Manfred von Ardenne: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Manfred Baron von Ardenne''' (* [[20. Januar]] [[1907]] in [[Hamburg]]; † [[26. Mai]] [[1997]] in [[Dresden]]-[[Weißer Hirsch]]) war ein deutscher Naturwissenschaftler. Er war als Forscher vor allem in der [[Angewandte Physik|angewandten Physik]] tätig und ist Urheber von rund 600 Erfindungen und Patenten in der Funk- und Fernsehtechnik, [[Elektronenmikroskop]]ie, [[Kernphysik|Kern]]-, [[Plasma (Physik)|Plasma]]- und [[Medizintechnik]].
'''Manfred Baron von Ardenne''' (* [[20. Januar]] [[1907]] in [[Hamburg]]; † [[26. Mai]] [[1997]] in [[Dresden]]-[[Weißer Hirsch]]) war ein deutscher Naturwissenschaftler und Techniker.
 
Er war als Forscher vor allem in der [[Angewandte Physik|angewandten Physik]] tätig und ist Urheber von rund 600 Erfindungen und Patenten in der Funk- und Fernsehtechnik, [[Elektronenmikroskop]]ie, [[Kernphysik|Kern]]-, [[Plasma (Physik)|Plasma]]- und [[Medizintechnik]].


== Leben ==
== Leben ==
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-K0917-501, Prof. Manfred v. Ardenne.jpg|mini|Manfred von Ardenne, um 1933]]
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Manfred von Ardenne war Sohn des Regierungsrates [[Baron]] Egmont von Ardenne und dessen Frau Adela. Die Scheidungsaffäre seiner Großeltern [[Armand Léon von Ardenne|Armand von Ardenne]] und [[Elisabeth von Plotho]] war das Vorbild für [[Theodor Fontane]]s Roman ''[[Effi Briest]]''. Sein Urgroßvater war der Kaufmann und [[Guano]]-Importeur [[Heinrich Ohlendorff]]. Als sein Vater 1913 ins [[Preußisches Kriegsministerium|Kriegsministerium]] versetzt wurde, zog die Familie nach [[Berlin-Neukölln]]. Nach zwei Jahren Privatunterricht besuchte Ardenne drei Jahre lang das Friedrichs-[[Realgymnasium]], die heutige [[Leibniz-Schule (Berlin)|Leibniz-Schule]] in [[Berlin-Kreuzberg]].
Manfred von Ardenne war Sohn des Regierungsrates [[Baron]] Egmont von Ardenne (1877–1947)<ref>[https://www.deutsche-biographie.de/sfz68135.html ''Ardenne, Egmont Freiherr von''. Deutsche Biographie]</ref> und dessen Frau Adela geb. [[Mutzenbecher (Familie)|Mutzenbecher]] (1885–1978), die einer Hamburger Patrizierfamilie entstammte. Die Scheidungsaffäre seiner Großeltern [[Armand von Ardenne]] und [[Elisabeth von Plotho]] war das Vorbild für [[Theodor Fontane]]s Roman ''[[Effi Briest]]''. Sein Urgroßvater war der Kaufmann und [[Guano]]-Importeur [[Heinrich Ohlendorff]]. Als sein Vater 1913 ins [[Preußisches Kriegsministerium|Kriegsministerium]] versetzt wurde, zog die Familie nach [[Berlin-Neukölln]]. Nach zwei Jahren Privatunterricht besuchte Ardenne drei Jahre lang das [[Leibniz-Schule (Berlin)|Friedrichs-Realgymnasium]] in [[Berlin-Kreuzberg]].


=== Weimarer Republik ===
=== Weimarer Republik ===
Schon als Schüler (1922) interessierte sich Ardenne sehr für die [[Naturwissenschaft]]en, insbesondere für die [[Elektrophysik]]. Er konstruierte Modelle eines Fotoapparats und einer elektrischen Alarmanlage, beschäftigte sich mit Problemen der [[Rundfunktechnik]] und erhielt im Alter von 16 Jahren sein erstes Patent über ein „Verfahren zur Erzielung einer Tonselektion, insbesondere für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie“.
Schon als Schüler (1922) interessierte sich Ardenne sehr für die [[Naturwissenschaft]]en, insbesondere für die [[Elektrophysik]]. Er konstruierte Modelle eines Fotoapparats und einer elektrischen Alarmanlage, beschäftigte sich mit Problemen der [[Rundfunktechnik]] und erhielt im Alter von 16 Jahren sein erstes Patent über ein „Verfahren zur Erzielung einer Tonselektion, insbesondere für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie“.


Schule im klassischen Sinn passte nicht zu Manfred von Ardenne. Er brauchte sie einfach nicht. Deshalb verließ er 1923 vorzeitig das Gymnasium und widmete sich der Weiterentwicklung der Radiotechnik. [[Siegmund Loewe]], Gründer der ''Radiofrequenz GmbH'' (später ''[[Loewe Technologies|Radio AG D.S. Loewe ]]''), wurde zu seinem Förderer. Von Ardenne entwickelte gemeinsam mit Loewe, dem das Patent erteilt wurde, eine der ersten Mehrsystemröhren. In der sogenannten Dreifachröhre vom Typ 3NF<ref>{{Internetquelle | url=http://www.radiomuseum.org/tubes/tube_3nf.html | autor=radiomuseum.org | titel= Röhre 3NF | zugriff=2016-01-28}}</ref> befanden sich drei Triodensystemen, vier [[Widerstand (Bauelement)|Widerstände]] und zwei [[Kondensator (Elektrotechnik)|Kondensatoren]].<ref>Die Loewe-Röhre 3NFB – Analyse einer Mehrfachröhre [http://www.radiomuseum.org/forumdata/upload/3NFB_Bericht_Teil1.pdf Link] (PDF; 170&nbsp;kB)</ref> Sie gilt als einer der ersten [[Integrierter Schaltkreis|integrierten Schaltkreise]] und wurde im Ortsempfänger OE&nbsp;333 eingesetzt.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.radiomuseum.org/r/loewe_opta_ortsemp_oe333_alt.html | autor=radiomuseum.org | titel=Ortsempfänger OE333 | zugriff=2016-01-28}}</ref>
1923 verließ Ardenne vorzeitig das Gymnasium und widmete sich der Weiterentwicklung der Radiotechnik. [[Siegmund Loewe]], Gründer der ''Radiofrequenz GmbH'' (später ''[[Loewe Technologies|Radio AG D.S. Loewe]]''), wurde zu seinem Förderer. Von Ardenne entwickelte gemeinsam mit Loewe, dem das Patent erteilt wurde, eine der ersten Mehrsystemröhren. In der sogenannten Dreifachröhre vom Typ 3NF<ref>{{Internetquelle |autor=radiomuseum.org |url=http://www.radiomuseum.org/tubes/tube_3nf.html |titel=Röhre 3NF |abruf=2016-01-28}}</ref> befanden sich drei Triodensysteme, vier [[Widerstand (Bauelement)|Widerstände]] und zwei [[Kondensator (Elektrotechnik)|Kondensatoren]].<ref>Die Loewe-Röhre 3NFB – Analyse einer Mehrfachröhre [http://www.radiomuseum.org/forumdata/upload/3NFB_Bericht_Teil1.pdf Link] (PDF; 170&nbsp;kB)</ref> Sie gilt als einer der ersten [[Integrierter Schaltkreis|integrierten Schaltkreise]] und wurde im Ortsempfänger OE&nbsp;333 eingesetzt.<ref>{{Internetquelle |autor=radiomuseum.org |url=http://www.radiomuseum.org/r/loewe_opta_ortsemp_oe333_alt.html |titel=Ortsempfänger OE333 |abruf=2016-01-28}}</ref>


[[Datei:Villa Folke Bernadotte.JPG|mini|Ehemaliges Forschungslaboratorium für Elektronenphysik in [[Berlin-Lichterfelde]], heute  Kinder-, Jugend- und Kulturzentrum [[Villa Folke Bernadotte]]]]
[[Datei:Villa Folke Bernadotte 20190620 1.jpg|mini|Ehemaliges Forschungslaboratorium für Elektronenphysik in [[Berlin-Lichterfelde]], heute  Kinder-, Jugend- und Kulturzentrum [[Villa Folke Bernadotte]]]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0321-300, Dresden, Institut Manfred v. Ardenne.jpg|mini|Ardenne-Institut, 1955 bis 1990, in Dresden, Zeppelinstraße 7]]


Mit Honoraren für seine Veröffentlichungen und Geldern aus dem Patentverkauf verbesserte Ardenne 1925 den Breitbandverstärker (widerstandsgekoppelter [[Verstärker (Elektrotechnik)|Verstärker]]) erheblich, der u.&nbsp;a. die Entwicklung des [[Fernsehen]]s und [[Radar]]s entscheidend voranbrachte. Ein Patent auf diese Verbesserung wurde ihm wegen Vorveröffentlichung jedoch aberkannt. Obwohl er kein Abitur hatte, konnte er sich dank der Fürsprache des Nobelpreisträgers [[Walther Nernst]] sowie [[Georg Graf von Arco]], dem Technischen Direktor von Telefunken, an der Universität in Berlin einschreiben und begann [[Physik]], [[Chemie]] und [[Mathematik]] zu studieren. Nach vier Semestern brach er das Studium ab und widmete sich ganz seinen Forschungen auf dem Gebiet der angewandten Physik.  
Mit Honoraren für seine Veröffentlichungen und Geldern aus dem Patentverkauf verbesserte Ardenne 1925 den Breitbandverstärker (widerstandsgekoppelter [[Verstärker (Elektrotechnik)|Verstärker]]) erheblich, der u.&nbsp;a. die Entwicklung des [[Fernsehen]]s und [[Radar]]s entscheidend voranbrachte. Ein Patent auf diese Verbesserung wurde ihm wegen Vorveröffentlichung jedoch aberkannt. Obwohl er kein Abitur hatte, konnte er sich dank der Fürsprache des Nobelpreisträgers [[Walther Nernst]] sowie [[Georg Graf von Arco]], dem Technischen Direktor von Telefunken, an der Universität in Berlin einschreiben und begann [[Physik]], [[Chemie]] und [[Mathematik]] zu studieren. Nach vier Semestern brach er das Studium ab und widmete sich ganz seinen Forschungen auf dem Gebiet der angewandten Physik.


1928 wurde Manfred von Ardenne [[Volljährigkeit|volljährig]] und gründete das ''Forschungslaboratorium für Elektronenphysik'' in Berlin-Lichterfelde (heute: [[Villa Folke Bernadotte]]), das er bis 1945 leitete. In dieser Zeit entwickelte er dort u.&nbsp;a. die weltweit erste [[Geschichte des Fernsehens#Elektronische Bildzerlegung und -wiedergabe|elektronische Bildzerlegung und -wiedergabe]] mit zeilenweiser Abtastung über eine [[Photozelle]] und Wiedergabe auf einer [[Kathodenstrahlröhre]]. Er erfand das [[Rasterelektronenmikroskop]], das er im Februar 1937 zum Patent anmeldete.
1928 wurde Manfred von Ardenne [[Volljährigkeit|volljährig]] und gründete das ''Forschungslaboratorium für Elektronenphysik'' in Berlin-Lichterfelde (heute: [[Villa Folke Bernadotte]]), das er bis 1945 leitete. In dieser Zeit entwickelte er dort u.&nbsp;a. die weltweit erste [[Geschichte des Fernsehens#Elektronische Bildzerlegung und -wiedergabe|elektronische Bildzerlegung und -wiedergabe]] mit zeilenweiser Abtastung über eine [[Photozelle]] und Wiedergabe auf einer [[Kathodenstrahlröhre]]. Er erfand das [[Rasterelektronenmikroskop]], das er im Februar 1937 zum Patent anmeldete.


Die weltweit erste Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhre gelang Manfred von Ardenne am 14. Dezember 1930 in seinem Lichterfelder Laboratorium.<ref>[http://m.schuelerlexikon.de/mobile_physik/Manfred_von_Ardenne.htm ''Manfred von Ardenne''.] schuelerlexikon.de, abgerufen am 2. Juni 2014.</ref> Zur [[Internationale Funkausstellung|Funkausstellung]] in Berlin führte er ab dem 21. August 1931<ref>{{Internetquelle|url= http://www.deutsches-museum.de/sammlungen/meisterwerke/meisterwerke-ii/television/ |titel=Die Fernseh-Versuchsanordnung von Manfred von Ardenne|zugriff=2012-01-25}} [[Deutsches Museum]]</ref> das erste elektronische Fernsehen vor, mit dem er auf dem Titelblatt der ''[[The New York Times|New York Times]]'' international bekannt wurde. Mitte des 20. Jahrhunderts ging eine Vielzahl bedeutender Erfindungen auf den Gebieten der Funk- und Fernsehtechnik und der Elektronenmikroskopie auf die Arbeit seines privaten Forschungsinstituts zurück. Wichtigster Geldgeber war das von dem Physiker [[Wilhelm Ohnesorge]], einem Kriegskameraden seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg, geführte [[Reichspostministerium]].
Die erste Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhre in Deutschland gelang Manfred von Ardenne am 14. Dezember 1930 in seinem Lichterfelder Laboratorium, nachdem [[Philo Farnsworth]] in den USA dieses Verfahren schon im September 1927 in seinem Labor demonstriert hatte.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.heise.de/hintergrund/Vor-90-Jahren-Die-erste-elektronische-Bilduebertragung-Deutschlands-4988670.html |titel=Vor 90 Jahren: Die erste elektronische Bildübertragung Deutschlands |abruf=2020-12-14 |autor=Karl-Gerhard Haas |werk=[[heise online]] |datum=2020-12-14}}</ref> Zur [[Internationale Funkausstellung|Funkausstellung]] in Berlin führte von Ardenne ab 21. August 1931<ref>{{Internetquelle |url=http://www.deutsches-museum.de/sammlungen/meisterwerke/meisterwerke-ii/television/ |titel=Die Fernseh-Versuchsanordnung von Manfred von Ardenne |abruf=2012-01-25}} [[Deutsches Museum]]</ref> das erste elektronische Fernsehen vor, mit dem er auf dem Titelblatt der ''[[The New York Times|New York Times]]'' international bekannt wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Cornelius Cob |url=https://www.ndr.de/geschichte/koepfe/Manfred-von-Ardenne-Herr-des-Fernsehens,manfredvonardenne101.html |titel=Manfred von Ardenne – der Herr des Fernsehens |werk=[[Norddeutscher Rundfunk]] |datum=2019-11-19 |abruf=2020-08-06}}</ref> Mitte des 20. Jahrhunderts ging eine Vielzahl bedeutender Erfindungen auf den Gebieten der Funk- und Fernsehtechnik und der Elektronenmikroskopie auf die Arbeit seines privaten Forschungsinstituts zurück. Wichtigster Geldgeber war das von dem Physiker [[Wilhelm Ohnesorge (Politiker)|Wilhelm Ohnesorge]], einem Kriegskameraden seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg, geführte [[Reichspostministerium]].
=== Zeit des Nationalsozialismus ===
Nach der Entdeckung der Kernspaltung, deren militärisches Potenzial er rasch erkannte und über das er auch Ohnesorge informierte, wandte er sich sofort der experimentellen [[Kernphysik]] zu. Er baute Teilchenbeschleuniger ([[Van-de-Graaff-Beschleuniger|1-Millionen-Volt-van-de-Graaff-Anlage]], 60-Tonnen-[[Zyklotron]]) und beschäftigte sich mit der [[Isotopentrennung]]. Initiativen in Richtung einer deutschen Atombombe gingen von ihm nicht aus. Der theoretische Physiker [[Carl Friedrich von Weizsäcker]], einer der bedeutendsten Mitarbeiter des [[Uranprojekt]]s, hatte ihm erklärt, dass eine explosionsartig ablaufende Kettenreaktion, wie sie in einer Bombe ablaufen müsste, physikalisch unmöglich sei. Dennoch finanzierte Ohnesorge ein kernphysikalisches Institut des Reichspostministeriums Berlin-Lichterfelde-Ost in unmittelbarer Nähe des Ardenne-Laboratoriums. 1942 verfasste Ardenne einen Geheimbericht ''Über einen neuen magnetischen Isotopentrenner für hohen Massentransport'', ein Labormuster, mit dem Anfang 1945 auch erste Versuche zur Trennung von Lithiumisotopen durchgeführt wurden. Dessen Prototyp wurde möglicherweise 1943 auf einem Luftwaffenstützpunkt in [[Bad Saarow]] aufgebaut.<ref>[[Rainer Karlsch]]: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.</ref> Die Entwicklung des Lithium-Trenners ist noch nicht umfassend erforscht.<ref name="Ardenne">Manfred von Ardenne: ''Ein glückliches Leben für Technik und Forschung''. 4. Auflage. Verlag der Nation, Berlin 1976</ref>{{rp|S.&nbsp;422}}


=== Zeit des Nationalsozialismus ===
Ardenne beauftragte den seit Januar 1941 bei ihm beschäftigten Theoretiker [[Friedrich Georg Houtermans|Fritz Houtermans]], auch die Isotopentrennung von [[Uran]] mit einer [[Ultrazentrifuge]] durchzurechnen. Ein bereits im August 1941 von Houtermans vorgelegter [[Kernphysikalische Forschungsberichte|Bericht]] ''Zur Auslösung von Kern-Kettenreaktionen'' sorgte nach Kriegsende für Zweifel an der ausschließlich friedlichen Zielen dienenden Kernforschung in den von Ardenne geleiteten Einrichtungen. Denn Ardenne hatte den Houtermans-Bericht, in dem der Autor zeigte, dass ein Element mit der Massenzahl 239 (später [[Plutonium]] genannt) ebenfalls als [[Brennstoff]] und [[Explosivstoff]] genutzt werden könne,<ref>Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen.'' 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 70.</ref> damals gleichfalls als Geheimbericht klassifiziert, der einem ausgewählten Kreis deutscher Kernphysiker zur Kenntnis gegeben wurde. Nahezu zeitgleich meldete [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] eine Plutoniumbombe zum Patent an.<ref>Rainer Karlsch: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München 2005, S. 70.</ref>
Nach der Entdeckung der Kernspaltung, deren militärisches Potenzial er rasch erkannte und auch Ohnesorge darüber informierte, wandte er sich sofort der experimentellen [[Kernphysik]] zu. Er baute [[Linearbeschleuniger|Linear-]] und [[Ringbeschleuniger]] zur [[Isotopentrennung]] ([[Van-de-Graaff-Generator|1-Millionen-Volt-van-de-Graaff-Anlage]], 60-Tonnen-[[Zyklotron]]). Initiativen in Richtung einer deutschen Atombombe gingen von ihm nicht aus. Der theoretische Physiker [[Carl Friedrich von Weizsäcker]], einer der bedeutendsten Mitarbeiter des „[[Uranprojekt]]s“, hatte ihm erklärt, dass eine explosionsartig ablaufende Kettenreaktion, wie sie in einer Bombe ablaufen müsste, physikalisch unmöglich sei. Dennoch finanzierte Ohnesorge ein [[Kernphysikalisches Institut des Reichspostministeriums Berlin-Lichterfeld-Ost|Kernphysikalisches Institut]] in unmittelbarer Nähe des Ardenne-Laboratoriums.<ref>So unterstützte Ohnesorge während des Kriegs auch die Einrichtung eines Kernphysikalischen Instituts des Reichspostministeriums in Zeuthen, aus dem nach dem Krieg das [[Institut für Hochenergiephysik (Zeuthen)|Institut für Hochenergiephysik (IfH)]] entstand.</ref> 1942 verfasste Ardenne einen Geheimbericht ''Über einen neuen magnetischen Isotopentrenner für hohen Massentransport'', ein Labormuster, mit dem Anfang 1945 auch erste Versuche zur Trennung von Lithiumisotopen durchgeführt wurden. Dessen Prototyp wurde möglicherweise 1943 auf einem Luftwaffenstützpunkt in [[Bad Saarow]] aufgebaut.<ref>[[Rainer Karlsch]]: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.</ref> Die Entwicklung des Lithium-Trenners wurde noch nicht umfassend erforscht.<ref name="Ardenne">Manfred von Ardenne: ''Ein glückliches Leben für Technik und Forschung''. 6. Auflage. Verlag der Nation, Berlin 1982, S. 389.</ref> Sie könnte auf die von Historikern bislang kontrovers diskutierte Entwicklung einer [[Kernwaffentechnik|thermonuklearen Bombe]] in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] hinweisen, für die [[Lithium|<sup>6</sup>Li]] ein Grundstoff ist.
Getreu seinem Prinzip, ein physikalisches Problem in aller nur möglichen Breite zu bearbeiten, beauftragte Ardenne den seit Januar 1941 bei ihm beschäftigten Theoretiker [[Friedrich Georg Houtermans|Fritz Houtermans]], auch die Isotopentrennung von [[Uran]] mit einer [[Ultrazentrifuge]] durchzurechnen. Ein bereits im August 1941 von Houtermans vorgelegter [[Kernphysikalische Forschungsberichte|Bericht]] ''Zur Auslösung von Kern-Kettenreaktionen'' sorgte nach Kriegsende für Zweifel an der ausschließlich friedlichen Zielen dienenden Kernforschung in den von Ardenne geleiteten Einrichtungen. Denn Ardenne hatte den Houtermans-Bericht, in dem der Autor zeigte, dass ein Element mit der Massenzahl 239 (später [[Plutonium]] genannt) ebenfalls als [[Brennstoff]] und [[Explosivstoff]] genutzt werden könne,<ref>Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen.'' 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 70.</ref> damals gleichfalls als Geheimbericht klassifiziert, der einem ausgewählten Kreis deutscher Kernphysiker zur Kenntnis gegeben wurde. Nahezu zeitgleich meldete [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] eine Plutoniumbombe zum Patent an.<ref>Rainer Karlsch: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München 2005, S. 70.</ref>


=== Sowjetunion ===
=== Sowjetunion ===
Das geheime [[Konferenz von Jalta|Schlussprotokoll von Jalta]] (Februar 1945) legte als eine von drei [[Reparationen|Reparationsformen]] nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges die Verwendung deutscher Arbeitskräfte fest.<ref name="PD-DRM">Podiumsdiskussion im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst: „Intellektuelle Reparationen: Der Abfluss deutschen Know-hows in die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg und seine Folgen“, 31.&nbsp;August 2010, siehe hierzu auch: [http://www.drki.de/online/drki/cis-web2_drki_de.nsf/Inhalt/BerlinPodium drki.de], abgerufen am 22.&nbsp;Januar 2012.</ref> Die Proklamation Nr.&nbsp;2, Sektion VI, §&nbsp;19a<ref>''[http://www.verfassungen.de/de/de45-49/kr-proklamation2.htm Kontrollratsproklamation Nr. 2].'' abgerufen am 4.&nbsp;Januar 2012.</ref> des [[Alliierter Kontrollrat|Alliierten Kontrollrates]] erklärte den Einsatz deutscher Arbeitskräfte zur Reparationsarbeit auch außerhalb Deutschlands für zulässig. Im Protokoll der [[Potsdamer Konferenz]] (August 1945) wurden Arbeitsreparationen nicht erwähnt.
Das geheime [[Konferenz von Jalta|Schlussprotokoll von Jalta]] (Februar 1945) legte als eine von drei [[Reparationen|Reparationsformen]] nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges die Verwendung deutscher Arbeitskräfte fest.<ref name="PD-DRM">Podiumsdiskussion im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst: „Intellektuelle Reparationen: Der Abfluss deutschen Know-hows in die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg und seine Folgen“, 31.&nbsp;August 2010, siehe hierzu auch: {{Internetquelle |autor=Norbert Landsberg |url=http://www.drki.de/online/drki/cis-web2_drki_de.nsf/Inhalt/BerlinPodium |titel=Wissenstransfer in die Sowjetunion. Symposium mit Erinnerungen an ein wenig bekanntes Kapitel der Nachkriegsgeschichte |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140112201112/http://www.drki.de/online/drki/cis-web2_drki_de.nsf/Inhalt/BerlinPodium |archiv-datum=2014-01-12 |offline=1 |abruf=2012-01-22}}</ref> Die [[Kontrollratsproklamation]] Nr.&nbsp;2, Sektion VI, §&nbsp;19a<ref>''[http://www.verfassungen.de/de45-49/kr-proklamation2.htm Kontrollratsproklamation Nr. 2].'' abgerufen am 4.&nbsp;Januar 2012.</ref> des [[Alliierter Kontrollrat|Alliierten Kontrollrates]] erklärte den Einsatz deutscher Arbeitskräfte zur Reparationsarbeit auch außerhalb Deutschlands für zulässig. Im Protokoll der [[Potsdamer Konferenz]] (August 1945) wurden Arbeitsreparationen nicht erwähnt. Die USA und die Sowjetunion rangen um die bedeutendsten Wissenschaftler und Techniker, boten ihnen jedoch im jeweiligen Land privilegierte Bedingungen zur Weiterarbeit an.


Am 10. Mai 1945 stellte Ardenne auf Anraten von Generaloberst V. A. Machnejew, dem Beauftragten für den Sektor Wissenschaft und Technik und Verbindungsoffizier zur sowjetischen Akademie der Wissenschaften, einen Antrag auf wissenschaftliche Zusammenarbeit, dem stattgegeben wurde.<ref>{{Literatur|Autor=Gerhard Barkleit | Titel=Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen | Verlag=Duncker & Humblot |Ort=Berlin |Jahr=2008 | ISBN=978-3-428-12790-0 |Seiten=88 - 89|Kommentar=darin Bezug auf BStU Ast. Dresden. AOP 2554/76, Bd. 40, Bl. 104}}</ref> Von diesem Zeitpunkt bis 1954 arbeitete Ardenne gemeinsam mit anderen deutschen Technikern und Wissenschaftlern<ref name="Ardenne" /> an der Entwicklung der [[Sowjetisches Atombombenprojekt|sowjetischen Atombombe]] mit.<ref>''Wir haben die russische Atombombe beschleunigt: Interview mit Manfred von Ardenne''. In: Michael Schaaf: ''Heisenberg, Hitler und die Bombe. Gespräche mit Zeitzeugen.'' GNT-Verlag, Berlin 2001.</ref> Sein ''Forschungslaboratorium für Elektronenphysik'' wurde nach [[Sochumi]] in der ehemaligen [[Abchasische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik|AbASSR]] (im heutigen [[Abchasien]]/[[Georgien]]) verbracht, wo das [[Innenministerium der UdSSR|NKWD]] am 27. Juli 1945 das ''[[Sochumi-Institut der Physik und Technologie|Physikalisch-Mathematische Institut]]'' eröffnet hatte - Institut A genannt.<ref>[http://www.messenger.com.ge/issues/1253_december_8_2006/n_1253_brief.htm#2 ''Polonium 210 comes from Abkhazia – Georgian Greens''.] ''The Messenger'', Tbilisi</ref> Das von ihm bearbeitete Verfahren der elektromagnetischen Trennung von Uranisotopen kam bei der Produktion der ersten einsatzfähigen sowjetischen Atombomben nicht zum Einsatz. Aufgrund der Ardenne’schen Vorarbeiten zur industriellen Trennung von Lithiumisotopen gelang es jedoch der Sowjetunion, die USA im nuklearen [[Wettrüsten]] bei der Entwicklung der [[Wasserstoffbombe]] zu überholen. Für seinen Beitrag erhielt Ardenne im Dezember 1953 den [[Stalinpreis]] 2.&nbsp;Klasse.<ref>Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen.'' 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 125 ff.</ref> Für Entwicklung und Bau eines Elektronenmikroskops hatte er bereits im März 1947 eine Prämie in Höhe von 50.000 Rubel erhalten. 1948 konstruierte er die [[Duoplasmatron]]-[[Ionenquelle]] für den Einsatz in großen [[Teilchenbeschleuniger]]n und in kosmischen [[Rakete]]n mit [[Ionenantrieb]].
Am 10. Mai 1945 stellte Ardenne auf Anraten von Generaloberst V. A. Machnejew, dem Beauftragten für den Sektor Wissenschaft und Technik und Verbindungsoffizier zur sowjetischen [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften]], einen Antrag auf wissenschaftliche Zusammenarbeit, dem stattgegeben wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Barkleit |Titel=Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen |Verlag=Duncker & Humblot |Ort=Berlin |Datum=2008 |ISBN=978-3-428-12790-0 |Seiten=88 - 89 |Kommentar=darin Bezug auf BStU Ast. Dresden. AOP 2554/76, Bd. 40, Bl. 104}}</ref> Am 21. Mai 1945 flogen Ardenne und seine Frau nach [[Moskau]] „zum Abschluß eines Vertrags für zwei Wochen in die Sowjetunion“ in der Erwartung, dass sein Institut in Berlin bleiben und ein weiteres Institut in der Sowjetunion aufgebaut würde. Unmittelbar nach der Abreise wurde das gesamte Inventar seines Instituts in 750 Kisten verpackt und in einen Güterzug verladen, der zusammen mit seinen Kindern und Verwandten am 11. Juni 1945 in Moskau ankam.<ref name="Ardenne" />{{rp|S.&nbsp;154–158}} Die Sowjetunion hatte ihn als ersten deutschen Wissenschaftler zwangsverpflichtet. Für den Wiederaufbau des ''Forschungslaboratorium für Elektronenphysik'' hatte er die Wahl zwischen Moskau, der [[Krim]] oder [[Georgien|Grusinien]] im [[Kaukasus]].<ref name="Ardenne" />{{rp|S.&nbsp;160}} Ardenne wählte das grusinische [[Sochumi]] am [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]], wo das [[Innenministerium der UdSSR]] (NKWD) am 27. Juli 1945 das ''[[Sochumi-Institut der Physik und Technologie|Physikalisch-Mathematische Institut]]'' als ''Institut A'' eröffnete.<ref>{{Literatur |Autor=Ulrike Kohl |Titel=Die Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus: Max Planck, Carl Bosch und Albert Vögler zwischen Wissenschaft und Macht |Reihe=Pallas Athene. Beiträge Zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte |BandReihe=5 |Verlag=Franz Steiner Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2002 |ISBN=3-515-08049-X |Seiten=30 |Online={{Google Buch |BuchID=2RmFSs7sEJwC |Seite=30 |Hervorhebung=„Von Ardenne wurde Direktor des ‚Instituts A‘“ „Knapp 200 Deutsche lebten schließlich in Suchumi“}}}}</ref> Ardenne wurde am 21. August 1945 zum Direktor ernannt.<ref name="Ardenne" />{{rp|S.&nbsp;397}} Wie die Verschleppten der [[Aktion Ossawakim]] wurden sie hinter Stacheldraht eingeschlossen und durften „das Gelände nur noch mit sowjetischer Begleitung verlassen“.<ref name="Ardenne" />{{rp|S.&nbsp;170}}
Von diesem Zeitpunkt bis 1951 arbeitete Ardenne gemeinsam mit anderen deutschen Technikern und Wissenschaftlern<ref name="Ardenne" />, u.&nbsp;a. [[Gustav Hertz]], [[Max Steenbeck]], [[Peter Adolf Thiessen]] und [[Gernot Zippe]], an der Entwicklung der [[Sowjetisches Atombombenprojekt|sowjetischen Atombombe]].<ref>{{Literatur |Autor=Michael Schaaf |Titel=Heisenberg, Hitler und die Bombe - Gespräche mit Zeitzeugen |Verlag=GNT-Verlag |Ort=Diepholz |Datum=2018 |ISBN=978-3-86225-115-5 |Seiten=35 - 56}}</ref> Das von Ardenne bearbeitete Verfahren der elektromagnetischen Trennung von Uranisotopen kam bei der Produktion der ersten einsatzfähigen sowjetischen Atombomben jedoch nicht zum Einsatz. Dennoch erhielt er für seinen Beitrag Ardenne im Dezember 1953 den [[Stalinpreis]] 2.&nbsp;Klasse.<ref>Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen.'' 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 125 ff.</ref>  
 
Für Entwicklung und Bau eines Elektronenmikroskops erhielt Ardenne im März 1947 eine Prämie in Höhe von 50.000 Rubel. 1948 konstruierte er die [[Duoplasmatron]]-[[Ionenquelle]] für den Einsatz in großen [[Teilchenbeschleuniger]]n und in kosmischen [[Rakete]]n mit [[Ionenantrieb]]. Ab 1951 entwickelte er Präzisions-[[Oszillograph]]en und [[Massenspektrometrie|Massenspektrographen]] und plante den Aufbau seines neuen Instituts in Dresden.<ref name="Ardenne" />{{rp|S.&nbsp;212–218,399}}


=== Deutsche Demokratische Republik ===
=== Deutsche Demokratische Republik ===
[[Datei:Dresden Ardenne-Villa mit Sternwarte.jpg|mini|links|Ardenne-Villa mit Sternwarte, [[Weißer Hirsch| Dresden-Weißer Hirsch]]]]
[[Datei:Dresden Ardenne-Villa mit Sternwarte.jpg|mini|Ardenne-Villa mit Sternwarte, [[Weißer Hirsch|Dresden-Weißer Hirsch]]]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0617-038, Prof. Dr. Manfred von Ardenne.jpg|mini|Manfred von Ardenne auf einer Volkskammertagung, 1986]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0617-038, Prof. Dr. Manfred von Ardenne.jpg|mini|Manfred von Ardenne auf einer Volkskammertagung, 1986]]
Nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion baute Ardenne in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] das seinen Namen tragende Forschungsinstitut auf dem [[Weißer Hirsch|Weißen Hirsch]] in Dresden auf, das sich durch eine anwendungsorientierte industrienahe Forschung auszeichnete. Wie bereits in Berlin praktiziert, verwirklichte Ardenne auch in Dresden das Prinzip des Wohnens und Arbeitens unter einem Dach. Das Institut entwickelte sich mit rund 500 Mitarbeitern zum größten privatwirtschaftlichen Forschungsinstitut des gesamten Ostblocks. Stellvertretender Direktor des Instituts war seit 1965 [[Siegfried Schiller]], der von 1976 an auch für das [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] als [[Inoffizieller Mitarbeiter]] tätig war.<ref>Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), Außenstelle Dresden, AIM 2838/91.</ref> 1970 setzte Ardenne den Physiker Peter Lenk als Verwaltungsleiter ein. Ardenne lehrte als Professor für elektronische Sonderprobleme an der TU Dresden. Insgesamt besaß er etwa 600 Patente.
Nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion am 24. Mai 1955<ref name="Ardenne" />{{rp|S.&nbsp;399}} baute Ardenne in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] das [[Forschungsinstitut Manfred von Ardenne]] auf dem [[Weißer Hirsch|Weißen Hirsch]] in Dresden auf, das sich durch eine anwendungsorientierte industrienahe Forschung auszeichnete. Wie bereits in Berlin praktiziert, verwirklichte Ardenne auch in Dresden das Prinzip des Wohnens und Arbeitens unter einem Dach.
{{Hauptartikel|Forschungsinstitut Manfred von Ardenne}}
 
Das Institut entwickelte sich mit rund 500 Mitarbeitern zum größten privatwirtschaftlichen Forschungsinstitut des gesamten Ostblocks und stellt insbesondere in der DDR wegen seiner Privilegierung und Sonderstellung in einer ansonsten staatlichen beziehungsweise volkseigenen Industrie- und Forschungslandschaft eine Besonderheit dar. Forschungs- und Entwicklungsfelder waren die Elektronenstrahl- und Plasmatechnologie sowie die Beschichtung im Vakuum.<ref>[https://www.vonardenne.biz/de/unternehmen/geschichte/ Firmengeschichte vonArdenne Anlagenbau GmbH], abgerufen am 3. Okt. 2021</ref> Siehe hierzu auch [[Elektronenstrahl-Mehrkammerofen]].
 
Stellvertretender Direktor des Instituts war seit 1965 [[Siegfried Schiller]], der von 1976 an auch für das [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] als [[Inoffizieller Mitarbeiter]] tätig war.<ref>Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), Außenstelle Dresden, AIM 2838/91.</ref> 1970 setzte Ardenne den Physiker Peter Lenk als Verwaltungsleiter ein. Ardenne lehrte als Professor für elektronische Sonderprobleme an der TU Dresden. Insgesamt besaß er etwa 600 Patente.


Anfang der 1960er Jahre wandte sich Ardenne medizinischen Fragestellungen zu. Er entwickelte zwei verschiedene Therapien: die umstrittene [[Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie]], die das Befinden und die Vitalität verbessern soll, und die sogenannte systemische [[Krebs-Mehrschritt-Therapie]], bei der der Krebs und die [[Metastase]]n durch [[Hyperthermie]] (Überwärmung), [[Glucose|Glukose]] und [[Sauerstoff]] gegebenenfalls in Kombination mit einer Chemotherapie in mehreren Sitzungen bekämpft werden sollen. Ardenne war der Erste, der eine passive [[Ganzkörperhyperthermie]] zur Krebsbekämpfung einsetzte. Da dieses Verfahren sehr anstrengend ist, setzte er zur Unterstützung der Patienten während der Behandlung Sauerstoff ein.<ref>Gerhard Barkleit: [http://www.aerzteblatt.de/archiv/45331/Krebsforschung-Scheitern-eines-innovativen-Ansatzes Krebsforschung: ''Scheitern eines innovativen Ansatzes''.] In: ''[[Deutsches Ärzteblatt]]'', 2005, 102 [Heft 6], S. A 344–348</ref>
Anfang der 1960er Jahre wandte sich Ardenne medizinischen Fragestellungen zu. Entscheidend war ein Gespräch mit dem Biochemiker [[Otto Warburg (Biochemiker)|Otto Warburg]] im Jahre 1959.<ref>Manfred von Ardenne, Manfred Lotsch (Mitarb.): ''Ich bin Ihnen begegnet. Wegweiser der Wissenschaft, Pioniere der Technik, Köpfe der Politik.'' Droste Verlag, Düsseldorf 1997, S.&nbsp;255, ISBN 3-7700-1072-8.</ref> Ardenne entwickelte zwei verschiedene Therapien: die umstrittene [[Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie]], für die keine belastbaren Nachweise für den Nutzen und medizinische Notwendigkeit existieren, und die sogenannte systemische [[Krebs-Mehrschritt-Therapie]], bei der der Krebs und die [[Metastase]]n durch [[Hyperthermie]] (Überwärmung), [[Glucose|Glukose]] und [[Sauerstoff]] gegebenenfalls in Kombination mit einer Chemotherapie in mehreren Sitzungen bekämpft werden sollen. Ardenne war der Erste, der eine passive [[Ganzkörperhyperthermie]] zur Krebsbekämpfung einsetzte. Da dieses Verfahren sehr anstrengend ist, setzte er zur Unterstützung der Patienten während der Behandlung Sauerstoff ein.<ref>Gerhard Barkleit: [http://www.aerzteblatt.de/archiv/45331/Krebsforschung-Scheitern-eines-innovativen-Ansatzes Krebsforschung: ''Scheitern eines innovativen Ansatzes''.] In: ''[[Deutsches Ärzteblatt]]'', 2005, 102 [Heft 6], S. A 344–348</ref>


Der parteilose Ardenne war [[Volkskammer]]abgeordneter. Bei der Volkskammersitzung am 13. November 1989, kurz nach dem [[Fall der Mauer]], erinnerte er an die originelle Theorie einer "Sozialistischen Marktwirtschaft", die er 1968 gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Frank Rieger aus der [[Systemtheorie]] begründete und die mit der Aufforderung zur [[Dezentralisierung (Politik)|Dezentralisierung]] der Wirtschaft begann. Für Reformen im Hochschulbereich setzte er sich seit Anfang der 1970er Jahre wiederholt dezidiert ein.<ref>Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen.'' 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 282 ff.</ref>
Der parteilose Ardenne war von 1963 bis 1990 für den [[Kulturbund der DDR|Kulturbund]] [[Volkskammer]]abgeordneter. Für Reformen im Hochschulbereich setzte er sich seit Anfang der 1970er Jahre wiederholt dezidiert ein.<ref>Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen.'' 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 282 ff.</ref> [[Gerhard Barkleit]] bekam als einziger Historiker Zugang zu seinem Tagebuch und seinem Büro.<ref>{{Literatur |Autor=Barkleit, Gerhard. |Titel=Manfred von Ardenne : Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen |Auflage=2 |Verlag=Duncker & Humblot |Ort=Berlin |Datum=2008 |ISBN=978-3-428-12790-0 |Seiten=6 f.}}</ref>


=== Bundesrepublik Deutschland ===
=== Bundesrepublik Deutschland ===
Nach dem [[Zusammenbruch der DDR]] teilte Ardenne den physikalisch-technischen Bereich seines Instituts in das [[Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik|Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik]] und die [[Von Ardenne (Unternehmen)|Von Ardenne Anlagentechnik GmbH]] (seit 2013: Von Ardenne GmbH) auf. Sein Sohn [[Alexander von Ardenne]] führt das [[Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung]].<ref>Firmenprofil [http://med.ardenne.de/?cat=15 ''Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung GmbH''], abgerufen am 22. Juni 2017</ref>
Nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] teilte Ardenne den physikalisch-technischen Bereich seines Instituts in das [[Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik|Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik]] und die [[Von Ardenne (Unternehmen)|Von Ardenne Anlagentechnik GmbH]] (seit 2013: Von Ardenne GmbH) auf. Sein Sohn [[Alexander von Ardenne]] führt das [[Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung]].<ref>Firmenprofil [http://med.ardenne.de/?cat=15 ''Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung GmbH''], abgerufen am 22. Juni 2017</ref>


== Ehrungen ==
== Ehrungen ==
* 1941: [[Leibniz-Medaille (Berlin)|Silberne Leibniz-Medaille]] der Preußischen Akademie der Wissenschaften
* 1941: [[Leibniz-Medaille (Berlin)|Silberne Leibniz-Medaille]] der Preußischen Akademie der Wissenschaften
* 1945: Berufung in den Reichsforschungsrat
* 1945: Berufung in den Reichsforschungsrat
* 1947: [[Staatspreis der UdSSR]]
* 1947: [[Stalinpreis]] der UdSSR für die Erfindung des Elektronenmikroskops<ref>{{Internetquelle |url=http://www.biblioatom.ru/founders/ardenne_manfred_fon/ |titel=Manfred von Ardenne |werk=Geschichte Rosatom |sprache=ru |abruf=2020-06-03}}</ref>
* 1953: [[Stalinpreis]] 2. Klasse der UdSSR
* 1953: Stalinpreis 2. Klasse der UdSSR für die elektromagnetische Trennung von Isotopen und die Herstellung von Lithium-6
* 1958: [[Nationalpreis_der_DDR|Nationalpreis]] 1. Klasse
* 1958: [[Nationalpreis der DDR|Nationalpreis]] 1. Klasse
* 1958: Dr. rer. nat. h. c. der Universität Greifswald
* 1958: Dr. rer. nat. h. c. der Universität Greifswald
* 1958: [[Deutsche Friedensmedaille]]
* 1958: [[Deutsche Friedensmedaille]]
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* 1989: [[Liste der Ehrenbürger von Dresden|Ehrenbürger von Dresden]]
* 1989: [[Liste der Ehrenbürger von Dresden|Ehrenbürger von Dresden]]
* 1989: Colani Design France Preis
* 1989: Colani Design France Preis
== Persönliches ==
== Persönliches ==
[[Datei:Grab Manfred von Ardenne Weißer Hirsch 1 (cropped).jpg|mini|Grab Manfred von Ardennes auf dem Waldfriedhof Weißer Hirsch]]
[[Datei:Grab Manfred von Ardenne Weißer Hirsch 1 (cropped).jpg|mini|Grab Manfred von Ardennes auf dem Waldfriedhof Weißer Hirsch]]
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Sein Grab befindet sich auf dem [[Waldfriedhof Weißer Hirsch]].
Sein Grab befindet sich auf dem [[Waldfriedhof Weißer Hirsch]].


In seinem Roman ''[[Der Turm (Tellkamp)|Der Turm]]''<ref>[[Uwe Tellkamp]]: ''Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-518-42020-8.</ref> hat [[Uwe Tellkamp]] offensichtlich die Figur des Baron von Arbogast nach dem Vorbild des Manfred von Ardenne angelegt und ihm so ein literarisches Denkmal gesetzt. Viele Details hinsichtlich der Arbeit und der Biografie bis hin zum Wohnort in Dresden mit der „Volkssternwarte“ auf dem eigenen Anwesen stimmen überein.  
In seinem Roman ''[[Der Turm (Tellkamp)|Der Turm]]''<ref>[[Uwe Tellkamp]]: ''Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-518-42020-8.</ref> hat [[Uwe Tellkamp]] offensichtlich die Figur des Baron von Arbogast nach dem Vorbild des Manfred von Ardenne angelegt und ihm so ein literarisches Denkmal gesetzt. Viele Details hinsichtlich der Arbeit und der Biografie bis hin zum Wohnort in Dresden mit der „Volkssternwarte“ auf dem eigenen Anwesen stimmen überein.


== Werke (Auswahl) ==
== Werke (Auswahl) ==
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* 1997: ''Systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie. Hyperthermie und Hyperglykämie als Therapiebasis. Grundlagen, Konzeption, Technik, Klinik'' (bearbeitet von P. G. Reitnauer)
* 1997: ''Systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie. Hyperthermie und Hyperglykämie als Therapiebasis. Grundlagen, Konzeption, Technik, Klinik'' (bearbeitet von P. G. Reitnauer)
* 1999: ''Wo hilft Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie?'' (3. Auflage)
* 1999: ''Wo hilft Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie?'' (3. Auflage)
== Siehe auch ==
* [[Geschichte des Fernsehens]]
* [[Geschichte des Fernsehens in Deutschland]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Gerhard Barkleit: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen''. 2. Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12790-0.
* [[Gerhard Barkleit]]: ''Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen''. 2. Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12790-0.
* [[Jürgen Helfricht]]: ''Liebhaberastronom Manfred von Ardenne.'' In: ''Astronomiegeschichte Dresdens'' Hellerau-Verlag, Dresden 2001, ISBN 3-910184-76-6, S. 112–114.
* [[Jürgen Helfricht]]: ''Liebhaberastronom Manfred von Ardenne.'' In: ''Astronomiegeschichte Dresdens'' Hellerau-Verlag, Dresden 2001, ISBN 3-910184-76-6, S. 112–114.
* Rainer Karlsch: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.
* [[Rainer Karlsch]]: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.
* Michael Schaaf: ''Heisenberg, Hitler und die Bombe, Gespräche mit Zeitzeugen''. GNT-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-928186-60-4.
* Michael Schaaf: ''Heisenberg, Hitler und die Bombe, Gespräche mit Zeitzeugen''. Erw. Neuausgabe, GNT-Verlag, Diepholz 2018, ISBN 978-3-86225-115-5 (darin: ''"Wir haben die russische Atombombe beschleunigt." Ein Gespräch mit Manfred von Ardenne'', Kap. 2, S. 35–56)
* Manfred von Ardenne: ''Ein glückliches Leben für Technik und Forschung''. Autobiographie. Verlag der Nation, Berlin 1972. (Neuausgabe unter dem Titel ''Sechzig Jahre für Forschung und Fortschritt''. Verlag der Nation, Berlin 1987)
* Manfred von Ardenne: ''Ein glückliches Leben für Technik und Forschung''. Autobiographie. Verlag der Nation, Berlin 1972. (Neuausgabe unter dem Titel ''Sechzig Jahre für Forschung und Fortschritt''. Verlag der Nation, Berlin 1987)
* Manfred von Ardenne: ''Erinnerungen, fortgeschrieben''. Autobiographie (Fortsetzung). Droste 1997, ISBN 3-7700-1088-4.
* Manfred von Ardenne: ''Erinnerungen, fortgeschrieben''. Autobiographie (Fortsetzung). Droste 1997, ISBN 3-7700-1088-4.
* ''Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild''. Erster Band. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, ISBN 3-598-30664-4, S. 33.
* ''Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild''. Erster Band. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, ISBN 3-598-30664-4, S. 33.
* {{WWW-DDR|65|Ardenne, Baron Manfred Von|Peter Nötzold, [[Bernd-Rainer Barth]]}}
* {{WWW-DDR|id=baron-manfred-von-ardenne|lemma=Ardenne, Baron Manfred Von|autor=Peter Nötzold, [[Bernd-Rainer Barth]]|band=1|idNum=65}}
* {{Literatur
  |Autor=Manfred von Ardenne, Manfred Lotsch
  |Titel=Ich bin ihnen begegnet
  |Verlag=Droste
  |Ort=Düsseldorf
  |Datum=1997
  |ISBN=978-3-7700-1072-1
  |Seiten=334}}
* {{Literatur
  |Autor=Friedrich Herneck
  |Titel=Manfred von Ardenne
  |Verlag=Berlin Union-Verl.
  |Datum=1972}}
* K. Jäger, F. Heilbronner (Hrsg.): ''Lexikon der Elektrotechniker'', VDE Verlag, 2. Auflage von 2010, Berlin/Offenbach, ISBN 978-3-8007-2903-6, S. 24–25


== Weblinks ==
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* Gerhard Barkleit: [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=45331 ''Scheitern eines innovativen Ansatzes: Manfred von Ardenne und die Krebs-Mehrschritt-Therapie''] auf aerzteblatt.de
* Gerhard Barkleit: [https://www.aerzteblatt.de/archiv/45331 ''Scheitern eines innovativen Ansatzes: Manfred von Ardenne und die Krebs-Mehrschritt-Therapie''] auf aerzteblatt.de ([[Deutsches Ärzteblatt]] 6/2005)


== Einzelnachweise ==
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<references />
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Aktuelle Version vom 20. Februar 2022, 22:02 Uhr

Manfred von Ardenne, um 1930

Manfred Baron von Ardenne (* 20. Januar 1907 in Hamburg; † 26. Mai 1997 in Dresden-Weißer Hirsch) war ein deutscher Naturwissenschaftler und Techniker.

Er war als Forscher vor allem in der angewandten Physik tätig und ist Urheber von rund 600 Erfindungen und Patenten in der Funk- und Fernsehtechnik, Elektronenmikroskopie, Kern-, Plasma- und Medizintechnik.

Leben

Deutsches Kaiserreich

Manfred von Ardenne, um 1933

Manfred von Ardenne war Sohn des Regierungsrates Baron Egmont von Ardenne (1877–1947)[1] und dessen Frau Adela geb. Mutzenbecher (1885–1978), die einer Hamburger Patrizierfamilie entstammte. Die Scheidungsaffäre seiner Großeltern Armand von Ardenne und Elisabeth von Plotho war das Vorbild für Theodor Fontanes Roman Effi Briest. Sein Urgroßvater war der Kaufmann und Guano-Importeur Heinrich Ohlendorff. Als sein Vater 1913 ins Kriegsministerium versetzt wurde, zog die Familie nach Berlin-Neukölln. Nach zwei Jahren Privatunterricht besuchte Ardenne drei Jahre lang das Friedrichs-Realgymnasium in Berlin-Kreuzberg.

Weimarer Republik

Schon als Schüler (1922) interessierte sich Ardenne sehr für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Elektrophysik. Er konstruierte Modelle eines Fotoapparats und einer elektrischen Alarmanlage, beschäftigte sich mit Problemen der Rundfunktechnik und erhielt im Alter von 16 Jahren sein erstes Patent über ein „Verfahren zur Erzielung einer Tonselektion, insbesondere für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie“.

1923 verließ Ardenne vorzeitig das Gymnasium und widmete sich der Weiterentwicklung der Radiotechnik. Siegmund Loewe, Gründer der Radiofrequenz GmbH (später Radio AG D.S. Loewe), wurde zu seinem Förderer. Von Ardenne entwickelte gemeinsam mit Loewe, dem das Patent erteilt wurde, eine der ersten Mehrsystemröhren. In der sogenannten Dreifachröhre vom Typ 3NF[2] befanden sich drei Triodensysteme, vier Widerstände und zwei Kondensatoren.[3] Sie gilt als einer der ersten integrierten Schaltkreise und wurde im Ortsempfänger OE 333 eingesetzt.[4]

Ehemaliges Forschungslaboratorium für Elektronenphysik in Berlin-Lichterfelde, heute Kinder-, Jugend- und Kulturzentrum Villa Folke Bernadotte
Ardenne-Institut, 1955 bis 1990, in Dresden, Zeppelinstraße 7

Mit Honoraren für seine Veröffentlichungen und Geldern aus dem Patentverkauf verbesserte Ardenne 1925 den Breitbandverstärker (widerstandsgekoppelter Verstärker) erheblich, der u. a. die Entwicklung des Fernsehens und Radars entscheidend voranbrachte. Ein Patent auf diese Verbesserung wurde ihm wegen Vorveröffentlichung jedoch aberkannt. Obwohl er kein Abitur hatte, konnte er sich dank der Fürsprache des Nobelpreisträgers Walther Nernst sowie Georg Graf von Arco, dem Technischen Direktor von Telefunken, an der Universität in Berlin einschreiben und begann Physik, Chemie und Mathematik zu studieren. Nach vier Semestern brach er das Studium ab und widmete sich ganz seinen Forschungen auf dem Gebiet der angewandten Physik.

1928 wurde Manfred von Ardenne volljährig und gründete das Forschungslaboratorium für Elektronenphysik in Berlin-Lichterfelde (heute: Villa Folke Bernadotte), das er bis 1945 leitete. In dieser Zeit entwickelte er dort u. a. die weltweit erste elektronische Bildzerlegung und -wiedergabe mit zeilenweiser Abtastung über eine Photozelle und Wiedergabe auf einer Kathodenstrahlröhre. Er erfand das Rasterelektronenmikroskop, das er im Februar 1937 zum Patent anmeldete.

Die erste Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhre in Deutschland gelang Manfred von Ardenne am 14. Dezember 1930 in seinem Lichterfelder Laboratorium, nachdem Philo Farnsworth in den USA dieses Verfahren schon im September 1927 in seinem Labor demonstriert hatte.[5] Zur Funkausstellung in Berlin führte von Ardenne ab 21. August 1931[6] das erste elektronische Fernsehen vor, mit dem er auf dem Titelblatt der New York Times international bekannt wurde.[7] Mitte des 20. Jahrhunderts ging eine Vielzahl bedeutender Erfindungen auf den Gebieten der Funk- und Fernsehtechnik und der Elektronenmikroskopie auf die Arbeit seines privaten Forschungsinstituts zurück. Wichtigster Geldgeber war das von dem Physiker Wilhelm Ohnesorge, einem Kriegskameraden seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg, geführte Reichspostministerium.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Entdeckung der Kernspaltung, deren militärisches Potenzial er rasch erkannte und über das er auch Ohnesorge informierte, wandte er sich sofort der experimentellen Kernphysik zu. Er baute Teilchenbeschleuniger (1-Millionen-Volt-van-de-Graaff-Anlage, 60-Tonnen-Zyklotron) und beschäftigte sich mit der Isotopentrennung. Initiativen in Richtung einer deutschen Atombombe gingen von ihm nicht aus. Der theoretische Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker, einer der bedeutendsten Mitarbeiter des Uranprojekts, hatte ihm erklärt, dass eine explosionsartig ablaufende Kettenreaktion, wie sie in einer Bombe ablaufen müsste, physikalisch unmöglich sei. Dennoch finanzierte Ohnesorge ein kernphysikalisches Institut des Reichspostministeriums Berlin-Lichterfelde-Ost in unmittelbarer Nähe des Ardenne-Laboratoriums. 1942 verfasste Ardenne einen Geheimbericht Über einen neuen magnetischen Isotopentrenner für hohen Massentransport, ein Labormuster, mit dem Anfang 1945 auch erste Versuche zur Trennung von Lithiumisotopen durchgeführt wurden. Dessen Prototyp wurde möglicherweise 1943 auf einem Luftwaffenstützpunkt in Bad Saarow aufgebaut.[8] Die Entwicklung des Lithium-Trenners ist noch nicht umfassend erforscht.[9]:S. 422

Ardenne beauftragte den seit Januar 1941 bei ihm beschäftigten Theoretiker Fritz Houtermans, auch die Isotopentrennung von Uran mit einer Ultrazentrifuge durchzurechnen. Ein bereits im August 1941 von Houtermans vorgelegter Bericht Zur Auslösung von Kern-Kettenreaktionen sorgte nach Kriegsende für Zweifel an der ausschließlich friedlichen Zielen dienenden Kernforschung in den von Ardenne geleiteten Einrichtungen. Denn Ardenne hatte den Houtermans-Bericht, in dem der Autor zeigte, dass ein Element mit der Massenzahl 239 (später Plutonium genannt) ebenfalls als Brennstoff und Explosivstoff genutzt werden könne,[10] damals gleichfalls als Geheimbericht klassifiziert, der einem ausgewählten Kreis deutscher Kernphysiker zur Kenntnis gegeben wurde. Nahezu zeitgleich meldete Carl Friedrich von Weizsäcker eine Plutoniumbombe zum Patent an.[11]

Sowjetunion

Das geheime Schlussprotokoll von Jalta (Februar 1945) legte als eine von drei Reparationsformen nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges die Verwendung deutscher Arbeitskräfte fest.[12] Die Kontrollratsproklamation Nr. 2, Sektion VI, § 19a[13] des Alliierten Kontrollrates erklärte den Einsatz deutscher Arbeitskräfte zur Reparationsarbeit auch außerhalb Deutschlands für zulässig. Im Protokoll der Potsdamer Konferenz (August 1945) wurden Arbeitsreparationen nicht erwähnt. Die USA und die Sowjetunion rangen um die bedeutendsten Wissenschaftler und Techniker, boten ihnen jedoch im jeweiligen Land privilegierte Bedingungen zur Weiterarbeit an.

Am 10. Mai 1945 stellte Ardenne auf Anraten von Generaloberst V. A. Machnejew, dem Beauftragten für den Sektor Wissenschaft und Technik und Verbindungsoffizier zur sowjetischen Akademie der Wissenschaften, einen Antrag auf wissenschaftliche Zusammenarbeit, dem stattgegeben wurde.[14] Am 21. Mai 1945 flogen Ardenne und seine Frau nach Moskau „zum Abschluß eines Vertrags für zwei Wochen in die Sowjetunion“ in der Erwartung, dass sein Institut in Berlin bleiben und ein weiteres Institut in der Sowjetunion aufgebaut würde. Unmittelbar nach der Abreise wurde das gesamte Inventar seines Instituts in 750 Kisten verpackt und in einen Güterzug verladen, der zusammen mit seinen Kindern und Verwandten am 11. Juni 1945 in Moskau ankam.[9]:S. 154–158 Die Sowjetunion hatte ihn als ersten deutschen Wissenschaftler zwangsverpflichtet. Für den Wiederaufbau des Forschungslaboratorium für Elektronenphysik hatte er die Wahl zwischen Moskau, der Krim oder Grusinien im Kaukasus.[9]:S. 160 Ardenne wählte das grusinische Sochumi am Schwarzen Meer, wo das Innenministerium der UdSSR (NKWD) am 27. Juli 1945 das Physikalisch-Mathematische Institut als Institut A eröffnete.[15] Ardenne wurde am 21. August 1945 zum Direktor ernannt.[9]:S. 397 Wie die Verschleppten der Aktion Ossawakim wurden sie hinter Stacheldraht eingeschlossen und durften „das Gelände nur noch mit sowjetischer Begleitung verlassen“.[9]:S. 170

Von diesem Zeitpunkt bis 1951 arbeitete Ardenne gemeinsam mit anderen deutschen Technikern und Wissenschaftlern[9], u. a. Gustav Hertz, Max Steenbeck, Peter Adolf Thiessen und Gernot Zippe, an der Entwicklung der sowjetischen Atombombe.[16] Das von Ardenne bearbeitete Verfahren der elektromagnetischen Trennung von Uranisotopen kam bei der Produktion der ersten einsatzfähigen sowjetischen Atombomben jedoch nicht zum Einsatz. Dennoch erhielt er für seinen Beitrag Ardenne im Dezember 1953 den Stalinpreis 2. Klasse.[17]

Für Entwicklung und Bau eines Elektronenmikroskops erhielt Ardenne im März 1947 eine Prämie in Höhe von 50.000 Rubel. 1948 konstruierte er die Duoplasmatron-Ionenquelle für den Einsatz in großen Teilchenbeschleunigern und in kosmischen Raketen mit Ionenantrieb. Ab 1951 entwickelte er Präzisions-Oszillographen und Massenspektrographen und plante den Aufbau seines neuen Instituts in Dresden.[9]:S. 212–218,399

Deutsche Demokratische Republik

Ardenne-Villa mit Sternwarte, Dresden-Weißer Hirsch
Manfred von Ardenne auf einer Volkskammertagung, 1986

Nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion am 24. Mai 1955[9]:S. 399 baute Ardenne in der DDR das Forschungsinstitut Manfred von Ardenne auf dem Weißen Hirsch in Dresden auf, das sich durch eine anwendungsorientierte industrienahe Forschung auszeichnete. Wie bereits in Berlin praktiziert, verwirklichte Ardenne auch in Dresden das Prinzip des Wohnens und Arbeitens unter einem Dach.

Das Institut entwickelte sich mit rund 500 Mitarbeitern zum größten privatwirtschaftlichen Forschungsinstitut des gesamten Ostblocks und stellt insbesondere in der DDR wegen seiner Privilegierung und Sonderstellung in einer ansonsten staatlichen beziehungsweise volkseigenen Industrie- und Forschungslandschaft eine Besonderheit dar. Forschungs- und Entwicklungsfelder waren die Elektronenstrahl- und Plasmatechnologie sowie die Beschichtung im Vakuum.[18] Siehe hierzu auch Elektronenstrahl-Mehrkammerofen.

Stellvertretender Direktor des Instituts war seit 1965 Siegfried Schiller, der von 1976 an auch für das MfS als Inoffizieller Mitarbeiter tätig war.[19] 1970 setzte Ardenne den Physiker Peter Lenk als Verwaltungsleiter ein. Ardenne lehrte als Professor für elektronische Sonderprobleme an der TU Dresden. Insgesamt besaß er etwa 600 Patente.

Anfang der 1960er Jahre wandte sich Ardenne medizinischen Fragestellungen zu. Entscheidend war ein Gespräch mit dem Biochemiker Otto Warburg im Jahre 1959.[20] Ardenne entwickelte zwei verschiedene Therapien: die umstrittene Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie, für die keine belastbaren Nachweise für den Nutzen und medizinische Notwendigkeit existieren, und die sogenannte systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie, bei der der Krebs und die Metastasen durch Hyperthermie (Überwärmung), Glukose und Sauerstoff gegebenenfalls in Kombination mit einer Chemotherapie in mehreren Sitzungen bekämpft werden sollen. Ardenne war der Erste, der eine passive Ganzkörperhyperthermie zur Krebsbekämpfung einsetzte. Da dieses Verfahren sehr anstrengend ist, setzte er zur Unterstützung der Patienten während der Behandlung Sauerstoff ein.[21]

Der parteilose Ardenne war von 1963 bis 1990 für den Kulturbund Volkskammerabgeordneter. Für Reformen im Hochschulbereich setzte er sich seit Anfang der 1970er Jahre wiederholt dezidiert ein.[22] Gerhard Barkleit bekam als einziger Historiker Zugang zu seinem Tagebuch und seinem Büro.[23]

Bundesrepublik Deutschland

Nach der deutschen Wiedervereinigung teilte Ardenne den physikalisch-technischen Bereich seines Instituts in das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik und die Von Ardenne Anlagentechnik GmbH (seit 2013: Von Ardenne GmbH) auf. Sein Sohn Alexander von Ardenne führt das Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung.[24]

Ehrungen

  • 1941: Silberne Leibniz-Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften
  • 1945: Berufung in den Reichsforschungsrat
  • 1947: Stalinpreis der UdSSR für die Erfindung des Elektronenmikroskops[25]
  • 1953: Stalinpreis 2. Klasse der UdSSR für die elektromagnetische Trennung von Isotopen und die Herstellung von Lithium-6
  • 1958: Nationalpreis 1. Klasse
  • 1958: Dr. rer. nat. h. c. der Universität Greifswald
  • 1958: Deutsche Friedensmedaille
  • 1965: Nationalpreis 2. Klasse
  • 1965: Mitglied der Internationalen Astronautischen Akademie Paris
  • 1978: Dr. med. h. c. der Medizinischen Akademie Dresden
  • 1982: Dr. paed. h. c. der Pädagogischen Hochschule Dresden
  • 1982: Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold
  • 1983: Ehrenmitglied der Gesellschaft für Ultraschalltechnik
  • 1986: Wilhelm-Ostwald-Medaille der Sächsischen Akademie der Wissenschaften
  • 1986: Richard-Theile-Medaille der Deutschen Fernsehtechnischen Gesellschaft
  • 1986: Ernst-Abbe-Medaille der Kammer der Technik der DDR
  • 1987: Medaille für Kunst und Wissenschaft des Senats der Stadt Hamburg
  • 1987: Ernst-Krokowski-Preis der Gesellschaft für biologische Krebsabwehr
  • 1988: Ernst-Haeckel-Medaille der Urania
  • 1988: Diesel-Medaille in Gold des Deutschen Instituts für Erfindungswesen e. V. in München
  • 1988: Friedrich-Schiller-Preis der Stadt Hamburg
  • 1989: Ehrenbürger von Dresden
  • 1989: Colani Design France Preis

Persönliches

Grab Manfred von Ardennes auf dem Waldfriedhof Weißer Hirsch

Seit 1938 war er mit Bettina Bergengruen, einer Nichte des Schriftstellers Werner Bergengruen, verheiratet. Als Liebhaberastronom baute er 1956 an der Plattleite die „Volkssternwarte M. v. Ardenne“ und 1966 neben seinem Wohnschloss am Elbhang ein modernes Privatobservatorium. Seinen 90. Geburtstag konnte er 1997 noch mit seiner Ehefrau und im Kreis seiner Kinder und Kindeskinder – eine Tochter, drei Söhne, acht Enkel, drei Urenkel – feiern.[26]

Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof Weißer Hirsch.

In seinem Roman Der Turm[27] hat Uwe Tellkamp offensichtlich die Figur des Baron von Arbogast nach dem Vorbild des Manfred von Ardenne angelegt und ihm so ein literarisches Denkmal gesetzt. Viele Details hinsichtlich der Arbeit und der Biografie bis hin zum Wohnort in Dresden mit der „Volkssternwarte“ auf dem eigenen Anwesen stimmen überein.

Werke (Auswahl)

  • 1930: Die physikalischen Grundlagen der Rundfunk-Anlagen.
  • 1933: Die Kathodenstrahlröhre und ihre Anwendung in der Schwachstromtechnik.
  • 1940: Elektronen-Übermikroskopie. Physik, Technik, Ergebnisse. J. Springer, Berlin.
  • 1956: Tabellen zur Elektronenphysik, Ionenphysik und Übermikroskopie.
  • 1956: Tabellen zur angewandten Kernphysik.
  • 1962: Tabellen zur angewandten Physik (1962–1973)
  • 1997: Systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie. Hyperthermie und Hyperglykämie als Therapiebasis. Grundlagen, Konzeption, Technik, Klinik (bearbeitet von P. G. Reitnauer)
  • 1999: Wo hilft Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie? (3. Auflage)

Siehe auch

  • Geschichte des Fernsehens
  • Geschichte des Fernsehens in Deutschland

Literatur

  • Gerhard Barkleit: Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen. 2. Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12790-0.
  • Jürgen Helfricht: Liebhaberastronom Manfred von Ardenne. In: Astronomiegeschichte Dresdens Hellerau-Verlag, Dresden 2001, ISBN 3-910184-76-6, S. 112–114.
  • Rainer Karlsch: Hitlers Bombe. DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.
  • Michael Schaaf: Heisenberg, Hitler und die Bombe, Gespräche mit Zeitzeugen. Erw. Neuausgabe, GNT-Verlag, Diepholz 2018, ISBN 978-3-86225-115-5 (darin: "Wir haben die russische Atombombe beschleunigt." Ein Gespräch mit Manfred von Ardenne, Kap. 2, S. 35–56)
  • Manfred von Ardenne: Ein glückliches Leben für Technik und Forschung. Autobiographie. Verlag der Nation, Berlin 1972. (Neuausgabe unter dem Titel Sechzig Jahre für Forschung und Fortschritt. Verlag der Nation, Berlin 1987)
  • Manfred von Ardenne: Erinnerungen, fortgeschrieben. Autobiographie (Fortsetzung). Droste 1997, ISBN 3-7700-1088-4.
  • Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Erster Band. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, ISBN 3-598-30664-4, S. 33.
  • Kurzbiografie zu: Manfred von Ardenne. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1, Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Manfred von Ardenne, Manfred Lotsch: Ich bin ihnen begegnet. Droste, Düsseldorf 1997, ISBN 978-3-7700-1072-1, S. 334.
  • Friedrich Herneck: Manfred von Ardenne. Berlin Union-Verl., 1972.
  • K. Jäger, F. Heilbronner (Hrsg.): Lexikon der Elektrotechniker, VDE Verlag, 2. Auflage von 2010, Berlin/Offenbach, ISBN 978-3-8007-2903-6, S. 24–25

Weblinks

Commons: Manfred von Ardenne – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Ardenne, Egmont Freiherr von. Deutsche Biographie
  2. radiomuseum.org: Röhre 3NF. Abgerufen am 28. Januar 2016.
  3. Die Loewe-Röhre 3NFB – Analyse einer Mehrfachröhre Link (PDF; 170 kB)
  4. radiomuseum.org: Ortsempfänger OE333. Abgerufen am 28. Januar 2016.
  5. Karl-Gerhard Haas: Vor 90 Jahren: Die erste elektronische Bildübertragung Deutschlands. In: heise online. 14. Dezember 2020, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  6. Die Fernseh-Versuchsanordnung von Manfred von Ardenne. Abgerufen am 25. Januar 2012. Deutsches Museum
  7. Cornelius Cob: Manfred von Ardenne – der Herr des Fernsehens. In: Norddeutscher Rundfunk. 19. November 2019, abgerufen am 6. August 2020.
  8. Rainer Karlsch: Hitlers Bombe. DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 9,4 9,5 9,6 9,7 Manfred von Ardenne: Ein glückliches Leben für Technik und Forschung. 4. Auflage. Verlag der Nation, Berlin 1976
  10. Gerhard Barkleit: Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen. 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 70.
  11. Rainer Karlsch: Hitlers Bombe. DVA, München 2005, S. 70.
  12. Podiumsdiskussion im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst: „Intellektuelle Reparationen: Der Abfluss deutschen Know-hows in die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg und seine Folgen“, 31. August 2010, siehe hierzu auch: Norbert Landsberg: Wissenstransfer in die Sowjetunion. Symposium mit Erinnerungen an ein wenig bekanntes Kapitel der Nachkriegsgeschichte. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 12. Januar 2014; abgerufen am 22. Januar 2012.
  13. Kontrollratsproklamation Nr. 2. abgerufen am 4. Januar 2012.
  14. Gerhard Barkleit: Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12790-0, S. 88 - 89 (darin Bezug auf BStU Ast. Dresden. AOP 2554/76, Bd. 40, Bl. 104).
  15. Ulrike Kohl: Die Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus: Max Planck, Carl Bosch und Albert Vögler zwischen Wissenschaft und Macht (= Pallas Athene. Beiträge Zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte. Band 5). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08049-X, S. 30 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. Michael Schaaf: Heisenberg, Hitler und die Bombe - Gespräche mit Zeitzeugen. GNT-Verlag, Diepholz 2018, ISBN 978-3-86225-115-5, S. 35 - 56.
  17. Gerhard Barkleit: Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen. 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 125 ff.
  18. Firmengeschichte vonArdenne Anlagenbau GmbH, abgerufen am 3. Okt. 2021
  19. Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), Außenstelle Dresden, AIM 2838/91.
  20. Manfred von Ardenne, Manfred Lotsch (Mitarb.): Ich bin Ihnen begegnet. Wegweiser der Wissenschaft, Pioniere der Technik, Köpfe der Politik. Droste Verlag, Düsseldorf 1997, S. 255, ISBN 3-7700-1072-8.
  21. Gerhard Barkleit: Krebsforschung: Scheitern eines innovativen Ansatzes. In: Deutsches Ärzteblatt, 2005, 102 [Heft 6], S. A 344–348
  22. Gerhard Barkleit: Manfred von Ardenne. Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen. 2. erweiterte Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, S. 282 ff.
  23. Barkleit, Gerhard.: Manfred von Ardenne : Selbstverwirklichung im Jahrhundert der Diktaturen. 2. Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12790-0, S. 6 f.
  24. Firmenprofil Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung GmbH, abgerufen am 22. Juni 2017
  25. Manfred von Ardenne. In: Geschichte Rosatom. Abgerufen am 3. Juni 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  26. Den Applaus der Mediziner will er noch erleben: Manfred von Ardenne, einst bedeutendster Wissenschaftler und Erfinder der DDR, wird am Montag 90. In: Die Welt, 18. Januar 1997.
  27. Uwe Tellkamp: Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-518-42020-8.

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