Mischkristallverfestigung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Mischkristallverfestigung''' ändert die mechanischen Eigenschaften von [[Festkörper]]n durch den Einbau von [[Zwischengitteratom|Zwischengitter]]- oder [[Substitutionsmischkristall|Substitutionsatomen]].
Die '''Mischkristallverfestigung''' ändert die mechanischen Eigenschaften von [[Festkörper]]n durch den Einbau von [[Zwischengitteratom|Zwischengitter-]] oder [[Substitutionsmischkristall|Substitutionsatomen]].


Festkörper mit einer [[Fernordnung]] haben eine regelmäßige [[Kristallstruktur]]. Werden Fremdatome in die Kristallstruktur eingebaut, so wird diese (das ''Kristallgitter'') verzerrt. Geht die Verzerrung von einzelnen Atomen oder Molekülen aus, so spricht man von einem [[Punktdefekt]]. Atome mit ähnlichem [[Atomradius]] nehmen einen Substitutionsplatz im Kristallgitter ein, deutlich kleinere Atome (bei Metallen in der Praxis H, O, B, C, N) einen Zwischengitterplatz. Die Verzerrung des Kristallgitters behindert Gleitbewegungen im Kristall. Gleitbewegungen können dann nicht mehr in einer Ebene verlaufen, sondern müssen sich um die Verzerrungen herum bewegen, was eine höhere Energie erfordert. Das Material ist also [[Festigkeit|fester]] geworden.
Festkörper mit einer [[Nahordnung und Fernordnung|Fernordnung]] haben eine regelmäßige [[Kristallstruktur]]. Werden [[Fremdatom]]e in die Kristallstruktur eingebaut, so wird das Kristallgitter verzerrt. Geht die Verzerrung von einzelnen Atomen oder Molekülen aus, so spricht man von einem [[Punktdefekt]].
 
Atome mit ähnlichem [[Atomradius]] nehmen einen Substitutionsplatz im Kristallgitter ein, deutlich kleinere Atome (bei Metallen in der Praxis H, O, B, C, N) einen Zwischengitterplatz.<!-- was ist, wenn die Fremdatomr einen deutlich größeren Radius haben? -->
 
Die Verzerrung des Kristallgitters behindert [[Gleitsystem|Gleitbewegung]]en im [[Kristall]]. Gleitbewegungen können dann nicht mehr in einer Ebene verlaufen, sondern müssen sich um die Verzerrungen herum bewegen, was eine höhere Energie erfordert. Das Material ist also [[Festigkeit|fester]] geworden.
 
Es lassen sich drei Wechselwirkungen von [[Versetzung]]en mit Fremdatomen unterscheiden:<ref>{{Literatur |Autor=Günter Gottstein |Titel=Materialwissenschaft und Werkstofftechnik |Hrsg= |Sammelwerk=Springer-Lehrbuch |Band= |Nummer= |Auflage=4 |Verlag= |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2014 |ISBN=978-3-642-36603-1 |ISSN=0937-7433 |DOI=10.1007/978-3-642-36603-1 |Seiten=272}}</ref>
* Parelastische Wechselwirkungen ([[Gitterparameter]]-Effekt) – Fremdatome haben eine andere Atomgröße, die das Gitter verzerren.
* Dielastische Wechselwirkungen ([[Schubmodul]]-Effekt) – Fremdatome haben ein verschiedenes Schubmodul und tragen anders zur Gesamtenergie des verzerrten Volumens einer Versetzung bei.
* Chemische Wechselwirkungen ([[Suzuki-Effekt]]) – Die [[Stapelfehlerenergie]] nimmt mit zunehmender Konzentration an Fremdatomen ab.


== Mischkristallverfestigung in Metallen ==
== Mischkristallverfestigung in Metallen ==
Reine [[Metall]]e (z.&nbsp;B. Fe, Al, Cu, Ni, Mg) sind bis auf wenige Ausnahmen sehr weich. Erst durch eine [[Verfestigung]] [[härten (Stahl)|werden sie so hart]], wie wir es aus dem Alltag kennen. Die Mischkristallverfestigung ist eine von vier elementaren festigkeitssteigernden Methoden und erfordert, dass sich andere [[chemisches Element|Elemente]] im Ausgangsmetall [[Lösung (Chemie)|lösen]]. Es gibt
* Metalle mit vollständiger [[Löslichkeit]], d.&nbsp;h. die beiden Metalle bilden für jede [[Konzentration]] nur eine gemeinsame [[Phase (Materie)|Phase]] ([[Mischkristall]])
* Metalle mit begrenzter Löslichkeit, bei denen sich bei Überschreiten der Löslichkeitsgrenze eine zweite Phase bildet, es entsteht ein [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Kristallgemisch]].
Auch ein Kristallgemisch kann eine Mischkristallverfestigung aufweisen. Je höher die Konzentration an gelösten Fremdatomen, desto höher die Mischkristallverfestigung.
Genauso bewirkt eine größere Abweichung der Atomradien eine größere Verfestigung. Allgemein gilt, dass kleinere Substitutionsatome durch die Gitterverzerrung eine höhere Verfestigung bewirken als größere Substitutionsatome. Je mehr sich die Atomradien unterscheiden, desto geringer wird jedoch auch die Löslichkeit für die Substitutionsatome. Die Löslichkeit ist zudem auch temperaturabhängig: in den meisten Fällen steigt die Löslichkeit von Fremdatomen mit der Temperatur an. Deshalb ist die Mischkristallverfestigung eine festigkeitssteigernde Methode, die gegen Erhitzung resistent ist.


Die Mischkristallverfestigung wird in Metallen gezielt eingesetzt, um diese zu [[härten (Stahl)|härten]]. Reine Metalle (z.B. Fe, Al, Cu, Ni, Mg) sind bis auf wenige Ausnahmen sehr weich. Erst durch eine Verfestigung werden Metalle so hart, wie wir es aus dem Alltag kennen. Die Mischkristallverfestigung ist eine von vier elementaren festigkeitssteigernden Methoden und erfordert, dass sich andere [[chemisches Element|Elemente]] in dem Ausgangsmetall lösen. Es gibt Metalle mit vollständiger [[Löslichkeit]], das heißt, dass die beiden Metalle für jede Konzentration nur eine [[Phase (Materie)|Phase]] bilden, und Metalle mit begrenzter Löslichkeit, bei der sich bei Überschreiten der [[Löslichkeitsgrenze]] eine zweite Phase bildet. Ein [[Mischkristall]] besitzt nur eine Phase, bei zwei Phasen spricht man von einem [[Gefüge (Werkstoffkunde)|Kristallgemisch]]. Jedoch kann auch ein Kristallgemisch eine Mischkristallverfestigung aufweisen. Je höher die Konzentration an gelösten Fremdatomen ist, desto höher ist die Mischkristallverfestigung. Genauso bewirkt eine größere Abweichung der Atomradien eine größere Verfestigung. Allgemein gilt, dass kleinere Substitutionsatome durch die Gitterverzerrung eine höhere Verfestigung bewirken als größere Substitutionsatome. Je mehr sich die Atomradien unterscheiden, desto geringer wird jedoch auch die Löslichkeit für die Substitutionsatome. Die Löslichkeit ist zudem auch temperaturabhängig. In den meisten Fällen steigt die Löslichkeit von Fremdatomen mit der Temperatur an. Deshalb ist die Mischkristallverfestigung eine festigkeitssteigernde Methode, die gegen Erhitzung resistent ist.
Neben der Härte steigt durch die Mischkristallverfestigung auch die [[Zugfestigkeit]] an. [[Bruchdehnung]], [[elektrische Leitfähigkeit]] und [[Schmelztemperatur]] sinken in der Regel.
Neben der Härte steigt durch die Mischkristallverfestigung auch die [[Zugfestigkeit]] an. [[Bruchdehnung]], [[elektrische Leitfähigkeit]] und [[Schmelztemperatur]] sinken in der Regel.
== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Gefüge (Werkstoffkunde)]]
[[Kategorie:Gefüge (Werkstoffkunde)]]

Aktuelle Version vom 1. Februar 2022, 09:26 Uhr

Die Mischkristallverfestigung ändert die mechanischen Eigenschaften von Festkörpern durch den Einbau von Zwischengitter- oder Substitutionsatomen.

Festkörper mit einer Fernordnung haben eine regelmäßige Kristallstruktur. Werden Fremdatome in die Kristallstruktur eingebaut, so wird das Kristallgitter verzerrt. Geht die Verzerrung von einzelnen Atomen oder Molekülen aus, so spricht man von einem Punktdefekt.

Atome mit ähnlichem Atomradius nehmen einen Substitutionsplatz im Kristallgitter ein, deutlich kleinere Atome (bei Metallen in der Praxis H, O, B, C, N) einen Zwischengitterplatz.

Die Verzerrung des Kristallgitters behindert Gleitbewegungen im Kristall. Gleitbewegungen können dann nicht mehr in einer Ebene verlaufen, sondern müssen sich um die Verzerrungen herum bewegen, was eine höhere Energie erfordert. Das Material ist also fester geworden.

Es lassen sich drei Wechselwirkungen von Versetzungen mit Fremdatomen unterscheiden:[1]

  • Parelastische Wechselwirkungen (Gitterparameter-Effekt) – Fremdatome haben eine andere Atomgröße, die das Gitter verzerren.
  • Dielastische Wechselwirkungen (Schubmodul-Effekt) – Fremdatome haben ein verschiedenes Schubmodul und tragen anders zur Gesamtenergie des verzerrten Volumens einer Versetzung bei.
  • Chemische Wechselwirkungen (Suzuki-Effekt) – Die Stapelfehlerenergie nimmt mit zunehmender Konzentration an Fremdatomen ab.

Mischkristallverfestigung in Metallen

Reine Metalle (z. B. Fe, Al, Cu, Ni, Mg) sind bis auf wenige Ausnahmen sehr weich. Erst durch eine Verfestigung werden sie so hart, wie wir es aus dem Alltag kennen. Die Mischkristallverfestigung ist eine von vier elementaren festigkeitssteigernden Methoden und erfordert, dass sich andere Elemente im Ausgangsmetall lösen. Es gibt

  • Metalle mit vollständiger Löslichkeit, d. h. die beiden Metalle bilden für jede Konzentration nur eine gemeinsame Phase (Mischkristall)
  • Metalle mit begrenzter Löslichkeit, bei denen sich bei Überschreiten der Löslichkeitsgrenze eine zweite Phase bildet, es entsteht ein Kristallgemisch.

Auch ein Kristallgemisch kann eine Mischkristallverfestigung aufweisen. Je höher die Konzentration an gelösten Fremdatomen, desto höher die Mischkristallverfestigung.

Genauso bewirkt eine größere Abweichung der Atomradien eine größere Verfestigung. Allgemein gilt, dass kleinere Substitutionsatome durch die Gitterverzerrung eine höhere Verfestigung bewirken als größere Substitutionsatome. Je mehr sich die Atomradien unterscheiden, desto geringer wird jedoch auch die Löslichkeit für die Substitutionsatome. Die Löslichkeit ist zudem auch temperaturabhängig: in den meisten Fällen steigt die Löslichkeit von Fremdatomen mit der Temperatur an. Deshalb ist die Mischkristallverfestigung eine festigkeitssteigernde Methode, die gegen Erhitzung resistent ist.

Neben der Härte steigt durch die Mischkristallverfestigung auch die Zugfestigkeit an. Bruchdehnung, elektrische Leitfähigkeit und Schmelztemperatur sinken in der Regel.

Einzelnachweise

  1. Günter Gottstein: Materialwissenschaft und Werkstofftechnik. In: Springer-Lehrbuch. 4. Auflage. 2014, ISBN 978-3-642-36603-1, ISSN 0937-7433, S. 272, doi:10.1007/978-3-642-36603-1.

en:Solid solution strengthening

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