Partialwelle: Unterschied zwischen den Versionen

Partialwelle: Unterschied zwischen den Versionen

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(→‎Herleitung: Zu schreiben f(theta)!=f(phi) um auszudrücken, dass f nicht von phi abhängt ergibt mathematisch keinen Sinn, wenn überhaupt sollte dort d f/ d phi=0 stehen um dies in einer Formel auszudrücken)
 
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'''Partialwellen''', wörtlich: ''Teil''wellen, ein Begriff der [[Quantenmechanik]], sind [[Stationärer Zustand|stationäre Lösungen]] eines [[Streuprozess|Streuproblems]] und gleichzeitig [[Eigenfunktion]]en des [[Drehimpulsoperator|Drehimpulses]]. Die [[Streuamplitude #Partialwellenentwicklung|Zerlegung einer Streuamplitude in Partialwellen]], d.h. eine [[Reihenentwicklung]] nach Drehimpulsen, ist sinnvoll vor allem bei Wechselwirkungen mit kurzer Reichweite, wie z. B. der [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]]. Aufgrund der kurzen Reichweite tragen nämlich für niedrige Energien nur geringe Drehimpulse zur Streuung bei.
'''Partialwellen''', wörtlich: ''Teil''wellen, ein Begriff der [[Quantenmechanik]], sind [[Stationärer Zustand|stationäre Lösungen]] eines [[Streuprozess|Streuproblems]] und gleichzeitig [[Eigenfunktion]]en des [[Drehimpulsoperator|Drehimpulses]]. Die [[Streuamplitude #Partialwellenentwicklung|Zerlegung einer Streuamplitude in Partialwellen]], d. h. eine [[Reihenentwicklung]] nach Drehimpulsen, ist sinnvoll vor allem bei Wechselwirkungen mit kurzer Reichweite, wie z. B. der [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]]. Aufgrund der kurzen Reichweite tragen nämlich für niedrige Energien nur kleine Drehimpulse zur Streuung bei.


== Erklärung im Teilchenbild ==
== Erklärung im Teilchenbild ==
Wird ein bewegtes [[Teilchen]] im [[Feld (Physik)|Feld]] eines [[Streukörper|Streuzentrums]] – z.&nbsp;B. eines [[Atomkern]]s – aus seiner Bahn abgelenkt, so gehört zu dieser Bewegung ein [[Bahndrehimpuls]]. Dieser kann nur [[diskret]]e, durch eine [[Quantenzahl]] <math>l</math> beschriebene Werte annehmen; im Einzelfall hängt er bei gegebener [[Geschwindigkeit]] des Teilchens vom [[Stoßparameter]] ab. Die Beiträge der Einzelprozesse mit <math>l = 0, 1, 2, \dots</math> heißen im [[Welle-Teilchen-Dualismus|Wellenbild]] Partialwellen und wirken sich jeweils charakteristisch aus, z.&nbsp;B. in der Verteilung der insgesamt gestreuten Teilchen auf die Streurichtungen, die [[Winkelverteilung]].
Wird ein bewegtes [[Teilchen]] im [[Feld (Physik)|Feld]] eines [[Streukörper|Streuzentrums]] – z.&nbsp;B. eines [[Atomkern]]s – aus seiner Bahn abgelenkt, so gehört zu dieser Bewegung ein [[Bahndrehimpuls]]. Dieser kann nur [[diskret]]e, durch eine [[Quantenzahl]] <math>l</math> beschriebene Werte annehmen; im Einzelfall hängt er bei gegebener [[Geschwindigkeit]] des Teilchens vom [[Stoßparameter]] ab. Die Beiträge der Einzelprozesse mit <math>l = 0, 1, 2, \dots</math> heißen im [[Welle-Teilchen-Dualismus|Wellenbild]] Partialwellen und wirken sich jeweils charakteristisch aus, z.&nbsp;B. in der Verteilung der insgesamt gestreuten Teilchen auf die Streurichtungen, die [[Winkelverteilung]].


Die Kennbuchstaben für die Werte von <math>l</math> werden benutzt [[Atomorbital #Neben-_oder_Bahndrehimpuls-Quantenzahl_l|wie beim gebundenen Elektron im Atom]], man spricht also von der s-Welle (<math>l = 0</math>), p-Welle (<math>l = 1</math>), d-Welle (<math>l = 2</math>) usw.
Die Kennbuchstaben für die Werte von <math>l</math> werden benutzt [[Atomorbital #Neben- oder Bahndrehimpuls-Quantenzahl l|wie beim gebundenen Elektron im Atom]], man spricht also von der s-Welle (<math>l = 0</math>), p-Welle (<math>l = 1</math>), d-Welle (<math>l = 2</math>) usw.


== Herleitung ==
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dabei sind <math>P_l(\cos\theta)</math> die [[Legendre-Polynome]].
dabei sind <math>P_l(\cos\theta)</math> die [[Legendre-Polynome]].


<math>R_{lk}</math> ist die Lösung der radialen Schrödingergleichung, welche aus einer [[Linearkombination]] der sphärischen [[Besselsche Differentialgleichung|Bessel-Funktionen]] <math>j_l(\rho)</math> und der von-Neumann-Funktion <math>n_l(\rho)</math> besteht:
<math>R_{lk}</math> ist die Lösung der radialen Schrödingergleichung, welche aus einer [[Linearkombination]] der sphärischen [[Besselsche Differentialgleichung|Bessel-Funktionen]] <math>j_l(\rho)</math> und der Von-Neumann-Funktion <math>n_l(\rho)</math> besteht:


:<math>R_{lk}\stackrel{\mathrm{r \rightarrow \infty}} = A_l \; j_l(kr) + B_l \; n_l(kr)</math>
:<math>R_{lk}\stackrel{\mathrm{r \rightarrow \infty}} = A_l \; j_l(kr) + B_l \; n_l(kr)</math>
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:<math>B_l = -a_l \sin \delta_l</math>
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Die Phase der auslaufenden Kugelwelle wird also durch das Potential <math>V(r)</math> verschoben: bei [[Elastischer Stoß|elastischer Streuung]] unterscheidet sich die gestreute Welle von der ungestörten Welle des freien Teilchens nur durch einen [[Zustand_(Quantenmechanik) #Phasenfaktor_und_Superposition|Phasenfaktor]] <math>e^{i \cdot \delta_l}.</math>
Die Phase der auslaufenden Kugelwelle wird also durch das Potential <math>V(r)</math> verschoben: bei [[Elastischer Stoß|elastischer Streuung]] unterscheidet sich die gestreute Welle von der ungestörten Welle des freien Teilchens nur durch einen [[Zustand (Quantenmechanik) #Phasenfaktor und Superposition|Phasenfaktor]] <math>e^{i \cdot \delta_l}.</math>


Durch Einsetzen der sphärischen Bessel- und von-Neumann-Funktionen und Vergleich mit dem Ansatz für die Wellenfunktion für asymptotische Distanzen kommt man nach einigen Umformungen auf den folgenden Zusammenhang zwischen Streuamplitude <math>f(\theta)</math> und der Streuphase <math>\delta_l</math>:
Durch Einsetzen der sphärischen Bessel- und Von-Neumann-Funktionen und Vergleich mit dem Ansatz für die Wellenfunktion für asymptotische Distanzen kommt man nach einigen Umformungen auf den folgenden Zusammenhang zwischen Streuamplitude <math>f(\theta)</math> und der Streuphase <math>\delta_l</math>:


:<math style = "border: 1px black; border-style: solid; padding: 1em;">f(\theta) = \sum_{l = 0}^\infty(2l + 1) \; f_l(\delta_l) \; P_l(\cos \theta)</math>
:<math style = "border: 1px black; border-style: solid; padding: 1em;">f(\theta) = \sum_{l = 0}^\infty(2l + 1) \; f_l(\delta_l) \; P_l(\cos \theta)</math>

Aktuelle Version vom 7. April 2019, 09:51 Uhr

Partialwellen, wörtlich: Teilwellen, ein Begriff der Quantenmechanik, sind stationäre Lösungen eines Streuproblems und gleichzeitig Eigenfunktionen des Drehimpulses. Die Zerlegung einer Streuamplitude in Partialwellen, d. h. eine Reihenentwicklung nach Drehimpulsen, ist sinnvoll vor allem bei Wechselwirkungen mit kurzer Reichweite, wie z. B. der starken Wechselwirkung. Aufgrund der kurzen Reichweite tragen nämlich für niedrige Energien nur kleine Drehimpulse zur Streuung bei.

Erklärung im Teilchenbild

Wird ein bewegtes Teilchen im Feld eines Streuzentrums – z. B. eines Atomkerns – aus seiner Bahn abgelenkt, so gehört zu dieser Bewegung ein Bahndrehimpuls. Dieser kann nur diskrete, durch eine Quantenzahl $ l $ beschriebene Werte annehmen; im Einzelfall hängt er bei gegebener Geschwindigkeit des Teilchens vom Stoßparameter ab. Die Beiträge der Einzelprozesse mit $ l=0,1,2,\dots $ heißen im Wellenbild Partialwellen und wirken sich jeweils charakteristisch aus, z. B. in der Verteilung der insgesamt gestreuten Teilchen auf die Streurichtungen, die Winkelverteilung.

Die Kennbuchstaben für die Werte von $ l $ werden benutzt wie beim gebundenen Elektron im Atom, man spricht also von der s-Welle ($ l=0 $), p-Welle ($ l=1 $), d-Welle ($ l=2 $) usw.

Herleitung

Ziel ist es, eine Lösung der Schrödingergleichung für ein sphärisch-symmetrisches Potential $ V({\vec {r}})=V(r) $ wie z. B. das Coulombpotential zu finden.

Die Wellenfunktion $ \psi _{\vec {k}}({\vec {r}}) $ wird für asymptotische Abstände $ r\rightarrow \infty $ als Überlagerung einer einlaufenden ebenen Welle und einer durch die Streuamplitude $ f(\theta ,\phi ) $ modifizierten Kugelwelle angesetzt:

$ \psi _{\vec {k}}({\vec {r}})\xrightarrow {r\rightarrow \infty } [e^{i{\vec {k}}{\vec {r}}}+f(\theta ,\phi ){\frac {e^{ikr}}{r}}] $

In diesem Fall ist die Streuamplitude aufgrund der Kugelsymmetrie unabhängig vom Winkel $ \phi $:

$ f(\theta ,\phi )=f(\theta ) $

Nach einigen Umformungen ergibt sich die Lösungswellenfunktion des Streuproblems für asymptotische Distanzen zu:

$ \psi _{\vec {k}}({\vec {r}})=\sum _{l=0}^{\infty }i^{l}(2l+1)\;R_{lk}(r)\;P_{l}(\cos \theta ) $

dabei sind $ P_{l}(\cos \theta ) $ die Legendre-Polynome.

$ R_{lk} $ ist die Lösung der radialen Schrödingergleichung, welche aus einer Linearkombination der sphärischen Bessel-Funktionen $ j_{l}(\rho ) $ und der Von-Neumann-Funktion $ n_{l}(\rho ) $ besteht:

$ R_{lk}{\stackrel {\mathrm {r\rightarrow \infty } }{=}}A_{l}\;j_{l}(kr)+B_{l}\;n_{l}(kr) $

Im nächsten Schritt wird die Streuphase $ \delta _{l} $ folgendermaßen definiert:

$ A_{l}=+a_{l}\cos \delta _{l} $
$ B_{l}=-a_{l}\sin \delta _{l} $

Die Phase der auslaufenden Kugelwelle wird also durch das Potential $ V(r) $ verschoben: bei elastischer Streuung unterscheidet sich die gestreute Welle von der ungestörten Welle des freien Teilchens nur durch einen Phasenfaktor $ e^{i\cdot \delta _{l}}. $

Durch Einsetzen der sphärischen Bessel- und Von-Neumann-Funktionen und Vergleich mit dem Ansatz für die Wellenfunktion für asymptotische Distanzen kommt man nach einigen Umformungen auf den folgenden Zusammenhang zwischen Streuamplitude $ f(\theta ) $ und der Streuphase $ \delta _{l} $:

$ f(\theta )=\sum _{l=0}^{\infty }(2l+1)\;f_{l}(\delta _{l})\;P_{l}(\cos \theta ) $

wobei

$ f_{l}(\delta _{l})={\frac {1}{k}}e^{i\cdot \delta _{l}}\sin \delta _{l} $

den Beitrag der l-ten Partialwelle darstellt.

Streulänge

Eine weitere wichtige Größe für die Analyse von Streuproblemen, die sich aus der Streuamplitude ableiten lässt, ist die Streulänge a. Sie ergibt sich aus dem totalen Streuquerschnitt, wenn die Energie des gestreuten Teilchens gegen 0 geht:

$ {\begin{aligned}\lim _{k\to 0}\sigma _{\text{total}}&=4\pi \cdot a^{2}\\\Leftrightarrow a&=\pm {\sqrt {\frac {\lim _{k\to 0}\sigma _{\text{total}}}{4\pi }}}\end{aligned}} $

Die Streulänge entspricht also einer effektiven Querschnittsfläche, welche sowohl die Stärke als auch die Art eines Potentials anzeigt.

Mit folgender Definition für den totalen Querschnitt:

$ \sigma _{\text{total}}=\int _{4\pi }{\frac {d\sigma }{d\Omega }}\cdot d\Omega =\int _{4\pi }|f(\theta )|^{2}\cdot d\Omega ={\frac {4\pi }{k^{2}}}\sum _{l=0}^{\infty }(2l+1)\sin ^{2}\delta _{l} $

wird die Streulänge für s-Wellen ($ l=0 $) zu:

$ a=\pm \lim _{k\to 0}{\frac {\sin \delta _{0}}{k}}\;. $

Literatur

  • Cohen-Tannoudji: Quantum Mechanics - Vol 2, Wiley-Interscience, 2006.

Weblinks

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