Musikalische Akustik: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Musikalische Akustik''' ist ein wissenschaftliches Fach, das sowohl Einzelbereiche der [[Akustik#Arbeitsgebiete der Akustik|Akustik]] als auch der [[Musikwissenschaft]] umfasst.
'''Musikalische Akustik''' ist ein wissenschaftliches Fach, das sowohl Einzelbereiche der [[Akustik#Arbeitsgebiete|Akustik]] als auch der [[Musikwissenschaft]] umfasst.
Der Fokus des Fachbereiches liegt auf allen Aspekten der Forschung, die den Musiker, das [[Musikinstrument]] oder die [[Musikwahrnehmung]] betreffen, insbesondere deren Interaktion in der [[Tonerzeugung]], wobei sowohl geistes-, natur- oder formalwissenschaftliche Methoden eingesetzt werden.
Der Fokus des Fachbereiches liegt auf allen Aspekten der Forschung, die den Musiker, das [[Musikinstrument]] oder die [[Musikwahrnehmung]] betreffen, insbesondere deren Interaktion in der [[Tonerzeugung]], wobei sowohl geistes-, natur- oder formalwissenschaftliche Methoden eingesetzt werden.


Naturwissenschaftler haben die Akustik jeher als [[Schwingungslehre]] und Teilbereich der [[Physik]] betrachtet. Die Forschung von herausragenden Einzelpersonen wie z.B. [[Hermann von Helmholtz]] oder Arthur Benade<ref >{{cite book|last=Benade|first=Arthur|title=Fundamentals of Musical Acoustics: Second, Revised Edition|year=1990|publisher=Dover|isbn=048626484X|pages=608}}</ref> sammelte sich Ende des 20. Jahrhunderts in einer internationalen „scientific community“ mit einigen Forschungszentren im deutschsprachigen Raum. Es besteht prinzipiell eine [[Interdisziplinarität]] <!--- und Transdisiplinarität neues Wort?--->durch die Verbindung der musikwissenschaftlichen Forschungsobjekte mit einem oder mehreren der Fächer [[Physik]], [[Mathematik]], [[Elektrotechnik]], [[Psychologie]], [[Medizin]].
Naturwissenschaftler haben die Akustik jeher als [[Schwingungslehre]] und Teilbereich der [[Physik]] betrachtet. Die Forschung von herausragenden Einzelpersonen wie z.&nbsp;B. [[Hermann von Helmholtz]] oder Arthur Benade<ref>{{Literatur |Autor=Arthur H Benade |Titel=Fundamentals of Musical Acoustics: Second, Revised Edition |Auflage=2 |Verlag=Dover |Ort=New York |Datum=1990 |ISBN=0-486-26484-X |Seiten=608 |Sprache=en}}</ref> sammelte sich Ende des 20. Jahrhunderts in einer internationalen „scientific community“ mit einigen Forschungszentren im deutschsprachigen Raum. Es besteht prinzipiell eine [[Interdisziplinarität]] <!--- und Transdisiplinarität neues Wort?--->durch die Verbindung der musikwissenschaftlichen Forschungsobjekte mit einem oder mehreren der Fächer Physik, [[Mathematik]], [[Elektrotechnik]], [[Psychologie]], [[Medizin]].


== Teilgebiete der Musikalischen Akustik ==
== Teilgebiete der Musikalischen Akustik ==
* Akustik der [[Blasinstrument|Blasinstrumente]], der [[Ideophon|Ideo]]- und [[Membranophon|Membranophone]], der [[Saiteninstrument|Saiteninstrumente]], der [[Menschliche Stimme|Stimme]] des Gesanges und der [[Elektronisches Musikinstrument|elektronischen Instrumente]]
* Akustik der [[Blasinstrument]]e, der [[Idiophon|Idio-]] und [[Membranophon]]e, der [[Saiteninstrument]]e, der [[Menschliche Stimme|Stimme]] des Gesanges und der [[Elektronisches Musikinstrument|elektronischen Instrumente]]
* [[Psychoakustik]]
* [[Psychoakustik]]
* [[Raumakustik]]
* [[Raumakustik]]
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* Physikalische Akustik: [[Messtechnik]], [[Elektroakustik]], [[Signalverarbeitung]], Mechanik, Materialforschung
* Physikalische Akustik: [[Messtechnik]], [[Elektroakustik]], [[Signalverarbeitung]], Mechanik, Materialforschung
* [[Physiologie|Physiologische]] Akustik in Bereichen der Anatomie, Neurologie, Chronobiologie und Hirnforschung
* [[Physiologie|Physiologische]] Akustik in Bereichen der Anatomie, Neurologie, Chronobiologie und Hirnforschung
* Musikalische Phänomene (z.B. [[Wiener Klangstil]], [[Phonetik]])
* Musikalische Phänomene (z.&nbsp;B. [[Wiener Klangstil]], [[Phonetik]])


== Forschung und Lehre ==
== Forschung und Lehre ==
Die Musikalische Akustik ist an vielen Universitäten und Hochschulen als Fach in den Studienrichtungen Musikwissenschaft und Physik vertreten. Seit 2003 ist es als wissenschaftliches Fach eines [[Doktoratsstudium|Doktoratstudiums]] an der [[Universität für Musik und darstellende Kunst Wien]] eingerichtet. Seit 2012 kann der internationale, akkreditierte Studiengang "Music Acoustics" als Master of Science (M.Sc.) an der Hochschule für Musik Detmold belegt werden. Forschung findet auch an etlichen Musikinstrumentenmuseen und Instrumentenbauschulen statt.
Die Musikalische Akustik ist an vielen Universitäten und Hochschulen als Fach in den Studienrichtungen Musikwissenschaft und Physik vertreten. Seit 2003 ist es als wissenschaftliches Fach eines [[Doktoratsstudium]]s an der [[Universität für Musik und darstellende Kunst Wien]] eingerichtet. Seit 2012 kann der internationale, akkreditierte Studiengang "Music Acoustics" als Master of Science (M.Sc.) an der Hochschule für Musik Detmold belegt und dort auch in dem Fach promoviert werden. Forschung findet auch an etlichen Musikinstrumentenmuseen und Instrumentenbauschulen statt.


Seit 1988 besteht der Fachausschuss für Musikalische Akustik in der Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA)  
Seit 1988 besteht der Fachausschuss für Musikalische Akustik in der Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA)


== Methoden ==
== Methoden ==
Als [[Interdisziplinarität|interdisziplinäres]] Fach bedient sich die Musikalische Akustik einer breiten Palette unterschiedlicher Methoden, z.B. [[Klangspektrum|Klanganalysen]], [[Klangsynthese|Klangsynthesen]], [[Hörtest|Hörtests]], [[Beschleunigungssensor|Beschleunigungsmessungen]], [[Motion Capturing]], [[Finite-Elemente-Methode]], [[Simulationsmodell|Simulationen]], [[Physikalische Modellierung (Klangerzeugung)|Physical Modeling]], [[Laserinterferometer|Laserinterfereometry]] und Psychophysiologische Messungen ([[Elektromyografie]], [[Herzfrequenzvariabilität]] [[Hautwiderstand]]smessungen und weitere Techniken des [[Biofeedback]]s)
Als [[Interdisziplinarität|interdisziplinäres]] Fach bedient sich die Musikalische Akustik einer breiten Palette unterschiedlicher Methoden, z.&nbsp;B. [[Klangspektrum|Klanganalysen]], [[Klangsynthese]]n, [[Hörtest]]s, [[Beschleunigungssensor|Beschleunigungsmessungen]], [[Motion Capturing]], [[Finite-Elemente-Methode]], [[Simulationsmodell|Simulationen]], [[Physikalische Modellierung (Klangerzeugung)|Physical Modeling]], [[Laserinterferometer|Laserinterfereometry]] und Psychophysiologische Messungen ([[Elektromyografie]], [[Herzfrequenzvariabilität]] [[Hautwiderstand]]smessungen und weitere Techniken des [[Biofeedback]]s)


== Geschichte ==
== Geschichte ==
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[[Datei:Kapitolinischer Pythagoras.jpg|160px|mini|[[Herme]] des Pythagoras (um 120 n. Chr.); [[Kapitolinische Museen]], [[Rom]]]]
[[Datei:Kapitolinischer Pythagoras.jpg|160px|mini|[[Herme]] des Pythagoras (um 120 n. Chr.); [[Kapitolinische Museen]], [[Rom]]]]


[[Chrysippos von Soli]] (281–208 v. Chr.) erkannte den [[Welle|Wellencharakter]] von Schall durch einen Vergleich mit Wellen auf der Wasseroberfläche. [[Leonardo da Vinci]] erkannte unter anderem, dass Luft als [[Ausbreitungsmedium|Medium]] zur Ausbreitung des Schalls erforderlich ist und dass sich Schall mit einer endlichen Geschwindigkeit ausbreitet. Von [[Marin Mersenne]] (1588–1648) stammt neben anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Natur des Schalls auch die erste Angabe einer experimentell bestimmten [[Schallgeschwindigkeit]]. [[Galileo Galilei]] beschrieb den für die Akustik wichtigen Zusammenhang zwischen [[Tonhöhe]] und [[Frequenz]].  
[[Chrysippos von Soli]] (281–208 v. Chr.) erkannte den [[Welle]]ncharakter von Schall durch einen Vergleich mit Wellen auf der Wasseroberfläche. [[Leonardo da Vinci]] erkannte unter anderem, dass Luft als [[Ausbreitungsmedium|Medium]] zur Ausbreitung des Schalls erforderlich ist und dass sich Schall mit einer endlichen Geschwindigkeit ausbreitet. Von [[Marin Mersenne]] (1588–1648) stammt neben anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Natur des Schalls auch die erste Angabe einer experimentell bestimmten [[Schallgeschwindigkeit]]. [[Galileo Galilei]] beschrieb den für die Akustik wichtigen Zusammenhang zwischen [[Tonhöhe]] und [[Frequenz]].


[[Joseph Sauveur]] führte die Bezeichnung „Akustik“ für die Lehre vom Schall ein. [[Ernst Florens Friedrich Chladni]] gilt als Begründer der modernen experimentellen Akustik; er erfand die [[Chladnische Klangfigur|Chladnischen Klangfiguren]], die [[Eigenschwingung]]en von Platten sichtbar machen. [[Georg Simon Ohm]] postulierte die Fähigkeit des Gehörs, Klänge in Grundtöne und Harmonische aufzulösen, [[Hermann von Helmholtz]] erforschte die Tonempfindung und beschrieb den Helmholtz-Resonator und [[John William Strutt, 3. Baron Rayleigh|John William Strutt]] veröffentlichte die „Theory of Sound“ mit zahlreichen mathematisch begründeten Erkenntnissen, die den Schall, seine Entstehung und Ausbreitung betreffen.
[[Joseph Sauveur]] führte die Bezeichnung „Akustik“ für die Lehre vom Schall ein. [[Ernst Florens Friedrich Chladni]] gilt als Begründer der modernen experimentellen Akustik; er erfand die [[Chladnische Klangfigur|Chladnischen Klangfiguren]], die [[Eigenschwingung]]en von Platten sichtbar machen. [[Georg Simon Ohm]] postulierte die Fähigkeit des Gehörs, Klänge in Grundtöne und Harmonische aufzulösen, [[Hermann von Helmholtz]] erforschte die Tonempfindung und beschrieb den Helmholtz-Resonator und [[John William Strutt, 3. Baron Rayleigh|John William Strutt]] veröffentlichte die „Theory of Sound“ mit zahlreichen mathematisch begründeten Erkenntnissen, die den Schall, seine Entstehung und Ausbreitung betreffen.


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden erste akustische Mess- und Aufzeichnungsgeräte entwickelt, so der [[Phonautograph]] von [[Édouard-Léon Scott de Martinville]] und später der [[Phonograph]] von [[Thomas Alva Edison]] (1847–1931). [[August Kundt]] entwickelte das [[Kundtsches Staubrohr|Kundtsche Rohr]] und setzte es zur Messung des [[Schallabsorptionsgrad]]es ein. [[Heinrich Barkhausen]] erfand das erste Gerät zur Messung der [[Lautstärke]]. Seit etwa 1930 erscheinen wissenschaftliche Fachzeitschriften, die sich ausschließlich Themen der Akustik widmen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden erste akustische Mess- und Aufzeichnungsgeräte entwickelt, so der [[Phonautograph]] von [[Édouard-Léon Scott de Martinville]] und später der [[Phonograph]] von [[Thomas Alva Edison]] (1847–1931). [[August Kundt]] entwickelte das [[Kundtsches Staubrohr|Kundtsche Rohr]] und setzte es zur Messung des [[Schallabsorptionsgrad]]es ein. [[Heinrich Barkhausen]] erfand das erste Gerät zur Messung der [[Lautstärke]]. Seit etwa 1930 erscheinen wissenschaftliche Fachzeitschriften, die sich ausschließlich Themen der Akustik widmen.


Musikalische Akustik wurde von [[Guido Adler (Musikwissenschaftler)|Guido Adler]] 1885 als eine der Hilfswissenschaften der Musikwissenschaft definiert und wird seitdem als ein Fachbereich der [[Musikwissenschaft|systematischen Musikwissenschaft]] betrachtet.  
Musikalische Akustik wurde von [[Guido Adler (Musikwissenschaftler)|Guido Adler]] 1885 als eine der Hilfswissenschaften der Musikwissenschaft definiert und wird seitdem als ein Fachbereich der [[Musikwissenschaft|systematischen Musikwissenschaft]] betrachtet.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Stefan Weinzierl (Hrsg.): ''Akustische Grundlagen der Musik''. ''(Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft 5)''. Laaber, Laaber 2014.
* Stefan Weinzierl (Hrsg.): ''Akustische Grundlagen der Musik''. ''(Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft 5)''. Laaber, Laaber 2014.
* Donald E. Hall: ''Musikalische Akustik: Ein Handbuch''. Mainz, Schott, 2008.
* Donald E. Hall: ''Musikalische Akustik: Ein Handbuch''. Mainz, Schott, 2008.
* Richard Parncutt: ''Systematic Musicology and the History and Future of Western Musical Scholarship''. Universität Graz, Department of Musicology. In: Journal of interdisciplinary music studies. 1, Nr. 1, 2007, S. 1–32.
* Richard Parncutt: ''Systematic Musicology and the History and Future of Western Musical Scholarship''. Universität Graz, Department of Musicology. In: Journal of interdisciplinary music studies. 1, Nr. 1, 2007, S. 1–32.
* Bertsch, Matthias; Brown, Andrew. W.: ''The paradox of musical acoustics'': Objectivizing the essentially subjective. Proceedings of the Conference on Interdisciplinary Musicology. 2004.
* Bertsch, Matthias; Brown, Andrew. W.: ''The paradox of musical acoustics'': Objectivizing the essentially subjective. Proceedings of the Conference on Interdisciplinary Musicology. 2004.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.dega-akustik.de/fachausschuesse/ma Fachausschuss Musikalische Akustik der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA)]
* [https://www.dega-akustik.de/ma Fachausschuss Musikalische Akustik der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA)]
* [http://www.eti.hfm-detmold.de/studium/master-music-acoustics M.Sc.-Programm "Music Acoustics" am Erich-Thienhaus-Institut (ETI) der Hochschule für Musik Detmold (HfM)]
* [https://www.hfm-detmold.de/musicacoustics M.Sc.-Programm "Music Acoustics" und Promotion am Erich-Thienhaus-Institut (ETI) der Hochschule für Musik Detmold (HfM)]
* [http://www.aaa-oega.org Österreichische Gesellschaft für Akustik "OeGA"]
* [http://www.aaa-oega.org/ Österreichische Gesellschaft für Akustik "OeGA"]
* [http://iwk.mdw.ac.at/?page_id=1&sprache=1 Institut für Wiener Klangstil (Musikalische Akustik) an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien]
* [http://iwk.mdw.ac.at/?page_id=1&sprache=1 Institut für Wiener Klangstil (Musikalische Akustik) an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien]
* [http://www.phys.unsw.edu.au/music/ Music acoustics - sound files, animations and illustrations - University of New South Wales]
* [http://www.phys.unsw.edu.au/music/ Music acoustics - sound files, animations and illustrations - University of New South Wales]
* [http://www.public.coe.edu/~jcotting/tcmu/ The Technical Committee on Musical Acoustics (TCMU) of the Acoustical Society of America (ASA)]
* [https://tcmuasa.org/ The Technical Committee on Musical Acoustics (TCMU) of the Acoustical Society of America (ASA)]
* [http://www.speech.kth.se/music/music_about.html The music acoustics group at Speech, Music and Hearing KTH]
* [http://www.speech.kth.se/music/music_about.html The music acoustics group at Speech, Music and Hearing KTH]
* [http://www2.ph.ed.ac.uk/acoustics/ Acoustics Group/Acoustics and Music Technology courses - University of Edinburgh]
* [https://www.research.ed.ac.uk/en/organisations/acoustics-and-audio-group Acoustics Group/Acoustics and Music Technology courses - University of Edinburgh]
* [http://www.mdw.ac.at/I101/iea/tm/scripts/jecklin/special/ttsmusikakustik.pdf Musikalische Akustik - pdf] (264 kB)
* [https://www.mdw.ac.at/upload/MDWeb/derton/downloads/ttsmusikakustik.pdf Musikalische Akustik] (PDF; 264 kB)
* [http://www.riat-serra.org/akustik.html Grundlagen der Musik, eine allgemein verständliche Einführung in die musikalische Akustik]
* [http://www.riat-serra.org/akustik.html Grundlagen der Musik, eine allgemein verständliche Einführung in die musikalische Akustik]
* [http://www.lehrklaenge.de/html/akustik.html Akustik und Musik - beinhaltet weiterführende Links mit Grafik- und Klangbeispielen]
* [http://www.lehrklaenge.de/PHP/Akustik/AkustikAllgemein.php Akustik und Musik - beinhaltet weiterführende Links mit Grafik- und Klangbeispielen]
* [http://www.sengpielaudio.com/Berechnungen.htm Die Akustik in der Tontechnik]
* [http://www.sengpielaudio.com/Berechnungen.htm Die Akustik in der Tontechnik]



Aktuelle Version vom 12. Juni 2021, 10:28 Uhr

Musikalische Akustik ist ein wissenschaftliches Fach, das sowohl Einzelbereiche der Akustik als auch der Musikwissenschaft umfasst. Der Fokus des Fachbereiches liegt auf allen Aspekten der Forschung, die den Musiker, das Musikinstrument oder die Musikwahrnehmung betreffen, insbesondere deren Interaktion in der Tonerzeugung, wobei sowohl geistes-, natur- oder formalwissenschaftliche Methoden eingesetzt werden.

Naturwissenschaftler haben die Akustik jeher als Schwingungslehre und Teilbereich der Physik betrachtet. Die Forschung von herausragenden Einzelpersonen wie z. B. Hermann von Helmholtz oder Arthur Benade[1] sammelte sich Ende des 20. Jahrhunderts in einer internationalen „scientific community“ mit einigen Forschungszentren im deutschsprachigen Raum. Es besteht prinzipiell eine Interdisziplinarität durch die Verbindung der musikwissenschaftlichen Forschungsobjekte mit einem oder mehreren der Fächer Physik, Mathematik, Elektrotechnik, Psychologie, Medizin.

Teilgebiete der Musikalischen Akustik

  • Akustik der Blasinstrumente, der Idio- und Membranophone, der Saiteninstrumente, der Stimme des Gesanges und der elektronischen Instrumente
  • Psychoakustik
  • Raumakustik
  • Instrumentenkunde
  • Musikpsychologie und Musikverarbeitung
  • Performance Analyse, Training und Sensomotorik des Musizierens
  • Physikalische Akustik: Messtechnik, Elektroakustik, Signalverarbeitung, Mechanik, Materialforschung
  • Physiologische Akustik in Bereichen der Anatomie, Neurologie, Chronobiologie und Hirnforschung
  • Musikalische Phänomene (z. B. Wiener Klangstil, Phonetik)

Forschung und Lehre

Die Musikalische Akustik ist an vielen Universitäten und Hochschulen als Fach in den Studienrichtungen Musikwissenschaft und Physik vertreten. Seit 2003 ist es als wissenschaftliches Fach eines Doktoratsstudiums an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien eingerichtet. Seit 2012 kann der internationale, akkreditierte Studiengang "Music Acoustics" als Master of Science (M.Sc.) an der Hochschule für Musik Detmold belegt und dort auch in dem Fach promoviert werden. Forschung findet auch an etlichen Musikinstrumentenmuseen und Instrumentenbauschulen statt.

Seit 1988 besteht der Fachausschuss für Musikalische Akustik in der Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA)

Methoden

Als interdisziplinäres Fach bedient sich die Musikalische Akustik einer breiten Palette unterschiedlicher Methoden, z. B. Klanganalysen, Klangsynthesen, Hörtests, Beschleunigungsmessungen, Motion Capturing, Finite-Elemente-Methode, Simulationen, Physical Modeling, Laserinterfereometry und Psychophysiologische Messungen (Elektromyografie, Herzfrequenzvariabilität Hautwiderstandsmessungen und weitere Techniken des Biofeedbacks)

Geschichte

Als eine erste systematische Beschäftigung mit der Akustik gilt die Einführung von Tonsystemen und Stimmungen in der Musik im 3. Jahrtausend v. Chr. in China. Aus der Antike ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Akustik unter anderem von Pythagoras von Samos (ca. 570–510 v. Chr.) überliefert, der den Zusammenhang von Saitenlänge und Tonhöhe beim Monochord mathematisch analysierte.

Herme des Pythagoras (um 120 n. Chr.); Kapitolinische Museen, Rom

Chrysippos von Soli (281–208 v. Chr.) erkannte den Wellencharakter von Schall durch einen Vergleich mit Wellen auf der Wasseroberfläche. Leonardo da Vinci erkannte unter anderem, dass Luft als Medium zur Ausbreitung des Schalls erforderlich ist und dass sich Schall mit einer endlichen Geschwindigkeit ausbreitet. Von Marin Mersenne (1588–1648) stammt neben anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Natur des Schalls auch die erste Angabe einer experimentell bestimmten Schallgeschwindigkeit. Galileo Galilei beschrieb den für die Akustik wichtigen Zusammenhang zwischen Tonhöhe und Frequenz.

Joseph Sauveur führte die Bezeichnung „Akustik“ für die Lehre vom Schall ein. Ernst Florens Friedrich Chladni gilt als Begründer der modernen experimentellen Akustik; er erfand die Chladnischen Klangfiguren, die Eigenschwingungen von Platten sichtbar machen. Georg Simon Ohm postulierte die Fähigkeit des Gehörs, Klänge in Grundtöne und Harmonische aufzulösen, Hermann von Helmholtz erforschte die Tonempfindung und beschrieb den Helmholtz-Resonator und John William Strutt veröffentlichte die „Theory of Sound“ mit zahlreichen mathematisch begründeten Erkenntnissen, die den Schall, seine Entstehung und Ausbreitung betreffen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden erste akustische Mess- und Aufzeichnungsgeräte entwickelt, so der Phonautograph von Édouard-Léon Scott de Martinville und später der Phonograph von Thomas Alva Edison (1847–1931). August Kundt entwickelte das Kundtsche Rohr und setzte es zur Messung des Schallabsorptionsgrades ein. Heinrich Barkhausen erfand das erste Gerät zur Messung der Lautstärke. Seit etwa 1930 erscheinen wissenschaftliche Fachzeitschriften, die sich ausschließlich Themen der Akustik widmen.

Musikalische Akustik wurde von Guido Adler 1885 als eine der Hilfswissenschaften der Musikwissenschaft definiert und wird seitdem als ein Fachbereich der systematischen Musikwissenschaft betrachtet.

Literatur

  • Stefan Weinzierl (Hrsg.): Akustische Grundlagen der Musik. (Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft 5). Laaber, Laaber 2014.
  • Donald E. Hall: Musikalische Akustik: Ein Handbuch. Mainz, Schott, 2008.
  • Richard Parncutt: Systematic Musicology and the History and Future of Western Musical Scholarship. Universität Graz, Department of Musicology. In: Journal of interdisciplinary music studies. 1, Nr. 1, 2007, S. 1–32.
  • Bertsch, Matthias; Brown, Andrew. W.: The paradox of musical acoustics: Objectivizing the essentially subjective. Proceedings of the Conference on Interdisciplinary Musicology. 2004.

Weblinks

Einzelnachweise

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