Evangelista Torricelli: Unterschied zwischen den Versionen

Evangelista Torricelli: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Ulenspegel
K
 
imported>TaxonKatBot
K (Bot: Kategorie:Namensgeber für einen Mondkrater umbenannt in Kategorie:Person als Namensgeber für einen Mondkrater: laut Diskussion)
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Evangelista Torricelli.jpg|thumb|Evangelista Torricelli]]
[[Datei:Evangelista Torricelli.jpg|mini|Evangelista Torricelli]]
'''Evangelista Torricelli''' (* [[15. Oktober]] [[1608]] in [[Faenza]]; † [[25. Oktober]] [[1647]] in [[Florenz]]) war ein [[italien]]ischer [[Physiker]] und [[Mathematiker]]. Er übertrug 1640 die [[Fallgesetz|Galileischen Fallgesetze]] auf ausströmende Flüssigkeiten, („[[Torricellisches Ausflussgesetz|Torricellisches Ausflussgesetz]]“), wurde 1642 in Florenz der Nachfolger von [[Galileo Galilei]] als Hofmathematiker und trug maßgeblich zur Entwicklung der [[Infinitesimalrechnung]] bei. Torricelli entwickelte 1644 das [[Quecksilberbarometer]], an dessen oberem Ende er ein künstliches Vakuum („torricellische Leere“) erzeugte. Torricellis Experiment feuerte die im Europa des 17. Jahrhunderts erbittert geführte Debatte über einen [[Vakuum#Horror vacui|Horror vacui]] neu an und entwickelte sich zum naturphilosophischen Standardproblem dieser Zeit. [[Plenismus|Plenisten]] und Vacuinisten stritten sich in den folgenden Jahrzehnten über die Eigenschaften und das Wesen dieses Torricellischen Raumes.
'''Evangelista Torricelli''' (* [[15. Oktober]] [[1608]] in [[Faenza]]; † [[25. Oktober]] [[1647]] in [[Florenz]]) war ein [[italien]]ischer [[Physiker]] und [[Mathematiker]]. Er übertrug 1640 die [[Fallgesetz|Galileischen Fallgesetze]] auf ausströmende Flüssigkeiten, („[[Torricellisches Ausflussgesetz]]“), wurde 1642 in Florenz der Nachfolger von [[Galileo Galilei]] als Hofmathematiker und trug maßgeblich zur Entwicklung der [[Infinitesimalrechnung]] bei. Torricelli entwickelte 1644 das [[Quecksilberbarometer]], an dessen oberem Ende er ein künstliches Vakuum („torricellische Leere“) erzeugte. Torricellis Experiment feuerte die im Europa des 17. Jahrhunderts erbittert geführte Debatte über einen [[Vakuum#Horror vacui|Horror vacui]] neu an und entwickelte sich zum naturphilosophischen Standardproblem dieser Zeit. [[Plenismus|Plenisten]] und Vacuinisten stritten sich in den folgenden Jahrzehnten über die Eigenschaften und das Wesen dieses Torricellischen Raumes.


== Leben ==
== Leben ==
[[Datei:Evangelista Torricelli Statue in Faenza 01.jpg|miniatur|Statue für Evangelista Torricelli in Faenza]]
Torricelli stammte aus einer armen Familie, studierte von 1624 an (wohl in seiner Geburtsstadt) Mathematik und Philosophie, später bei [[Benedetto Castelli]] – zeitweise als dessen Sekretär – in [[Rom]] Mathematik, Astronomie und Mechanik. Es scheint, dass seine Tätigkeit als Sekretär (1626–1632) das Entgelt für den Unterricht darstellte, den er bei Castelli erhielt.
Torricelli stammte aus einer armen Familie, studierte von 1624 an (wohl in seiner Geburtsstadt) Mathematik und Philosophie, später bei [[Benedetto Castelli]] – zeitweise als dessen Sekretär – in [[Rom]] Mathematik, Astronomie und Mechanik. Es scheint, dass seine Tätigkeit als Sekretär (1626–1632) das Entgelt für den Unterricht darstellte, den er bei Castelli erhielt.


In Rom lernte er den 1632 erschienenen ''Dialogo'' und andere Schriften von [[Galileo Galilei]] kennen, die ihn beeindruckten und beeinflussten. Aus einem Brief Torricellis an Galilei weiß man, dass er die [[Nicolaus Copernicus|kopernikanische]] Vorstellung für richtig hielt; in Anbetracht des gegen Galilei angestrengten Prozesses jedoch stellte er die Astronomie zurück und widmete sich physikalischen und mathematischen Aufgabenstellungen. Von 1632 an arbeitete er als Sekretär für [[Giovanni Ciampoli]], einen Freund Galileis.
In Rom lernte er den 1632 erschienenen ''Dialogo'' und andere Schriften von [[Galileo Galilei]] kennen, die ihn beeindruckten und beeinflussten. Aus einem Brief Torricellis an Galilei weiß man, dass er die [[Nicolaus Copernicus|kopernikanische]] Vorstellung für richtig hielt; in Anbetracht des gegen Galilei angestrengten Prozesses jedoch stellte er die Astronomie zurück und widmete sich physikalischen und mathematischen Aufgabenstellungen. Von 1632 an arbeitete er als Sekretär für [[Giovanni Ciampoli]], einen Freund Galileis.


Im Spätherbst 1641 – drei Monate vor Galileis Tod – ging er auf Empfehlung von Castelli nach [[Arcetri]] bei [[Florenz]] und wurde dort Galileis Assistent und schließlich sein Nachfolger als Hofmathematiker des Großherzogs von [[Toskana]] sowie als Professor für Mathematik an der Florentiner Akademie. Bis zu seinem Tod wohnte er als Hofmathematiker im herzoglichen Palast in Florenz. Ab 1644 war er auch als Lehrer für Befestigungswesen tätig. Er war nicht nur ein geschickter Experimentator, sondern auch ein hervorragender Linsenschleifer, womit er sich in Florenz einen beträchtlichen Zusatzverdienst erarbeitete. 1642 wurde er Mitglied der Florentiner [[Accademia della Crusca]].<ref>[http://www.accademicidellacrusca.org/scheda.asp?IDN=813 Mitgliederliste der Crusca]</ref>
Im Spätherbst 1641 – drei Monate vor Galileis Tod – ging er auf Empfehlung von Castelli nach [[Arcetri]] bei [[Florenz]] und wurde dort Galileis Assistent und schließlich sein Nachfolger als Hofmathematiker des Großherzogs von [[Toskana]] sowie als Professor für Mathematik an der Florentiner Akademie. Bis zu seinem Tod wohnte er als Hofmathematiker im herzoglichen Palast in Florenz. Ab 1644 war er auch als Lehrer für Befestigungswesen tätig. Er war nicht nur ein geschickter Experimentator, sondern auch ein hervorragender Linsenschleifer, womit er sich in Florenz einen beträchtlichen Zusatzverdienst erarbeitete. 1642 wurde er Mitglied der Florentiner [[Accademia della Crusca]].<ref>[http://www.accademicidellacrusca.org/scheda?IDN=813 Mitgliederliste der Crusca]</ref>


Im Alter von 39 Jahren starb Torricelli an den Folgen einer Infektion (vermutlich [[Typhus]]).
Im Alter von 39 Jahren starb Torricelli an den Folgen einer Infektion (vermutlich [[Typhus]]).
Zeile 16: Zeile 17:
1644 veröffentlichte er sein wegweisendes Werk über die Gesetzmäßigkeiten bei Fall und Wurf (''De motu gravium naturaliter descendentium''). Es war dies der zweite Teil des dreibändigen Werkes ''Opera geometrica'', in dem seine Forschungen zur [[Hydrodynamik]] ihren Niederschlag fanden und schnell in ganz Europa lebhaftes Interesse erregten.
1644 veröffentlichte er sein wegweisendes Werk über die Gesetzmäßigkeiten bei Fall und Wurf (''De motu gravium naturaliter descendentium''). Es war dies der zweite Teil des dreibändigen Werkes ''Opera geometrica'', in dem seine Forschungen zur [[Hydrodynamik]] ihren Niederschlag fanden und schnell in ganz Europa lebhaftes Interesse erregten.


Beachtet wurde vor allem der später so genannte „Torricellische Lehrsatz“, der besagt, dass beim Ausfließen einer [[Viskosität|dünnflüssigen]] Flüssigkeit aus einem Gefäß die [[Ausflussgeschwindigkeit]] der Quadratwurzel aus der Höhe der Flüssigkeit proportional ist. Sie hängt also nicht von der [[Dichte]] der Flüssigkeit ab; daher fließen beispielsweise [[Wasser]] und [[Quecksilber]] bei gleicher Füllhöhe gleich schnell aus.
Beachtet wurde vor allem der später so genannte „Torricellische Lehrsatz“, der besagt, dass beim Ausfließen einer [[Viskosität|dünnflüssigen]] Flüssigkeit aus einem Gefäß die [[Ausflussgeschwindigkeit]] der Quadratwurzel aus der Höhe der Flüssigkeit proportional ist. Sie hängt also nicht von der [[Dichte]] der Flüssigkeit ab; daher fließen beispielsweise Wasser und [[Quecksilber]] bei gleicher Füllhöhe gleich schnell aus.


Neben diesen grundlegenden Beobachtungen zur Dynamik von Flüssigkeiten leistete Torricelli auch entscheidende Vorarbeiten für die [[Infinitesimalrechnung]]. Cavalieri, gleichfalls ein Schüler von Castelli, hatte die Überlegungen von [[Johannes Kepler|Kepler]] zu infinitesimalen Rechengrößen weiterentwickelt. Es gelang ihm erstmals die [[Stammfunktion]] einer Funktion mit negativem Exponenten zu bestimmen. Mit Hilfe der [[Indivisiblenmethode]] entdeckte Torricelli bei der Untersuchung [[hyperbolisch]]er [[Rotationskörper]] die Existenz unendlich ausgedehnter Körper mit endlichem Volumen. Mit Hilfe dieser Methode fand er höchst elegante Beweise für geometrische Probleme - etwa dass das Volumen einer rotierenden [[Hyperbel (Mathematik)|Hyperbel]] endlich ist (obwohl ihre Fläche unendlich groß ist, siehe [[Gabriels Horn]]).<ref>Johanna Heitzer: ''Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik.'' Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 48</ref> Besonders in seinem Werk ''De motu gravium…'' konnte er die parabolische Bewegung von Geschossen mit Hilfe dieses Verfahrens erfolgreich untersuchen.  
Neben diesen grundlegenden Beobachtungen zur Dynamik von Flüssigkeiten leistete Torricelli auch entscheidende Vorarbeiten für die [[Infinitesimalrechnung]]. Cavalieri, gleichfalls ein Schüler von Castelli, hatte die Überlegungen von [[Johannes Kepler|Kepler]] zu infinitesimalen Rechengrößen weiterentwickelt. Es gelang ihm erstmals die [[Stammfunktion]] einer Funktion mit negativem Exponenten zu bestimmen. Mit Hilfe der [[Indivisiblenmethode]] entdeckte Torricelli bei der Untersuchung [[Hyperbel (Mathematik)|hyperbolischer]] [[Rotationskörper]] die Existenz unendlich ausgedehnter Körper mit endlichem Volumen. Mit Hilfe dieser Methode fand er höchst elegante Beweise für geometrische Probleme etwa dass das Volumen einer rotierenden [[Hyperbel (Mathematik)|Hyperbel]] endlich ist (obwohl ihre Fläche unendlich groß ist, siehe [[Gabriels Horn]]).<ref>Johanna Heitzer: ''Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik.'' Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 48</ref> Besonders in seinem Werk ''De motu gravium…'' konnte er die parabolische Bewegung von Geschossen mit Hilfe dieses Verfahrens erfolgreich untersuchen.  


Torricelli entwickelte eine Methode, mit der sich die [[Tangente]]nrichtung einer Kurve als Richtung der [[Momentangeschwindigkeit]] eines längs der Kurve bewegten Punktes bestimmen ließ.<ref>Johanna Heitzer: ''Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik.'' Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 48</ref> Dieses Verfahren wurde später durch [[Isaac Barrow]] und [[Isaac Newton]] zur [[Fluxionsmethode]] weiterentwickelt.<ref>C. B. Boyer: The History of the Calculus and its Conceptual Development. Dover Publications New York 1959. S. 132 ff.</ref>
Torricelli entwickelte eine Methode, mit der sich die [[Tangente]]nrichtung einer Kurve als Richtung der [[Momentangeschwindigkeit]] eines längs der Kurve bewegten Punktes bestimmen ließ.<ref>Johanna Heitzer: ''Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik.'' Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 48</ref> Dieses Verfahren wurde später durch [[Isaac Barrow]] und [[Isaac Newton]] zur [[Fluxionsrechnung|Fluxionsmethode]] weiterentwickelt.<ref>C. B. Boyer: The History of the Calculus and its Conceptual Development. Dover Publications New York 1959. S. 132 ff.</ref>


Er verbesserte Galileis [[Fernrohr]] und entwickelte ein einfaches, aber bereits leistungsstarkes [[Lichtmikroskop|Mikroskop]].
Er verbesserte Galileis [[Fernrohr]] und entwickelte ein einfaches, aber bereits leistungsstarkes [[Lichtmikroskop|Mikroskop]].


Er war auch der Erste, dem es gelang, ein Vakuum für längere Zeit aufrechtzuerhalten. Seine wichtigste Entdeckung betraf das Funktionsprinzip des [[Barometer|Quecksilberbarometers]]: Er stellte die Behauptung auf, dass die Flüssigkeit nicht vom Vakuum hinauf gesogen wird, sondern von der Last der [[Luftsäule]] hinauf gedrückt wird. Diese Vermutung war durchaus umstritten. [[René Descartes]] schrieb, Vakuum sei allenfalls in Torricellis Kopf anzutreffen. Sie konnte aber 1647 durch das Experiment [[Leere in der Leere]] von [[Blaise Pascal]] gestützt werden. Das Vakuum oberhalb der Quecksilbersäule im Barometer wird in der älteren Literatur oft als [[torricellische Leere]]<ref>[http://www.geophys.tu-bs.de/geschichte/torricelli.html Torricellische Leere]</ref> bezeichnet. Auch die Entstehung von [[Wind]] als Folge von Temperatur- und Druckunterschieden in der [[Erdatmosphäre|Atmosphäre]] hat Torricelli korrekt erklärt.
Er war auch der Erste, dem es gelang, ein Vakuum für längere Zeit aufrechtzuerhalten. Seine wichtigste Entdeckung betraf das Funktionsprinzip des [[Barometer|Quecksilberbarometers]]: Er stellte die Behauptung auf, dass die Flüssigkeit nicht vom Vakuum hinauf gesogen wird, sondern von der Last der [[Luftsäule]] hinauf gedrückt wird. Diese Vermutung war durchaus umstritten. [[René Descartes]] schrieb, Vakuum sei allenfalls in Torricellis Kopf anzutreffen. Sie konnte aber 1647 durch das Experiment [[Leere in der Leere]] von Blaise Pascal gestützt werden. Das Vakuum oberhalb der Quecksilbersäule im Barometer wird in der älteren Literatur oft als [[torricellische Leere]]<ref>{{Webarchiv|url=http://www.geophys.tu-bs.de/geschichte/torricelli.html |wayback=20131202224711 |text=Torricellische Leere |archiv-bot=2019-04-09 22:39:06 InternetArchiveBot }}</ref> bezeichnet. Auch die Entstehung von [[Wind]] als Folge von Temperatur- und Druckunterschieden in der [[Erdatmosphäre|Atmosphäre]] hat Torricelli korrekt erklärt.


=== Benennungen, Ehrungen ===
=== Benennungen, Ehrungen ===
Nach Torricelli ist die – veraltete – physikalische Maßeinheit für Luftdruck benannt: das ''[[Torr]]'' (1 Torr = 1 mm Hg = 1 mm Quecksilbersäule).


Nach Torricelli ist die – veraltete – physikalische Maßeinheit für Luftdruck benannt: das ''[[Torr]]'' (1 Torr = 1 mm Hg = 1 mm Quecksilbersäule). Auch ein [[Ausgezeichnete Punkte im Dreieck|ausgezeichneter Dreieckspunkt]], der ''[[Fermat-Torricelli-Punkt]]'', ''[[Torricellis Trompete]]'' und der [[Mondkrater]] [[Torricelli (Mondkrater)|Torricelli]] tragen seinen Namen.
Auch ein [[Ausgezeichnete Punkte im Dreieck|ausgezeichneter Dreieckspunkt]], der ''[[Fermat-Torricelli-Punkt]]'', ''[[Torricellis Trompete]]'', der [[Asteroid]] [[(7437) Torricelli]] und der [[Mondkrater]] [[Torricelli (Mondkrater)|Torricelli]] tragen seinen Namen.  
 
Außerdem ist eine Gattung ''Torricellia'' {{Person|DC.}} und die Familie [[Torricelliaceae]] der Blütenpflanzen aus der Ordnung der [[Doldenblütlerartigen]] (Apiales) nach ihm benannt.<ref name="Burkhardt_2018" />


== Prioritätsstreit ==
== Prioritätsstreit ==
1646 erhielt Torricelli einen Brief von [[Gilles Personne de Roberval]], in dem dieser behauptete, die ''Indivisiblenmethode'' schon zehn Jahre vorher gelehrt und am Beispiel von Kurven insbesondere der Spirale demonstriert zu haben. Ein Prioritätsstreit, der sich nachträglich nicht mehr eindeutig aufklären ließ.<ref>Johanna Heitzer: ''Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik.'' Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 49</ref>
1646 erhielt Torricelli einen Brief von [[Gilles Personne de Roberval]], in dem dieser behauptete, die ''Indivisiblenmethode'' schon zehn Jahre vorher gelehrt und am Beispiel von Kurven insbesondere der Spirale demonstriert zu haben. Dieser Prioritätsstreit ließ sich nachträglich nicht mehr eindeutig aufklären.<ref>Johanna Heitzer: ''Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik.'' Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 49</ref>
 
== Einzelnachweise ==
<references/>


== Weblinks ==
== Weblinks ==
Zeile 43: Zeile 44:
* {{Webarchiv | url=http://www.hyperkommunikation.ch/personen/torricelli.htm | wayback=20030926060416 | text=Biographie}}
* {{Webarchiv | url=http://www.hyperkommunikation.ch/personen/torricelli.htm | wayback=20030926060416 | text=Biographie}}
* [http://www.desy.de/expo2000/deutsch/dhtmlbrowser/webthemen/04_vakuum/furchtvordemnichts_druck.htm Torricelli und das Vakuum]
* [http://www.desy.de/expo2000/deutsch/dhtmlbrowser/webthemen/04_vakuum/furchtvordemnichts_druck.htm Torricelli und das Vakuum]
* Wolfgang Burgmer: [[ZeitZeichen (Hörfunksendung)|ZeitZeichen]]: [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/evangelista-torricelli-100.html 15.10.1608 - Geburtstag von Evangelista Torricelli]
== Einzelnachweise ==
<references>
<ref name="Burkhardt_2018">Lotte Burkhardt: ''Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition.'' Teil I und II. [[Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem|Botanic Garden and Botanical Museum Berlin]], [[Freie Universität Berlin]], Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 [[doi:10.3372/epolist2018]].</ref>
</references>


{{Normdaten|TYP=p|GND=118623427|LCCN=n/85/800789|VIAF=24633476}}
{{Normdaten|TYP=p|GND=118623427|LCCN=n/85/800789|VIAF=24633476}}


{{DEFAULTSORT:Torricelli, Evangelista}}
{{SORTIERUNG:Torricelli, Evangelista}}
[[Kategorie:Physiker (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Physiker (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mathematiker (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mathematiker (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mitglied der Accademia della Crusca]]
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Asteroiden]]
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Mondkrater]]
[[Kategorie:Historische Person (Italien)]]
[[Kategorie:Historische Person (Italien)]]
[[Kategorie:Geboren 1608]]
[[Kategorie:Geboren 1608]]
[[Kategorie:Gestorben 1647]]
[[Kategorie:Gestorben 1647]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mitglied der Accademia della Crusca]]
[[Kategorie:Evangelista Torricelli| ]]


{{Personendaten
{{Personendaten

Aktuelle Version vom 15. Oktober 2021, 07:48 Uhr

Evangelista Torricelli

Evangelista Torricelli (* 15. Oktober 1608 in Faenza; † 25. Oktober 1647 in Florenz) war ein italienischer Physiker und Mathematiker. Er übertrug 1640 die Galileischen Fallgesetze auf ausströmende Flüssigkeiten, („Torricellisches Ausflussgesetz“), wurde 1642 in Florenz der Nachfolger von Galileo Galilei als Hofmathematiker und trug maßgeblich zur Entwicklung der Infinitesimalrechnung bei. Torricelli entwickelte 1644 das Quecksilberbarometer, an dessen oberem Ende er ein künstliches Vakuum („torricellische Leere“) erzeugte. Torricellis Experiment feuerte die im Europa des 17. Jahrhunderts erbittert geführte Debatte über einen Horror vacui neu an und entwickelte sich zum naturphilosophischen Standardproblem dieser Zeit. Plenisten und Vacuinisten stritten sich in den folgenden Jahrzehnten über die Eigenschaften und das Wesen dieses Torricellischen Raumes.

Leben

Statue für Evangelista Torricelli in Faenza

Torricelli stammte aus einer armen Familie, studierte von 1624 an (wohl in seiner Geburtsstadt) Mathematik und Philosophie, später bei Benedetto Castelli – zeitweise als dessen Sekretär – in Rom Mathematik, Astronomie und Mechanik. Es scheint, dass seine Tätigkeit als Sekretär (1626–1632) das Entgelt für den Unterricht darstellte, den er bei Castelli erhielt.

In Rom lernte er den 1632 erschienenen Dialogo und andere Schriften von Galileo Galilei kennen, die ihn beeindruckten und beeinflussten. Aus einem Brief Torricellis an Galilei weiß man, dass er die kopernikanische Vorstellung für richtig hielt; in Anbetracht des gegen Galilei angestrengten Prozesses jedoch stellte er die Astronomie zurück und widmete sich physikalischen und mathematischen Aufgabenstellungen. Von 1632 an arbeitete er als Sekretär für Giovanni Ciampoli, einen Freund Galileis.

Im Spätherbst 1641 – drei Monate vor Galileis Tod – ging er auf Empfehlung von Castelli nach Arcetri bei Florenz und wurde dort Galileis Assistent und schließlich sein Nachfolger als Hofmathematiker des Großherzogs von Toskana sowie als Professor für Mathematik an der Florentiner Akademie. Bis zu seinem Tod wohnte er als Hofmathematiker im herzoglichen Palast in Florenz. Ab 1644 war er auch als Lehrer für Befestigungswesen tätig. Er war nicht nur ein geschickter Experimentator, sondern auch ein hervorragender Linsenschleifer, womit er sich in Florenz einen beträchtlichen Zusatzverdienst erarbeitete. 1642 wurde er Mitglied der Florentiner Accademia della Crusca.[1]

Im Alter von 39 Jahren starb Torricelli an den Folgen einer Infektion (vermutlich Typhus).

Werk

Torricelli zählt zu den bedeutendsten Physikern und Mathematikern der Barockzeit, deren Wissenschaften er mit seinen Zeitgenossen Galileo Galilei, René Descartes, Bonaventura Cavalieri, Pierre de Fermat und Blaise Pascal wesentlich beeinflusste.

1644 veröffentlichte er sein wegweisendes Werk über die Gesetzmäßigkeiten bei Fall und Wurf (De motu gravium naturaliter descendentium). Es war dies der zweite Teil des dreibändigen Werkes Opera geometrica, in dem seine Forschungen zur Hydrodynamik ihren Niederschlag fanden und schnell in ganz Europa lebhaftes Interesse erregten.

Beachtet wurde vor allem der später so genannte „Torricellische Lehrsatz“, der besagt, dass beim Ausfließen einer dünnflüssigen Flüssigkeit aus einem Gefäß die Ausflussgeschwindigkeit der Quadratwurzel aus der Höhe der Flüssigkeit proportional ist. Sie hängt also nicht von der Dichte der Flüssigkeit ab; daher fließen beispielsweise Wasser und Quecksilber bei gleicher Füllhöhe gleich schnell aus.

Neben diesen grundlegenden Beobachtungen zur Dynamik von Flüssigkeiten leistete Torricelli auch entscheidende Vorarbeiten für die Infinitesimalrechnung. Cavalieri, gleichfalls ein Schüler von Castelli, hatte die Überlegungen von Kepler zu infinitesimalen Rechengrößen weiterentwickelt. Es gelang ihm erstmals die Stammfunktion einer Funktion mit negativem Exponenten zu bestimmen. Mit Hilfe der Indivisiblenmethode entdeckte Torricelli bei der Untersuchung hyperbolischer Rotationskörper die Existenz unendlich ausgedehnter Körper mit endlichem Volumen. Mit Hilfe dieser Methode fand er höchst elegante Beweise für geometrische Probleme – etwa dass das Volumen einer rotierenden Hyperbel endlich ist (obwohl ihre Fläche unendlich groß ist, siehe Gabriels Horn).[2] Besonders in seinem Werk De motu gravium… konnte er die parabolische Bewegung von Geschossen mit Hilfe dieses Verfahrens erfolgreich untersuchen.

Torricelli entwickelte eine Methode, mit der sich die Tangentenrichtung einer Kurve als Richtung der Momentangeschwindigkeit eines längs der Kurve bewegten Punktes bestimmen ließ.[3] Dieses Verfahren wurde später durch Isaac Barrow und Isaac Newton zur Fluxionsmethode weiterentwickelt.[4]

Er verbesserte Galileis Fernrohr und entwickelte ein einfaches, aber bereits leistungsstarkes Mikroskop.

Er war auch der Erste, dem es gelang, ein Vakuum für längere Zeit aufrechtzuerhalten. Seine wichtigste Entdeckung betraf das Funktionsprinzip des Quecksilberbarometers: Er stellte die Behauptung auf, dass die Flüssigkeit nicht vom Vakuum hinauf gesogen wird, sondern von der Last der Luftsäule hinauf gedrückt wird. Diese Vermutung war durchaus umstritten. René Descartes schrieb, Vakuum sei allenfalls in Torricellis Kopf anzutreffen. Sie konnte aber 1647 durch das Experiment Leere in der Leere von Blaise Pascal gestützt werden. Das Vakuum oberhalb der Quecksilbersäule im Barometer wird in der älteren Literatur oft als torricellische Leere[5] bezeichnet. Auch die Entstehung von Wind als Folge von Temperatur- und Druckunterschieden in der Atmosphäre hat Torricelli korrekt erklärt.

Benennungen, Ehrungen

Nach Torricelli ist die – veraltete – physikalische Maßeinheit für Luftdruck benannt: das Torr (1 Torr = 1 mm Hg = 1 mm Quecksilbersäule).

Auch ein ausgezeichneter Dreieckspunkt, der Fermat-Torricelli-Punkt, Torricellis Trompete, der Asteroid (7437) Torricelli und der Mondkrater Torricelli tragen seinen Namen.

Außerdem ist eine Gattung Torricellia DC. und die Familie Torricelliaceae der Blütenpflanzen aus der Ordnung der Doldenblütlerartigen (Apiales) nach ihm benannt.[6]

Prioritätsstreit

1646 erhielt Torricelli einen Brief von Gilles Personne de Roberval, in dem dieser behauptete, die Indivisiblenmethode schon zehn Jahre vorher gelehrt und am Beispiel von Kurven insbesondere der Spirale demonstriert zu haben. Dieser Prioritätsstreit ließ sich nachträglich nicht mehr eindeutig aufklären.[7]

Weblinks

Commons: Evangelista Torricelli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mitgliederliste der Crusca
  2. Johanna Heitzer: Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik. Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 48
  3. Johanna Heitzer: Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik. Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 48
  4. C. B. Boyer: The History of the Calculus and its Conceptual Development. Dover Publications New York 1959. S. 132 ff.
  5. Torricellische Leere (Memento des Originals vom 2. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.geophys.tu-bs.de
  6. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
  7. Johanna Heitzer: Spiralen, ein Kapitel phänomenaler Mathematik. Ernst Klett Schulbuchverlag Leipzig 1998. S. 49

Die News der letzten Tage