Die Mars-Raumsonden waren eine Serie von sowjetischen Raumsonden, welche zum Planeten Mars gestartet wurden. Neben den benannten Raumsonden gab es eine Reihe von Fehlstarts, die entweder bei einer Explosion der Rakete keine Bezeichnung erhielten, oder im Falle des Erreichens der Erdumlaufbahn als Satelliten unter Sputnik- und Kosmos-Decknamen ausgewiesen wurden. Außerdem flog im Rahmen des Zond-Programms eine Raumsonde (Zond 2) zum Mars, sowie eine weitere (Zond 3), die vermutlich ihr Startfenster verpasste, erprobte Kommunikation über interplanetare Entfernungen.
Am 10. Oktober 1960 und 14. Oktober 1960 unternahm man die ersten Starts zum Mars. Beide Sonden gingen bei Fehlstarts von Molnija-Trägerraketen verloren. Sie wurden zusammen mit der Raumsonde Venera 1 entwickelt und verwendeten denselben Bus. Sie waren 480 kg schwer und trugen neben Experimenten zur Untersuchung des interplanetaren Raumes auch ein Kamerasystem. Diese Starts werden in der Literatur oft als Mars 1960A und Mars 1960B bezeichnet.
Mars 1 (interne Bezeichnung des Satellitentyps 2MV-4) startete am 1. November 1962. Zwei weitere baugleiche Sonden erreichten am 24. Oktober und 4. November 1962 wegen Versagens der vierten Stufe der Molnija-Trägerrakete nur die Erdumlaufbahn. Diese Starts werden als Sputnik 22 und Sputnik 24 bezeichnet. Mars 1 führte neben Experimenten zur Untersuchung kosmischer Strahlung und Teilchen auch ein Kamerasystem und einen UV-Spektrographen mit. Beide belichteten einen Film, der an Bord entwickelt und später digitalisiert wurde. Ein Experiment zur Suche nach Leben durch Spektrometrie wurde vor dem Start entfernt. Mars 1 wog beim Start mit einer Molnija-Rakete 893,5 kg, hatte eine Gesamtlänge von 3,3 m und eine Breite (zusammen mit den ausgeklappten Solarzellenauslegern) von 4,0 m.
Nach dem Start stellte man fest, dass der Druck in den Treibstofftanks für den Stickstoff zur Lageregelung durch ein nicht geschlossenes Ventil auf Null gefallen war. Solange man nahe der Sonne war, konnte man die Sonde durch ihre Gyroskope stabilisieren. Mit steigender Entfernung von der Sonne nahm die Leistung der Solarzellen ab und man hatte dann nicht mehr genügend Strom, die Kreisel zu betreiben. So verlor Mars 1 die Orientierung im Raum, und der Kontakt ging am 21. März 1963 in 106 Millionen Kilometern Entfernung zur Erde verloren. Am 19. Juni 1963 passierte die Raumsonde den Mars.[1]
Eine modifizierte Variante der Marssonde (Typ 3MV-4A) wurde am 30. November 1964 vorsichtigerweise unter dem Namen Zond-2 gestartet. Da sich eines der beiden Solarpanels nicht entfaltete, scheiterte jedoch diese Mission.
Im Jahre 1969 starteten zwei weitere Marssonden. Gegenüber Mars 1 war die Startmasse durch die wesentlich stärkere Proton-Trägerrakete erheblich vergrößert worden. Die Sonden wogen nun über 3.800 kg. Ein Lander sollte mitgeführt werden, wurde jedoch vor dem Start wieder entfernt. Beide Sonden, die in der Literatur oft als Mars 1969A und Mars 1969B bezeichnet werden, gingen am 27. März und 2. April durch Fehlstarts verloren. Bei Ersterem zündete die dritte Stufe nicht, beim zweiten explodierte die Rakete durch einen Triebwerksfehler in nur 50 m Höhe, worauf durch die Verseuchung des Geländes durch die giftigen Treibstoffe die Startrampe monatelang nicht mehr nutzbar war.
Mars 2 und Mars 3 waren identische Sonden des Lawotschkin-Konstruktionsbüros bei Moskau welche unter der Leitung des Chefkonstrukteurs Georgi Babakin entwickelt wurden. Eine weitere Sonde, die die Bezeichnung Kosmos 419 erhielt, verblieb durch Ausfall der Oberstufe (Falscheingabe des Zündzeitpunktes) am 10. Mai 1971 in einem Erdorbit. Aufgabe war es, einen etwa 450 kg schweren Lander auf dem Mars abzusetzen und dessen Daten zu übertragen. Danach sollten die beiden Orbiter den Mars aus der Umlaufbahn untersuchen. Die Sonden waren mit 4.650 kg Startmasse die schwersten im Marsprogramm. Sie waren mit Infrarotradiometern zur Temperaturmessung, Infrarotphotometer zur Bestimmung der Kohlendioxid bzw. Wasserdampf-Absorption, Mikrowellenradiometern zur Temperaturmessung in 30 bis 50 cm Tiefe unter der Marsoberfläche, UV-Photometer zum Nachweis von verschiedenen Gasen in der Atmosphäre, Teilchenspektrometern und 2 Kameras ausgerüstet. Außerdem hatten die Lander einen Rover vom Typ PROP-M an Bord, der sich selbsttätig vom Lander entfernen sollte. Die Datenverbindung wäre durch ein 15 Meter langes Kabel erfolgt.
Nach dem Start am 19. Mai 1971 und 29. Mai 1971 gelangten beide Sonden als erste russische Sonden problemlos zum Mars. Bei beiden Orbitern versagte jedoch das automatische Kontrollsystem, welches den Kurs berechnen sollte. Die Orbiter gelangten beide in unplanmäßige Orbits am 27. November 1971 und 2. Dezember 1971. Auch bei den Landern führte eine falsche Ausrichtung zum Verlust von Mars 2. Der Lander trat zu steil in die Atmosphäre ein. Eventuell ist er auch im Landegebiet in der Nähe von Hellespontus Montes (45° Süd, 313° West), das sich bei späteren Aufnahmen als sehr zerklüftet entpuppte, zerschellt.
Der Lander von Mars 3 fing nach der Landung in der Randregion des Kraters Ptolemäus (49° Süd, 158° West) an, ein Panorama zu übertragen, verstummte jedoch nach wenigen Sekunden (Datenübertragungsbeginn 90 Sekunden nach der Landung, Abbruch der Übertragung 20 Sekunden später). Die Ursache für den Ausfall ist eventuell in einem globalen Staubsturm zu suchen, der damals tobte. Die Orbiter nahmen Bilder auf Film auf. Bevor der Staubsturm sich legte, hatten sie den Film belichtet, so dass die Bilder nur wenige Details zeigen.
Mars 4 bis 7 sollten vor den Viking-Sonden als erste eine Marslandung erfolgreich durchführen. Man hatte nun die Aufgaben geteilt und startete mit Mars 4 und 5 zwei Orbiter und mit Mars 6 und 7 zwei Lander. Dies war nötig, da 1973 der Mars nicht so günstig zur Erde stand und die Sonden so leichter sein mussten.
Wenige Monate vor dem Start stellte man fest, dass die Kontakte der Transistoren des Typs 2T-312 korrodiert waren und so die Stromversorgung einer der Sonden ausfiel. Eine Untersuchung zeigte, dass dieser Fehler systematisch war und darauf beruhte, dass man im Herstellerwerk Gold bei den Kontakten durch Aluminium ersetzt hatte. Eine Umstellung der Produktion hätte sechs Monate gedauert und eine Verschiebung des Starts auf 1975 notwendig gemacht. Die politische Führung entschloss sich darauf, die Sonden trotzdem zu starten, obgleich es nur eine 50-prozentige Chance gab, dass sie den Mars erreichen würden. Die Startmasse lag bei den beiden Orbitern bei 3.440 kg und bei den Landern bei 3.250 kg.
Die wissenschaftliche Nutzlast der Sonden bestand jeweils aus zwei Kameras, Infrarotradiometer, verschiedenen Photometern und Gammastrahlen-Spektrometer, sowie Magnetometer und Teilchendetektoren. Die Lander hatten außer Kameras unter anderem auch Windmesser, Thermometer und Barometer an Bord.
Mars 4 startete am 21. Juli 1973. Auf dem Weg zum Mars fiel die Elektronik des Busses aus. Die Instrumente, die autonom davon waren, konnten beim Vorbeiflug in 2200 km am Mars am 10. Februar 1974 aktiviert werden und übertrugen einige Daten. Der Bus, der in einen Orbit einschwenken sollte, war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar.
Mars 5 startete am 25. Juli 1973. Nach zwei Kurskorrekturen gelangte er planmäßig am 12. Februar 1974 in einen 1.760 × 32.586 km hohen Orbit. Man beschleunigte das Messprogramm, doch am 28. Februar 1974 fiel der Orbiter aus. Ursache war nicht ein Versagen der Elektronik, sondern der Druckverlust im Bus durch einen Mikrometeoritentreffer. Etwa 100 Fotos sowie weitere Messungen wurden gewonnen.
Mars 6 startete am 5. August 1973. Wenige Tage nach dem Kurskorrekturmanöver am 13. August 1973 fiel ein Telekommunikationskanal des Senders wegen des defekten Transistors aus. Der Lander wurde von der stummen Sonde automatisch am 12. März 1974 abgetrennt. Er lieferte Messungen bis zum Aufsetzen bei 25° westlicher Länge und 24° südlicher Breite, verstummte dann jedoch. Eventuell ist er auf der Oberfläche zerschellt oder bei der Landung umgekippt.
Mars 7 startete am 9. August 1973 als letzter des Quartetts. Am 16. August 1973 gab es das einzige Kurskorrekturmanöver. Durch die defekten Transistoren blieb bald darauf nur noch ein Kommunikationskanal zu der Sonde. Die Abtrennung des Landers erfolgte automatisch am 9. März 1974, jedoch vier Stunden zu früh, so dass der Lander in einer Entfernung von 1.300 km am Mars vorbeiflog.
Das sowjetische Marsprogramm in den 1960er und 1970er Jahren war einer der größten Fehlschläge in der Geschichte der sowjetischen Raumfahrt. Von den 14 gestarteten Sonden des Mars-Programms war nur Mars 5 ein relativer Erfolg. Später gab es noch vier weitere sowjetisch-russische Marsmissionen: Fobos 1+2 im Jahr 1988, Mars 96 im Jahr 1996 und Fobos-Grunt im Jahr 2011. Fobos 1 und Mars 96 waren komplette Fehlschläge, lediglich Fobos 2 konnte einen kleinen Teil seines geplanten Forschungsprogramms durchführen, bevor auch er verloren ging. Mit Fobos-Grunt scheiterte auch die jüngste russische Marsmission.[2]