Matwei Petrowitsch Bronstein: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Matwei Petrowitsch Bronstein''' ({{RuS|Матвей Петрович Бронштейн}}; * {{JULGREGDATUM|2|12|1906|Link="true"}} in [[Winnyzja]]; † [[18. Februar]] [[1938]] in [[Sankt Petersburg|Leningrad]]) war ein [[Russland|russischer]] theoretischer Physiker.
'''Matwei Petrowitsch Bronstein''' ({{ruS|Матвей Петрович Бронштейн}}; * {{JULGREGDATUM|2|12|1906|Link=1}} in [[Winnyzja]]; † [[18. Februar]] [[1938]] in [[Sankt Petersburg|Leningrad]]) war ein [[Russland|russischer]] theoretischer Physiker.


Bronstein war der Sohn eines Arztes, studierte 1926 bis 1932 an der [[Staatliche Universität Sankt Petersburg|Universität Leningrad]] und war danach am [[Sankt Petersburg|Leningrader]] Physikalisch-Technischen Institut (FTI bzw. PTI), wo [[Jakow Iljitsch Frenkel]] und [[Abram Fjodorowitsch Ioffe]] die leitenden Wissenschaftler waren. Er galt als einer der führenden theoretischen Nachwuchswissenschaftler, mit Institutskollegen wie [[Lew Dawidowitsch Landau|Lew Landau]]<ref>Sein Charakter war allerdings dem teilweise sarkastischen Ton von Landau diametral entgegengesetzt. Sein Spitzname war „Mönch“, und er soll in Prüfungen nie jemanden durchfallen lassen haben</ref>, der 1932 nach [[Charkiw|Charkow]] ging, [[George Gamow]] und [[Dmitri Iwanenko]]. Er hielt Vorlesungen am Institut, schrieb Übersichtsartikel und auch zahlreiche populärwissenschaftliche Artikel. Zu seinen Studenten gehörte 1936 auch [[Arkadi Beinussowitsch Migdal|Arkadi Migdal]].
== Leben ==
Bronstein war der Sohn eines Arztes, studierte 1926 bis 1932 an der [[Staatliche Universität Sankt Petersburg|Universität Leningrad]] und war danach am [[Sankt Petersburg|Leningrader]] Physikalisch-Technischen Institut (FTI bzw. PTI), wo [[Jakow Iljitsch Frenkel]] und [[Abram Fjodorowitsch Ioffe]] die leitenden Wissenschaftler waren. Er galt als einer der führenden theoretischen Nachwuchswissenschaftler, mit Institutskollegen wie [[Lew Dawidowitsch Landau|Lew Landau]],<ref>Sein Charakter war allerdings dem teilweise sarkastischen Ton von Landau diametral entgegengesetzt. Sein Spitzname war „Mönch“, und er soll in Prüfungen nie jemanden durchfallen lassen haben</ref> der 1932 nach [[Charkiw|Charkow]] ging, [[George Gamow]] und [[Dmitri Iwanenko]]. Er hielt Vorlesungen am Institut, schrieb Übersichtsartikel und auch zahlreiche populärwissenschaftliche Artikel. Zu seinen Studenten gehörte 1936 auch [[Arkadi Beinussowitsch Migdal|Arkadi Migdal]].


Bronstein arbeitete in den 1930er Jahren auf verschiedenen physikalischen Gebieten von der Theorie der [[Halbleiter]], der [[Quantenelektrodynamik]] bis zur [[Astrophysik]] und [[Kosmologie]].<ref>z.B. ''On the expanding universe'', Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Bd.3, 1933, S.73-82</ref> Seine Übersichtsartikel über [[Halbleiterphysik]], damals eines der neuen Forschungsgebiete des Leningrader Instituts, waren sehr einflussreich. Ein Angebot Frenkels 1934, dafür seinen russischen Doktortitel zu erhalten<ref>Damals wurden akademische Grade wieder eingeführt</ref>, lehnte er aber ab. Auch auf dem zweiten Forschungsschwerpunkt des Instituts, der [[Kernphysik]], hielt er Vorlesungen und war ab 1932 der entsprechenden Gruppe des Instituts, geleitet von Ioffe und [[Igor Wassiljewitsch Kurtschatow|Kurtschatow]], zugeordnet. Er veröffentlichte selbst allerdings wenig zur Kernphysik und verfolgte auch hier Anwendungen in der Astrophysik (Herkunft [[Kosmische Strahlung|kosmischer Strahlung]] und [[Supernova]]-Explosionen). 1931 kam es zu einem Skandal am Institut, als die jüngeren Theoretiker Gamow, Bronstein, Landau, Iwanenko u.a. dem Direktor des Physikalischen Instituts der Moskauer Universität [[Boris Hessen]] (1893–1936), der sich damals mit einem Artikel über Äther in der [[Sowjetenzyklopädie]] wenig auf der Höhe der Zeit zeigte, einen Spott-Brief schickten: Neben einer Äther-Flasche war auch eine [[Phlogiston]]-Flasche abgebildet.<ref>Phlogiston bezeichnete den hypothetischen Wärme-Stoff des 18. Jahrhunderts</ref> 1932 übersetzte er [[Paul Dirac]]s Quantenmechanik Lehrbuch ins Russische (mit Iwanenko), es erschien 1937. Bekannt ist er heute vor allem deswegen, weil er einer der ersten war, der die Probleme der [[Quantengravitation]] untersuchte.<ref>''Quantentheorie schwacher Gravitationsfelder'', Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Bd.9, 1936, S.140-157, ''Über die Frage einer möglichen Theorie der Welt als Ganzes'' (russisch), Uspeki Astron.Nauka, Bd.3, 1933, S.3-30. Das Thema seiner Habilitation 1935 war ''Die Quantisierung der Gravitationswellen''</ref> Wie auch [[Markus Fierz]] und [[Wolfgang Pauli]] sowie [[Léon Rosenfeld]] zuvor erkannte er, das die linearisierte Feldtheorie der Gravitation, entsprechend der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]], der Quantentheorie von Spin 2 Feldern entspricht, sah aber aus dem nichtlinearen Charakter der Theorie Schwierigkeiten bei der Quantisierung vorher und vermutete, dass am Ende eine radikal neue Auffassung des [[Raum-Zeit]]-Konzepts notwendig wäre. Dass die Gravitation überhaupt quantisiert werden muss, war damals keineswegs unter den theoretischen Physikern Konsens.
Bronstein arbeitete in den 1930er Jahren auf verschiedenen physikalischen Gebieten von der Theorie der [[Halbleiter]], der [[Quantenelektrodynamik]] bis zur [[Astrophysik]] und [[Kosmologie]].<ref>z.&nbsp;B. ''On the expanding universe'': ''Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion'', Band 3, 1933, S. 73–82</ref> Seine Übersichtsartikel über [[Halbleiterphysik]], damals eines der neuen Forschungsgebiete des Leningrader Instituts, waren sehr einflussreich. Ein Angebot Frenkels 1934, dafür seinen russischen Doktortitel zu erhalten,<ref>Damals wurden akademische Grade wieder eingeführt</ref> lehnte er aber ab. Auch auf dem zweiten Forschungsschwerpunkt des Instituts, der [[Kernphysik]], hielt er Vorlesungen und war ab 1932 der entsprechenden Gruppe des Instituts, geleitet von Ioffe und [[Igor Wassiljewitsch Kurtschatow|Kurtschatow]], zugeordnet. Er veröffentlichte selbst allerdings wenig zur Kernphysik und verfolgte auch hier Anwendungen in der Astrophysik (Herkunft [[Kosmische Strahlung|kosmischer Strahlung]] und [[Supernova]]-Explosionen). 1931 kam es zu einem Skandal am Institut, als die jüngeren Theoretiker Gamow, Bronstein, Landau, Iwanenko u.&nbsp;a. dem Direktor des Physikalischen Instituts der Moskauer Universität [[Boris Hessen]] (1893–1936), der sich damals mit einem Artikel über Äther in der [[Sowjetenzyklopädie]] wenig auf der Höhe der Zeit zeigte, einen Spott-Brief schickten: Neben einer Äther-Flasche war auch eine [[Phlogiston]]-Flasche abgebildet.<ref>Phlogiston bezeichnete den hypothetischen Wärme-Stoff des 18. Jahrhunderts</ref> 1932 übersetzte er [[Paul Dirac]]s Quantenmechanik Lehrbuch ins Russische (mit Iwanenko), es erschien 1937. Bekannt ist er heute vor allem deswegen, weil er einer der ersten war, der die Probleme der [[Quantengravitation]] untersuchte.<ref>''Quantentheorie schwacher Gravitationsfelder''. In: ''Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion'', Band 9, 1936, S. 140–157. ''Über die Frage einer möglichen Theorie der Welt als Ganzes'' (russisch) In: ''Uspeki Astron.Nauka'', Band 3, 1933, S. 3–30. Das Thema seiner Habilitation 1935 war ''Die Quantisierung der Gravitationswellen''</ref> Wie auch [[Markus Fierz]] und [[Wolfgang Pauli]] sowie [[Léon Rosenfeld]] zuvor erkannte er, dass die linearisierte Feldtheorie der Gravitation, entsprechend der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]], der Quantentheorie von Spin-2-Feldern entspricht, sah aber aus dem nichtlinearen Charakter der Theorie Schwierigkeiten bei der Quantisierung vorher und vermutete, dass am Ende eine radikal neue Auffassung des [[Raum-Zeit]]-Konzepts notwendig wäre. Dass die Gravitation überhaupt quantisiert werden muss, war damals keineswegs unter den theoretischen Physikern Konsens.


In einer seiner letzten Arbeiten widerlegte Bronstein eine damals auch in der Sowjetunion offiziell favorisierte Erklärung der von [[Edwin Hubble]] entdeckten Rotverschiebung der Galaxien nicht durch die Expansion des Universums, sondern durch Alterung (Zerfall) der Photonen.<ref>Gorelik ''Meine antisowjetische Tätigkeit'', Vieweg, 1995, S.96</ref> Es gab damals in der Sowjetunion eine Kampagne gegen moderne Physik<ref>Gorelik, loc.cit., S.136</ref>, die unter anderem auch führende Theoretiker wie [[Igor Tamm]] und [[Leonid Mandelstam]] vorübergehend die Lehrbefugnis kostete.
In einer seiner letzten Arbeiten widerlegte Bronstein eine damals auch in der Sowjetunion offiziell favorisierte Erklärung der von [[Edwin Hubble]] entdeckten Rotverschiebung der Galaxien nicht durch die Expansion des Universums, sondern durch Alterung (Zerfall) der Photonen.<ref>Gorelik: ''Meine antisowjetische Tätigkeit''. Vieweg, 1995, S. 96</ref> Es gab damals in der Sowjetunion eine Kampagne gegen moderne Physik,<ref>Gorelik: ''Meine antisowjetische Tätigkeit''. Vieweg, 1995, S. 136</ref> die unter anderem auch führende Theoretiker wie [[Igor Jewgenjewitsch Tamm|Igor Tamm]] und [[Leonid Mandelstam]] vorübergehend die Lehrbefugnis kostete.


Bronstein beschäftigte sich aber auch mit praktischen Fragen, z.B. schrieb er eine Arbeit über eine elektromagnetische Messmethode für die Geschwindigkeit eines Flugzeugs, die Kurtschatows Beifall fand.
Bronstein beschäftigte sich aber auch mit praktischen Fragen, z.&nbsp;B. schrieb er eine Arbeit über eine elektromagnetische Messmethode für die Geschwindigkeit eines Flugzeugs, die Kurtschatows Beifall fand.


Während der Säuberungswellen in den 1930er Jahren, denen auch der berühmte theoretische Physiker [[Lew Dawidowitsch Landau|Lew Landau]] beinahe zum Opfer fiel<ref>Weitere Opfer waren die aufstrebenden theoretischen Physiker [[Semjon Petrowitsch Schubin]] am 28. November 1938 und [[Alexander Adolfowitsch Witt]] Anfang 1938, beide aus der Schule von Mandelstam.</ref>, wurde er verhaftet und nach einem der kurzen „Prozesse“ des [[NKWD]], die damals am Fließband abliefen, zum Tode verurteilt und kurz darauf im Keller des Leningrader NKWD Gefängnisses hingerichtet. Der genaue Grund ist unbekannt (er war nicht mit [[Leo Trotzki]] verwandt, wie manchmal behauptet wird).<ref>Gorelik, loc.cit., S.167. Trotzki hieß ursprünglich Bronstein.</ref> Möglicherweise hat es damit zu tun, dass er das Ansinnen seines Verlegers, in seinem letzten Buch aus patriotischen Gründen die Unwahrheit zu schreiben, abwies und dies sogar als „faschistisch“ bezeichnete. Das Buch wurde eingestampft.<ref>Gorelik, loc.cit., S.97. Es ist nur in einer Zeitschriftenversion überliefert</ref> Seiner Frau, der Dichterin und späteren Menschenrechtsaktivistin [[Lidija Kornejewna Tschukowskaja|Lidija Tschukowskaja]], erzählte man, er wäre zu 10 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden ohne die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme.
Während der Säuberungswellen in den 1930er Jahren, denen auch der berühmte theoretische Physiker [[Lew Dawidowitsch Landau|Lew Landau]] beinahe zum Opfer fiel,<ref>Weitere Opfer waren die aufstrebenden theoretischen Physiker [[Semjon Petrowitsch Schubin]] am 28. November 1938 und [[Alexander Adolfowitsch Witt]] Anfang 1938, beide aus der Schule von Mandelstam.</ref> wurde er verhaftet und nach einem der kurzen „Prozesse“ des [[Innenministerium der UdSSR|NKWD]], die damals am Fließband abliefen, zum Tode verurteilt und kurz darauf im Keller des Leningrader NKWD-Gefängnisses hingerichtet. Der genaue Grund ist unbekannt (er war nicht mit [[Leo Trotzki]] verwandt, wie manchmal behauptet wird).<ref>Gorelik: ''Meine antisowjetische Tätigkeit''. Vieweg, 1995, S. 167. Trotzki hieß ursprünglich Bronstein.</ref> Möglicherweise hat es damit zu tun, dass er das Ansinnen seines Verlegers, in seinem letzten Buch aus patriotischen Gründen die Unwahrheit zu schreiben, abwies und dies sogar als „faschistisch“ bezeichnete. Das Buch wurde eingestampft.<ref>Gorelik: ''Meine antisowjetische Tätigkeit''. Vieweg, 1995, S. 97. Es ist nur in einer Zeitschriftenversion überliefert</ref> Seiner Frau, der Dichterin und späteren Menschenrechtsaktivistin [[Lidija Kornejewna Tschukowskaja|Lidija Tschukowskaja]], erzählte man, er wäre zu 10 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden ohne die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme.


Bronstein war auch der Autor einiger russischer populärwissenschaftlicher Bücher: „Solare Materie“, ein Buch für Kinder, sowie „Struktur der Materie“ (1935), „Erfinder des Radios“ und „X-Strahlen“, die nach seiner Rehabilitierung 1957 neu aufgelegt wurden. Er plante auch ein Buch über [[Galileo Galilei|Galilei]].
Bronstein war auch der Autor einiger russischer populärwissenschaftlicher Bücher: ''Solare Materie'', ein Buch für Kinder, sowie ''Struktur der Materie'' (1935), ''Erfinder des Radios'' und ''X-Strahlen'', die nach seiner Rehabilitierung 1957 neu aufgelegt wurden. Er plante auch ein Buch über [[Galileo Galilei|Galilei]].


[[George Gamow]] zitiert ihn in seiner Autobiographie<ref>Gamow, My World Line, Viking Press 1970, S. 94</ref> als ''Abatic'' Bronstein.
[[George Gamow]] zitiert ihn in seiner Autobiografie<ref>Gamow: ''My World Line''. Viking Press, 1970, S. 94</ref> als ''Abatic'' Bronstein.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Gennadi E. Gorelik, Victor Ya. Frenkel: ''Matvei Petrovich Bronstein and Soviet Theoretical Physics in the Thirties''. Birkhäuser, Basel u. a. 1994, ISBN 3-7643-2752-9, (''Science networks'' 12), (Russisches Original: Nauka, Moskau 1990, ISBN 5-02-000670-X, (''Naučno-biografičeskaja literatura''), (mit Abdruck von einigen Arbeiten von Bronstein und einem von ihm verfassten Lebenslauf von 1935)).
* Gennadi E. Gorelik, Victor Ya. Frenkel: ''Matvei Petrovich Bronstein and Soviet Theoretical Physics in the Thirties''. Birkhäuser, Basel u.&nbsp;a. 1994, ISBN 3-7643-2752-9, (''Science networks'' 12), (Russisches Original: Nauka, Moskau 1990, ISBN 5-02-000670-X, (''Naučno-biografičeskaja literatura''), (mit Abdruck von einigen Arbeiten von Bronstein und einem von ihm verfassten Lebenslauf von 1935)).
* Gennadi Gorelik: ''„Meine antisowjetische Tätigkeit...“ Russische Physiker unter Stalin''. Vieweg, Braunschweig u. a. 1995, ISBN 3-528-06584-2.
* Gennadi Gorelik: ''„Meine antisowjetische Tätigkeit …“ Russische Physiker unter Stalin''. Vieweg, Braunschweig u.&nbsp;a. 1995, ISBN 3-528-06584-2.
* [[John Stachel]]: ''Early History of Quantum Gravity 1916-1940''. In: Bala R. Iyer: ''Black holes, gravitational radiation and the universe. Essays in honor of C. V. Vishveshwara''. Kluwer, Dordrecht u. a. 1999, ISBN 0-7923-5308-0, (''Fundamental theories of physics'' 100).
* [[John Stachel]]: ''Early History of Quantum Gravity 1916-1940''. In: Bala R. Iyer: ''Black holes, gravitational radiation and the universe. Essays in honor of C. V. Vishveshwara''. Kluwer, Dordrecht u.&nbsp;a. 1999, ISBN 0-7923-5308-0, (''Fundamental theories of physics'' 100).
*Gorelik, H. Rotter ''Matwej Bronstein und die Anfänge der Quantengravitation'', Physikalische Blätter, Band 51, 1995, S. 423-425, [http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/phbl.19950510516/abstract Online]
* Gorelik, H. Rotter: ''Matwej Bronstein und die Anfänge der Quantengravitation''. In: ''Physikalische Blätter'', Band 51, 1995, S. 423–425, [[doi:10.1002/phbl.19950510516]]
*Bronstein ''Quantentheorie schwacher Gravitationsfelder'', Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Band 9, 1936, S. 140-157, wieder abgedruckt als englische Übersetzung: ''Quantum theory of weak gravitational fields'', in [[George F. R. Ellis]], Malcolm A. H. MacCallum, Andrzej Krasinski (Hrsg.) ''Golden Oldies in General Relativity. Hidden Gems'', Springer Verlag 2013
* Bronstein: ''Quantentheorie schwacher Gravitationsfelder'', Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Band 9, 1936, S. 140–157, wieder abgedruckt als englische Übersetzung: ''Quantum theory of weak gravitational fields''. In: [[George F. R. Ellis]], Malcolm A. H. MacCallum, Andrzej Krasinski (Hrsg.) ''Golden Oldies in General Relativity. Hidden Gems''. Springer Verlag, 2013


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://xxx.uni-augsburg.de/abs/0705.0991 Volovik „From Semiconductors to Quantum Gravity: to centenary of Matvei Bronstein“, 2007, Bronsteins Theorien aus neuerer Sicht]
* Volovik: ''From Semiconductors to Quantum Gravity: to centenary of Matvei Bronstein''. 2007, {{arXiv|0705.0991}}; Bronsteins Theorien aus neuerer Sicht
*[http://people.bu.edu/gorelik/publications.html Webseite mit Aufsätzen und Fotos Goreliks zu Bronstein]
* [http://people.bu.edu/gorelik/publications.html Webseite mit Aufsätzen und Fotos Goreliks zu Bronstein]
* {{GSE|1491}}
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Aktuelle Version vom 27. November 2021, 21:59 Uhr

Matwei Petrowitsch Bronstein

Matwei Petrowitsch Bronstein ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value); * 19. Novemberjul./ 2. Dezember 1906greg. in Winnyzja; † 18. Februar 1938 in Leningrad) war ein russischer theoretischer Physiker.

Leben

Bronstein war der Sohn eines Arztes, studierte 1926 bis 1932 an der Universität Leningrad und war danach am Leningrader Physikalisch-Technischen Institut (FTI bzw. PTI), wo Jakow Iljitsch Frenkel und Abram Fjodorowitsch Ioffe die leitenden Wissenschaftler waren. Er galt als einer der führenden theoretischen Nachwuchswissenschaftler, mit Institutskollegen wie Lew Landau,[1] der 1932 nach Charkow ging, George Gamow und Dmitri Iwanenko. Er hielt Vorlesungen am Institut, schrieb Übersichtsartikel und auch zahlreiche populärwissenschaftliche Artikel. Zu seinen Studenten gehörte 1936 auch Arkadi Migdal.

Bronstein arbeitete in den 1930er Jahren auf verschiedenen physikalischen Gebieten von der Theorie der Halbleiter, der Quantenelektrodynamik bis zur Astrophysik und Kosmologie.[2] Seine Übersichtsartikel über Halbleiterphysik, damals eines der neuen Forschungsgebiete des Leningrader Instituts, waren sehr einflussreich. Ein Angebot Frenkels 1934, dafür seinen russischen Doktortitel zu erhalten,[3] lehnte er aber ab. Auch auf dem zweiten Forschungsschwerpunkt des Instituts, der Kernphysik, hielt er Vorlesungen und war ab 1932 der entsprechenden Gruppe des Instituts, geleitet von Ioffe und Kurtschatow, zugeordnet. Er veröffentlichte selbst allerdings wenig zur Kernphysik und verfolgte auch hier Anwendungen in der Astrophysik (Herkunft kosmischer Strahlung und Supernova-Explosionen). 1931 kam es zu einem Skandal am Institut, als die jüngeren Theoretiker Gamow, Bronstein, Landau, Iwanenko u. a. dem Direktor des Physikalischen Instituts der Moskauer Universität Boris Hessen (1893–1936), der sich damals mit einem Artikel über Äther in der Sowjetenzyklopädie wenig auf der Höhe der Zeit zeigte, einen Spott-Brief schickten: Neben einer Äther-Flasche war auch eine Phlogiston-Flasche abgebildet.[4] 1932 übersetzte er Paul Diracs Quantenmechanik Lehrbuch ins Russische (mit Iwanenko), es erschien 1937. Bekannt ist er heute vor allem deswegen, weil er einer der ersten war, der die Probleme der Quantengravitation untersuchte.[5] Wie auch Markus Fierz und Wolfgang Pauli sowie Léon Rosenfeld zuvor erkannte er, dass die linearisierte Feldtheorie der Gravitation, entsprechend der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Quantentheorie von Spin-2-Feldern entspricht, sah aber aus dem nichtlinearen Charakter der Theorie Schwierigkeiten bei der Quantisierung vorher und vermutete, dass am Ende eine radikal neue Auffassung des Raum-Zeit-Konzepts notwendig wäre. Dass die Gravitation überhaupt quantisiert werden muss, war damals keineswegs unter den theoretischen Physikern Konsens.

In einer seiner letzten Arbeiten widerlegte Bronstein eine damals auch in der Sowjetunion offiziell favorisierte Erklärung der von Edwin Hubble entdeckten Rotverschiebung der Galaxien nicht durch die Expansion des Universums, sondern durch Alterung (Zerfall) der Photonen.[6] Es gab damals in der Sowjetunion eine Kampagne gegen moderne Physik,[7] die unter anderem auch führende Theoretiker wie Igor Tamm und Leonid Mandelstam vorübergehend die Lehrbefugnis kostete.

Bronstein beschäftigte sich aber auch mit praktischen Fragen, z. B. schrieb er eine Arbeit über eine elektromagnetische Messmethode für die Geschwindigkeit eines Flugzeugs, die Kurtschatows Beifall fand.

Während der Säuberungswellen in den 1930er Jahren, denen auch der berühmte theoretische Physiker Lew Landau beinahe zum Opfer fiel,[8] wurde er verhaftet und nach einem der kurzen „Prozesse“ des NKWD, die damals am Fließband abliefen, zum Tode verurteilt und kurz darauf im Keller des Leningrader NKWD-Gefängnisses hingerichtet. Der genaue Grund ist unbekannt (er war nicht mit Leo Trotzki verwandt, wie manchmal behauptet wird).[9] Möglicherweise hat es damit zu tun, dass er das Ansinnen seines Verlegers, in seinem letzten Buch aus patriotischen Gründen die Unwahrheit zu schreiben, abwies und dies sogar als „faschistisch“ bezeichnete. Das Buch wurde eingestampft.[10] Seiner Frau, der Dichterin und späteren Menschenrechtsaktivistin Lidija Tschukowskaja, erzählte man, er wäre zu 10 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden ohne die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme.

Bronstein war auch der Autor einiger russischer populärwissenschaftlicher Bücher: Solare Materie, ein Buch für Kinder, sowie Struktur der Materie (1935), Erfinder des Radios und X-Strahlen, die nach seiner Rehabilitierung 1957 neu aufgelegt wurden. Er plante auch ein Buch über Galilei.

George Gamow zitiert ihn in seiner Autobiografie[11] als Abatic Bronstein.

Literatur

  • Gennadi E. Gorelik, Victor Ya. Frenkel: Matvei Petrovich Bronstein and Soviet Theoretical Physics in the Thirties. Birkhäuser, Basel u. a. 1994, ISBN 3-7643-2752-9, (Science networks 12), (Russisches Original: Nauka, Moskau 1990, ISBN 5-02-000670-X, (Naučno-biografičeskaja literatura), (mit Abdruck von einigen Arbeiten von Bronstein und einem von ihm verfassten Lebenslauf von 1935)).
  • Gennadi Gorelik: „Meine antisowjetische Tätigkeit …“ Russische Physiker unter Stalin. Vieweg, Braunschweig u. a. 1995, ISBN 3-528-06584-2.
  • John Stachel: Early History of Quantum Gravity 1916-1940. In: Bala R. Iyer: Black holes, gravitational radiation and the universe. Essays in honor of C. V. Vishveshwara. Kluwer, Dordrecht u. a. 1999, ISBN 0-7923-5308-0, (Fundamental theories of physics 100).
  • Gorelik, H. Rotter: Matwej Bronstein und die Anfänge der Quantengravitation. In: Physikalische Blätter, Band 51, 1995, S. 423–425, doi:10.1002/phbl.19950510516
  • Bronstein: Quantentheorie schwacher Gravitationsfelder, Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Band 9, 1936, S. 140–157, wieder abgedruckt als englische Übersetzung: Quantum theory of weak gravitational fields. In: George F. R. Ellis, Malcolm A. H. MacCallum, Andrzej Krasinski (Hrsg.) Golden Oldies in General Relativity. Hidden Gems. Springer Verlag, 2013

Weblinks

Anmerkungen

  1. Sein Charakter war allerdings dem teilweise sarkastischen Ton von Landau diametral entgegengesetzt. Sein Spitzname war „Mönch“, und er soll in Prüfungen nie jemanden durchfallen lassen haben
  2. z. B. On the expanding universe: Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Band 3, 1933, S. 73–82
  3. Damals wurden akademische Grade wieder eingeführt
  4. Phlogiston bezeichnete den hypothetischen Wärme-Stoff des 18. Jahrhunderts
  5. Quantentheorie schwacher Gravitationsfelder. In: Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion, Band 9, 1936, S. 140–157. Über die Frage einer möglichen Theorie der Welt als Ganzes (russisch) In: Uspeki Astron.Nauka, Band 3, 1933, S. 3–30. Das Thema seiner Habilitation 1935 war Die Quantisierung der Gravitationswellen
  6. Gorelik: Meine antisowjetische Tätigkeit. Vieweg, 1995, S. 96
  7. Gorelik: Meine antisowjetische Tätigkeit. Vieweg, 1995, S. 136
  8. Weitere Opfer waren die aufstrebenden theoretischen Physiker Semjon Petrowitsch Schubin am 28. November 1938 und Alexander Adolfowitsch Witt Anfang 1938, beide aus der Schule von Mandelstam.
  9. Gorelik: Meine antisowjetische Tätigkeit. Vieweg, 1995, S. 167. Trotzki hieß ursprünglich Bronstein.
  10. Gorelik: Meine antisowjetische Tätigkeit. Vieweg, 1995, S. 97. Es ist nur in einer Zeitschriftenversion überliefert
  11. Gamow: My World Line. Viking Press, 1970, S. 94

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