neben je einer der Testmassen, erzeugten die Anziehungskraft, die die Testmassen ca. 1° aus der Ruhelage auslenkten. Aus dem Auslenkwinkel wurde die Torsionskraft <math>F_c</math> ermittelt, die der Anziehungskraft der großen und kleinen Kugeln bei diesem Abstand die Waage hält. Die dazu nötige Kenntnis der Torsionssteifigkeit des Drahtes wurde aus der Periodendauer der Torsionsschwingung gewonnen.


Aus Cavendishs Messwerten ergibt sich durch die Formel
Aus Cavendishs Messwerten ergibt sich durch die Formel
:<math> \frac {F_c \, r_m^2} {m \, M_c} = G</math>
: <math> \frac {F_c \, r_m^2} {m \, M_c} = G</math>
ein Wert für die Konstante
ein Wert für die Konstante
:<math>G_\mathrm{Cavendish} = 6{,}754 \cdot 10^{-11}~\mathrm{{m^3}{kg^{-1}\,s^{-2}}}.</math>
: <math>G_\mathrm{Cavendish} = 6{,}754 \cdot 10^{-11}\,\mathrm{{m^3}\,{kg^{-1}\,s^{-2}}}.</math>
Dies verfehlt den heutigen Wert nur um 1,2 Prozent.
Dies verfehlt den heutigen Wert nur um 1,2 Prozent.


Allerdings war der Begriff einer Gravitationskonstante zu Cavendishs Zeiten noch gar nicht üblich, vielmehr wurde das Newtonsche Gravitationsgesetz ausschließlich in Form von Proportionalitäten gebraucht. Dementsprechend betrachtete er das Verhältnis der beiden Kräfte <math> F_c </math> und <math> F_E </math>, mit denen die kleinen Kugeln von den großen bzw. von der Erde angezogen werden. Nach Newton gilt:
Allerdings war der Begriff einer Gravitationskonstante zu Cavendishs Zeiten noch gar nicht üblich, vielmehr wurde das Newtonsche Gravitationsgesetz ausschließlich in Form von Proportionalitäten gebraucht. Dementsprechend betrachtete er das Verhältnis der beiden Kräfte <math> F_c </math> und <math> F_E </math>, mit denen die kleinen Kugeln von den großen bzw. von der Erde angezogen werden. Nach Newton gilt:
:<math> \frac {F_c} {F_E} = \frac { M_c} {M_E}\ \frac {r_E^2} {r_m^2}</math>
: <math> \frac {F_c} {F_E} = \frac { M_c} {M_E}\ \frac {r_E^2} {r_m^2}</math>
<math> F_E </math> ist nichts anderes als das (Gesamt-) Gewicht der kleinen Kugeln, sodass die Erdmasse <math> M_E </math> hierin die einzige Unbekannte ist. Cavendish konnte aus seinen Messdaten die Masse der Erde bestimmen. Populär wurde die physikalisch nicht korrekte und genau genommen sinnlose Formulierung, Cavendish habe „die Erde gewogen“.
<math> F_E </math> ist nichts anderes als das (Gesamt-)Gewicht der kleinen Kugeln, sodass die Erdmasse <math> M_E </math> hierin die einzige Unbekannte ist. Cavendish konnte aus seinen Messdaten die Masse der Erde bestimmen. Populär wurde die physikalisch nicht korrekte und genau genommen sinnlose Formulierung, Cavendish habe „die Erde gewogen“.


Nachdem die Erdmasse, implizit also der Wert der Gravitationskonstante bekannt war, konnten auch die Massen weiterer Himmelskörper des Sonnensystems bestimmt werden.
Nachdem die Erdmasse, implizit also der Wert der Gravitationskonstante bekannt war, konnten auch die Massen weiterer Himmelskörper des Sonnensystems bestimmt werden.
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Venzo de Sabbata: ''The gravitational constant – generalized gravitational theories and experiments.'' Kluwer Academic, Dordrecht 2004, ISBN 1-4020-1955-6.
* Venzo de Sabbata: ''The gravitational constant – generalized gravitational theories and experiments.'' Kluwer Academic, Dordrecht 2004, ISBN 1-4020-1955-6.
* {{Internetquelle |autor=Achim Schumacher |url=http://elpub.bib.uni-wuppertal.de/edocs/dokumente/fb08/diss1999/schumacher/d089907.pdf |format=PDF; 3,89&nbsp;MB |titel=Systematische Untersuchungen zur Messung der Newtonschen Gravitationskonstanten mit einem Pendelresonator |datum=1999-08-00 |zugriff=2009-11-18 |kommentar=Dissertation (Universität Wuppertal)}}
* {{Internetquelle
  |autor=Achim Schumacher
  |url=http://elpub.bib.uni-wuppertal.de/edocs/dokumente/fb08/diss1999/schumacher/d089907.pdf
  |format=PDF; 3,89&nbsp;MB
  |titel=Systematische Untersuchungen zur Messung der Newtonschen Gravitationskonstanten mit einem Pendelresonator
  |datum=1999-08
  |zugriff=2009-11-18
  |kommentar=Dissertation (Universität Wuppertal)}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary}}
* Frank Grotelüschen: ''[http://www.deutschlandfunk.de/gravitationskonstante-die-schwere-der-schwerkraft.740.de.html?dram:article_id=298111 Gravitationskonstante. Die Schwere der Schwerkraft.]'' Bei: ''[[Deutschlandfunk|Deutschlandfunk.de.]]'' 28.&nbsp;September 2014.
* Frank Grotelüschen: [http://www.deutschlandfunk.de/gravitationskonstante-die-schwere-der-schwerkraft.740.de.html?dram:article_id=298111 ''Gravitationskonstante. Die Schwere der Schwerkraft''.] [[Deutschlandfunk|Deutschlandfunk.de]], 28.&nbsp;September 2014.
* Manfred Lindinger: [http://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-mehr/schwerkraft-auf-dem-pruefstand-gravitationskonstante-ist-neu-vermessen-worden-15786641.html ''Schwerkraft auf dem Prüfstand''.] [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]], 13.&nbsp;September 2018.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 4. November 2021, 21:23 Uhr

Physikalische Konstante
Name Gravitationskonstante
Formelzeichen $ G $
Wert
SI 6.67430(15)e-11 $ \textstyle {\frac {\mathrm {m^{3}} }{\mathrm {kg\,s^{2}} }} $
Unsicherheit (rel.) 2.2e-5
Planck 1. Gelegentlich wird aber auch $ 8\pi \;G $ auf 1 gesetzt.
Quellen und Anmerkungen
Quelle SI-Wert: CODATA 2018 (Direktlink)

Die Gravitationskonstante (Formelzeichen $ G $ oder $ \gamma $) ist die fundamentale Naturkonstante, die die Stärke der Gravitation bestimmt. In dem Gravitationsgesetz nach Isaac Newton ergibt sie direkt die Stärke der Gravitationskraft zwischen zwei Körpern in Abhängigkeit von ihrem Abstand und ihren Massen, in der allgemeinen Relativitätstheorie nach Albert Einstein bestimmt sie die Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit und damit den Ablauf aller mit der Gravitation zusammenhängenden Erscheinungen. Für die Beschreibung astronomischer Größen und Vorgänge besitzt sie fundamentale Bedeutung. Der Wert der Gravitationskonstanten beträgt[1]

$ G=(6{,}674\,30\pm 0{,}000\,15)\cdot 10^{-11}\,\mathrm {\frac {m^{3}}{kg\cdot s^{2}}} , $

wobei bereits die vierte Dezimalstelle unsicher ist.

Definition

Nach dem newtonschen Gravitationsgesetz ziehen sich zwei kugelsymmetrische Körper mit den Massen $ m_{1} $ und $ m_{2} $, deren Mittelpunkte einen Abstand $ r $ haben, gegenseitig mit der Kraft

$ F=G\,{\frac {m_{1}\,m_{2}}{r^{2}}} $

an. Die in der Gleichung auftretende Proportionalitätskonstante $ G $ ist die Gravitationskonstante.

Diese Form des Gesetzes wurde 1873, 200 Jahre nach Newton, durch Alfred Cornu und Jean-Baptistin Baille eingeführt.[2] Newton schrieb sein Gesetz ohne Nennung der Konstante in Form der Proportionalitäten $ F\propto m_{1}\ ,\ F\propto m_{2}\ ,\ F\propto r^{-2} $, wie es damals in der wissenschaftlichen Literatur üblich war.

Um die Formulierung eines rationalisierten Einheitensystems zu erhalten, hätte man eine Definition über $ {\textstyle F=G\,{\frac {m_{1}\,m_{2}}{4\pi r^{2}}}} $ wählen müssen, also mit einer 4π-mal so großen Proportionalitätskonstanten.

Wert und Einheiten

Im Internationalen Einheitensystem (SI) beträgt der Wert nach der aktuellen Empfehlung CODATA 2018:[1]

$ G=6{,}674\,30(15)\cdot 10^{-11}\,\mathrm {\frac {m^{3}}{kg\cdot s^{2}}} $

(also mit einer geschätzten Standardunsicherheit von $ 0{,}000\,15\cdot 10^{-11}\,\mathrm {m} ^{3}/(\mathrm {kg} \cdot \mathrm {s} ^{2}) $).

Im CGS-Einheitensystem hat $ G $ den Wert

$ G=6{,}674\,30(15)\cdot 10^{-8}\,\mathrm {\frac {cm^{3}}{g\cdot s^{2}}} . $

Die Gravitationskonstante kann auch mit anderen Naturkonstanten ausgedrückt werden, zum Beispiel mit Hilfe des reduzierten Planckschen Wirkungsquantums $ \hbar $ und der Lichtgeschwindigkeit $ c $ („natürliche Einheiten“). Nach CODATA 2018 ergibt sich als Wert:[3]

$ G=6{,}708\,83(15)\cdot 10^{-39}\,{\frac {\hbar c}{(\mathrm {GeV} /c^{2})^{2}}} $

Verglichen mit anderen Grundkräften der Physik ist die Gravitation eine sehr schwache Wechselwirkung, was sich in dem kleinen Wert der Gravitationskonstanten ausdrückt. Berechnet man beispielsweise den Betrag des Verhältnisses zwischen der Gravitationskraft und der elektrostatischen Kraft zwischen zwei Protonen, so erhält man unabhängig vom Abstand:

$ \left|{\frac {F_{\text{Gravitation}}}{F_{\text{elektrisch}}}}\right|={\frac {Gm_{\text{Proton}}^{2}}{e^{2}/(4\pi \varepsilon _{0})}}\approx 10^{-36} $

Messungen

Die Gravitationskraft zwischen der Erde und einem anderen Objekt, d. h., sein Gewicht, lässt sich zwar sehr genau messen, allerdings müsste man, um daraus die Gravitationskonstante mit gleicher Genauigkeit zu bestimmen, die Erdmasse oder besser die ganze Massenverteilung in der Erde zuverlässig kennen. Das ist aber nicht gegeben, sodass zur Messung von $ G $ die überaus geringe Anziehungskraft zwischen Körpern bekannter Masse im Labor bestimmt werden muss. Beispielsweise beträgt die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern von je 100 kg Masse in 1 m Abstand weniger als 10−9 (ein Milliardstel) ihrer Gewichtskraft, und alle andere Materie im Labor oder außerhalb davon übt auf die Testkörper ebenfalls Gravitation aus. Diese Messungen gestalten sich daher schwierig. Schon kleinste Temperaturunterschiede, Luftströmungen, Ungleichmäßigkeiten im Material oder Kriechen des Materials, sogar die Anzahl der Fahrzeuge auf dem Parkplatz vor dem Institutsgebäude, verfälschen die Ergebnisse.[4]

Aktueller Stand

Ein Wert für $ G $ mit achtstelliger Genauigkeit, wie für andere Naturkonstanten längst erreicht, würde hier also eine Reduzierung solcher möglichen Störeinflüsse auf 10−17 (ein Hundertbilliardstel) der Gewichtskraft der beteiligten Körper erfordern. Das ist bisher nicht gelungen. Fünfstellige Genauigkeit ist somit die höchste, sie wurde für eine Messung von $ G $ aus dem Jahr 2000 angegeben. Allerdings gibt es allein aus den letzten drei Jahrzehnten insgesamt 13 weitere Messergebnisse aus Labors rund um die Welt mit verschiedenen Apparaturen, die z. T. ähnlich hohe Genauigkeit angeben, sich aber dennoch bis fast zum Zehnfachen der jeweils angegebenen Unsicherheitsbereiche unterscheiden. Es wird vermutet, dass die einzelnen Apparaturen noch unerkannte Schwachstellen haben.[2]

Im Ergebnis kann die relative Unsicherheit im Wert von $ G $ derzeit nicht unter 2,2 · 10−5 gedrückt werden. Damit ist $ G $ unter den grundlegenden Naturkonstanten zurzeit diejenige mit der geringsten Messgenauigkeit. Zum Vergleich: Die Rydberg-Konstante ist in SI-Einheiten mit einer relativen Unsicherheit von 1,9 · 10−12 bekannt, das ist mehr als millionenfach genauer.

Die – im Vergleich – geringe Genauigkeit von $ G $ und die zu große Streubreite der Einzelergebnisse gelten als Mängel. Die Streubreite könnte außer auf unerkannte Schwachstellen der Messapparaturen auch auf einen noch unverstandenen Aspekt der Gravitation hinweisen. Die Ungenauigkeit begrenzt die Möglichkeit, aus der Gravitation eines Himmelskörpers seine Masse bestimmen zu können. Dazu muss der Himmelskörper von einem Begleiter umrundet werden, dessen Bahnradius $ r $ und Umlaufkreisfrequenz $ \omega $ bekannt sind, sodass der Gravitationsparameter $ \mu =r^{3}\omega ^{2} $ bestimmt werden kann. Das ist oft mit hoher Genauigkeit möglich, für die Erde z. B. mit bis zu 10-stelliger Genauigkeit (siehe WGS 84). Dann ergibt sich die Masse des Himmelskörpers aus $ M=\mu /G $ (siehe Keplersche Gesetze). Das ist trotz der Unsicherheit in $ G $ wesentlich genauer, als wenn man die Masse aus dem Durchmesser und dem Dichteverlauf im Innern des Himmelskörpers schätzte.

In neuesten Experimenten wird die Gravitationskonstante mit zwei unterschiedlichen Verfahren durch die Variation des Versuchsaufbaus der Pendelwaage gemessen:

  • Schwingungszeit-Methode: Ein vergoldeter Quarzblock an einer Glasfaser und zwei jeweils 778 Gramm schwere Stahlkugeln ändern die Torsionsschwingungen, mit dem Ergebnis der Gravitationskonstanten von $ 6{,}674\,184\cdot 10^{-11}\,\mathrm {{m^{3}}\,{kg^{-1}\,s^{-2}}} $ ±11,64 ppm.
  • Methode zur Messung der Winkelbeschleunigung: Im zweiten Versuchsaufbau können sich beide Massen (Quarzblock und Stahlkugeln) unabhängig drehen und der Drehtisch wird so nachgeführt, dass die Torsion kompensiert wird, wodurch kein Drehwinkel, sondern die Winkelbeschleunigung („angular-acceleration-feedback method“) zur Kompensation des Drehwinkels gemessen wird, woraus ein Wert von $ 6{,}674\,484\cdot 10^{-11}\,\mathrm {{m^{3}}\,{kg^{-1}\,s^{-2}}} $ ±11,61 ppm abgeleitet wurde.

In früheren Experimenten betrug die Standardabweichung ±47 ppm, sie wurde also um ±36 ppm verbessert.[5][6]

Das Cavendish-Experiment

Cavendish-Experiment (1798)

Die erste Messung der Gravitationskraft zwischen zwei Massen bekannter Größe gelang Henry Cavendish im Jahr 1798 mithilfe der eigens dafür erfundenen Gravitationswaage.[7] Die Waage bestand aus zwei kugelförmigen Testmassen mit zusammen (in heutigen Einheiten) $ m=1{,}46\,\mathrm {kg} $, die zu einer Hantel verbunden und an einem Torsionsdraht aufgehängt waren, sodass sie freie horizontale Drehschwingungen ausführen konnten. Zwei große Kugeln mit einer Gesamtmasse $ M_{c}=316\,\mathrm {kg} $, in gleichem Abstand $ r_{m} $ dicht neben je einer der Testmassen, erzeugten die Anziehungskraft, die die Testmassen ca. 1° aus der Ruhelage auslenkten. Aus dem Auslenkwinkel wurde die Torsionskraft $ F_{c} $ ermittelt, die der Anziehungskraft der großen und kleinen Kugeln bei diesem Abstand die Waage hält. Die dazu nötige Kenntnis der Torsionssteifigkeit des Drahtes wurde aus der Periodendauer der Torsionsschwingung gewonnen.

Aus Cavendishs Messwerten ergibt sich durch die Formel

$ {\frac {F_{c}\,r_{m}^{2}}{m\,M_{c}}}=G $

ein Wert für die Konstante

$ G_{\mathrm {Cavendish} }=6{,}754\cdot 10^{-11}\,\mathrm {{m^{3}}\,{kg^{-1}\,s^{-2}}} . $

Dies verfehlt den heutigen Wert nur um 1,2 Prozent.

Allerdings war der Begriff einer Gravitationskonstante zu Cavendishs Zeiten noch gar nicht üblich, vielmehr wurde das Newtonsche Gravitationsgesetz ausschließlich in Form von Proportionalitäten gebraucht. Dementsprechend betrachtete er das Verhältnis der beiden Kräfte $ F_{c} $ und $ F_{E} $, mit denen die kleinen Kugeln von den großen bzw. von der Erde angezogen werden. Nach Newton gilt:

$ {\frac {F_{c}}{F_{E}}}={\frac {M_{c}}{M_{E}}}\ {\frac {r_{E}^{2}}{r_{m}^{2}}} $

$ F_{E} $ ist nichts anderes als das (Gesamt-)Gewicht der kleinen Kugeln, sodass die Erdmasse $ M_{E} $ hierin die einzige Unbekannte ist. Cavendish konnte aus seinen Messdaten die Masse der Erde bestimmen. Populär wurde die physikalisch nicht korrekte und genau genommen sinnlose Formulierung, Cavendish habe „die Erde gewogen“.

Nachdem die Erdmasse, implizit also der Wert der Gravitationskonstante bekannt war, konnten auch die Massen weiterer Himmelskörper des Sonnensystems bestimmt werden.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Gravitationskonstante – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 CODATA Recommended Values: Newtonian constant of gravitation. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 20. Mai 2019. Wert für die Gravitationskonstante.
  2. 2,0 2,1 Clive Speake, Terry Quinn: The search for Newton’s constant. In: Physics Today. Band 67, Nr. 7, 2014, S. 27, doi:10.1063/PT.3.2447.
  3. CODATA Recommended Values: Newtonian constant of gravitation over h-bar c. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 20. Mai 2019. Wert für die Gravitationskonstante in natürlichen Einheiten. Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes, diese Unsicherheit ist als geschätzte Standardabweichung des angegebenen Zahlenwertes vom tatsächlichen Wert angegeben.
  4. David F. Bartlett: Why is it so easy to underestimate systematic errors when measuring G? Phil. Trans. R. Soc. A 372, 2014, doi:10.1098/rsta.2014.0021 (freier Volltext).
  5. [1] Nature 29 August 2018: Measurements of the gravitational constant using two independent methods
  6. [2] FAZ, aktualisiert am 13. September 2018: Schwerkraft auf dem Prüfstand
  7. Henry Cavendish: Experiments to determine the Density of the Earth. (PDF) 1798 (englisch).

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