Walter Kohn

Walter Kohn

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Walter Kohn (2012)

Walter Kohn (* 9. März 1923 in Wien; † 19. April 2016 in Santa Barbara, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Physiker österreichischer Herkunft. 1998 wurde er für seine Entwicklung der Dichtefunktionaltheorie, deren Grundlage das Hohenberg-Kohn-Theorem ist, mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet.

Leben

Kohn wuchs in Wien als Sohn jüdischer Eltern auf. Er besuchte das Akademische Gymnasium in Wien. Sein Vater betrieb den von Salomon Kohn gegründeten Postkartenverlag Brüder Kohn. Während seine Eltern und viele weitere Verwandte im Holocaust umkamen, gelangte er mit einem Kindertransport nach England. Im Rahmen einer zwangsweisen Umsiedlung von "deutschen" Zivilinternierten erreichte er 1940 Kanada[1] und war auf kanadischer Seite im Zweiten Weltkrieg Soldat.

Kohn machte seinen Bachelor in Mathematik und Physik an der University of Toronto 1945 und ein Jahr später seinen Master in angewandter Mathematik. Zu seinen Lehrern gehörten H. S. M. Coxeter, John Lighton Synge, Leopold Infeld und Richard Brauer. 1948 promovierte er an der Harvard University bei Julian Schwinger in theoretischer Physik. Das Thema war das quantenmechanische Dreikörperproblem. Er lehrte von 1950 bis 1960 an der Carnegie Mellon University, dann bis 1979 an der University of California, San Diego. Ab 1953 bis Mitte der 1960er Jahre war er regelmäßig für Bell Laboratories tätig, wo er u. a. mit William B. Shockley und Joaquin M. Luttinger z. B. über die Theorie der Störstellen in Halbleitern zusammenarbeitete.

Im Jahr 1959 veröffentlichte er seine Entdeckung zur Kohn-Anomalie, einer Divergenz bezüglich der Dispersionsrelation bei Phononen. Der Beginn seiner Arbeiten zur Dichtefunktionaltheorie liegt nach Kohn in Arbeiten zur elektronischen Struktur von Legierungen (seit 1963), wobei er in Paris mit Pierre Hohenberg zusammenarbeitete und in San Diego mit Lu J. Sham.

1979 wurde er Gründungsdirektor des international renommierten Institute for Theoretical Physics in Santa Barbara; 1984 wurde er Professor an der University of California, Santa Barbara, wo er auch emeritierte. Seit 1957 war er US-Staatsbürger.

Er stiftete in Wien dem jüdischen Privatrealgymnasium Zwi-Perez-Chajes-Schule und dem Akademischen Gymnasium den Walter-Kohn-Preis für Arbeiten im Gebiet Menschenrechte und Naturwissenschaft.

Walter Kohn war zwei Mal verheiratet und Vater von drei Töchtern. Für seine Arbeiten zur Dichtefunktionaltheorie erhielt er 1998 den Nobelpreis für Chemie.

Kohn starb am 19. April 2016 in Santa Barbara (Kalifornien) im Alter von 93 Jahren.[2]

Preise und Auszeichnungen

Ein Banner als Hinweis an der University of California in Santa Barbara, dass Walter Kohn 1998 den Nobelpreis für Chemie gewonnen hat.

Er war seit 1963 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und seit 1969 der National Academy of Sciences. 2003 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Im Jahr 2011 wurde er Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).[8] Seit 2006 war er auswärtiges Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften.[9]

Referenzen

  • P. Hohenberg und W. Kohn: Inhomogeneous Electron Gas. In: Physical Review- Band 136, 1964, S. B864–B871
  • W. Kohn und L. J. Sham: Self-Consistent Equations Including Exchange and Correlation Effects. In: Physical Review. Band 140, 1965, S. A1133–A1138

Weblinks

Commons: Walter Kohn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. dazu Annette Puckhaber, Ein Privileg für wenige. Die deutschsprachige Migration nach Kanada im Schatten des Nationalsozialismus. Lit, Münster 2002 ISBN 3825862194, Kap. 4. Die Gruppe der deportierten Flüchtlinge, S. 173ff.; auf S. 240f. Informationen über die seltene Möglichkeit seit Ende 1942, ein deutschsprachiger kanadischer Soldat zu werden; sowie Zeitungsartikel How Canada lost its Nobel prize, Ottawa Citizen, 16. Oktober 1998, über seinen späteren Aufenthalt in den USA
  2. orf.at - Nobelpreisträger Walter Kohn gestorben. Artikel vom 22. April 2016, abgerufen am 22. April 2016.
  3. "Antisemitismus ist ein furchtbares Gift" auf ORF vom 4. Dezember 2012, abgerufen am 5. Dezember 2012
  4. Ehrendoktoren der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften der TU Dresden
  5. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
  6. Uni Wien ehrt drei NS-Flüchtlinge auf ORF vom 3. Dezember 2012, abgerufen am 3. Dezember 2012
  7. Uni:Blicke: Verleihung des Ehrendoktorats an die "Weltstars der Wissenschaft"
  8. Walter Kohn wird Ehrenmitglied der ÖAW
  9. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Walter Kohn. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 22. September 2015 (russisch).

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