Schwerefeld: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Dieser Artikel|behandelt das konkret wirksame Schwerefeld, insbesondere durch einen Himmelskörper. Für die reine Gravitationswirkung siehe [[Gravitationsfeld]]}}
{{Dieser Artikel|behandelt das konkret wirksame Schwerefeld, insbesondere durch einen Himmelskörper. Für die reine Gravitationswirkung siehe [[Gravitationsfeld]].}}
Ein '''Schwerefeld''' ist ein [[Kraftfeld (Physik)|Kraftfeld]], verursacht durch [[Gravitation]] und bestimmte [[Trägheitskraft|Trägheitswirkungen]]. Die Feldstärke des Schwerefeldes ist die '''Schwere''', [[Formelzeichen]] <math>\vec g</math>. Als auf die [[Masse (Physik)|Masse]] bezogene [[Gewichtskraft]] eines [[Kraftfeld (Physik)|Probekörpers]] hat sie die [[Internationales Einheitensystem|SI-Einheit]] N/kg = m/s<sup>2</sup> und wird auch '''Schwerebeschleunigung''' oder '''Fallbeschleunigung''' genannt. Mit dieser [[Beschleunigung]] setzt sich ein [[Freier Fall|frei fallender]] Körper in Bewegung.
Ein '''Schwerefeld''' ist ein [[Kraftfeld (Physik)|Kraftfeld]], verursacht durch [[Gravitation]] und gegebenenfalls bestimmte [[Trägheitskraft|Trägheitskräfte]]. Die Feldstärke des Schwerefeldes ist die '''Schwere''', [[Formelzeichen]] <math>\vec g</math>. Als auf die [[Masse (Physik)|Masse]] bezogene [[Gewichtskraft]] eines [[Kraftfeld (Physik)|Probekörpers]] hat sie die [[Internationales Einheitensystem|SI-Einheit]] N/kg = m/und wird auch '''Schwerebeschleunigung''' oder '''Fallbeschleunigung''' genannt. Mit dieser [[Beschleunigung]] setzt sich ein [[Freier Fall|frei fallender]] Körper in Bewegung.


[[Datei:Plumb bob.jpg|mini|Ein Schnurlot zeigt die Richtung des Schwerefeldes an]]
[[Datei:Plumb bob.jpg|mini|Ein Schnurlot zeigt die Richtung des Schwerefeldes an]]
<math>\vec g</math> ist eine [[Vektor|vektorielle Größe]] mit Betrag und Richtung. Die Richtung heißt '''Lotrichtung'''. Der Betrag wird auch '''Ortsfaktor''' genannt, um zu betonen, dass <math>g</math> und damit auch das Gewicht eines Körpers vom Ort abhängt. In Deutschland beträgt die Fallbeschleunigung etwa 9,81&nbsp;m/s<sup>2</sup> = 981&nbsp;[[Gal (Einheit)|Gal]]. Die Variation über die Erdoberfläche beträgt wenige Gal.
<math>\vec g</math> ist eine [[vektor]]ielle Größe mit Betrag und Richtung. Die Richtung heißt '''Lotrichtung'''. Der Betrag wird auch '''Ortsfaktor''' genannt, um zu betonen, dass <math>g</math> und damit auch das Gewicht eines Körpers vom Ort abhängt. In Deutschland beträgt die Fallbeschleunigung etwa 9,81&nbsp;m/= 981&nbsp;[[Gal (Einheit)|Gal]]. Die Variation über die Erdoberfläche beträgt wenige Gal.


Im engeren Sinne –&nbsp;insbesondere in den [[Geowissenschaft]]en&nbsp;– ist das Schwerefeld eines [[Himmelskörper]]s zusammengesetzt aus dessen [[Gravitationsfeld]] („Erdanziehung“) und der [[Zentrifugalkraft|Zentrifugalbeschleunigung]] in dem [[Bezugssystem]], das mit dem Körper [[Rotation (Physik)|rotiert]] und mit ihm im Gravitationsfeld anderer Himmelskörper frei fällt.
Im engeren Sinne –&nbsp;insbesondere in den [[Geowissenschaft]]en&nbsp;– ist das Schwerefeld eines [[Himmelskörper]]s zusammengesetzt aus dessen [[Gravitationsfeld]] („Erdanziehung“) und der Zentrifugalbeschleunigung in dem [[Bezugssystem]], das mit dem Körper [[Rotation (Physik)|rotiert]] und ggf. mit ihm im Gravitationsfeld anderer Himmelskörper frei fällt.


In der [[Himmelsmechanik]] werden oft nicht rotierende Bezugssysteme benutzt. Das Schwerefeld eines oder mehrerer Himmelskörper beruht dann nur auf Gravitation.
In der [[Himmelsmechanik]] werden oft nicht rotierende Bezugssysteme benutzt. Das Schwerefeld eines oder mehrerer Himmelskörper beruht dann nur auf Gravitation.


Im weiteren Sinne spricht man vom Schwerefeld in beliebig beschleunigten Bezugssystemen. Im Schwerefeld einer [[Zentrifuge]] dominiert die Zentrifugalkraft. In frei fallenden Bezugssystemen (Bsp. [[Raumstation]]) herrscht [[Schwerelosigkeit]].
Im weiteren Sinne spricht man vom Schwerefeld in beliebig beschleunigten Bezugssystemen. Im Schwerefeld einer [[Zentrifuge]] dominiert die [[Zentrifugalkraft]]. In frei fallenden Bezugssystemen (Bsp. [[Raumstation]]) herrscht [[Schwerelosigkeit]].


== Messung ==
== Messung ==
{{Hauptartikel|Gravimetrie}}
{{Hauptartikel|Gravimetrie}}


Neben der direkten Messung der Beschleunigung eines frei fallenden Körpers kann man den Betrag der Fallbeschleunigung aus der Schwingungsdauer eines [[Sekundenpendel|Pendels]] berechnen. Ein modernes [[Gravimeter]] ist eine spezielle Federwaage und erreicht eine Präzision von einem Mikrogal, ca. 10<sup>−9</sup>&nbsp;''g''. Man könnte damit eine Höhenverschiebung von weniger als einem Zentimeter registrieren. Schwankungen des [[Luftdruck]]s verursachen Änderungen in der gleichen Größenordnung. [[Gezeitenkraft|Gezeitenbeschleunigungen]] aufgrund der Inhomogenität der äußeren Gravitationsfelder, insbes. von Mond und Sonne, ändern ''g'' um viele Milligal.
Neben der direkten Messung der Beschleunigung eines frei fallenden Körpers kann man den Betrag der Fallbeschleunigung aus der Schwingungsdauer eines [[Sekundenpendel|Pendels]] berechnen. Ein modernes [[Gravimeter]] ist eine spezielle Federwaage und erreicht eine Präzision von einem Mikrogal, ca. 10<sup>−9</sup>&nbsp;''g''. Man könnte damit auf der [[Erde]] eine Höhenänderung von weniger als einem Zentimeter registrieren. Schwankungen des [[Luftdruck]]s beeinflussen den Auftrieb und verursachen damit Änderungen in der gleichen Größenordnung,  Gebirge oder unterschiedliche [[Gesteinsdichte]]n in der Erdkruste beeinflussen ''g'' sogar um bis zu 100  Milligal, etwas schwächer auch [[Gezeitenkraft|Gezeitenkräfte]] infolge der Inhomogenität äußerer Gravitationsfelder, insbesondere von Mond und Sonne.


== Summe aus Gravitations- und Zentrifugalbeschleunigung ==
== Summe aus Gravitations- und Zentrifugalbeschleunigung ==
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:<math>\vec g_{\mathrm{Gravitation}} = - \frac {GM}{r^2} \, \vec e_r</math>
:<math>\vec g_{\mathrm{Gravitation}} = - \frac {GM}{r^2} \, \vec e_r</math>


: Hierbei ist <math>G</math> die [[Gravitationskonstante]], <math>M</math> die Masse des Himmelskörpers, <math>r</math> der Abstand zwischen dem Schwerpunkt des Himmelskörpers und dem Probekörper und <math>\vec e_r</math> ein [[Einheitsvektor]] in Richtung dieses Abstandsvektors. Falls die Masseverteilung des Himmelskörpers nicht [[isotrop]] ist, wie das meist der Fall ist, ergeben sich daraus Schwereanomalien.
: Hierbei ist <math>G</math> die [[Gravitationskonstante]], <math>M</math> die Masse des Himmelskörpers, <math>r</math> der Abstand zwischen dem Schwerpunkt des Himmelskörpers und dem Probekörper und <math>\vec e_r</math> ein [[Einheitsvektor]], der vom Schwerpunkt des Himmelskörpers auf den Probekörper gerichtet ist. Falls die Masseverteilung des Himmelskörpers nicht [[isotrop]] ist, wie das meist der Fall ist, ergeben sich daraus Schwereanomalien.


* Die Zentrifugalbeschleunigung <math>\vec a_\mathrm{Zentrifugal}</math> wirkt sich aus, weil man sich auf der Oberfläche des Himmelskörpers in einem mitrotierenden Bezugssystem befindet.
* Die Zentrifugalbeschleunigung <math>\vec a_\mathrm{Zentrifugal}</math> wirkt sich aus, weil man sich auf der Oberfläche des Himmelskörpers in einem mitrotierenden Bezugssystem befindet.
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* [[Gezeitenkraft|Gezeitenkräfte]] entstehen durch den Einfluss anderer Himmelskörper (z.&nbsp;B. durch den Mond oder die Sonne). Ob diese Kräfte als Teil des Schwerefeldes betrachtet werden, ist eine Frage der Definition. In diesem Artikel werden sie nicht zum Schwerefeld gezählt.
* [[Gezeitenkraft|Gezeitenkräfte]] entstehen durch den Einfluss anderer Himmelskörper (z.&nbsp;B. durch den Mond oder die Sonne). Ob diese Kräfte als Teil des Schwerefeldes betrachtet werden, ist eine Frage der Definition. In diesem Artikel werden sie nicht zum Schwerefeld gezählt.


Für das Schwerefeld an einer Planetenoberfläche ergibt sich daraus: Die Gravitationsbeschleunigung ist von der Höhe abhängig, denn nach dem Gravitationsgesetz ist <math>\vec g_{\mathrm{Gravitation}} \sim \frac{1}{r^2} </math>. Ebenfalls aus dieser Beziehung folgt, dass durch die [[Abplattung]] des Planeten der Abstand zum Planetenmittelpunkt an den Polen am kleinsten, die Gravitationswirkung also am größten ist. Dazu kommt, dass an den Polen des Himmelskörpers die Zentrifugalbeschleunigung verschwindet, weil der Abstand von der Rotationsachse Null ist. Am schwächsten ist das Schwerefeld somit am Äquator: Dort ist die Zentrifugalbeschleunigung maximal und der Gravitationswirkung entgegen gerichtet und der Abstand zum Planetenmittelpunkt am größten.
Für das Schwerefeld an einer Planetenoberfläche ergibt sich daraus: Die Gravitationsbeschleunigung ist von der Höhe abhängig, denn nach dem Gravitationsgesetz ist <math>\vec g_{\mathrm{Gravitation}} \sim \tfrac{1}{r^2} </math>. Ebenfalls aus dieser Beziehung folgt, dass durch die [[Abplattung]] des Planeten der Abstand zum Planetenmittelpunkt an den Polen am kleinsten, die Gravitationswirkung deswegen am größten ist. Dazu kommt, dass an den Polen des Himmelskörpers die Zentrifugalbeschleunigung verschwindet, weil der Abstand von der Rotationsachse Null ist. Am schwächsten ist das Schwerefeld somit am Äquator: Dort ist die Zentrifugalbeschleunigung maximal und der Gravitationswirkung entgegen gerichtet und der Abstand zum Planetenmittelpunkt am größten.


Die Richtung der Fallbeschleunigung heißt [[Lotrichtung]]. Diese Lotrichtung weist ungefähr zum [[Gravizentrum]] des Himmelskörpers hin. Abweichungen entstehen (von [[Schwereanomalie]]n abgesehen) dadurch, dass die Zentrifugalbeschleunigung bei mittleren Breiten in einem schiefen Winkel zur Gravitationsbeschleunigung steht. Linien, die der Lotrichtung folgen, heißen Lotlinien. Sie sind die [[Feldlinie]]n des Schwerefeldes. Bewegt sich ein Körper im Schwerefeld, so weicht mit zunehmender Geschwindigkeit die Richtung der wirksamen Beschleunigung von der Lotrichtung ab. Dies kann als Wirkung der [[Corioliskraft]] gedeutet werden.
Die Richtung der Fallbeschleunigung heißt [[Lotrichtung]]. Diese Lotrichtung weist ungefähr zum [[Gravizentrum]] des Himmelskörpers hin. Abweichungen entstehen (von [[Schwereanomalie]]n abgesehen) dadurch, dass die Zentrifugalbeschleunigung bei mittleren Breiten in einem schiefen Winkel zur Gravitationsbeschleunigung steht. Linien, die der Lotrichtung folgen, heißen Lotlinien. Sie sind die [[Feldlinie]]n des Schwerefeldes. Bewegt sich ein Körper im Schwerefeld, so weicht mit zunehmender Geschwindigkeit die Richtung der wirksamen Beschleunigung von der Lotrichtung ab. Dies kann als Wirkung der [[Corioliskraft]] gedeutet werden.


== {{Anker|Schwerefeldstärke}} Schwerepotential ==
== {{Anker|Schwerefeldstärke}} Schwerepotential ==
Da die Gewichtskraft eine [[konservative Kraft]] ist, ist die Fallbeschleunigung als zugehörige Feldstärke der negative [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] eines [[Potential (Physik)|Potentials]] ''U'', <math display="inline">\vec g(\vec r)=-\vec\nabla U(\vec r)</math>. In der [[physikalische Geodäsie|physikalischen Geodäsie]] wird aber nicht ''U'', sondern ''W''&nbsp;= −''U'' verwendet und ''W'' trotz anderem Vorzeichen als ''Schwerepotential'' (bei der Erde auch ''Geopotential'') bezeichnet. Mit dieser Konvention ist


Da die Gewichtskraft eine [[konservative Kraft]] ist, ist die Fallbeschleunigung als zugehörige Feldstärke der negative [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] eines [[Potential (Physik)|Potentials]]:
:<math>\vec g(\vec r)=+\vec\nabla W(\vec r)</math>.


:<math>\vec g(\vec r)=-\vec\nabla W(\vec r)</math>
Das Schwerepotential setzt sich – ähnlich wie die Fallbeschleunigung selbst – aus einem Gravitations- und einem Zentrifugalanteil zusammen,


Hierbei ist <math>W(\vec r)</math> das Schwerepotential. Es setzt sich – ähnlich wie die Fallbeschleunigung selbst – aus einem Gravitations- und einem Zentrifugalanteil zusammen:
:<math>W(\vec r)= G \iiint\!\frac{\rho(\vec r')}{|\vec r - \vec r'|}\,\mathrm{d}^3 r' + \frac{1}{2}(\vec\omega\times\vec r)^2</math>.


:<math>W(\vec r)= G \iiint\!\frac{\rho}{l}\,\mathrm{d}V + \frac{(\vec\omega\times\vec r)^2}{2}</math>
Darin ist der erste Summand das [[Gravitationspotential]] in der allgemeinen Form für einen ausgedehnten Körper mit der [[Dichte]]verteilung <math>\rho(\vec r')</math>. Für einen [[radialsymmetrisch]]en Körper der Masse ''M'' vereinfacht es sich im Außenraum zu <math display="inline">G\frac{M}{r}</math>. Dieser Beitrag verschwindet im Unendlichen. Der zweite Summand, dessen Form voraussetzt, dass der Ursprung des Koordinatensystems auf der Rotationsachse liegt, ist das Potential der [[Zentrifugalkraft|Zentrifugalbeschleunigung]]. Es kann mit dem Abstand <math display="inline">r_\perp</math> von der Rotationsachse auch als <math display="inline">\frac{1}{2}\omega^2 r_\perp^2</math> geschrieben werden. Dieser Beitrag verschwindet im Ursprung. Da beide Summanden nie negativ werden, nimmt ''W'' nur positive Werte an.<ref name="Toge03">{{Literatur
 
|Autor = [[Wolfgang Torge]]
Darin ist der erste Summand das Gravitationspotential<!--Wird später im Artikel [[Gravitationsfeld]] mitbehandelt, daher derzeit kein Link-->, der zweite Summand, dessen Form voraussetzt, dass der Ursprung für den Ortsvektor <math>\vec r</math> zum [[Aufpunkt]] (dem Ort, für den das Potential berechnet wird) auf der Rotationsachse liegt, das Potential der [[Zentrifugalkraft|Zentrifugalbeschleunigung]]. Das Integral erstreckt sich über das Volumen des Himmelskörpers. <math>\rho</math> ist die [[Dichte]] des Volumenelements <math>\mathrm{d}V</math> und <math>l</math> dessen Abstand vom Aufpunkt.
|Titel = Geodäsie
|Auflage = 2
|Verlag = de Gruyter
|Datum = 2003
|ISBN = 3-11-017545-2
|Online = {{Google Buch
    |BuchID = aL9RPdUYuWQC
  }}
}}</ref>{{rp|44,51}}<ref name="Vermeer20">{{Literatur
|Autor = Martin Vermeer
|Titel = Physical geodesy
|Sprache = en
|Verlag = School of Engineering, Aalto University
|Datum = 2020
|ISBN = 978-952-60-8940-9 <!-- so im Werk, aber in Katalogen nicht auffindbar -->
|Online = [https://users.aalto.fi/~mvermeer/fys-en.pdf#page=38 Volltext]
|Seiten = 10, 88
|Zitat = In physical geodesy — unlike in physics — the potential is reckoned to be always positive …
}}</ref>


[[Datei:Centrifugal 0.PNG|mini|Wasser in einem rotierenden Eimer. Sobald es ruhig mitrotiert, bildet seine Oberfläche eine Potentialfläche.]]
[[Datei:Centrifugal 0.PNG|mini|Wasser in einem rotierenden Eimer. Sobald es ruhig mitrotiert, bildet seine Oberfläche eine Potentialfläche.]]
Flächen, auf denen das Schwerepotential konstant ist, heißen ''Potentialflächen'' oder ''Niveauflächen'' des Schwerefeldes. Sie werden von den Lotlinien rechtwinklig durchstoßen. Beim Übergang von einer Niveaufläche zu einer höheren muss [[Hubarbeit]] verrichtet werden, siehe auch [[Potential (Physik)]].
Flächen, auf denen das Schwerepotential konstant ist, heißen ''Potentialflächen'' oder ''Niveauflächen'' des Schwerefeldes. Sie werden von den Lotlinien rechtwinklig durchstoßen. Beim Übergang von einer Niveaufläche zu einer höheren muss [[Hubarbeit]] verrichtet werden, siehe auch [[Potential (Physik)]].
=== Geopotential ===
Das Schwerepotential ''W'' der Erde wird auch ''Geopotential'' genannt. Eine besonders wichtige Niveaufläche ist hier das [[Geoid]], auf dem das Schwerepotential den Wert
:<math>W_0 \approx W_{0,\mathrm{conv}} = 62{.}636{.}856{,}0\frac{\mathrm{m}^2}{\mathrm{s}^2}</math>
annimmt. Der hier genannte Wert ist als „konventionelles Geoidpotential“ bekannt. Er wird unter anderem in der Definition der [[Internationale Atomzeit|Internationalen Atomzeit]]<ref name="CGPM-26-2" />, vom [[IERS|Internationalen Dienst für Erdrotation und Referenzsysteme]] und von der [[Internationale Astronomische Union|IAU]] zur Definition der [[Terrestrische Zeit|Terrestrischen Zeit]] verwendet.<ref name="geopot17">{{Internetquelle
|hrsg = [[Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut]]
|titel = A conventional value for the geoid reference potential W<sub>0</sub>
|werk= Unified Analysis Workshop 2017
|url = https://mediatum.ub.tum.de/doc/1376987/1376987.pdf#page=5
|format = PDF | seiten = 5–7 | sprache = en
|abruf = 2020-02-23
}}</ref> Bei ihm handelt es sich um den besten im Jahr 1998 bekannten Messwert. Neuere Messungen ergeben aber einen um etwa 2,6&#x202f;m²/s² kleineren Wert für ''W''<sub>0</sub>, was einem Höhenunterschied von 26&#x202f;cm entspricht.<ref name="geopot17" /> Potentialdifferenzen werden häufig auf ''W''<sub>0</sub> bezogen,
:<math>C(P) = W_0 - W_P = -\int_{P_0}^{P}\vec g \cdot \mathrm d\vec s</math>,
und dann [[Höhe (Geodäsie) #Geopotentielle Koten|geopotentielle Kote]] genannt<ref name="Toge03" />{{rp|72}} (Einheit ''geopotentieller Meter&nbsp;gpm''). Wird die geopotentielle Kote durch die [[Normalschwere]] geteilt, so ergibt sich die [[Höhe (Geodäsie) #Dynamische Höhen|dynamische Höhe]]. Für mittlere Breiten entspricht die dynamische Höhe ungefähr der metrischen Höhe über dem Meeresspiegel. Der Abstand zweier Äquipotentialflächen hängt von der lokalen Schwerebeschleunigung ab: Je größer diese ist, desto geringer ist der Abstand.
<!-- Geopotential in der Meteorologie: Druckflächen sind keine Potentialflächen, auch wenn ihre Höhe in geopotentiellen Metern angegeben wird. Mit dem Lemma hat der gelöschte Absatz https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schwerefeld&oldid=148371905 nichts zu tun, entsprechende Links und Weiterleitungen sind zu löschen. -->


== Allgemeinere Definition ==
== Allgemeinere Definition ==
Wählt man als Bezugssystem nicht die Oberfläche eines Planeten, sondern ein beliebiges beschleunigtes Bezugssystem, so kann die dort wirksame „Fall“-Beschleunigung ebenfalls als Schwerefeld verstanden werden. Auch die in diesem Bezugssystem herrschenden Kräfte setzen sich aus Gravitations- und Trägheitskräften zusammen.
Wählt man als Bezugssystem nicht die Oberfläche eines Planeten, sondern ein beliebiges beschleunigtes Bezugssystem, so kann die dort wirksame „Fall“-Beschleunigung ebenfalls als Schwerefeld verstanden werden. Auch die in diesem Bezugssystem herrschenden Kräfte setzen sich aus Gravitations- und Trägheitskräften zusammen.


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[[Datei:Southern ocean gravity hg.png|mini|Schwerefeld der Erde im Südpolarmeer]]
[[Datei:Southern ocean gravity hg.png|mini|Schwerefeld der Erde im Südpolarmeer]]
{{Siehe auch|Schwereanomalie|Geoid|Schweregradient}}
{{Siehe auch|Schwereanomalie|Geoid|Schweregradient}}
Große Himmelskörper nehmen unter dem Einfluss ihres Schwerefeldes eine Form an, die einer der Niveauflächen entspricht. Im '''Schwerefeld der Erde''' wird jene Niveaufläche, die ungefähr der Höhe des Meeresspiegels folgt, als ''[[Geoid]]'' bezeichnet. Sie ist durch die Zentrifugalbeschleunigung leicht [[Erdabplattung|abgeplattet]]. Diese Abplattung und die Abnahme der '''Erdbeschleunigung''' (Fallbeschleunigung auf der Erde) mit der Höhe wird von [[Normalschwereformel]]n berücksichtigt. Zusätzlich gibt es [[Schwereanomalie]]n, d.&nbsp;h. globale, regionale und lokale Unregelmäßigkeiten, da die Masse sowohl in der [[Erdkruste]] (Gebirge, [[Plattentektonik|Kontinentalplatten]]) als auch tiefer (in [[Erdmantel]] und [[Erdkern|-Kern]]) nicht gleichmäßig verteilt ist. Die [[Satellitengeodäsie]] bestimmt das Geoid mit Hilfe der Beobachtung von [[Satellitenbahn]]en, siehe [[Gradiometrie]]. Die Schwereanomalien erreichen die Größenordnung 0,01 % und 0,01° in Betrag bzw. Richtung, siehe [[Lotabweichung]], [[Schweregradient]] und [[Vertikalgradient]]. Bis zu 100&nbsp;m liegen zwischen dem Geoid und dem mittleren Ellipsoid.
Große Himmelskörper nehmen unter dem Einfluss ihres Schwerefeldes eine Form an, die einer der Niveauflächen entspricht. Im '''Schwerefeld der Erde''' wird jene Niveaufläche, die ungefähr der Höhe des Meeresspiegels folgt, als ''[[Geoid]]'' bezeichnet. Sie ist durch die Zentrifugalbeschleunigung leicht [[Erdabplattung|abgeplattet]]. Diese Abplattung und die Abnahme der '''Erdbeschleunigung''' (Fallbeschleunigung auf der Erde) mit der Höhe wird von [[Normalschwereformel]]n berücksichtigt. Zusätzlich gibt es Schwereanomalien, d.&nbsp;h. globale, regionale und lokale Unregelmäßigkeiten, da die Masse sowohl in der [[Erdkruste]] (Gebirge, [[Plattentektonik|Kontinentalplatten]]) als auch tiefer (in [[Erdmantel]] und [[Erdkern|-kern]]) nicht gleichmäßig verteilt ist. Die [[Satellitengeodäsie]] bestimmt das Geoid mit Hilfe der Beobachtung von [[Satellitenbahn]]en, siehe [[Gradiometrie]]. Die Schwereanomalien erreichen die Größenordnung 0,01 % und 0,01° in Betrag bzw. Richtung, siehe [[Lotabweichung]], Schweregradient und [[Vertikalgradient]]. Bis zu 100&nbsp;m liegen zwischen dem Geoid und dem mittleren Ellipsoid.


=== {{Anker|Erdbeschleunigung|Erdanziehungskraft}} Erdschwerefeld an der Erdoberfläche ===
=== Erdschwerefeld an der Erdoberfläche ===
Der Wert der Erdbeschleunigung variiert wegen der Zentrifugalkraft, [[Erdabplattung]] und [[Gelände (Kartografie)|Höhenprofil]] regional um einige Promille um den ungefähren Wert &nbsp;≈&nbsp;9,81&nbsp;m/s<sup>2</sup>. Die Schwerebeschleunigung beträgt 9,832&nbsp;m/s² an den Polen und 9,780&nbsp;m/s² am Äquator. Die Anziehung am Pol ist somit um ca. 0,5 % größer als am Äquator. Wenn die Erdanziehungskraft auf einen Menschen am Äquator 800&nbsp;N beträgt, so erhöht sie sich deshalb an den Erdpolen auf 804,24&nbsp;N.
Der Wert der Erdbeschleunigung variiert wegen der Zentrifugalkraft, [[Erdabplattung]] und [[Gelände (Kartografie)|Höhenprofil]] regional um einige Promille um den ungefähren Wert 9,81&nbsp;m/. Die Erdbeschleunigung beträgt 9,832&nbsp;m/s² an den Polen und 9,780&nbsp;m/s² am Äquator. Die Anziehung am Pol ist somit um ca. 0,5 % größer als am Äquator. Wenn die Erdanziehungskraft auf einen Menschen am Äquator 800&nbsp;N beträgt, so erhöht sie sich deshalb an den Erdpolen auf 804,24&nbsp;N.
2013 wurde ermittelt, dass die Erdbeschleunigung mit 9,7639&nbsp;m/s<sup>2</sup> auf dem Berg [[Nevado Huascarán]] in den [[Anden]] (höchster Berg [[Peru]]s) am geringsten ist.<ref>Luh: [http://www.dradio.de/dlf/meldungen/forschak/2223017/ ''Erdbeschleunigung schwankt stärker als gedacht''] [[dradio]] – [[Forschung Aktuell]], 20. August 2013.</ref><ref>[http://www.sciencedaily.com/releases/2013/09/130904105345.htm ''Gravity Variations Over Earth Much Bigger Than Previously Thought''] in Science Daily vom 4. September 2013.</ref>
Im Jahr 2013 wurde ermittelt, dass die Erdbeschleunigung mit 9,7639&nbsp;m/auf dem Berg [[Nevado Huascarán]] in den [[Anden]] (höchster Berg [[Peru]]s mit 6768 m) am geringsten ist.<ref>Luh: [http://www.dradio.de/dlf/meldungen/forschak/2223017/ ''Erdbeschleunigung schwankt stärker als gedacht''] [[dradio]] – [[Forschung Aktuell]], 20. August 2013.</ref><ref>[http://www.sciencedaily.com/releases/2013/09/130904105345.htm ''Gravity Variations Over Earth Much Bigger Than Previously Thought''] in Science Daily vom 4. September 2013.</ref>


==== Normfallbeschleunigung {{Anker|Normfallbeschleunigung|Normalfallbeschleunigung|Standardfallbeschleunigung}} ====
==== Normfallbeschleunigung {{Anker|Normfallbeschleunigung|Normalfallbeschleunigung|Standardfallbeschleunigung}} ====
{{Siehe auch|Kilopond}}
{{Siehe auch|Kilopond}}
1901 wurde auf der dritten [[Generalkonferenz für Maß und Gewicht]] ein Standardwert, die '''Normfallbeschleunigung''', auf ''g''<sub>n</sub>&nbsp;=&nbsp;9,80665&nbsp;m/s<sup>2</sup> festgelegt, ein Wert, der sich schon in verschiedenen Landesgesetzen etabliert hatte und der Definition [[Technisches Maßsystem|technischer Maßeinheiten]] dient (DIN 1305).<ref>Norm DIN 1305 ''Masse, Wägewert, Kraft, Gewichtskraft, Gewicht, Last; Begriffe'' ([http://www.beuth.de/de/norm/din-1305/1374375 beuth.de]).</ref> Grundlage waren (aus heutiger Sicht überholte) Messungen von G. Defforges, [[Service Géographique de l’Armée]], welche zu einem Wert für 45&nbsp;Grad Breite, Meereshöhe extrapoliert wurden. Aufgrund der später entdeckten Schwereanomalien gibt es keinen einheitlichen Wert auf einem Breitengrad, erst recht keine ''Standardschwerkraft''. Dementsprechend ist die Normfallbeschleunigung nicht als Erdbeschleunigung eines bestimmten Ortes oder als ein irgendwie berechneter Mittelwert definiert, sondern eine Festlegung.<ref>Tate, 1969.</ref><ref>Comptes rendus de la 3<sup>e</sup> CGPM (1901), 1901, 70, dort noch in cm/s<sup>2</sup>. [http://www.bipm.org/fr/CGPM/db/3/2/ BIPM – Résolution de la 3e CGPM]</ref>
1901 wurde auf der dritten [[Generalkonferenz für Maß und Gewicht]] ein Standardwert, die '''Normfallbeschleunigung''', auf ''g''<sub>n</sub>&nbsp;=&nbsp;9,80665&nbsp;m/s² festgelegt,<ref>Comptes rendus de la 3<sup>e</sup> CGPM (1901), Seite 70, dort noch in cm/s².</ref><ref name="CGPM-3-2" /> ein Wert, der sich schon in verschiedenen Landesgesetzen etabliert hatte und der Definition [[Technisches Maßsystem|technischer Maßeinheiten]] dient (DIN 1305).<ref>Norm DIN 1305 ''Masse, Wägewert, Kraft, Gewichtskraft, Gewicht, Last; Begriffe'' ([http://www.beuth.de/de/norm/din-1305/1374375 beuth.de]).</ref> Grundlage waren (aus heutiger Sicht überholte) Messungen von G.&nbsp;Defforges am [[Internationales Büro für Maß und Gewicht|BIPM]] bei [[Paris]], extrapoliert auf 45° (nördlicher, oder südlicher) Breite und Meereshöhe.<ref>Tate, 1969.</ref>


==== Deutsches Hauptschwerenetz 1996 ====
==== Deutsches Hauptschwerenetz 1996 ====
[[Datei:Deutsches Schwerenetz 1962 Wolfenbüttel - Detail.jpg|mini|links|Kennzeichnungsplakette des Deutschen Schwerenetzes 1962]]
[[Datei:Deutsches Schwerenetz 1962 Wolfenbüttel - Detail.jpg|mini|Kennzeichnungsplakette des Deutschen Schwerenetzes 1962]]
In [[Deutschland]] ist die ortsabhängige Erdbeschleunigung im ''Deutschen Hauptschwerenetz 1996 (DHSN 96)'' festgehalten, welches eine Fortsetzung des (westdeutschen) DHSN 82 ist. Es ist neben dem [[Deutsches Hauptdreiecksnetz|Deutschen Hauptdreiecksnetz]] für den Ort und dem [[Deutsches Haupthöhennetz|Deutschen Haupthöhennetz]] für die Höhe die dritte Größe zur eindeutigen Festlegung eines geodätischen Bezugssystems. Das deutsche Schwerenetz stützt sich auf ca. 16.000 Messpunkte, die Schwerefestpunkte.
In Deutschland ist die ortsabhängige Erdbeschleunigung im ''Deutschen Hauptschwerenetz 1996'' ([[DHSN 96]]) festgehalten, welches eine Fortsetzung des (westdeutschen) [[DHSN 82]] ist. Es ist neben dem [[Deutsches Hauptdreiecksnetz|Deutschen Hauptdreiecksnetz]] für den Ort und dem [[Deutsches Haupthöhennetz|Deutschen Haupthöhennetz]] für die Höhe die dritte Größe zur eindeutigen Festlegung eines geodätischen Bezugssystems. Das deutsche Schwerenetz stützt sich auf ca. 16.000 Messpunkte, die Schwerefestpunkte.


Historisch bedeutsam war der von Kühnen und Furtwänger vom [[Königlich Preußisches Geodätisches Institut|Potsdamer Geodätischen Institut]] 1906 bestimmte Wert 9,81274&nbsp;m/s<sup>2</sup> in Potsdam. Potsdam wurde 1906 der [[Fundamentalpunkt]] für die Bestimmung der lokalen Erdbeschleunigung mittels Differenzbestimmung, bis das ''International Gravity Standardization Net'' 1971 eingeführt wurde.<ref>Landesamt für innere Verwaltung (LAiV) Mecklenburg-Vorpommern: {{Webarchiv |url=http://www.laiv-mv.de/land-mv/LAiV_prod/LAiV/_AfGVK_alt/Raumbezug/raum_festpunktfelder.jsp |wayback=20140114134421 |text=Raumbezug - Lage-, Höhen- und Schwerefestpunktfelder}}</ref><ref>Tate, 1969.</ref>
Historisch bedeutsam war der von Kühnen und Furtwänger vom [[Königlich Preußisches Geodätisches Institut|Potsdamer Geodätischen Institut]] 1906 bestimmte Wert 9,81274&nbsp;m/in Potsdam. Potsdam wurde 1906 der [[Fundamentalpunkt]] für die Bestimmung der lokalen Erdbeschleunigung mittels Differenzbestimmung, bis das ''International Gravity Standardization Net'' 1971 eingeführt wurde.<ref>Landesamt für innere Verwaltung (LAiV) Mecklenburg-Vorpommern: {{Webarchiv |url=http://www.laiv-mv.de/land-mv/LAiV_prod/LAiV/_AfGVK_alt/Raumbezug/raum_festpunktfelder.jsp |text=Raumbezug - Lage-, Höhen- und Schwerefestpunktfelder |wayback=20140114134421}}</ref><ref>Tate, 1969.</ref>


Mit Einführung des [[Integrierter Raumbezug 2016|Integrierten Raumbezugs 2016]] wurde das DHSN 96 durch das DHSN 2016 abgelöst.
Mit Einführung des [[Integrierter Raumbezug 2016|Integrierten Raumbezugs 2016]] wurde das DHSN 96 durch das [[DHSN 2016]] abgelöst.


=== Erdschwerefeld im Erdinneren ===
=== Erdschwerefeld im Erdinneren ===
[[Datei:EarthGravityPREM.svg|mini|hochkant=2|Gravitation im [[Erdinneres|Erdinnern]] nach dem seismischen [[PREM]]-Erdmodell, sowie Näherungen durch konstante und linear nach innen zunehmende [[Gesteinsdichte]] zum Vergleich.]]
[[Datei:EarthGravityPREM.svg|mini|hochkant=2|Gravitation im [[Erdinneres|Erdinnern]] nach dem seismischen [[PREM]]-Erdmodell sowie Näherungen durch konstante und linear nach innen zunehmende [[Gesteinsdichte]] zum Vergleich.]]
Wäre die Erde eine nicht rotierende, homogene Kugel, so ergäbe sich ein linearer Anstieg der Schwerebeschleunigung von null am [[Geozentrum|Erdmittelpunkt]] bis zu einem Maximum an der Erdoberfläche, siehe [[Gravitationstunnel]]. Tatsächlich ist die Erde in Schichten sehr unterschiedlicher Dichte aufgebaut, daher verläuft das Erdschwerefeld im Erdinneren nicht linear. Im [[Erdkern]] wächst die Schwerebeschleunigung mit dem Abstand vom Erdmittelpunkt zunächst [[Monotone reelle Funktion|monoton]] an. An der [[Kern-Mantel-Grenze]] (in ca. 2900&nbsp;km Tiefe), nach deren Entdeckern [[Emil Wiechert]] und [[Beno Gutenberg]] auch [[Wiechert-Gutenberg-Diskontinuität]] genannt, erreicht sie ein Maximum von knapp 10,68&nbsp;m/s². Dieser Effekt hat seine Ursache darin, dass der überwiegend metallische Erdkern mehr als doppelt so dicht wie der [[Erdmantel]] und die [[Erdkruste]] ist. Von dort bis zu ca. 4900&nbsp;km nimmt sie zunächst wieder langsam bis auf 9,93&nbsp;m/s² ab, steigt nochmals bei 5700&nbsp;km auf 10,01&nbsp;m/s² und sinkt dann monoton, bis sie an der Erdoberfläche etwa 9,82&nbsp;m/s² erreicht.
Wäre die Erde eine nicht rotierende, homogene Kugel, so ergäbe sich ein linearer Anstieg der Schwerebeschleunigung von null am [[Geozentrum|Erdmittelpunkt]] bis zu einem Maximum an der Erdoberfläche. Tatsächlich ist die Erde in Schichten sehr unterschiedlicher Dichte aufgebaut. Daher ist der Zusammenhang zwischen der Tiefe und der Erdbeschleunigung komplizierter. Im [[Erdkern]] wächst die Schwerebeschleunigung mit dem Abstand vom Erdmittelpunkt zunächst gleichmäßig an. An der [[Kern-Mantel-Grenze]] (in ca. 2900&nbsp;km vom Erdmittelpunkt), nach deren Entdeckern [[Emil Wiechert]] und [[Beno Gutenberg]] auch [[Wiechert-Gutenberg-Diskontinuität]] genannt, erreicht sie ein Maximum von knapp 10,68&nbsp;m/s². Dieser Effekt hat seine Ursache darin, dass der überwiegend metallische Erdkern mehr als doppelt so dicht wie der [[Erdmantel]] und die [[Erdkruste]] ist. Von dort bis zu ca. 4900&nbsp;km nimmt sie zunächst wieder langsam bis auf 9,93&nbsp;m/s² ab, steigt nochmals bei 5700&nbsp;km auf 10,01&nbsp;m/s² und sinkt dann monoton, bis sie an der Erdoberfläche etwa 9,82&nbsp;m/s² erreicht.


=== Erdschwerefeld außerhalb der Erde ===
=== Erdschwerefeld außerhalb der Erde ===
[[Datei:Erdgvarp.png|mini|hochkant=1.2|links|Abnahme der Schwerebeschleunigung mit zunehmender Höhe]]
In der Nähe der Erdoberfläche nimmt ''g'' um etwa 3,1&nbsp;µm/pro gestiegenem Meter ab. In der Meteorologie gibt man das Geopotential in der Atmosphäre als [[Äquipotentialfläche]]n an. Für die Praxis hat man [[Hauptdruckfläche]]n definiert (1000, 500, 200&nbsp;hPa, und andere).
In der Nähe der Erdoberfläche nimmt ''g'' um etwa 3,1&nbsp;µm/s<sup>2</sup> pro gestiegenem Meter ab.
 
Außerhalb der Erde nimmt das Gravitationsfeld proportional zum Quadrat des Abstandes vom Erdmittelpunkt ab, während bei konstanter Position bzgl. Längen- und Breitengrad die Zentrifugalbeschleunigung proportional mit diesem Abstand zunimmt. Das Erdschwerefeld ist somit (wie das Schwerefeld jedes Körpers) prinzipiell unbegrenzt, wird aber mit wachsender Entfernung schnell schwächer. In niedrigen Satellitenhöhen von 300 bis 400&nbsp;km nimmt die Erdbeschleunigung um 10 bis 15 % ab, in 5000&nbsp;km um ca. 70 %. In einer Höhe von knapp 36.000&nbsp;km heben sich beide Einflüsse exakt auf. Folglich bewegt sich ein Satellit auf einer solchen [[Geosynchrone Umlaufbahn#Geostationäre Umlaufbahn|geostationären Umlaufbahn]] genau synchron mit der Erddrehung und verharrt auf demselben Längengrad.


In folgenden bemisst man in der Meteorologie das Geopotential in Bezug auf die Atmosphäre über Äquipotentialflächen. Für die Praxis hat man [[Hauptdruckfläche]]n definiert (1000, 500, 200&nbsp;hPa, und andere).
Nur im Nahbereich eines schweren Himmelskörpers kann der Einfluss der anderen Himmelskörper in der Praxis vernachlässigt werden, da er dann sehr gering ist – der Einfluss des nahen Körpers ist dominierend.


Außerhalb der Erde nimmt das Gravitationsfeld proportional zum Quadrat des Abstandes vom Erdmittelpunkt ab, während bei konstanter Position bzgl. Längen- und Breitengrad die Zentrifugalbeschleunigung proportional mit diesem Abstand zunimmt. Das Erdschwerefeld ist somit (wie das Schwerefeld jedes Himmelskörpers) prinzipiell unbegrenzt, wird aber mit wachsender Entfernung schnell schwächer. In niedrigen Satellitenhöhen von 300 bis 400&nbsp;km nimmt die Erdbeschleunigung um 10 bis 15 % ab, in 5000&nbsp;km um ca. 70 %. In einer Höhe von knapp 36.000 km heben sich beide Einflüsse exakt auf. Folglich bewegt sich ein Satellit auf einer solchen [[Geosynchrone Umlaufbahn#geostationäre Umlaufbahn|geostationären Umlaufbahn]] genau synchron mit der Erddrehung und verharrt auf demselben Längengrad.
== Schwere- und Gravitationsbeschleunigung von Himmelskörpern ==


Nur im Nahbereich eines schweren Himmelskörpers kann der Einfluss der anderen Himmelskörper in der Praxis vernachlässigt werden, da er dann sehr gering ist – der Einfluss des nahen Körpers ist dominierend.
Sterne und andere Gas- bzw. Plasmakörper haben eine nicht trivial definierte [[Sternoberfläche]], an der ihre Oberflächenbeschleunigung angegeben werden kann. Diese hängt nicht nur stark von ihrer Masse, sondern auch von ihrer Dichte ab. Ein [[Riesenstern]] hat einen sehr viel größeren [[Sternradius]], wodurch seine Oberflächenbeschleunigung kleiner als die der Sonne ist.


== Geopotential ==
Da die Oberflächenbeschleunigung von Himmelskörpern über viele Größenordnungen schwankt, wird sie in der Astrophysik häufig in [[Logarithmus|logarithmischer]] Form (log g) angegeben. Dabei wird die Oberflächenbeschleunigung g in der Einheit cm/s² implizit durch die Bezugsgröße 1 cm/s² geteilt (wodurch sie einheitenlos wird) und davon der Logarithmus zur Basis 10 berechnet. Zum Beispiel hat die Sonne eine Oberflächenbeschleunigung g von ca. 27.400 cm/s². Hieraus ergibt sich für log g ein Wert von ca. 4,44.
Das Schwerepotential <math>W</math> der Erde wird auch '''Geopotential''' genannt. Je größer die lokale Schwerebeschleunigung, desto geringer der Abstand zwischen den Geopotentialflächen. Die Differenz zum Potential <math>W_0</math> des [[Geoid]]s


:<math>C = W_P - W_0 = \int_{P_0}^{P}\mathrm dW = -\int_{P_0}^{P}\vec g \, \mathrm d\vec s</math>
=== Beispiele verschiedener Himmelskörper ===


wird [[Höhe (Geodäsie) #Geopotentielle Koten|geopotentielle Kote]] genannt (Einheit ''geopotentieller Meter&nbsp;gpm''). Wird die geopotentielle Kote durch die [[Normalschwere]] geteilt, so ergibt sich die [[Höhe (Geodäsie) #Dynamische Höhen|dynamische Höhe]]. Für mittlere Breiten entspricht die dynamische Höhe ungefähr der metrischen Höhe über dem Meeresspiegel.
{| class="wikitable sortable zebra"
<!-- Geopotential in der Meteorologie: Druckflächen sind keine Potentialflächen, auch wenn ihre Höhe in geopotentiellen Metern angegeben wird. Mit dem Lemma hat der gelöschte Absatz https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schwerefeld&oldid=148371905 nichts zu tun, entsprechende Links und Weiterleitungen sind zu löschen. -->
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! Himmelskörper
! log g<ref>Stanimir Metchev: [http://www.astro.sunysb.edu/metchev/PHY688/lecture11.pdf Fundamental (Sub)stellar Parameters II. Surface Gravity] (Vorlesungsfolien, 2009, englisch)</ref>
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| [[Sonne]] ([[Gelber Zwerg]])
| 4,44
|-
| [[Beteigeuze]] ([[Roter Riese]])
| ca. −0,6
|-
| [[Sirius#Sirius B|Sirius B]] ([[Weißer Zwerg]])
| ca. 8
|-
| [[Gliese 229|Gliese 229 B]] ([[Brauner Zwerg]])
| ca. 5
|}


== Schwere- und Gravitationsbeschleunigung ausgewählter Himmelskörper ==
=== Ausgewählte Himmelskörper des Sonnensystems ===
Die Tabelle enthält die Gravitations-, die Zentrifugal- eines am [[Äquator]] auf der Oberfläche mitrotierenden Körpers und die resultierende Schwerebeschleunigung der Sonne, der acht Planeten, Plutos und einiger Monde des [[Sonnensystem]]s.
Durch die Rotation des Himmelskörpers verringert sich seine Schwerebeschleunigung durch die Zentrifugalbeschleunigung. Die folgende Tabelle enthält die Gravitations-, die [[äquator]]iale Zentrifugal- und die resultierende Schwerebeschleunigung der Sonne, der acht Planeten, Plutos und einiger Monde des [[Sonnensystem]]s. Das negative Vorzeichen der Zentrifugalbeschleunigung soll verdeutlichen, dass diese der Gravitationsbeschleunigung entgegengerichtet ist.
Das negative Vorzeichen der Zentrifugalbeschleunigung soll verdeutlichen, dass diese der Gravitationsbeschleunigung entgegengerichtet ist.


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! rowspan="2" | Himmels-<br />körper
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! colspan="3" | Beschleunigung in m/s²
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! Gravitation<ref name="nasa">{{Internetquelle |autor=David R. Williams |hrsg=NASA |titel=Planetary Fact Sheet - Metric |url=http://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet/index.html |datum=2007-11-29 |zugriff=2008-08-04 |sprache=en |kommentar=inkl. Unterseiten}}</ref>
! Gravitation<ref name="nasa">{{Internetquelle |autor=David R. Williams |hrsg=NASA |titel=Planetary Fact Sheet - Metric |url=http://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet/index.html |datum=2007-11-29 |zugriff=2008-08-04 |sprache=en |kommentar=inkl. Unterseiten}}</ref><ref name="Toge03" />
! Zentrifugal<ref>{{Literatur |Hrsg=Deutschschweizerische Mathematikkommission [DMK] und Deutschschweizerische Physikkommission [DPK] |Titel=Formeln und Tafeln |Auflage=11. |Verlag=Orell Füssli Verlag |Ort=Zürich |Datum=2006 |ISBN=978-3-280-02162-0 |Seiten=188}}</ref>
! Zentrifugal<ref>{{Literatur |Hrsg=Deutschschweizerische Mathematikkommission [DMK] und Deutschschweizerische Physikkommission [DPK] |Titel=Formeln und Tafeln |Auflage=11. |Verlag=Orell Füssli Verlag |Ort=Zürich |Datum=2006 |ISBN=978-3-280-02162-0 |Seiten=188}}</ref>
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== Einzelnachweise ==
<references />


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Einflusssphäre (Astronomie)]]
* [[Einflusssphäre (Astronomie)]]
== Literatur ==
* Douglas Roy Tate: ''Gravity measurements and the Standards Laboratory.'' In: ''U.S. National Bureau of Standards. Technical note, 491.'' Superintendent of Documents, [[United States Government Printing Office]], Washington 1969. [[hdl:2027/mdp.39015077289141]] HathiTrust Digital Library.
* {{Literatur |Autor=Christoph Reigber, Peter Schwintzer |Titel=Das Schwerefeld der Erde |Sammelwerk=[[Physik in unserer Zeit]] |Band=34 |Nummer=5 |Datum=2003-09 |Seiten=206–212 |DOI=10.1002/piuz.200301023}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|4192182-3}}
* [http://www.ptb.de/cartoweb3/SISproject.php Berechnen des Wertes der Schwerebeschleunigung für beliebige Orte] (Gravity Information System der [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|PTB]])
* [http://www.ptb.de/cartoweb3/SISproject.php Berechnen des Wertes der Schwerebeschleunigung für beliebige Orte] (Gravity Information System der [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|PTB]])
* [http://geodesy.curtin.edu.au/research/models/GGMplus/gallery.cfm ''GGMplus – 200m-resolution maps of Earth’s gravity field Gallery''.] Western Australian Center for Geodesy, Curtin University
* [http://geodesy.curtin.edu.au/research/models/GGMplus/gallery.cfm ''GGMplus – 200m-resolution maps of Earth’s gravity field Gallery''.] Western Australian Center for Geodesy, Curtin University


== Literatur ==
== Einzelnachweise ==
* Douglas Roy Tate: ''Gravity measurements and the Standards Laboratory.'' In: ''U.S. National Bureau of Standards. Technical note, 491.'' Superintendent of Documents, [[United States Government Printing Office]], Washington 1969. [[hdl:2027/mdp.39015077289141]] HathiTrust Digital Library.
<references>
* {{Literatur
<ref name="CGPM-3-2">
  |Autor=Christoph Reigber, Peter Schwintzer
{{Internetquelle
  |Titel=Das Schwerefeld der Erde
|url=https://www.bipm.org/en/committees/cg/cgpm/3-1901/resolution-2
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|titel=Resolution 2 of the 3rd CGPM. Declaration on the unit of mass and on the definition of weight; conventional value of ''g''<sub>n</sub>
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</references>


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Aktuelle Version vom 26. Februar 2022, 19:41 Uhr

Ein Schwerefeld ist ein Kraftfeld, verursacht durch Gravitation und gegebenenfalls bestimmte Trägheitskräfte. Die Feldstärke des Schwerefeldes ist die Schwere, Formelzeichen $ {\vec {g}} $. Als auf die Masse bezogene Gewichtskraft eines Probekörpers hat sie die SI-Einheit N/kg = m/s² und wird auch Schwerebeschleunigung oder Fallbeschleunigung genannt. Mit dieser Beschleunigung setzt sich ein frei fallender Körper in Bewegung.

Ein Schnurlot zeigt die Richtung des Schwerefeldes an

$ {\vec {g}} $ ist eine vektorielle Größe mit Betrag und Richtung. Die Richtung heißt Lotrichtung. Der Betrag wird auch Ortsfaktor genannt, um zu betonen, dass $ g $ und damit auch das Gewicht eines Körpers vom Ort abhängt. In Deutschland beträgt die Fallbeschleunigung etwa 9,81 m/s² = 981 Gal. Die Variation über die Erdoberfläche beträgt wenige Gal.

Im engeren Sinne – insbesondere in den Geowissenschaften – ist das Schwerefeld eines Himmelskörpers zusammengesetzt aus dessen Gravitationsfeld („Erdanziehung“) und der Zentrifugalbeschleunigung in dem Bezugssystem, das mit dem Körper rotiert und ggf. mit ihm im Gravitationsfeld anderer Himmelskörper frei fällt.

In der Himmelsmechanik werden oft nicht rotierende Bezugssysteme benutzt. Das Schwerefeld eines oder mehrerer Himmelskörper beruht dann nur auf Gravitation.

Im weiteren Sinne spricht man vom Schwerefeld in beliebig beschleunigten Bezugssystemen. Im Schwerefeld einer Zentrifuge dominiert die Zentrifugalkraft. In frei fallenden Bezugssystemen (Bsp. Raumstation) herrscht Schwerelosigkeit.

Messung

Neben der direkten Messung der Beschleunigung eines frei fallenden Körpers kann man den Betrag der Fallbeschleunigung aus der Schwingungsdauer eines Pendels berechnen. Ein modernes Gravimeter ist eine spezielle Federwaage und erreicht eine Präzision von einem Mikrogal, ca. 10−9 g. Man könnte damit auf der Erde eine Höhenänderung von weniger als einem Zentimeter registrieren. Schwankungen des Luftdrucks beeinflussen den Auftrieb und verursachen damit Änderungen in der gleichen Größenordnung, Gebirge oder unterschiedliche Gesteinsdichten in der Erdkruste beeinflussen g sogar um bis zu 100 Milligal, etwas schwächer auch Gezeitenkräfte infolge der Inhomogenität äußerer Gravitationsfelder, insbesondere von Mond und Sonne.

Summe aus Gravitations- und Zentrifugalbeschleunigung

Die Fallbeschleunigung ist die Vektorsumme aus einem Gravitations- und einem Zentrifugalanteil:

$ {\vec {g}}={\vec {g}}_{\mathrm {Gravitation} }+{\vec {a}}_{\mathrm {Zentrifugal} } $
  • Die Gravitationsbeschleunigung wird durch das Gravitationsfeld verursacht. Sofern man den Himmelskörper als kugelsymmetrisch betrachten kann, berechnet sich die Gravitationsbeschleunigung nach dem Gravitationsgesetz:
$ {\vec {g}}_{\mathrm {Gravitation} }=-{\frac {GM}{r^{2}}}\,{\vec {e}}_{r} $
Hierbei ist $ G $ die Gravitationskonstante, $ M $ die Masse des Himmelskörpers, $ r $ der Abstand zwischen dem Schwerpunkt des Himmelskörpers und dem Probekörper und $ {\vec {e}}_{r} $ ein Einheitsvektor, der vom Schwerpunkt des Himmelskörpers auf den Probekörper gerichtet ist. Falls die Masseverteilung des Himmelskörpers nicht isotrop ist, wie das meist der Fall ist, ergeben sich daraus Schwereanomalien.
  • Die Zentrifugalbeschleunigung $ {\vec {a}}_{\mathrm {Zentrifugal} } $ wirkt sich aus, weil man sich auf der Oberfläche des Himmelskörpers in einem mitrotierenden Bezugssystem befindet.
  • Gezeitenkräfte entstehen durch den Einfluss anderer Himmelskörper (z. B. durch den Mond oder die Sonne). Ob diese Kräfte als Teil des Schwerefeldes betrachtet werden, ist eine Frage der Definition. In diesem Artikel werden sie nicht zum Schwerefeld gezählt.

Für das Schwerefeld an einer Planetenoberfläche ergibt sich daraus: Die Gravitationsbeschleunigung ist von der Höhe abhängig, denn nach dem Gravitationsgesetz ist $ {\vec {g}}_{\mathrm {Gravitation} }\sim {\tfrac {1}{r^{2}}} $. Ebenfalls aus dieser Beziehung folgt, dass durch die Abplattung des Planeten der Abstand zum Planetenmittelpunkt an den Polen am kleinsten, die Gravitationswirkung deswegen am größten ist. Dazu kommt, dass an den Polen des Himmelskörpers die Zentrifugalbeschleunigung verschwindet, weil der Abstand von der Rotationsachse Null ist. Am schwächsten ist das Schwerefeld somit am Äquator: Dort ist die Zentrifugalbeschleunigung maximal und der Gravitationswirkung entgegen gerichtet und der Abstand zum Planetenmittelpunkt am größten.

Die Richtung der Fallbeschleunigung heißt Lotrichtung. Diese Lotrichtung weist ungefähr zum Gravizentrum des Himmelskörpers hin. Abweichungen entstehen (von Schwereanomalien abgesehen) dadurch, dass die Zentrifugalbeschleunigung bei mittleren Breiten in einem schiefen Winkel zur Gravitationsbeschleunigung steht. Linien, die der Lotrichtung folgen, heißen Lotlinien. Sie sind die Feldlinien des Schwerefeldes. Bewegt sich ein Körper im Schwerefeld, so weicht mit zunehmender Geschwindigkeit die Richtung der wirksamen Beschleunigung von der Lotrichtung ab. Dies kann als Wirkung der Corioliskraft gedeutet werden.

Schwerepotential

Da die Gewichtskraft eine konservative Kraft ist, ist die Fallbeschleunigung als zugehörige Feldstärke der negative Gradient eines Potentials U, $ {\textstyle {\vec {g}}({\vec {r}})=-{\vec {\nabla }}U({\vec {r}})} $. In der physikalischen Geodäsie wird aber nicht U, sondern W = −U verwendet und W trotz anderem Vorzeichen als Schwerepotential (bei der Erde auch Geopotential) bezeichnet. Mit dieser Konvention ist

$ {\vec {g}}({\vec {r}})=+{\vec {\nabla }}W({\vec {r}}) $.

Das Schwerepotential setzt sich – ähnlich wie die Fallbeschleunigung selbst – aus einem Gravitations- und einem Zentrifugalanteil zusammen,

$ W({\vec {r}})=G\iiint \!{\frac {\rho ({\vec {r}}')}{|{\vec {r}}-{\vec {r}}'|}}\,\mathrm {d} ^{3}r'+{\frac {1}{2}}({\vec {\omega }}\times {\vec {r}})^{2} $.

Darin ist der erste Summand das Gravitationspotential in der allgemeinen Form für einen ausgedehnten Körper mit der Dichteverteilung $ \rho ({\vec {r}}') $. Für einen radialsymmetrischen Körper der Masse M vereinfacht es sich im Außenraum zu $ {\textstyle G{\frac {M}{r}}} $. Dieser Beitrag verschwindet im Unendlichen. Der zweite Summand, dessen Form voraussetzt, dass der Ursprung des Koordinatensystems auf der Rotationsachse liegt, ist das Potential der Zentrifugalbeschleunigung. Es kann mit dem Abstand $ {\textstyle r_{\perp }} $ von der Rotationsachse auch als $ {\textstyle {\frac {1}{2}}\omega ^{2}r_{\perp }^{2}} $ geschrieben werden. Dieser Beitrag verschwindet im Ursprung. Da beide Summanden nie negativ werden, nimmt W nur positive Werte an.[1]:44,51[2]

Wasser in einem rotierenden Eimer. Sobald es ruhig mitrotiert, bildet seine Oberfläche eine Potentialfläche.

Flächen, auf denen das Schwerepotential konstant ist, heißen Potentialflächen oder Niveauflächen des Schwerefeldes. Sie werden von den Lotlinien rechtwinklig durchstoßen. Beim Übergang von einer Niveaufläche zu einer höheren muss Hubarbeit verrichtet werden, siehe auch Potential (Physik).

Geopotential

Das Schwerepotential W der Erde wird auch Geopotential genannt. Eine besonders wichtige Niveaufläche ist hier das Geoid, auf dem das Schwerepotential den Wert

$ W_{0}\approx W_{0,\mathrm {conv} }=62{.}636{.}856{,}0{\frac {\mathrm {m} ^{2}}{\mathrm {s} ^{2}}} $

annimmt. Der hier genannte Wert ist als „konventionelles Geoidpotential“ bekannt. Er wird unter anderem in der Definition der Internationalen Atomzeit[3], vom Internationalen Dienst für Erdrotation und Referenzsysteme und von der IAU zur Definition der Terrestrischen Zeit verwendet.[4] Bei ihm handelt es sich um den besten im Jahr 1998 bekannten Messwert. Neuere Messungen ergeben aber einen um etwa 2,6 m²/s² kleineren Wert für W0, was einem Höhenunterschied von 26 cm entspricht.[4] Potentialdifferenzen werden häufig auf W0 bezogen,

$ C(P)=W_{0}-W_{P}=-\int _{P_{0}}^{P}{\vec {g}}\cdot \mathrm {d} {\vec {s}} $,

und dann geopotentielle Kote genannt[1]:72 (Einheit geopotentieller Meter gpm). Wird die geopotentielle Kote durch die Normalschwere geteilt, so ergibt sich die dynamische Höhe. Für mittlere Breiten entspricht die dynamische Höhe ungefähr der metrischen Höhe über dem Meeresspiegel. Der Abstand zweier Äquipotentialflächen hängt von der lokalen Schwerebeschleunigung ab: Je größer diese ist, desto geringer ist der Abstand.

Allgemeinere Definition

Wählt man als Bezugssystem nicht die Oberfläche eines Planeten, sondern ein beliebiges beschleunigtes Bezugssystem, so kann die dort wirksame „Fall“-Beschleunigung ebenfalls als Schwerefeld verstanden werden. Auch die in diesem Bezugssystem herrschenden Kräfte setzen sich aus Gravitations- und Trägheitskräften zusammen.

Beispiele
  • In einem frei fallenden Bezugssystem sind die Gravitationskraft und die Trägheitskraft entgegengesetzt gleich. Ein Körper im frei fallenden Bezugssystem ist also schwerelos, d. h. kräftefrei. Also ist das frei fallende Bezugssystem ein Inertialsystem. Auch eine Raumstation, die sich in einer Umlaufbahn um die Erde befindet, befindet sich im „freien Fall“, da ihre Bewegung ausschließlich durch die Gravitation bestimmt wird. Die Schwerelosigkeit, d. h. das Verschwinden des Schwerefeldes an Bord dieser Raumstation ist also nicht die Folge einer Abwesenheit der Gravitation, sondern die Folge eines Gleichgewichts von Gravitationskraft und Trägheitskraft. (siehe Schwerelosigkeit).
  • Ein Planet bewegt sich auf einer Umlaufbahn der Sonne auf einer Kreis- oder Ellipsenbahn. Wählt man nun die Achse Sonne-Planet als Bezugssystem für die Bewegung eines dritten Körpers, z. B. einer Raumsonde, so wird das für diesen Körper wirksame Schwerefeld durch das Zusammenwirken der Gravitation beider Himmelskörper und des Zentrifugalfelds aufgrund der Rotation des Bezugssystems bestimmt. (siehe Lagrange-Punkte).

Erdschwerefeld

Schwerefeld der Erde im Südpolarmeer

Große Himmelskörper nehmen unter dem Einfluss ihres Schwerefeldes eine Form an, die einer der Niveauflächen entspricht. Im Schwerefeld der Erde wird jene Niveaufläche, die ungefähr der Höhe des Meeresspiegels folgt, als Geoid bezeichnet. Sie ist durch die Zentrifugalbeschleunigung leicht abgeplattet. Diese Abplattung und die Abnahme der Erdbeschleunigung (Fallbeschleunigung auf der Erde) mit der Höhe wird von Normalschwereformeln berücksichtigt. Zusätzlich gibt es Schwereanomalien, d. h. globale, regionale und lokale Unregelmäßigkeiten, da die Masse sowohl in der Erdkruste (Gebirge, Kontinentalplatten) als auch tiefer (in Erdmantel und -kern) nicht gleichmäßig verteilt ist. Die Satellitengeodäsie bestimmt das Geoid mit Hilfe der Beobachtung von Satellitenbahnen, siehe Gradiometrie. Die Schwereanomalien erreichen die Größenordnung 0,01 % und 0,01° in Betrag bzw. Richtung, siehe Lotabweichung, Schweregradient und Vertikalgradient. Bis zu 100 m liegen zwischen dem Geoid und dem mittleren Ellipsoid.

Erdschwerefeld an der Erdoberfläche

Der Wert der Erdbeschleunigung variiert wegen der Zentrifugalkraft, Erdabplattung und Höhenprofil regional um einige Promille um den ungefähren Wert 9,81 m/s². Die Erdbeschleunigung beträgt 9,832 m/s² an den Polen und 9,780 m/s² am Äquator. Die Anziehung am Pol ist somit um ca. 0,5 % größer als am Äquator. Wenn die Erdanziehungskraft auf einen Menschen am Äquator 800 N beträgt, so erhöht sie sich deshalb an den Erdpolen auf 804,24 N. Im Jahr 2013 wurde ermittelt, dass die Erdbeschleunigung mit 9,7639 m/s² auf dem Berg Nevado Huascarán in den Anden (höchster Berg Perus mit 6768 m) am geringsten ist.[5][6]

Normfallbeschleunigung

1901 wurde auf der dritten Generalkonferenz für Maß und Gewicht ein Standardwert, die Normfallbeschleunigung, auf gn = 9,80665 m/s² festgelegt,[7][8] ein Wert, der sich schon in verschiedenen Landesgesetzen etabliert hatte und der Definition technischer Maßeinheiten dient (DIN 1305).[9] Grundlage waren (aus heutiger Sicht überholte) Messungen von G. Defforges am BIPM bei Paris, extrapoliert auf 45° (nördlicher, oder südlicher) Breite und Meereshöhe.[10]

Deutsches Hauptschwerenetz 1996

Kennzeichnungsplakette des Deutschen Schwerenetzes 1962

In Deutschland ist die ortsabhängige Erdbeschleunigung im Deutschen Hauptschwerenetz 1996 (DHSN 96) festgehalten, welches eine Fortsetzung des (westdeutschen) DHSN 82 ist. Es ist neben dem Deutschen Hauptdreiecksnetz für den Ort und dem Deutschen Haupthöhennetz für die Höhe die dritte Größe zur eindeutigen Festlegung eines geodätischen Bezugssystems. Das deutsche Schwerenetz stützt sich auf ca. 16.000 Messpunkte, die Schwerefestpunkte.

Historisch bedeutsam war der von Kühnen und Furtwänger vom Potsdamer Geodätischen Institut 1906 bestimmte Wert 9,81274 m/s² in Potsdam. Potsdam wurde 1906 der Fundamentalpunkt für die Bestimmung der lokalen Erdbeschleunigung mittels Differenzbestimmung, bis das International Gravity Standardization Net 1971 eingeführt wurde.[11][12]

Mit Einführung des Integrierten Raumbezugs 2016 wurde das DHSN 96 durch das DHSN 2016 abgelöst.

Erdschwerefeld im Erdinneren

Gravitation im Erdinnern nach dem seismischen PREM-Erdmodell sowie Näherungen durch konstante und linear nach innen zunehmende Gesteinsdichte zum Vergleich.

Wäre die Erde eine nicht rotierende, homogene Kugel, so ergäbe sich ein linearer Anstieg der Schwerebeschleunigung von null am Erdmittelpunkt bis zu einem Maximum an der Erdoberfläche. Tatsächlich ist die Erde in Schichten sehr unterschiedlicher Dichte aufgebaut. Daher ist der Zusammenhang zwischen der Tiefe und der Erdbeschleunigung komplizierter. Im Erdkern wächst die Schwerebeschleunigung mit dem Abstand vom Erdmittelpunkt zunächst gleichmäßig an. An der Kern-Mantel-Grenze (in ca. 2900 km vom Erdmittelpunkt), nach deren Entdeckern Emil Wiechert und Beno Gutenberg auch Wiechert-Gutenberg-Diskontinuität genannt, erreicht sie ein Maximum von knapp 10,68 m/s². Dieser Effekt hat seine Ursache darin, dass der überwiegend metallische Erdkern mehr als doppelt so dicht wie der Erdmantel und die Erdkruste ist. Von dort bis zu ca. 4900 km nimmt sie zunächst wieder langsam bis auf 9,93 m/s² ab, steigt nochmals bei 5700 km auf 10,01 m/s² und sinkt dann monoton, bis sie an der Erdoberfläche etwa 9,82 m/s² erreicht.

Erdschwerefeld außerhalb der Erde

In der Nähe der Erdoberfläche nimmt g um etwa 3,1 µm/s² pro gestiegenem Meter ab. In der Meteorologie gibt man das Geopotential in der Atmosphäre als Äquipotentialflächen an. Für die Praxis hat man Hauptdruckflächen definiert (1000, 500, 200 hPa, und andere).

Außerhalb der Erde nimmt das Gravitationsfeld proportional zum Quadrat des Abstandes vom Erdmittelpunkt ab, während bei konstanter Position bzgl. Längen- und Breitengrad die Zentrifugalbeschleunigung proportional mit diesem Abstand zunimmt. Das Erdschwerefeld ist somit (wie das Schwerefeld jedes Körpers) prinzipiell unbegrenzt, wird aber mit wachsender Entfernung schnell schwächer. In niedrigen Satellitenhöhen von 300 bis 400 km nimmt die Erdbeschleunigung um 10 bis 15 % ab, in 5000 km um ca. 70 %. In einer Höhe von knapp 36.000 km heben sich beide Einflüsse exakt auf. Folglich bewegt sich ein Satellit auf einer solchen geostationären Umlaufbahn genau synchron mit der Erddrehung und verharrt auf demselben Längengrad.

Nur im Nahbereich eines schweren Himmelskörpers kann der Einfluss der anderen Himmelskörper in der Praxis vernachlässigt werden, da er dann sehr gering ist – der Einfluss des nahen Körpers ist dominierend.

Schwere- und Gravitationsbeschleunigung von Himmelskörpern

Sterne und andere Gas- bzw. Plasmakörper haben eine nicht trivial definierte Sternoberfläche, an der ihre Oberflächenbeschleunigung angegeben werden kann. Diese hängt nicht nur stark von ihrer Masse, sondern auch von ihrer Dichte ab. Ein Riesenstern hat einen sehr viel größeren Sternradius, wodurch seine Oberflächenbeschleunigung kleiner als die der Sonne ist.

Da die Oberflächenbeschleunigung von Himmelskörpern über viele Größenordnungen schwankt, wird sie in der Astrophysik häufig in logarithmischer Form (log g) angegeben. Dabei wird die Oberflächenbeschleunigung g in der Einheit cm/s² implizit durch die Bezugsgröße 1 cm/s² geteilt (wodurch sie einheitenlos wird) und davon der Logarithmus zur Basis 10 berechnet. Zum Beispiel hat die Sonne eine Oberflächenbeschleunigung g von ca. 27.400 cm/s². Hieraus ergibt sich für log g ein Wert von ca. 4,44.

Beispiele verschiedener Himmelskörper

Himmelskörper log g[13]
Sonne (Gelber Zwerg) 4,44
Beteigeuze (Roter Riese) ca. −0,6
Sirius B (Weißer Zwerg) ca. 8
Gliese 229 B (Brauner Zwerg) ca. 5

Ausgewählte Himmelskörper des Sonnensystems

Durch die Rotation des Himmelskörpers verringert sich seine Schwerebeschleunigung durch die Zentrifugalbeschleunigung. Die folgende Tabelle enthält die Gravitations-, die äquatoriale Zentrifugal- und die resultierende Schwerebeschleunigung der Sonne, der acht Planeten, Plutos und einiger Monde des Sonnensystems. Das negative Vorzeichen der Zentrifugalbeschleunigung soll verdeutlichen, dass diese der Gravitationsbeschleunigung entgegengerichtet ist.

Himmels-
körper
Beschleunigung in m/s²
Gravitation[14][1] Zentrifugal[15] Schwere[14][1]
Sonne 274,0 −0,0057 274,0
1 Merkur 003,70 −3,75·10−6 003,70
2 Venus 008,87 −0,541·10−6 008,87
3 Erde 009,80665 −0,0339 009,780
   Mond 001,622 −12,3·10−6 001,622
4 Mars 003,711 −0,0171 003,69
5 Jupiter 024,79 −2,21 023,12
   Io 001,81 −0,007 001,796
   Amalthea 000,02 −0,003 000,017
6 Saturn 010,44 −1,67 008,96
7 Uranus 008,87 −0,262 008,69
8 Neptun 011,15 −0,291 011,00
   Larissa 000,0355 −0,00186 000,0336
Pluto 000,62 −154·10−6 000,62

Siehe auch

Literatur

  • Douglas Roy Tate: Gravity measurements and the Standards Laboratory. In: U.S. National Bureau of Standards. Technical note, 491. Superintendent of Documents, United States Government Printing Office, Washington 1969. hdl:2027/mdp.39015077289141 HathiTrust Digital Library.
  • Christoph Reigber, Peter Schwintzer: Das Schwerefeld der Erde. In: Physik in unserer Zeit. Band 34, Nr. 5, September 2003, S. 206–212, doi:10.1002/piuz.200301023.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Wolfgang Torge: Geodäsie. 2. Auflage. de Gruyter, 2003, ISBN 3-11-017545-2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Resolution 2 of the 26th CGPM. On the definition of time scales. Bureau International des Poids et Mesures, 2018, abgerufen am 16. April 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  3. 4,0 4,1 A conventional value for the geoid reference potential W0. (PDF) In: Unified Analysis Workshop 2017. Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, S. 5–7, abgerufen am 23. Februar 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  4. Luh: Erdbeschleunigung schwankt stärker als gedacht dradio – Forschung Aktuell, 20. August 2013.
  5. Gravity Variations Over Earth Much Bigger Than Previously Thought in Science Daily vom 4. September 2013.
  6. Comptes rendus de la 3e CGPM (1901), Seite 70, dort noch in cm/s².
  7. Resolution 2 of the 3rd CGPM. Declaration on the unit of mass and on the definition of weight; conventional value of gn. Bureau International des Poids et Mesures, 1901, abgerufen am 16. April 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  8. Norm DIN 1305 Masse, Wägewert, Kraft, Gewichtskraft, Gewicht, Last; Begriffe (beuth.de).
  9. Tate, 1969.
  10. Landesamt für innere Verwaltung (LAiV) Mecklenburg-Vorpommern: Raumbezug - Lage-, Höhen- und Schwerefestpunktfelder (Memento vom 14. Januar 2014 im Internet Archive)
  11. Tate, 1969.
  12. Stanimir Metchev: Fundamental (Sub)stellar Parameters II. Surface Gravity (Vorlesungsfolien, 2009, englisch)
  13. 14,0 14,1 David R. Williams: Planetary Fact Sheet - Metric. NASA, 29. November 2007, abgerufen am 4. August 2008 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value), inkl. Unterseiten).
  14. Deutschschweizerische Mathematikkommission [DMK] und Deutschschweizerische Physikkommission [DPK] (Hrsg.): Formeln und Tafeln. 11. Auflage. Orell Füssli Verlag, Zürich 2006, ISBN 978-3-280-02162-0, S. 188.

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