Otto Sackur: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Otto Sackur''' (* [[28. September]] [[1880]] in [[Breslau]]; † [[17. Dezember]] [[1914]] in [[Berlin]]) war ein deutscher [[Physiker]] und [[Chemiker]]. Er war ein Pionier der [[Quantenstatistik]].
'''Otto Sackur''' (* [[28. September]] [[1880]] in [[Breslau]]; † [[17. Dezember]] [[1914]] in [[Berlin]]) war ein deutscher [[Physikochemiker]]. Er war ein Pionier der [[Quantenstatistik]].
 
== Leben ==
== Leben ==
Sackur war der Sohn eines Fabrikdirektors und machte in Breslau sein Abitur. Er studierte ab 1898 Chemie in Heidelberg, Berlin und an der [[Universität Breslau]] und promovierte dort 1901 bei [[Richard Abegg]] über das Verhalten starker Elektrolyte. Danach war er Assistent im Chemielabor und 1902/3 am [[Kaiserliches Gesundheitsamt|Kaiserlichen Gesundheitsamt]] in Berlin als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter. 1904/5 war er für einige Monate an der Universität London bei [[William Ramsay]], wo er sich mit Radioaktivität befasste, und danach bei [[Walther Nernst]] in Berlin. Nach der Habilitation in Breslau wurde er 1905 Privatdozent und 1911 Titular-Professor in Breslau. 1912 ging er zu [[Fritz Haber]] ans [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie]] in Dahlem, wo er 1913 Abteilungsleiter wurde. Sackur kam bei einer Explosion im Labor Fritz Habers in Dahlem ums Leben, bei dem er an geheimen Arbeiten für den ab erstmals 1915 erfolgten Giftgaseinsatz im Ersten Weltkrieg sowie an Forschungen über Sprengstoffe beteiligt war.
Sackur war der Sohn eines Fabrikdirektors und machte in Breslau sein Abitur. Er studierte ab 1898 Chemie in Heidelberg, Berlin und an der [[Universität Breslau]] und promovierte dort 1901 bei [[Richard Abegg]] über das Verhalten starker Elektrolyte. Danach war er Assistent im Chemielabor und 1902/3 am [[Kaiserliches Gesundheitsamt|Kaiserlichen Gesundheitsamt]] in Berlin als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter. 1904/5 war er für einige Monate an der Universität London bei [[William Ramsay]], wo er sich mit Radioaktivität befasste, und danach bei [[Walther Nernst]] in Berlin. Nach der Habilitation in Breslau wurde er 1905 Privatdozent und 1911 Titular-Professor in Breslau. 1912 ging er zu [[Fritz Haber]] ans [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie]] in Dahlem, wo er 1913 Abteilungsleiter wurde. Sackur kam am 17. Dezember 1914 bei einer Explosion im Labor Habers ums Leben, wo er an geheimen Forschungen über kriegswichtige Sprengstoffe und Giftgase  beteiligt war.


== Werk ==
== Werk ==
Sackur arbeitete sowohl experimentell als auch theoretisch.
Sackur arbeitete sowohl experimentell als auch theoretisch. Er  recherchierte  aktuelle Publikationen und referierte hierüber
 
im [[Chemisches Zentralblatt|Chemischen Zentralblatt]].
Er entwickelte zur gleichen Zeit wie [[Hugo Tetrode]] (um 1912) die [[Sackur-Tetrode-Gleichung]] zur Berechnung der [[Entropie]] einatomiger idealer Gase nach der klassischen [[Statistische Mechanik|Statistischen Mechanik]]. Bei der Anpassung seiner Formel an die Messdaten für [[Quecksilber]]-Dampf machte er 1913 die bedeutende Entdeckung,<ref>Sackur ''Die Anwendung der kinetischen Theorie der Gase auf chemische Probleme'', Annalen der Physik, Band 36, 1911, S. 958-890</ref><ref>Sackur ''Die Bedeutung des elementaren Wirkungsquantums für die Gastheorie und die Berechnung der chemischen Konstanten'', in Wilhelm Knapp (Hrsg.): Festschrift Walter Nernst, Halle, 1912, S. 405-423</ref><ref>Sackur, Otto: ''Die universelle Bedeutung des sog. elementaren Wirkungsquantums'', Annalen der Physik Bd. 345:67-86 (1913).</ref> dass für die „Größe der Phasenraumzelle“ für jede der drei Koordinaten genau die [[Plancksche Konstante]] ''h'' gewählt werden muss, um Übereinstimmung mit den Daten zu erzielen. Im Rahmen der klassischen Methode war die Phasenraumzelle nichts als ein notwendiger mathematischer Trick gewesen, um statistische Berechnungen anstellen zu können. Daher ließ man zuvor ihre Größe am Ende der Rechnung, wenn möglich, gegen Null schrumpfen oder suchte sie aus Ergebnissen weitgehend zu entfernen. [[Max Planck]] nannte die Erkenntnis von Sackur „von fundamentaler Bedeutung für die ganze Thermodynamik“.<ref>Max Planck: ''Die gegenwärtige Bedeutung der Quantenhypothese für die kinetische Gastheorie'', Phys. Zeitschr. Bd. 14 (1913) S. 258.</ref>
Er entwickelte zur gleichen Zeit wie [[Hugo Tetrode]] (um 1912) die [[Sackur-Tetrode-Gleichung]] zur Berechnung der [[Entropie]] einatomiger idealer Gase nach der klassischen [[Statistische Mechanik|Statistischen Mechanik]]. Bei der Anpassung seiner Formel an die Messdaten für [[Quecksilber]]-Dampf machte er 1913 die bedeutende Entdeckung,<ref>Sackur ''Die Anwendung der kinetischen Theorie der Gase auf chemische Probleme'', Annalen der Physik, Band 36, 1911, S. 958–890</ref><ref>Sackur ''Die Bedeutung des elementaren Wirkungsquantums für die Gastheorie und die Berechnung der chemischen Konstanten'', in Wilhelm Knapp (Hrsg.): Festschrift Walther Nernst, Halle, 1912, S. 405–423</ref><ref>Sackur, Otto: ''Die universelle Bedeutung des sog. elementaren Wirkungsquantums'', Annalen der Physik Bd. 345:67-86 (1913).</ref> dass für die „Größe der Phasenraumzelle“ für jede der drei Koordinaten genau die [[Plancksche Konstante]] ''h'' gewählt werden muss, um Übereinstimmung mit den Daten zu erzielen. Im Rahmen der klassischen Methode war die Phasenraumzelle nichts als ein notwendiger mathematischer Trick gewesen, um statistische Berechnungen anstellen zu können. Daher ließ man zuvor ihre Größe am Ende der Rechnung, wenn möglich, gegen Null schrumpfen oder suchte sie aus Ergebnissen weitgehend zu entfernen. [[Max Planck]] nannte die Erkenntnis von Sackur „von fundamentaler Bedeutung für die ganze Thermodynamik“.<ref>Max Planck: ''Die gegenwärtige Bedeutung der Quantenhypothese für die kinetische Gastheorie'', Phys. Zeitschr. Bd. 14 (1913) S. 258.</ref>


== Schriften ==
== Schriften ==
*''Lehrbuch der Thermochemie und Thermodynamik'', 1912, 2. Auflage (herausgegeben von Clara von Simson) Springer 1928
* ''Lehrbuch der Thermochemie und Thermodynamik'', 1912, 2. Auflage (herausgegeben von Clara von Simson) Springer 1928
*''Die chemische Affinität und ihre Messung'', Vieweg 1908
* ''Die chemische Affinität und ihre Messung'', Vieweg 1908
* mit Richard Abegg ''Physikalisch-Chemische Rechenaufgaben'', Sammlung Göschen 1914
* mit Richard Abegg ''Physikalisch-Chemische Rechenaufgaben'', Sammlung Göschen 1914


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Aktuelle Version vom 13. November 2021, 16:41 Uhr

Datei:E. Beckmann Nachruf 1915 auf O. Sackur.pdf Otto Sackur (* 28. September 1880 in Breslau; † 17. Dezember 1914 in Berlin) war ein deutscher Physikochemiker. Er war ein Pionier der Quantenstatistik.

Leben

Sackur war der Sohn eines Fabrikdirektors und machte in Breslau sein Abitur. Er studierte ab 1898 Chemie in Heidelberg, Berlin und an der Universität Breslau und promovierte dort 1901 bei Richard Abegg über das Verhalten starker Elektrolyte. Danach war er Assistent im Chemielabor und 1902/3 am Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter. 1904/5 war er für einige Monate an der Universität London bei William Ramsay, wo er sich mit Radioaktivität befasste, und danach bei Walther Nernst in Berlin. Nach der Habilitation in Breslau wurde er 1905 Privatdozent und 1911 Titular-Professor in Breslau. 1912 ging er zu Fritz Haber ans Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Dahlem, wo er 1913 Abteilungsleiter wurde. Sackur kam am 17. Dezember 1914 bei einer Explosion im Labor Habers ums Leben, wo er an geheimen Forschungen über kriegswichtige Sprengstoffe und Giftgase beteiligt war.

Werk

Sackur arbeitete sowohl experimentell als auch theoretisch. Er recherchierte aktuelle Publikationen und referierte hierüber im Chemischen Zentralblatt. Er entwickelte zur gleichen Zeit wie Hugo Tetrode (um 1912) die Sackur-Tetrode-Gleichung zur Berechnung der Entropie einatomiger idealer Gase nach der klassischen Statistischen Mechanik. Bei der Anpassung seiner Formel an die Messdaten für Quecksilber-Dampf machte er 1913 die bedeutende Entdeckung,[1][2][3] dass für die „Größe der Phasenraumzelle“ für jede der drei Koordinaten genau die Plancksche Konstante h gewählt werden muss, um Übereinstimmung mit den Daten zu erzielen. Im Rahmen der klassischen Methode war die Phasenraumzelle nichts als ein notwendiger mathematischer Trick gewesen, um statistische Berechnungen anstellen zu können. Daher ließ man zuvor ihre Größe am Ende der Rechnung, wenn möglich, gegen Null schrumpfen oder suchte sie aus Ergebnissen weitgehend zu entfernen. Max Planck nannte die Erkenntnis von Sackur „von fundamentaler Bedeutung für die ganze Thermodynamik“.[4]

Schriften

  • Lehrbuch der Thermochemie und Thermodynamik, 1912, 2. Auflage (herausgegeben von Clara von Simson) Springer 1928
  • Die chemische Affinität und ihre Messung, Vieweg 1908
  • mit Richard Abegg Physikalisch-Chemische Rechenaufgaben, Sammlung Göschen 1914

Literatur

  • Alexander Kipnis: Sackur, Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 344 (Digitalisat).
  • Massimiliano Badino, Bretislav Friedrich: Much Polyphony but Little Harmony: Otto Sackur’s Groping for a Quantum Theory of Gases, in: Physics in Perspective, September 2013, Volume 15, Issue 3, pp 295-319.

Einzelnachweise

  1. Sackur Die Anwendung der kinetischen Theorie der Gase auf chemische Probleme, Annalen der Physik, Band 36, 1911, S. 958–890
  2. Sackur Die Bedeutung des elementaren Wirkungsquantums für die Gastheorie und die Berechnung der chemischen Konstanten, in Wilhelm Knapp (Hrsg.): Festschrift Walther Nernst, Halle, 1912, S. 405–423
  3. Sackur, Otto: Die universelle Bedeutung des sog. elementaren Wirkungsquantums, Annalen der Physik Bd. 345:67-86 (1913).
  4. Max Planck: Die gegenwärtige Bedeutung der Quantenhypothese für die kinetische Gastheorie, Phys. Zeitschr. Bd. 14 (1913) S. 258.

Weblinks

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