Gleichraumprozess: Unterschied zwischen den Versionen

Gleichraumprozess: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Gleichraumprozess''' ist ein thermodynamischer [[Vergleichsprozess]] für Maschinen, bei denen der größte Teil der Wärmezufuhr bei gleichem Volumen ([[isochor]]) stattfindet. Im Gegensatz dazu steht der [[Gleichdruckprozess]], bei dem der größte Teil der Wärmezufuhr oder Verbrennung bei konstantem Druck ([[Isobare Zustandsänderung|isobar]]) erfolgt.
[[Datei:PV-Diagramm Gleichraumrozess.png|mini|hochkant=1.1|'''Gleichraumprozess''' im [[p-V-Diagramm]]: charakteristisch der steile Druckanstieg 2➝3 durch '''[[isochore]]''' Wärmezufuhr im oberen [[Totpunkt]] mit exponentiellem Abfall 3➝4 während der [[isentrop]]en Expansion]]


Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte [[Hans Holzwarth]] [[Holzwarth-Gasturbine|Gleichraum-Gasturbinen]], welche den Gleichraumprozess mit zyklischer Verbrennung des Gasgemisches einsetzten und keinen [[Verdichter]] brauchen.
Der '''Gleichraumprozess''' ist ein [[Thermodynamischer Kreisprozess|thermodynamischer]] ''[[Vergleichsprozess]]'' für [[Wärmekraftmaschine]]n, bei denen die Wärmezufuhr überwiegend bei '''gleichem ''Volumen''''' ([[isochor]]) erfolgt (für einen [[Hubkolbenmotor]] also praktisch im oberen [[Totpunkt]]), wobei speziell der technische Gleichraumprozess eines [[Verbrennungsmotor]]s mit [[Ladungswechsel]] und Ausstoß von Abgas als '''Otto-Kreisprozess''' bezeichnet wird.


Eine weitere ältere Anwendung mit zyklischer Verbrennung ist das [[Pulsstrahltriebwerk]] mit [[Flatterventil]]en am Lufteinlass.
Dazu im Gegensatz steht der ''[[Gleichdruckprozess]]'' (technisch für Kolbenmotoren als ''Diesel-Kreisprozess'' bezeichnet), bei dem Wärmezufuhr bzw. Verbrennung überwiegend bei konstantem ''Druck'' stattfindet ([[Isobare Zustandsänderung|isobar]]; bei Kolbenmotoren also überwiegend erst nach dem [[Totpunkt]], während einer bereits beginnenden [[Expansionsmaschine|Expansion]]).


Eine neuere Anwendung ist das [[Staustrahltriebwerk]] für diskontinuierlichen Betrieb ohne bewegliche mechanische Teile.
Reale Motoren arbeiten technisch meist im Übergangsbereich zwischen idealem Gleich''raum''- und Gleich''druck''prozess, für den speziell der gemischte [[Seiliger-Kreisprozess]] eine bessere Näherung liefert, der sich sowohl für Diesel- als auch Otto-Motoren anwenden lässt.


== Kreisprozess ==
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte [[Hans Holzwarth]] [[Holzwarth-Gasturbine|Gleichraum-Gasturbinen]], die den Gleichraumprozess mit zyklischer Verbrennung des [[Kraftstoff-Luft-Gemisch]]s einsetzten und keinen [[Verdichter]] brauchen. Sie wurden jedoch durch kontinuierlich arbeitende Gasturbinen mit Verdichter verdrängt, die eher den Gleich''druck''prozess implementieren.
{{Hauptartikel|Otto-Kreisprozess}}
[[Datei:PvDiagramm-Otto.png|mini|300px|p-v-Diagramm des Gleichraumprozesses]]
[[Datei:TsDiagramm-Otto.png|mini|300px|T-s-Diagramm des Gleichraumprozesses]]
Der Gleichraumprozess besteht aus vier [[Zustandsänderung]]en eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] innerhalb eines [[Geschlossenes System|geschlossenen Systems]]. Er enthält also keine chemische Umsetzung und auch keinen Ladungswechsel.
* 1→2: [[isentrop]]e [[Verdichtungsverhältnis|Kompression]]
* 2→3: [[Isochore Zustandsänderung|isochore Wärmezufuhr]] (deshalb Gleichraumprozess!)
* 3→4: isentrope Expansion
* 4→1: isochore Druckminderung und Wärmeabfuhr
Die durch den Linienzug 1-2-3-4 umschlossene Fläche in den Diagrammen entspricht der spezifischen Prozessarbeit w.


=== Thermischer Wirkungsgrad ===
Eine weitere ältere Anwendung mit zyklischer Verbrennung ist das [[Pulsstrahltriebwerk]] mit [[Flatterventil]]en am Lufteinlass. Eine ''neuere'' Entwicklung ist das [[Staustrahltriebwerk]] mit diskontinuierlichem Betrieb ohne bewegliche mechanische Teile.
 
== Idealer Gleichraumprozess ==
{| border="0" style="border-collapse:collapse" cellpadding="1"
!colspan="2"| Thermodynamische [[Phasendiagramm|Zustandsdiagramme]] eines idealen Gleichraumprozesses ([[Otto-Kreisprozess]])
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|[[Bild:PvDiagramm-Otto.png|mini|hochkant=1.5|Gleichraumprozess im [[p-V-Diagramm]]]]
|[[Bild:TsDiagramm-Otto.png|mini|hochkant=1.5|Gleichraumprozess im [[T-s-Diagramm]]]]
|}
 
Der theoretisch ideale Gleichraumprozess umfasst weder chemische Umsetzung ([[Verbrennung (Chemie)|Verbrennung]]) noch [[Ladungswechsel]] mit Ausstoß von [[Abgas]] und besteht streng aus vier [[Zustandsänderung]]en eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] innerhalb eines [[Geschlossenes System (Thermodynamik)|geschlossenen Systems]]:
 
* 1➝2: [[isentrop]]e [[Verdichtungsverhältnis|Kompression]]
* 2➝3: [[isochore]] Wärmezufuhr (deshalb ''Gleichraum''prozess)
* 3➝4: isentrope Expansion
* 4➝1: isochore Druckminderung durch Wärmeabfuhr (praktisch oft durch Ausstoß von Abgas = Ladungswechsel)
 
Die durch den Linienzug 1-2-3-4 umschlossene Fläche im [[p-V-Diagramm]] entspricht der spezifischen Prozessarbeit ''w''.
 
=== Thermischer Wirkungsgrad beim Gleichraumprozess ===
{{Hauptartikel|Thermischer Wirkungsgrad}}
{{Hauptartikel|Thermischer Wirkungsgrad}}
Zur Veranschaulichung und leichten Berechnung der Zustandsgrößen wird als Arbeitsmedium ein ideales Gas mit temperaturunabhängiger [[Spezifische Wärmekapazität|spezifischer Wärmekapazität]] angenommen. Der thermische [[Wirkungsgrad]] <math>\eta_{th \, \mathrm {Gleichraum}}</math> hängt im Unterschied zum [[Gleichdruckprozess]] nicht von der zugeführten Wärmemenge ab.
Zur Vereinfachten Berechnung der Zustandsgrößen wird als Arbeitsmedium ein ''[[ideales Gas]]'' mit temperatur&shy;unabhängiger [[Spezifische Wärmekapazität|spezifischer Wärmekapazität]] angenommen. Im Unterschied zum [[Gleichdruckprozess]] hängt beim Gleichraumprozess der thermische [[Wirkungsgrad]] <math>\eta_{th \, \mathrm {Gleichraum}}</math> nicht von der zugeführten Wärmemenge ab:
: <math>\eta_{th \, \mathrm {Gleichraum}} = 1 - \frac{1}{\varepsilon^{\kappa-1}}.</math>
: <math>\eta_{th \, \mathrm {Gleichraum}} = 1 - \frac{1}{\varepsilon^{\kappa-1}}</math>


Je höher das Expansionsverhältnis (Verdichtungsverhältnis) <math>\varepsilon</math> und der [[Isentropenexponent]] <math>\kappa</math>, desto höher ist der Wirkungsgrad.
Je höher das [[Verdichtungsverhältnis|Expansionsverhältnis]] (geometrisches Verdichtungsverhältnis) <math>\varepsilon</math> und der [[Isentropenexponent]] <math>\kappa</math>, desto höher ist der Wirkungsgrad.
: <math>V_{1} </math>; Anfangsvolumen bzw. Expansionsvolumen
: <math>V_{1} </math> ; Anfangsvolumen = Expansionsvolumen
: <math>V_{2} </math>; Kompressionsvolumen
: <math>V_{2} </math> ; Kompressionsvolumen
: <math>V_{h} </math>; Hubvolumen
: <math>V_{h} </math> ; Hubvolumen ([[Hubraum]])
: <math>\varepsilon = \frac{V_1}{V_2} = \frac{V_2 + V_h}{V_2}</math>; Volumenverhältnis (Verdichtungsverhältnis)
: <math>\kappa = \frac {c_p}{c_V}</math>; Isentropenexponent


Er sinkt stark bei hohen Temperaturen. Brenngas bzw. Abgas von Kolbenmotoren hat bei 1000&nbsp;°C einen Isentropenexponent von ca. 1,3
: <math>\varepsilon = \frac{V_1}{V_2} = \frac{V_2 + V_h}{V_2}</math> ; geometrisches [[Verdichtungsverhältnis]]
:<math>c_p</math>; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck (Abgas von 1000&nbsp;°C hat ca. 1250 J/(kg&nbsp;K)
 
:<math>c_V</math>; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen (Abgas von 1000&nbsp;°C hat ca. 950 J/(kg&nbsp;K)
: <math>\kappa = \frac {c_p}{c_V}</math> ; [[Isentropenexponent]]
:<math>R_s = c_p - c_V</math>; Die [[Spezifische Gaskonstante]] <math>R_s</math> bleibt über einen großen Temperaturbereich konstant und beträgt für Frischgas und für Abgas ca. 295 J/(kg&nbsp;K).
 
Der thermische Wirkungsgrad des Gleichraumprozesses ist bei gleichem Verdichtungsverhältnis höher als der des [[Gleichdruckprozess]]es.
Der Isentropenexponent <math>\kappa</math> sinkt stark bei hohen Temperaturen. [[Brenngas]] bzw. [[Abgas]] von [[Verbrennungsmotor]]en hat bei 1000&nbsp;°C einen Isentropenexponent <math>\kappa</math> von ca.&nbsp;1,3
:<math>c_p</math> ; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck (Abgas von 1000&nbsp;°C hat ca. 1,25 kJ/(kg·K)
:<math>c_V</math> ; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen (Abgas von 1000&nbsp;°C hat ca. 0,95 kJ/(kg·K)
Die [[Spezifische Gaskonstante]] <math>R_s = c_p - c_V</math> bleibt hingegen über einen großen Temperaturbereich konstant und beträgt für Frischgas und für Abgas ca. 0,295 kJ/(kg·K).
 
=== Vergleich der Wirkungsgrade von Gleichraum- und Gleichdruckprozess ===
Rechnerisch ist bei gleichem Verdichtungsverhältnis <math>\epsilon</math> der thermische Wirkungsgrad des Gleichraum&shy;prozesses höher als beim [[Gleichdruckprozess]]. Technisch ist aber insbesondere der [[Diesel-Kreisprozess]] in modernen [[Dieselmotor|Motoren]] besser kontrollierbar als der Gleichraumprozess (speziell [[Otto-Kreisprozess]]), so dass er mit höher tolerierten Prozess-Parametern in der Praxis letztlich einen besserer [[Wirkungsgrad]] erreicht.


=== Maximaldruck und Maximaltemperatur ===
=== Maximaldruck und Maximaltemperatur ===
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:<math>\xi=\frac{H_{u}}{m_H c_V T_2}+1</math>; Druckverhältnis bzw. Temperaturverhältnis (Verbrennungsdruck bzw. -temperatur zu Verdichtungsdruck bzw. -temperatur)
:<math>\xi=\frac{H_{u}}{m_H c_V T_2}+1</math>; Druckverhältnis bzw. Temperaturverhältnis (Verbrennungsdruck bzw. -temperatur zu Verdichtungsdruck bzw. -temperatur)


H<sub>u</sub> ist der untere spezifische [[Heizwert]] (J/kg), z.&nbsp;B. 42 MJ/kg für Benzin oder Diesel. m<sub>H</sub> ist die spezifische Heizmasse zur Brennstoffmasse (kg/kg), z.&nbsp;B. 18&nbsp;kg Luft und Restabgas pro kg Benzin. Die spezifische Wärmekapazität c<sub>V</sub> von Abgas bei 1000&nbsp;°C beträgt ca. 950 J/(kg&nbsp;K).
H<sub>u</sub> ist der untere spezifische [[Heizwert]] (kJ/kg), z.&nbsp;B. 42'000 kJ/kg für Benzin oder Diesel. m<sub>H</sub> ist die spezifische Heizmasse zur Brennstoffmasse (kg/kg), z.&nbsp;B. 18&nbsp;kg Luft und Restabgas pro kg Benzin. Die spezifische Wärmekapazität c<sub>V</sub> von Abgas bei 1000&nbsp;°C beträgt ca. 0,95 kJ/(kg&nbsp;K).
:<math>p_2 = p_1\cdot\varepsilon^\kappa</math>; Verdichtungsdruck; p<sub>1</sub> ist der Anfangsdruck, z.&nbsp;B. 1 bar
:<math>p_2 = p_1\cdot\varepsilon^\kappa</math>; Verdichtungsdruck; p<sub>1</sub> ist der Anfangsdruck, z.&nbsp;B. 1 bar
:<math>T_2 = T_1\cdot\varepsilon^{\kappa-1}</math>; Verdichtungstemperatur; T<sub>1</sub> ist die Anfangstemperatur nach dem Ansaugen und vor dem Verdichten, z.&nbsp;B. 400 K (ca. 127&nbsp;°C)
:<math>T_2 = T_1\cdot\varepsilon^{\kappa-1}</math>; Verdichtungstemperatur; T<sub>1</sub> ist die Anfangstemperatur nach dem Ansaugen und vor dem Verdichten, z.&nbsp;B. 400 K (ca. 127&nbsp;°C)
:<math>p_3=p_2\cdot\xi</math>; Druck nach der Wärmezufuhr (Maximaldruck)
:<math>p_3=p_2\cdot\xi</math>; p<sub>3</sub> entspricht dem Druck nach der Wärmezufuhr (Maximaldruck)
:<math>T_3=T_2\cdot\xi</math>; Temperatur nach der Wärmezufuhr (Maximaltemperatur)
:<math>T_3=T_2\cdot\xi</math>; T<sub>3</sub> entspricht der Temperatur nach der Wärmezufuhr (Maximaltemperatur)


=== Der ideale Motor ===
== Otto-Kreisprozess ==
[[Datei:Otto-Prozess.jpg|mini|300px|Gleichraumprozess beim Kolbenmotor]]
Ergänzt um einen [[Ladungswechsel]] mit Verbrennung und Ausstoß von Abgas wird der Gleichraumprozess für [[Kolbenmotor]]en als [[Otto-Kreisprozess]] bezeichnet. Dazu zählen sowohl [[Zweitakt]]- als auch [[Viertakt]]-[[Hubkolbenmotor]]en, deren Takt jeweils aus einem [[Kolbenhub]] bzw. einer halben [[Kurbelwelle]]numdrehung besteht. Die Verhältnisse sind prinzipiell übertragbar auf [[Drehkolbenmotor]]en und [[Kreiskolbenmotor]]en wie den [[Wankelmotor]].
Der ideale Motor hat keine [[Dissipation]]sverluste, mechanische Reibungsverluste, Hilfsaggregate, Zylinderkühlung und Dichtigkeitsverluste. Das Arbeitsgas hat über den gesamten Kreisprozess die gleichen Eigenschaften und keine Strömungsverluste. Es gibt keine Durchmischung von Ladungsgemisch mit Abgas.


Es gibt Zwei- und Vier-Takt-Motoren. Ein Takt besteht jeweils aus einem Kolbenhub bzw. einer halben Kurbelwellenumdrehung. Beim 4-Taktmotor lassen sich die Zustandsänderungen wie folgt den Arbeitstakten zuordnen:
=== Der ideale Otto-Motor ===
# Takt = Ansaugen: Der Zylinder füllt sich mit [[Frischluft]] 0<math> \rightarrow</math>1.
[[Bild:Otto-Prozess.jpg|mini|hochkant=1.2|Otto-Kreisprozess beim [[Hubkolbenmotor]]]]
# Takt = Verdichten und Wärmezufuhr: [[isentrop]]e Kompression 1<math> \rightarrow</math>2 und [[isochore]] Wärmezufuhr <math>q_{zu}</math> durch Zünden und Verbrennen der Gasladung 2<math> \rightarrow</math>3 im oberen Totpunkt, also bei konstantem Volumen (Gleichraumverbrennung).
Der theoretisch ideale [[Otto-Motor]] hat keine [[Dissipation]]sverluste, mechanische Reibungsverluste, Hilfsaggregate, Zylinderkühlung oder Dichtigkeitsverluste. Das Arbeitsgas hat über den gesamten Kreisprozess gleiche Eigenschaften und keine Strömungsverluste. Der ideale [[Ladungswechsel]] erfolgt ohne Vermischung von [[Frischladung]] mit Abgas.
# Takt = Arbeitstakt: Isentrope Expansion 3<math> \rightarrow</math>4.
 
# Takt = Ausstosstakt (Druck- und Wärmeabfuhr): Durch das Öffnen des Auslassventils expandiert der Restdruck des Abgases im unteren Totpunkt in den Auslasskanal 4<math> \rightarrow</math>1. Der verbleibende Teil des Abgases wird durch den Kolbenhub 1<math> \rightarrow</math>0 nach außen geschoben. Die Abgaswärme <math>q_{ab}</math> wird an die Umgebung abgegeben.
Für den [[Viertakt]]-Ottomotor lassen sich die Kurvenzüge im Zustandsdiagramm den 4 Arbeitstakten wie folgt zuordnen (''die Nummerierungen im Zustandsdiagramm sind nicht zu verwechseln mit den Arbeitstakten!''):
# Takt "Ansaugen" (0➝1): Füllung mit [[Frischladung]]
# Takt "Verdichten" (1➝2): [[isentrop]]e Kompression, dann im oberen [[Totpunkt]] (2➝3) [[isochore]] Wärmezufuhr <math>q_{zu}</math> durch Zündung und Verbrennung des komprimierten [[Gemisch (Verbrennungsmotor)|Gemischs]] bei konstantem Volumen (Gleichraumverbrennung)
# Takt "Expandieren" (3➝4): isentrope Expansion des heißen Abgases leistet Arbeit
# Takt "Ausschieben" (4➝1): Abweichend vom idealen Gleichraumprozess erfolgt nun im unteren Totpunkt keine isochore Druckminderung durch Wärmeabfuhr, sondern die Wärme <math>q_{ab}</math> wird durch Öffnen des [[Auslassventil]]s mit dem Abgas aus dem [[Arbeitsraum (Kolbenmaschine)|Arbeitsraum]] entlassen, wobei der Restdruck dynamisch in den [[Auspuff]] expandiert. Anschließend wird durch den Kolbenhub (1➝0) das restliche Abgas ausgeschoben.
 
Während der [[Ladungswechsel#Viertakt-Hubkolbenmotor|Viertakter]] eine komplette Kurbel-Umdrehung mit 2 Arbeitstakten für den Ladungswechsel benötigt, erfolgt dieser beim [[Ladungswechsel#Zweitaktmotor|Zweitaktmotor]] sehr schnell komplett während dem Durchlaufen des unteren Totpunktes, so dass die Arbeitstakte "Ansaugen" (0➝1) und "Ausstoßen" (1➝0) einfach entfallen.
Nicht dargestellt sind die technischen Vorgänge des Ladungswechsels im thermodynamischen Zustandsdiagramm für den idealen Gleichdruckprozess, wo sie praktisch im Punkt 1 kumulieren.


=== Der reale Otto-Motor ===
=== Der reale Otto-Motor ===
Die Zustandsänderungen des Gleichraumprozesses entsprechen nicht dem realen Motor. Der [[Seiliger-Kreisprozess|gemischte Gleichraum- bzw. Gleichdruckprozess]] entspricht wesentlich besser den realen Abläufen im Otto- und im Dieselmotor. Beim realen Ottomotor begrenzt die [[Klopffestigkeit]] des Gasgemisches den Verdichtungsdruck. Das Luft-Gasgemisch ist kein [[ideales Gas]] (kleinerer [[Isentropenexponent]] und größere [[Wärmekapazität]] bei hohen Temperaturen). Die Umwandlungsgase (hauptsächlich Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid) bewirken eine Veränderung der thermodynamischen Eigenschaften des Arbeitsgases.
Vom idealen Verlauf des theoretischen Otto-Kreisprozesses weichen die Zustandsänderungen des realen Otto-Motor erheblich ab:
{| border="0" style="border-collapse:collapse" cellpadding="2"
!colspan="2"| [[Phasendiagramm|Zustandsdiagramm]] für einen realen [[Viertaktmotor|Viertakt]]-[[Otto-Motor]]
|-
|[[Bild:Motorprozess.jpg|mini|hochkant=2.1|Kreisprozess eines Viertakt-[[Otto-Motor]]s, schematisch im [[p-V-Diagramm]] ]]
|[[Bild:4StrokeEngine Ortho 3D Small.gif|mini|hochkant=0.9|[[Viertaktmotor|4-Taktzyklus]] eines ideal-typisch langsam laufenden [[Ottomotor]]s: 1:&nbsp;Ansaugen ➝ 2:&nbsp;Verdichten ➝ 3:&nbsp;Expandieren ➝ 4:&nbsp;Ausschieben]]
|}
Für den [[Zweitaktmotor]] entfällt im Wesentlichen wiederum nur die [[Ladungswechsel]]schleife der Arbeitstakte "Ausschieben" und "Ansaugen".


Gegenüber dem Vergleichsprozess gibt der reale Prozess im Motor zudem eine geringere Arbeit ab, weil:
* die Verbrennung erfolgt nicht vollkommen isochor, weil sie Zeit benötigt, in der sich die [[Kurbelwelle]] weiter dreht: Die [[Zündung (Verbrennungsmotor)|Zündung]] erfolgt bereits vor dem oberen Totpunkt und die Verbrennung wird erst während der Expansion abgeschlossen. Die extreme Druck-Spitze (3) im Zustandsdiagramm wird so abgemindert und nach rechts verschoben abgerundet, was den Motor schont, aber die Effizienz verringert.
* das Ansaugen und Ausschieben mit [[Reibung]]sverlusten verbunden ist (linksdrehende Schleife zwischen 0 und 1 im p-V-Diagramm, [[Ladungswechsel]]arbeit)
* die Verbrennung nicht isochor erfolgt, sondern Zeit erfordert, in der sich die Kurbelwelle weiterdreht. Die Zündung erfolgt vor dem oberen Totpunkt, und die Verbrennung ist erst nach dem o.T. abgeschlossen. Die Spitze im Diagramm bei 3 wird also nach unten und nach rechts verschoben und abgerundet.
* ein Teil der zugeführten Energie (neben unvollständiger Verbrennung und endothermer Bildung von [[Stickoxide|Stickoxid]]) ohne Arbeitsleistung und durch Wärmeübergang an die Brennraumflächen verloren geht. Der Expansionsverlauf liegt unterhalb des idealen Verlaufes.
* das Auslassventil vor dem unteren Totpunkt geöffnet wird. Die Prozessfläche wird im Punkt 4 nach unten abgerundet. Der Restdruck von ca. 3 bar wird beim [[Saugmotor]] nicht genutzt.


Das Verhältnis von im Motor freigesetzter zu theoretischer Arbeit des Prozesses wird als Gütegrad bezeichnet. Reale Motoren haben zusätzlich eine mechanische Verlustleistung aus Reibung, Neben- und Hilfsantrieben, die mehr als 10 % der Nennleistung betragen kann und den Wirkungsgrad weiter vermindern.
* Beim realen Otto-Motor begrenzt die [[Klopffestigkeit]] des [[Kraftstoff-Luft-Gemisch]]s den [[Verdichtungsverhältnis|Verdichtungsdruck]], denn eine schlagartig vollständige Gleichraumverbrennung im oberen Totpunkt verursacht als [[Detonation]] extrem hohe Druckspitzen, die als unerwünschtes [[Klopfen (Verbrennungsmotor)|Klopfen]] den Motor schädigen. Daher wird eine langsamere [[Deflagration]] angestrebt, deren Verbrennung sich nach Art eines [[Gleichdruckprozess]]es in den Bereich der Expansion erstreckt. Diese Mischform wird wesentlich besser mit dem [[Seiliger-Kreisprozess]] beschrieben.
 
* Das [[Kraftstoff-Luft-Gemisch]] ist kein [[ideales Gas]], sondern besitzt einen kleineren [[Isentropenexponent]] und vergrößert seine [[Wärmekapazität]] bei hohen Temperaturen. Zudem verändert die Verbrennung die stoffliche Zusammensetzung des Arbeitsgases und damit dessen thermodynamisch relevante Eigenschaften, insbesondere die Wärmekapazitäten der Reaktionsprodukte Wasserdampf und [[Kohlendioxid]].
 
Aus diesen Gründen hat der Gleichraumprozess bzw. Otto-Kreisprozess wenig Vorhersagekraft für ''reale'' Motoren. Eine bessere Näherung speziell für den Übergangsbereich zwischen idealem Gleich''raum''- und Gleich''druck''prozess liefert der gemischte [[Seiliger-Kreisprozess]], der sich sowohl für Otto- als auch Diesel-Motoren anwenden lässt.
 
=== Verluste beim realen Motor ===
Gegenüber dem Vergleichsprozess liefert der reale Kreisprozess im Motor eine geringere Arbeit:
* Der [[Ladungswechsel]] mit Ansaugen und Ausschieben ist vergleichbar mit einem Pump-Vorgang, der durch Reibung und Strömungsverluste einen gewissen Teil der Motorleistung verbraucht (Ladungswechselarbeit = linksdrehende Schleife zwischen 0 und 1 im p-V-Diagramm).
 
* Neben unvollständiger Verbrennung und [[Endotherme Reaktion|endothermer]] Bildung von [[Stickoxide]]n geht ein Teil der Wärme-Energie an den Brennraumflächen verloren und trägt nicht zur Arbeitsleistung bei.
 
* Da auch der Auslass einige Zeit benötigt, muss dass Auslassventil bereits kurz vor dem unteren Totpunkt öffnen, so dass die Prozessfläche im Punkt 4 angeschnitten wird (Expansionsverlust): Der Restdruck von typisch etwa 3–5 bar "verpufft" in die [[Auspuff|Abgasanlage]], sofern nicht noch durch eine [[Abgasturbine]] dessen weitere Expansion genutzt wird: Die so noch gewonnene Leistung kann vorzugsweise über einen [[Turbolader]] auf die Kurbelwelle übertragen werden, wenn im Ansaug-Takt die komprimierte Ladeluft den Kolben antreibt, statt wie beim [[Saugmotor]] gegen Unterdruck arbeiten zu müssen.
 
Das Verhältnis der im Motor freigesetzten zu theoretischer Arbeit des Kreisprozesses wird als Gütegrad bezeichnet. Reale Motoren haben zusätzlich eine mechanische Verlustleistung durch Reibung, Neben- und Hilfsantriebe, die mehr als 10 % der [[Nennleistung]] betragen kann und den [[Wirkungsgrad]] entsprechend mindert.


== Humphrey-Kreisprozess ==
== Humphrey-Kreisprozess ==
Der Humphreyprozess unterscheidet sich vom Ottoprozess durch die unlimitierte Gasausdehnung und damit das Ausnützen des Gasdrucks bis auf den Umgebungsdruck. Es wird also kein Restgasdruck „verschenkt“ am Ende des Arbeitstaktes wie beim [[Kolbenmotor]]. Vom Jouleprozess unterscheidet er sich durch die höhere Spitzentemperatur und dem damit entstehenden höheren Spitzendruck.
Der Humphrey-Kreisprozess unterscheidet sich vom Otto-Kreisprozess durch die unlimitierte Gasausdehnung und damit das Ausnützen des Abgasdrucks bis auf den Umgebungsdruck, so dass im Gegensatz zum [[Kolbenmotor]] am Ende des Arbeitstaktes kein Restdruck „verpufft“. Vom [[Joule-Kreisprozess]] unterscheidet er sich durch die höhere Spitzentemperatur und den damit entstehenden höheren Spitzendruck.
 
=== Idealer Humphrey-Vergleichsprozess ===
{| border="0" style="border-collapse:collapse" cellpadding="2"
!colspan="2"| Thermodynamische [[Phasendiagramm|Zustandsdiagramme]] für den idealen Humphrey-Vergleichsprozess
|-
|[[Bild:pV-Humphrey cycle.png|mini|hochkant=1.5|Humphrey-Kreisprozess im [[p-V-Diagramm]]]]
|[[Bild:Ts-Humphrey cycle.png|mini|hochkant=1.5|Humphrey-Kreisprozess im [[T-s-Diagramm]]]]
|}


=== Vergleichsprozess ===
Wie der theoretisch ideale Gleichraumprozess berücksichtigt auch der Humphrey-Vergleichsprozess keinen [[Ladungswechsel]] und besteht ideal aus vier [[Zustandsänderung]]en eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] innerhalb eines [[Geschlossenes System (Thermodynamik)|geschlossenen Systems]]:
[[Datei:pV-Humphrey cycle.png|mini|pV-Humphrey-Kreisprozess]]
* 1➝2: [[isentrop]]e [[Verdichtungsverhältnis|Kompression]]
Der Humphreyprozess besteht aus vier [[Zustandsänderung]]en eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] innerhalb eines [[Geschlossenes System|geschlossenen Systems]]. Der Ladungswechsel bei getakteten Motoren wird nicht berücksichtigt.
* 2➝3: [[isochore]] Wärmezufuhr (deshalb ''Gleichraum''prozess)
* 1→2: [[isentrop]]e [[Verdichtungsverhältnis|Kompression]]
* 3➝4: isentrope Expansion
* 2→3: [[Isochore Zustandsänderung|isochore Wärmezufuhr]] (deshalb Gleichraumprozess!)
* 4➝1: [[Isobare Zustandsänderung|isobare]] Wärmeabfuhr
* 3→4: isentrope Expansion
* 4→1: isobare Wärmeabfuhr
[[Datei:Ts-Humphrey cycle.png|mini|Ts-Humphrey-Kreisprozess]]


=== Thermischer Wirkungsgrad ===
=== Thermischer Wirkungsgrad ===
[[Datei:T cycle humprey.png|mini|Humphrey-Cycle]]
[[Datei:T cycle humprey.png|mini|hochkant=1.1|Humphrey-Kreisprozess im [[p-V-Diagramm]]]]
Mit pulsierender Verbrennung ist bei gleicher thermischer Belastung des Materials eine höhere Maximaltemperatur und damit ein höherer Maximaldruck möglich, als bei kontinuierlicher Verbrennung. Der Humphreyprozess entspricht formal dem [[Carnot-Kreisprozess]].
Mit pulsierender Verbrennung ist bei gleicher thermischer Belastung des Materials eine höhere Maximaltemperatur und damit ein höherer Maximaldruck möglich, als bei kontinuierlicher Verbrennung. Der Humphrey-Kreisprozess entspricht formal dem [[Carnot-Kreisprozess]].


: <math>\frac{T_{1}}{T_{2}}= \frac{T_{4}}{T_{3}}=\frac{T_{4} - T_{1}}{T_{3} - T_{2}}</math>
: <math>\frac{T_{1}}{T_{2}}= \frac{T_{4}}{T_{3}}=\frac{T_{4} - T_{1}}{T_{3} - T_{2}}</math>
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: <math>\kappa</math>; Isentropenkoeffizient cp/cV des Arbeitsgases
: <math>\kappa</math>; Isentropenkoeffizient cp/cV des Arbeitsgases
: <math>p_{41}</math>; Anfangs- bzw. Enddruck
: <math>p_{41}</math>; Anfangs- bzw. Enddruck
: <math>p_{2}, T_2</math>; Verdichtungs- bzw. Staudruck und -temperatur
: <math>p_{2}, T_2</math>; Verdichtungsdruck und -temperatur
: <math>p_{3}, T_3</math>; Maximaldruck und -temperatur nach isochorer Verbrennung
: <math>p_{3}, T_3</math>; Maximaldruck und -temperatur nach isochorer Verbrennung
: <math>T_{4}</math>; Endtemperatur
: <math>T_{4}</math>; Endtemperatur
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Die Druckzunahme p<sub>3</sub>-p<sub>2</sub> und die Temperaturzunahme T<sub>3</sub>-T<sub>2</sub> rechnen sich gleich wie beim Ottoprozess. Je höher der Isentropenkoeffizient und das Druckverhältnis (großer p<sub>3</sub>, kleiner p<sub>41</sub>), desto höher der Wirkungsgrad.
Die Druckzunahme p<sub>3</sub>-p<sub>2</sub> und die Temperaturzunahme T<sub>3</sub>-T<sub>2</sub> rechnen sich gleich wie beim Ottoprozess. Je höher der Isentropenkoeffizient und das Druckverhältnis (großer p<sub>3</sub>, kleiner p<sub>41</sub>), desto höher der Wirkungsgrad.
== Siehe auch ==
* [[Gleichdruckprozess]]
* [[Seiliger-Kreisprozess]]
* [[Joule-Kreisprozess]]
* [[Carnot-Kreisprozess]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Thermodynamik#Technische Thermodynamik|Literatur zur Technischen Thermodynamik]]
* [[Thermodynamik#Technische Thermodynamik|Literatur zur Technischen Thermodynamik]]
* Wolfgang Kalide: ''Kolben und Strömungsmaschinen.'' 1. Auflage, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1974, ISBN 3-446-11752-0.
* Jan Trommelmans: ''Das Auto und seine Technik.'' 1. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01288-X.
* Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: ''Kraftfahrtechnisches Taschenbuch.'' 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-23876-3.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://arc.uta.edu/publications/td_files/Bellini_uta_2502D_11001.pdf Humphrey Cycle] (PDF; 1,6&nbsp;MB)
* [http://arc.uta.edu/publications/td_files/Bellini_uta_2502D_11001.pdf Humphrey Cycle] (PDF; 1,5&nbsp;MB)
* [http://www.unibw.de/lrt10/lehre/thermo/Folien_ThermoI_6_.pdf Thermodynamik Uni München] (PDF; 9,7&nbsp;MB)
* [https://web.archive.org/web/20120131172352/http://www.unibw.de/lrt10/lehre/thermo/Folien_ThermoI_6_.pdf Thermodynamik Uni München] (PDF; 9,7&nbsp;MB)
* [http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-17146/Grundlagen%20der%20Technischen%20Thermodynamik%20mit%20%C3%9Cbungsaufgaben.pdf Uni Duisburg-Essen] (PDF; 2,50&nbsp;MB)
* [http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-17146/Grundlagen%20der%20Technischen%20Thermodynamik%20mit%20%C3%9Cbungsaufgaben.pdf Universität Duisburg-Essen, Grundlagen der Technischen Thermodynamik mit Übungsaufgaben und Lösungen] (PDF; 2,6&nbsp;MB)


[[Kategorie:Thermodynamischer Kreisprozess]]
[[Kategorie:Thermodynamischer Kreisprozess]]
[[Kategorie:Verbrennungsmotorentechnik]]

Aktuelle Version vom 7. Februar 2022, 08:18 Uhr

Gleichraumprozess im p-V-Diagramm: charakteristisch der steile Druckanstieg 2➝3 durch isochore Wärmezufuhr im oberen Totpunkt mit exponentiellem Abfall 3➝4 während der isentropen Expansion

Der Gleichraumprozess ist ein thermodynamischer Vergleichsprozess für Wärmekraftmaschinen, bei denen die Wärmezufuhr überwiegend bei gleichem Volumen (isochor) erfolgt (für einen Hubkolbenmotor also praktisch im oberen Totpunkt), wobei speziell der technische Gleichraumprozess eines Verbrennungsmotors mit Ladungswechsel und Ausstoß von Abgas als Otto-Kreisprozess bezeichnet wird.

Dazu im Gegensatz steht der Gleichdruckprozess (technisch für Kolbenmotoren als Diesel-Kreisprozess bezeichnet), bei dem Wärmezufuhr bzw. Verbrennung überwiegend bei konstantem Druck stattfindet (isobar; bei Kolbenmotoren also überwiegend erst nach dem Totpunkt, während einer bereits beginnenden Expansion).

Reale Motoren arbeiten technisch meist im Übergangsbereich zwischen idealem Gleichraum- und Gleichdruckprozess, für den speziell der gemischte Seiliger-Kreisprozess eine bessere Näherung liefert, der sich sowohl für Diesel- als auch Otto-Motoren anwenden lässt.

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Hans Holzwarth Gleichraum-Gasturbinen, die den Gleichraumprozess mit zyklischer Verbrennung des Kraftstoff-Luft-Gemischs einsetzten und keinen Verdichter brauchen. Sie wurden jedoch durch kontinuierlich arbeitende Gasturbinen mit Verdichter verdrängt, die eher den Gleichdruckprozess implementieren.

Eine weitere ältere Anwendung mit zyklischer Verbrennung ist das Pulsstrahltriebwerk mit Flatterventilen am Lufteinlass. Eine neuere Entwicklung ist das Staustrahltriebwerk mit diskontinuierlichem Betrieb ohne bewegliche mechanische Teile.

Idealer Gleichraumprozess

Thermodynamische Zustandsdiagramme eines idealen Gleichraumprozesses (Otto-Kreisprozess)
Gleichraumprozess im p-V-Diagramm
Gleichraumprozess im T-s-Diagramm

Der theoretisch ideale Gleichraumprozess umfasst weder chemische Umsetzung (Verbrennung) noch Ladungswechsel mit Ausstoß von Abgas und besteht streng aus vier Zustandsänderungen eines idealen Gases innerhalb eines geschlossenen Systems:

  • 1➝2: isentrope Kompression
  • 2➝3: isochore Wärmezufuhr (deshalb Gleichraumprozess)
  • 3➝4: isentrope Expansion
  • 4➝1: isochore Druckminderung durch Wärmeabfuhr (praktisch oft durch Ausstoß von Abgas = Ladungswechsel)

Die durch den Linienzug 1-2-3-4 umschlossene Fläche im p-V-Diagramm entspricht der spezifischen Prozessarbeit w.

Thermischer Wirkungsgrad beim Gleichraumprozess

Zur Vereinfachten Berechnung der Zustandsgrößen wird als Arbeitsmedium ein ideales Gas mit temperatur­unabhängiger spezifischer Wärmekapazität angenommen. Im Unterschied zum Gleichdruckprozess hängt beim Gleichraumprozess der thermische Wirkungsgrad $ \eta _{th\,\mathrm {Gleichraum} } $ nicht von der zugeführten Wärmemenge ab:

$ \eta _{th\,\mathrm {Gleichraum} }=1-{\frac {1}{\varepsilon ^{\kappa -1}}} $

Je höher das Expansionsverhältnis (geometrisches Verdichtungsverhältnis) $ \varepsilon $ und der Isentropenexponent $ \kappa $, desto höher ist der Wirkungsgrad.

$ V_{1} $ ; Anfangsvolumen = Expansionsvolumen
$ V_{2} $ ; Kompressionsvolumen
$ V_{h} $ ; Hubvolumen (Hubraum)
$ \varepsilon ={\frac {V_{1}}{V_{2}}}={\frac {V_{2}+V_{h}}{V_{2}}} $ ; geometrisches Verdichtungsverhältnis
$ \kappa ={\frac {c_{p}}{c_{V}}} $ ; Isentropenexponent

Der Isentropenexponent $ \kappa $ sinkt stark bei hohen Temperaturen. Brenngas bzw. Abgas von Verbrennungsmotoren hat bei 1000 °C einen Isentropenexponent $ \kappa $ von ca. 1,3

$ c_{p} $ ; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck (Abgas von 1000 °C hat ca. 1,25 kJ/(kg·K)
$ c_{V} $ ; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen (Abgas von 1000 °C hat ca. 0,95 kJ/(kg·K)

Die Spezifische Gaskonstante $ R_{s}=c_{p}-c_{V} $ bleibt hingegen über einen großen Temperaturbereich konstant und beträgt für Frischgas und für Abgas ca. 0,295 kJ/(kg·K).

Vergleich der Wirkungsgrade von Gleichraum- und Gleichdruckprozess

Rechnerisch ist bei gleichem Verdichtungsverhältnis $ \epsilon $ der thermische Wirkungsgrad des Gleichraum­prozesses höher als beim Gleichdruckprozess. Technisch ist aber insbesondere der Diesel-Kreisprozess in modernen Motoren besser kontrollierbar als der Gleichraumprozess (speziell Otto-Kreisprozess), so dass er mit höher tolerierten Prozess-Parametern in der Praxis letztlich einen besserer Wirkungsgrad erreicht.

Maximaldruck und Maximaltemperatur

Die spezifische Wärmezufuhr oder Heizenergie des Treibstoffes bestimmt die Druck- bzw. Temperaturzunahme und somit die Verhältniszahl $ \xi $. Beim reinen Gleichraumprozess spielt diese Zahl für den Wirkungsgrad keine Rolle.

$ \xi ={\frac {H_{u}}{m_{H}c_{V}T_{2}}}+1 $; Druckverhältnis bzw. Temperaturverhältnis (Verbrennungsdruck bzw. -temperatur zu Verdichtungsdruck bzw. -temperatur)

Hu ist der untere spezifische Heizwert (kJ/kg), z. B. 42'000 kJ/kg für Benzin oder Diesel. mH ist die spezifische Heizmasse zur Brennstoffmasse (kg/kg), z. B. 18 kg Luft und Restabgas pro kg Benzin. Die spezifische Wärmekapazität cV von Abgas bei 1000 °C beträgt ca. 0,95 kJ/(kg K).

$ p_{2}=p_{1}\cdot \varepsilon ^{\kappa } $; Verdichtungsdruck; p1 ist der Anfangsdruck, z. B. 1 bar
$ T_{2}=T_{1}\cdot \varepsilon ^{\kappa -1} $; Verdichtungstemperatur; T1 ist die Anfangstemperatur nach dem Ansaugen und vor dem Verdichten, z. B. 400 K (ca. 127 °C)
$ p_{3}=p_{2}\cdot \xi $; p3 entspricht dem Druck nach der Wärmezufuhr (Maximaldruck)
$ T_{3}=T_{2}\cdot \xi $; T3 entspricht der Temperatur nach der Wärmezufuhr (Maximaltemperatur)

Otto-Kreisprozess

Ergänzt um einen Ladungswechsel mit Verbrennung und Ausstoß von Abgas wird der Gleichraumprozess für Kolbenmotoren als Otto-Kreisprozess bezeichnet. Dazu zählen sowohl Zweitakt- als auch Viertakt-Hubkolbenmotoren, deren Takt jeweils aus einem Kolbenhub bzw. einer halben Kurbelwellenumdrehung besteht. Die Verhältnisse sind prinzipiell übertragbar auf Drehkolbenmotoren und Kreiskolbenmotoren wie den Wankelmotor.

Der ideale Otto-Motor

Otto-Kreisprozess beim Hubkolbenmotor

Der theoretisch ideale Otto-Motor hat keine Dissipationsverluste, mechanische Reibungsverluste, Hilfsaggregate, Zylinderkühlung oder Dichtigkeitsverluste. Das Arbeitsgas hat über den gesamten Kreisprozess gleiche Eigenschaften und keine Strömungsverluste. Der ideale Ladungswechsel erfolgt ohne Vermischung von Frischladung mit Abgas.

Für den Viertakt-Ottomotor lassen sich die Kurvenzüge im Zustandsdiagramm den 4 Arbeitstakten wie folgt zuordnen (die Nummerierungen im Zustandsdiagramm sind nicht zu verwechseln mit den Arbeitstakten!):

  1. Takt "Ansaugen" (0➝1): Füllung mit Frischladung
  2. Takt "Verdichten" (1➝2): isentrope Kompression, dann im oberen Totpunkt (2➝3) isochore Wärmezufuhr $ q_{zu} $ durch Zündung und Verbrennung des komprimierten Gemischs bei konstantem Volumen (Gleichraumverbrennung)
  3. Takt "Expandieren" (3➝4): isentrope Expansion des heißen Abgases leistet Arbeit
  4. Takt "Ausschieben" (4➝1): Abweichend vom idealen Gleichraumprozess erfolgt nun im unteren Totpunkt keine isochore Druckminderung durch Wärmeabfuhr, sondern die Wärme $ q_{ab} $ wird durch Öffnen des Auslassventils mit dem Abgas aus dem Arbeitsraum entlassen, wobei der Restdruck dynamisch in den Auspuff expandiert. Anschließend wird durch den Kolbenhub (1➝0) das restliche Abgas ausgeschoben.

Während der Viertakter eine komplette Kurbel-Umdrehung mit 2 Arbeitstakten für den Ladungswechsel benötigt, erfolgt dieser beim Zweitaktmotor sehr schnell komplett während dem Durchlaufen des unteren Totpunktes, so dass die Arbeitstakte "Ansaugen" (0➝1) und "Ausstoßen" (1➝0) einfach entfallen. Nicht dargestellt sind die technischen Vorgänge des Ladungswechsels im thermodynamischen Zustandsdiagramm für den idealen Gleichdruckprozess, wo sie praktisch im Punkt 1 kumulieren.

Der reale Otto-Motor

Vom idealen Verlauf des theoretischen Otto-Kreisprozesses weichen die Zustandsänderungen des realen Otto-Motor erheblich ab:

Zustandsdiagramm für einen realen Viertakt-Otto-Motor
Kreisprozess eines Viertakt-Otto-Motors, schematisch im p-V-Diagramm
4-Taktzyklus eines ideal-typisch langsam laufenden Ottomotors: 1: Ansaugen ➝ 2: Verdichten ➝ 3: Expandieren ➝ 4: Ausschieben

Für den Zweitaktmotor entfällt im Wesentlichen wiederum nur die Ladungswechselschleife der Arbeitstakte "Ausschieben" und "Ansaugen".

  • die Verbrennung erfolgt nicht vollkommen isochor, weil sie Zeit benötigt, in der sich die Kurbelwelle weiter dreht: Die Zündung erfolgt bereits vor dem oberen Totpunkt und die Verbrennung wird erst während der Expansion abgeschlossen. Die extreme Druck-Spitze (3) im Zustandsdiagramm wird so abgemindert und nach rechts verschoben abgerundet, was den Motor schont, aber die Effizienz verringert.
  • Beim realen Otto-Motor begrenzt die Klopffestigkeit des Kraftstoff-Luft-Gemischs den Verdichtungsdruck, denn eine schlagartig vollständige Gleichraumverbrennung im oberen Totpunkt verursacht als Detonation extrem hohe Druckspitzen, die als unerwünschtes Klopfen den Motor schädigen. Daher wird eine langsamere Deflagration angestrebt, deren Verbrennung sich nach Art eines Gleichdruckprozesses in den Bereich der Expansion erstreckt. Diese Mischform wird wesentlich besser mit dem Seiliger-Kreisprozess beschrieben.
  • Das Kraftstoff-Luft-Gemisch ist kein ideales Gas, sondern besitzt einen kleineren Isentropenexponent und vergrößert seine Wärmekapazität bei hohen Temperaturen. Zudem verändert die Verbrennung die stoffliche Zusammensetzung des Arbeitsgases und damit dessen thermodynamisch relevante Eigenschaften, insbesondere die Wärmekapazitäten der Reaktionsprodukte Wasserdampf und Kohlendioxid.

Aus diesen Gründen hat der Gleichraumprozess bzw. Otto-Kreisprozess wenig Vorhersagekraft für reale Motoren. Eine bessere Näherung speziell für den Übergangsbereich zwischen idealem Gleichraum- und Gleichdruckprozess liefert der gemischte Seiliger-Kreisprozess, der sich sowohl für Otto- als auch Diesel-Motoren anwenden lässt.

Verluste beim realen Motor

Gegenüber dem Vergleichsprozess liefert der reale Kreisprozess im Motor eine geringere Arbeit:

  • Der Ladungswechsel mit Ansaugen und Ausschieben ist vergleichbar mit einem Pump-Vorgang, der durch Reibung und Strömungsverluste einen gewissen Teil der Motorleistung verbraucht (Ladungswechselarbeit = linksdrehende Schleife zwischen 0 und 1 im p-V-Diagramm).
  • Neben unvollständiger Verbrennung und endothermer Bildung von Stickoxiden geht ein Teil der Wärme-Energie an den Brennraumflächen verloren und trägt nicht zur Arbeitsleistung bei.
  • Da auch der Auslass einige Zeit benötigt, muss dass Auslassventil bereits kurz vor dem unteren Totpunkt öffnen, so dass die Prozessfläche im Punkt 4 angeschnitten wird (Expansionsverlust): Der Restdruck von typisch etwa 3–5 bar "verpufft" in die Abgasanlage, sofern nicht noch durch eine Abgasturbine dessen weitere Expansion genutzt wird: Die so noch gewonnene Leistung kann vorzugsweise über einen Turbolader auf die Kurbelwelle übertragen werden, wenn im Ansaug-Takt die komprimierte Ladeluft den Kolben antreibt, statt wie beim Saugmotor gegen Unterdruck arbeiten zu müssen.

Das Verhältnis der im Motor freigesetzten zu theoretischer Arbeit des Kreisprozesses wird als Gütegrad bezeichnet. Reale Motoren haben zusätzlich eine mechanische Verlustleistung durch Reibung, Neben- und Hilfsantriebe, die mehr als 10 % der Nennleistung betragen kann und den Wirkungsgrad entsprechend mindert.

Humphrey-Kreisprozess

Der Humphrey-Kreisprozess unterscheidet sich vom Otto-Kreisprozess durch die unlimitierte Gasausdehnung und damit das Ausnützen des Abgasdrucks bis auf den Umgebungsdruck, so dass im Gegensatz zum Kolbenmotor am Ende des Arbeitstaktes kein Restdruck „verpufft“. Vom Joule-Kreisprozess unterscheidet er sich durch die höhere Spitzentemperatur und den damit entstehenden höheren Spitzendruck.

Idealer Humphrey-Vergleichsprozess

Thermodynamische Zustandsdiagramme für den idealen Humphrey-Vergleichsprozess
Humphrey-Kreisprozess im p-V-Diagramm
Humphrey-Kreisprozess im T-s-Diagramm

Wie der theoretisch ideale Gleichraumprozess berücksichtigt auch der Humphrey-Vergleichsprozess keinen Ladungswechsel und besteht ideal aus vier Zustandsänderungen eines idealen Gases innerhalb eines geschlossenen Systems:

  • 1➝2: isentrope Kompression
  • 2➝3: isochore Wärmezufuhr (deshalb Gleichraumprozess)
  • 3➝4: isentrope Expansion
  • 4➝1: isobare Wärmeabfuhr

Thermischer Wirkungsgrad

Humphrey-Kreisprozess im p-V-Diagramm

Mit pulsierender Verbrennung ist bei gleicher thermischer Belastung des Materials eine höhere Maximaltemperatur und damit ein höherer Maximaldruck möglich, als bei kontinuierlicher Verbrennung. Der Humphrey-Kreisprozess entspricht formal dem Carnot-Kreisprozess.

$ {\frac {T_{1}}{T_{2}}}={\frac {T_{4}}{T_{3}}}={\frac {T_{4}-T_{1}}{T_{3}-T_{2}}} $

Durch die Verwendung der Gleichung für die Temperaturänderung bei isentroper Kompression ergibt sich:

$ {\frac {T_{1}}{T_{2}}}={\bigg (}{\frac {p_{1}}{p_{2}}}{\bigg )}^{\frac {\kappa -1}{\kappa }} $
$ \eta _{th\,\mathrm {Gleichraum\,Humphrey} }=1-{\bigg (}{\frac {p_{1}}{p_{2}}}{\bigg )}^{\frac {\kappa -1}{\kappa }}=1-{\frac {T_{1}}{T_{2}}} $
$ \kappa $; Isentropenkoeffizient cp/cV des Arbeitsgases
$ p_{41} $; Anfangs- bzw. Enddruck
$ p_{2},T_{2} $; Verdichtungsdruck und -temperatur
$ p_{3},T_{3} $; Maximaldruck und -temperatur nach isochorer Verbrennung
$ T_{4} $; Endtemperatur
$ T_{1} $; Anfangstemperatur bzw. Umgebungstemperatur

Die Druckzunahme p3-p2 und die Temperaturzunahme T3-T2 rechnen sich gleich wie beim Ottoprozess. Je höher der Isentropenkoeffizient und das Druckverhältnis (großer p3, kleiner p41), desto höher der Wirkungsgrad.

Siehe auch

Literatur

  • Literatur zur Technischen Thermodynamik
  • Wolfgang Kalide: Kolben und Strömungsmaschinen. 1. Auflage, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1974, ISBN 3-446-11752-0.
  • Jan Trommelmans: Das Auto und seine Technik. 1. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01288-X.
  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-23876-3.

Weblinks

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