Präzessionskonstante: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Präzessionskonstante''' beschreibt die langsame Verlagerung der Erdachse gegenüber dem Fixsternhimmel durch die [[Präzession]] der Erde. Dabei bleibt die Erdachse ortsfest an Nord- und Südpol, und die Erde als ganzes vollführt eine Kreiselbewegung. Die Verlängerung der Erdachse durchläuft dabei einen Kreis am Fixsternhimmel, während die [[Erdneigung|Neigung der Erdachse]] gegenüber ihrer [[Ekliptik|Umlaufbahn]] unverändert bleibt. Die Ursache für die Präzession der Erde sind [[Drehmoment]]e, die von den [[Gravitation|Anziehungskräften]] von Sonne und Mond ausgeübt werden, weil die Erde wegen ihrer [[Äquatorwulst|Abplattung]] nicht perfekt kugelförmig ist und damit eine ungleichmäßige Verteilung ihrer Masse besteht. Die Präzession wird von einer weiteren Bewegung, der [[Nutation_(Astronomie)|Nutation]] überlagert.
[[Datei:Praezession.svg|mini|Präzession <span style="color:blue">'''P'''</span> der Erdachse <span style="color:green">'''R'''</span> mit (stark überzeichneter) Nutation <span style="color:red">'''N'''</span>]]
Die '''Präzessionskonstante''' beschreibt als [[Winkelgeschwindigkeit]] die langsame Verlagerung der [[Erdachse]] gegenüber dem [[Sternenhimmel #Sternhimmel als Bezugssystem|Fixsternhimmel]] durch die [[Präzession]] der Erde. Dabei durchläuft die Verlängerung der Erdachse einen Kreis am Fixsternhimmel; die Erde als Ganzes vollführt eine [[Kreisel]]<nowiki/>bewegung, die wesentlich langsamer abläuft als der jährliche Umlauf der Erde um die Sonne. Währenddessen bleibt die [[Schiefe der Ekliptik|Neigung der Erdachse]] gegenüber ihrer [[Ekliptik|Umlaufbahn]] unverändert, und die Erdachse bleibt ortsfest an Nord- und Südpol.


Derzeit beträgt die Konstante (nach den Präzessionsformeln von [[Simon Newcomb|Newcomb]]):
Die Ursache für die Präzession der Erde sind [[Drehmoment]]e, die von den [[Gravitation|Anziehungskräften]] von Sonne und Mond ausgeübt werden, weil die Erde wegen ihrer [[Erdabplattung|Abplattung]] nicht perfekt kugelförmig ist und damit eine ungleichmäßige [[Massenverteilung|Verteilung ihrer Masse]] besteht.
:Lunisolare Präzessionskonstante: 50,376…[[Winkelsekunde|]] pro Jahr
 
:allgemein Präzessionskonstante: 50,28…[[Winkelsekunde|]] pro Jahr (incl. der Wirkung aller Planeten).
Die Präzession wird von einer weiteren Bewegung, der [[Nutation (Astronomie)|Nutation]], [[Superposition (Physik)|überlagert]].


Die Verlagerung der Erdachse bewirkt innerhalb von ca. 25.800 Jahren eine volle, [[rückläufig]]e Umdrehung der Schnittgeraden zwischen der [[Erdäquator|Äquatorebene]] der Erde und der [[Ekliptik]]. Diese Schnittgerade wird [[Äquinoktiallinie]] genannt, und auf ihr liegt der [[Frühlingspunkt]], der die Grundlage von [[Ekliptikales_Koordinatensystem|Himmelskoordinaten]] bildet. Deshalb ändert die Präzession der Erde die Himmelskoordinaten und damit die [[Sternort]]e
== Werte ==
* in der [[Deklination (Astronomie)|Deklination]] innerhalb eines Bereichs von etwa ± 20[[Winkelsekunde|″]] (abhängig vom jeweiligen Sternort) und
Der Wert der Präzessionskonstante wurde zuerst von [[Friedrich Wilhelm Bessel]] anhand der präzisen Messungen von [[Sternörter]]n durch [[James Bradley]] aus dem 18.&nbsp;Jahrhundert bestimmt, wofür er 1813  die Anerkennung der [[Preußische Akademie der Wissenschaften|Preußischen Akademie der Wissenschaften]] erhielt.
* in der [[Rektaszension]] um ein [[Zeitmaß_(Winkel)|Zeitmaß]] von 3 bis 4 Sekunden
jährlich.


Die Präzessions-„Konstante“ selbst verändert sich ebenfalls über die Jahrtausende, weil sich auch die Mondbahn wegen der Veränderung ihrer Bahnknoten und der Gezeitenreibung geringfügig verschiebt. Diese mit etwa 40-100.000 Jahren sehr langperiodischen Bewegungen liegen in der Größenordnung von 0,01″ jährlich, sind also erst nach einigen Jahrzehnten messtechnisch erfassbar. Die „Präzessions-Konstante“ schwankt zusätzlich quasiperiodisch mit einer mittleren Periodendauer von 41000 Jahren zwischen zwei Grenzwerten durch den Einfluss der Planeten auf die Lage der Ekliptik.
Derzeit beträgt die Konstante (nach den Präzessionsformeln von [[Simon Newcomb|Newcomb]]):
* Lunisolare Präzessionskonstante: 50,376…[[Winkelsekunde|″]] pro Jahr (''lunar'': Wirkung des Mondes, ''solar'': ... der Sonne)
* allgemeine Präzessionskonstante: 50,28…″ pro Jahr (incl. der Wirkung aller [[Planet]]en).


Für Rechnungen zur Koordinatentransformation gilt im [[Bogenmass]] zum Zeitpunkt <math>T</math> angegeben in [[Julianisches Jahrhundert|julianischen Jahrhunderten]] <ref>{{Internetquelle|url=http://syrte.obspm.fr/iau2006/aa03_412_P03.pdf|zugriff=16-11-26|titel=Expressions for IAU 2000 precession quantities|autor=N. Capitaine, P.T.Wallace, J. Chapront|werk=Astronomy Astrophysics|kommentar=[[doi:10.1051/0004-6361:20031539]]}}</ref>:
== Auswirkung ==
Die Verlagerung der Erdachse bewirkt innerhalb von ca. 25.800&nbsp;Jahren ([[Zyklus der Präzession]]) eine volle, [[rückläufig]]e Umdrehung der Schnittgeraden ([[Äquinoktiallinie]]) zwischen der [[Erdäquator|Äquatorebene]] der Erde und der [[Ekliptik]]. Auf dieser Geraden liegt der [[Frühlingspunkt]], der die Grundlage von [[Ekliptikales Koordinatensystem|Himmelskoordinaten]] bildet. Deshalb ändert die Präzession der Erde die Himmelskoordinaten und damit die [[Sternort]]e:
* in der [[Deklination (Astronomie)|Deklination]] innerhalb eines Bereichs von etwa ±&nbsp;20″ pro Jahr (abhängig vom jeweiligen Sternort)
* in der [[Rektaszension]] um ein [[Zeitmaß (Winkel)|Zeitmaß]] von 3 bis 4&nbsp;Sekunden pro Jahr.


<math>p \lbrack\mathrm{rad}\rbrack = 24,427247\cdot10^{-6}\,T - 5,23117\cdot10^{-6}\,T^2  - 5,5290576\cdot10^{-9}\,T^3 + 0.6440798\cdot10^{-9}\,T^4</math>
== Veränderung ==
Die Präzessions-„Konstante“ selbst verändert sich über die Jahrtausende, weil sich auch die [[Mondbahn]] wegen der Veränderung ihrer [[Mondknoten|Bahnknoten]] und der [[Gezeitenreibung]] geringfügig verschiebt. Diese mit etwa 40–100.000&nbsp;Jahren sehr langperiodischen Bewegungen liegen in der Größenordnung von&nbsp;0,01″ jährlich, sind also erst nach einigen Jahrzehnten messtechnisch erfassbar.


bzw. in [[Bogensekunden]]:
Die „Präzessions-Konstante“ schwankt zusätzlich quasiperiodisch mit einer mittleren [[Periodendauer]] von 41.000&nbsp;Jahren zwischen zwei Grenzwerten durch den Einfluss der Planeten auf die Lage der Ekliptik.


<math>p \lbrack^{\prime\prime}\rbrack  = 5038,481507\,T - 1,0790069\,T^2 - 0.00114045\,T^3 + 0.000132851\,T^4</math>
== Koordinatentransformation ==
Für Rechnungen zur [[Koordinatentransformation]] gilt zum Zeitpunkt <math>T</math> angegeben in [[Julianisches Jahrhundert|julianischen Jahrhunderten]]<ref>{{Internetquelle |autor=N. Capitaine, P.T.Wallace, J. Chapront |url=https://syrte.obspm.fr/iau2006/aa03_412_P03.pdf |titel=Expressions for IAU 2000 precession quantities |werk=Astronomy Astrophysics |zugriff=2016-11-26 |format=PDF |kommentar=[[doi:10.1051/0004-6361:20031539]]}}</ref>:
* im [[Bogenmass]]:
::<math>p \lbrack\mathrm{rad}\rbrack = 24{,}427247\cdot10^{-6}\,T - 5{,}23117\cdot10^{-6}\,T^2  - 5{,}5290576\cdot10^{-9}\,T^3 + 0{,}6440798\cdot10^{-9}\,T^4</math>
* in [[Bogensekunden]]:
::<math>p \lbrack^{\prime\prime}\rbrack  = 5038{,}481507\,T - 1{,}0790069\,T^2 - 0{,}00114045\,T^3 + 0{,}000132851\,T^4</math>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Zyklus der Präzession]]
* [[Platonisches Jahr]]
* Kreiselgesetze, siehe [[Eulersche Gleichungen (Kreiseltheorie)]]
* Kreiselgesetze, siehe [[Eulersche Gleichungen (Kreiseltheorie)]]
* [[Erdabplattung]], [[Ekliptikschiefe]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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[[Kategorie:Himmelsmechanik]]
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[[Kategorie:Erdmond]]
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[[Kategorie:Astronomisches Koordinatensystem]]
[[Kategorie:Astronomisches Koordinatensystem]]

Aktuelle Version vom 4. März 2021, 19:36 Uhr

Präzession P der Erdachse R mit (stark überzeichneter) Nutation N

Die Präzessionskonstante beschreibt als Winkelgeschwindigkeit die langsame Verlagerung der Erdachse gegenüber dem Fixsternhimmel durch die Präzession der Erde. Dabei durchläuft die Verlängerung der Erdachse einen Kreis am Fixsternhimmel; die Erde als Ganzes vollführt eine Kreiselbewegung, die wesentlich langsamer abläuft als der jährliche Umlauf der Erde um die Sonne. Währenddessen bleibt die Neigung der Erdachse gegenüber ihrer Umlaufbahn unverändert, und die Erdachse bleibt ortsfest an Nord- und Südpol.

Die Ursache für die Präzession der Erde sind Drehmomente, die von den Anziehungskräften von Sonne und Mond ausgeübt werden, weil die Erde wegen ihrer Abplattung nicht perfekt kugelförmig ist und damit eine ungleichmäßige Verteilung ihrer Masse besteht.

Die Präzession wird von einer weiteren Bewegung, der Nutation, überlagert.

Werte

Der Wert der Präzessionskonstante wurde zuerst von Friedrich Wilhelm Bessel anhand der präzisen Messungen von Sternörtern durch James Bradley aus dem 18. Jahrhundert bestimmt, wofür er 1813 die Anerkennung der Preußischen Akademie der Wissenschaften erhielt.

Derzeit beträgt die Konstante (nach den Präzessionsformeln von Newcomb):

  • Lunisolare Präzessionskonstante: 50,376… pro Jahr (lunar: Wirkung des Mondes, solar: ... der Sonne)
  • allgemeine Präzessionskonstante: 50,28…″ pro Jahr (incl. der Wirkung aller Planeten).

Auswirkung

Die Verlagerung der Erdachse bewirkt innerhalb von ca. 25.800 Jahren (Zyklus der Präzession) eine volle, rückläufige Umdrehung der Schnittgeraden (Äquinoktiallinie) zwischen der Äquatorebene der Erde und der Ekliptik. Auf dieser Geraden liegt der Frühlingspunkt, der die Grundlage von Himmelskoordinaten bildet. Deshalb ändert die Präzession der Erde die Himmelskoordinaten und damit die Sternorte:

  • in der Deklination innerhalb eines Bereichs von etwa ± 20″ pro Jahr (abhängig vom jeweiligen Sternort)
  • in der Rektaszension um ein Zeitmaß von 3 bis 4 Sekunden pro Jahr.

Veränderung

Die Präzessions-„Konstante“ selbst verändert sich über die Jahrtausende, weil sich auch die Mondbahn wegen der Veränderung ihrer Bahnknoten und der Gezeitenreibung geringfügig verschiebt. Diese mit etwa 40–100.000 Jahren sehr langperiodischen Bewegungen liegen in der Größenordnung von 0,01″ jährlich, sind also erst nach einigen Jahrzehnten messtechnisch erfassbar.

Die „Präzessions-Konstante“ schwankt zusätzlich quasiperiodisch mit einer mittleren Periodendauer von 41.000 Jahren zwischen zwei Grenzwerten durch den Einfluss der Planeten auf die Lage der Ekliptik.

Koordinatentransformation

Für Rechnungen zur Koordinatentransformation gilt zum Zeitpunkt $ T $ angegeben in julianischen Jahrhunderten[1]:

  • im Bogenmass:
$ p\lbrack \mathrm {rad} \rbrack =24{,}427247\cdot 10^{-6}\,T-5{,}23117\cdot 10^{-6}\,T^{2}-5{,}5290576\cdot 10^{-9}\,T^{3}+0{,}6440798\cdot 10^{-9}\,T^{4} $
  • in Bogensekunden:
$ p\lbrack ^{\prime \prime }\rbrack =5038{,}481507\,T-1{,}0790069\,T^{2}-0{,}00114045\,T^{3}+0{,}000132851\,T^{4} $

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. N. Capitaine, P.T.Wallace, J. Chapront: Expressions for IAU 2000 precession quantities. (PDF) In: Astronomy Astrophysics. Abgerufen am 26. November 2016 (doi:10.1051/0004-6361:20031539).

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