Schwache Lokalisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''schwache Lokalisierung''' (weak localization) bezeichnet einen Quanteneffekt in der Leitfähigkeit des elektrischen Stroms<ref>in der Quantenmechanik werden Elektronen als Wellen beschrieben</ref> und allgemein in der Streuung von Wellen in ungeordneten Medien, der dazu führt, dass die Ausbreitung der Wellen herabgesetzt und diese [[Lokalisierung (Physik)|„lokalisiert“]] werden.
Die '''schwache Lokalisierung''' (''weak localization'') bezeichnet einen [[Quanteneffekt]] in der [[Elektrische Leitfähigkeit|Leitfähigkeit]] des [[Elektrischer Strom|elektrischen Stroms]]<ref>in der Quantenmechanik werden Elektronen als Wellen beschrieben</ref> und allgemein in der [[Streuung (Physik)|Streuung]] von [[Welle]]n in ungeordneten Medien, der dazu führt, dass die Ausbreitung der Wellen herabgesetzt und diese [[Lokalisierung (Physik)|„lokalisiert“]] werden.


Die Leitfähigkeit in einem elektrischen Leiter mit Störstellen als Streuzentren, die für den elektrischen Widerstand verantwortlich sind, lässt sich im Prinzip klassisch behandeln, solange die freie Weglänge <math>l</math> der Störstellen in einem Kristall größer als die Wellenlänge <math>2\pi/k_F</math> des Elektrons ist (zur Definition von <math>k_F</math> siehe [[Fermi-Impuls]]). Die Elektronen bewegen sich gradlinig und werden an den Störstellen umgelenkt, wobei sich die Phasen der unterschiedlichen Pfade im Mittel wegheben und so die klassische Behandlung rechtfertigen. In der quantenmechanischen Behandlung sind [[Interferenz (Physik)|Interferenzen]] zu beachten, sie treten im Fall der [[Kohärente Rückstreuung|kohärenten Rückstreuung]] (coherent backscattering) auf. Wenn ein Elektron auf einen Pfad gestreut wird, der es an seinen Ausgangspunkt zurückbringt, so kann ein Elektron<ref>Es wird angenommen, dass das System zeitumkehrinvariant ist. Das ist z. B. mit einem äußeren Magnetfeld nicht der Fall.</ref> denselben Pfad mit derselben Wahrscheinlichkeitsamplitude in umgekehrter Richtung durchlaufen, wobei sich die Beiträge der beiden Pfade, die ja gleich lang sind, gleichphasig addieren (siehe auch [[Cooperon-Diagramm]]). Für die Rückstreuung ergibt sich eine um den Faktor zwei höhere Wahrscheinlichkeit als in der klassischen Behandlung. Das äußert sich bei Messungen in einem anomal erhöhten Widerstand und wurde in den 1970er Jahren an dünnen Filmen beobachtet.
Die Leitfähigkeit in einem [[Elektrischer Leiter|elektrischen Leiter]] mit [[Störstelle]]n als Streuzentren, die für den [[Elektrischer Widerstand|elektrischen Widerstand]] verantwortlich sind, lässt sich im Prinzip [[Klassische Physik|klassisch]] behandeln, solange die [[freie Weglänge]] <math>l</math> der Störstellen in einem [[Kristall]] größer ist als die [[Wellenlänge]] <math>2 \pi / k_F</math> des Elektrons (zur Definition von <math>k_F</math> siehe [[Fermi-Impuls]]). Die Elektronen bewegen sich gradlinig und werden an den Störstellen umgelenkt, wobei sich die [[Phasenwinkel|Phasen]] der unterschiedlichen Pfade im Mittel wegheben und so die klassische Behandlung rechtfertigen.


In den 1980er Jahren wurde dieses Phänomen auch bei der Streuung kohärenten Lichts ([[Laser]]) an [[Kolloid|kolloidalen]] [[Suspension (Chemie)|Suspension]]en (z. B. sehr kleinen Kunststoffkügelchen in einer Flüssigkeit) direkt beobachtet<ref>Van Albada, [[Ad Lagendijk]] ''Observation of weak localization of light in a random medium'', Phys. Rev. Letters, Band 55, 1985, S. 2692–2695, und Journal Optical Society of America, 3, 1986, P226.</ref>  und danach auch bei anderen Wellenphänomenen (sogar bei Erdbebenwellen.<ref>[http://newton.ex.ac.uk/aip/physnews.691.html#2 Erdbebenwellen]</ref>)
In der quantenmechanischen Behandlung sind [[Interferenz (Physik)|Interferenzen]] zu beachten, die im Fall der [[Kohärente Rückstreuung|kohärenten Rückstreuung]] (''coherent backscattering'') auftreten. Wenn ein Elektron auf einen Pfad gestreut wird, der es an seinen Ausgangspunkt zurückbringt, so kann ein Elektron<ref>Es wird angenommen, dass das System zeitumkehrinvariant ist. Das ist z.&nbsp;B. mit einem äußeren Magnetfeld nicht der Fall.</ref> denselben Pfad mit derselben [[Wahrscheinlichkeitsamplitude]] in umgekehrter Richtung durchlaufen, wobei sich die Beiträge der beiden Pfade, die ja gleich lang sind, ''gleichphasig'' addieren (siehe auch [[Cooperon-Diagramm]]). Für die Rückstreuung ergibt sich eine um den Faktor zwei höhere Wahrscheinlichkeit als in der klassischen Behandlung. Das äußert sich bei Messungen in einem anomal erhöhten Widerstand und wurde in den 1970er&nbsp;Jahren an [[dünne Schicht|dünnen Filmen]] beobachtet.


Das Phänomen der schwachen Lokalisierung gilt als Vorläufer der starken oder [[Anderson-Lokalisierung]] in ungeordneten Medien, bei der die Konzentration der Störstellen so hoch ist, das die diffusive Ausbreitung der Wellen ganz unterbleibt.<ref>Anderson- Lokalisierung von Licht wurde von Wiersma u. a. 1997 beobachtet, [http://www.aip.org/pnu/1998/split/pnu356-1.htm Physics News Update Number 356]</ref>
In den 1980er&nbsp;Jahren wurde dieses Phänomen auch bei der Streuung [[Kohärenz (Physik)|kohärenten]] Lichts ([[Laser]]) an [[kolloid]]alen [[Suspension (Chemie)|Suspensionen]] (z.&nbsp;B. sehr kleinen Kunststoffkügelchen in einer Flüssigkeit) direkt beobachtet<ref>Van Albada, [[Ad Lagendijk]]: ''Observation of weak localization of light in a random medium''. In: ''Phys. Rev. Letters'', Band 55, 1985, S. 2692–2695, und ''Journal Optical Society of America'', 3, 1986, P226.</ref> und danach auch bei anderen Wellenphänomenen (sogar bei [[Erdbebenwelle]]n<ref>{{Webarchiv |url=http://newton.ex.ac.uk/aip/physnews.691.html#2 |wayback=20041026045959 |text=Weak Localization of Seismic Waves}}</ref>).
 
Das Phänomen der schwachen Lokalisierung gilt als Vorläufer der starken oder [[Anderson-Lokalisierung]] in ungeordneten Medien, bei der die Konzentration der [[Störstelle]]n so hoch ist, dass die [[diffusiv]]e Ausbreitung der Wellen ganz unterbleibt.<ref>Anderson-Lokalisierung von Licht wurde von Wiersma u.&nbsp;a. 1997 beobachtet, {{Webarchiv |url=http://www.aip.org/pnu/1998/split/pnu356-1.htm |wayback=20040606093610 |text=Physics News Update Number 356}}</ref>


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://luxrerum.icmm.csic.es/?q=node/research/interference Homepage der Photonic Crystal Group zu dem Phänomen der schwachen Lokalisierung bei der Streuung von kohärentem Licht]
* {{Webarchiv |url=http://luxrerum.icmm.csic.es/?q=node/research/interference |wayback=20091214052306 |text=Homepage der Photonic Crystal Group}} zu dem Phänomen der schwachen Lokalisierung bei der Streuung von kohärentem Licht (''Interference in random media: Coherent backscattering and Anderson localization'').


== Erläuterungen ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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[[Kategorie:Festkörperphysik]]
[[Kategorie:Festkörperphysik]]

Aktuelle Version vom 8. Juli 2019, 19:44 Uhr

Die schwache Lokalisierung (weak localization) bezeichnet einen Quanteneffekt in der Leitfähigkeit des elektrischen Stroms[1] und allgemein in der Streuung von Wellen in ungeordneten Medien, der dazu führt, dass die Ausbreitung der Wellen herabgesetzt und diese „lokalisiert“ werden.

Die Leitfähigkeit in einem elektrischen Leiter mit Störstellen als Streuzentren, die für den elektrischen Widerstand verantwortlich sind, lässt sich im Prinzip klassisch behandeln, solange die freie Weglänge $ l $ der Störstellen in einem Kristall größer ist als die Wellenlänge $ 2\pi /k_{F} $ des Elektrons (zur Definition von $ k_{F} $ siehe Fermi-Impuls). Die Elektronen bewegen sich gradlinig und werden an den Störstellen umgelenkt, wobei sich die Phasen der unterschiedlichen Pfade im Mittel wegheben und so die klassische Behandlung rechtfertigen.

In der quantenmechanischen Behandlung sind Interferenzen zu beachten, die im Fall der kohärenten Rückstreuung (coherent backscattering) auftreten. Wenn ein Elektron auf einen Pfad gestreut wird, der es an seinen Ausgangspunkt zurückbringt, so kann ein Elektron[2] denselben Pfad mit derselben Wahrscheinlichkeitsamplitude in umgekehrter Richtung durchlaufen, wobei sich die Beiträge der beiden Pfade, die ja gleich lang sind, gleichphasig addieren (siehe auch Cooperon-Diagramm). Für die Rückstreuung ergibt sich eine um den Faktor zwei höhere Wahrscheinlichkeit als in der klassischen Behandlung. Das äußert sich bei Messungen in einem anomal erhöhten Widerstand und wurde in den 1970er Jahren an dünnen Filmen beobachtet.

In den 1980er Jahren wurde dieses Phänomen auch bei der Streuung kohärenten Lichts (Laser) an kolloidalen Suspensionen (z. B. sehr kleinen Kunststoffkügelchen in einer Flüssigkeit) direkt beobachtet[3] und danach auch bei anderen Wellenphänomenen (sogar bei Erdbebenwellen[4]).

Das Phänomen der schwachen Lokalisierung gilt als Vorläufer der starken oder Anderson-Lokalisierung in ungeordneten Medien, bei der die Konzentration der Störstellen so hoch ist, dass die diffusive Ausbreitung der Wellen ganz unterbleibt.[5]

Weblinks

  • Homepage der Photonic Crystal Group (Memento vom 14. Dezember 2009 im Internet Archive) zu dem Phänomen der schwachen Lokalisierung bei der Streuung von kohärentem Licht (Interference in random media: Coherent backscattering and Anderson localization).

Einzelnachweise

  1. in der Quantenmechanik werden Elektronen als Wellen beschrieben
  2. Es wird angenommen, dass das System zeitumkehrinvariant ist. Das ist z. B. mit einem äußeren Magnetfeld nicht der Fall.
  3. Van Albada, Ad Lagendijk: Observation of weak localization of light in a random medium. In: Phys. Rev. Letters, Band 55, 1985, S. 2692–2695, und Journal Optical Society of America, 3, 1986, P226.
  4. Weak Localization of Seismic Waves (Memento vom 26. Oktober 2004 im Internet Archive)
  5. Anderson-Lokalisierung von Licht wurde von Wiersma u. a. 1997 beobachtet, Physics News Update Number 356 (Memento vom 6. Juni 2004 im Internet Archive)

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