Manfred Eigen

Manfred Eigen

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Manfred Eigen, Göttingen 1996
Königin Beatrix begegnet fünf Nobelpreisträgern (1983): Paul Berg, Christian de Duve, Steven Weinberg, Manfred Eigen und Nicolaas Bloembergen

Manfred Eigen (* 9. Mai 1927 in Bochum) ist ein deutscher Bio- bzw. Physikochemiker und ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Eigen wurde der Nobelpreis für Chemie (1967) in Anerkennung seiner Arbeiten zur Geschwindigkeitsmessung von schnellen chemischen Reaktionen verliehen.

Leben

Eigen stammt aus einer Musikerfamilie. Nach seinem Abitur 1944 am Humanistischen Gymnasium in Bochum (bis 2010 Gymnasium am Ostring) studierte Eigen Physik und Chemie an der Universität Göttingen, wo er 1951 bei Arnold Eucken auch promovierte[1]. 1953 holte ihn Karl Friedrich Bonhoeffer an das Max-Planck-Institut für physikalische Chemie in Göttingen, wo er 1958 wissenschaftliches Mitglied, 1962 Leiter der Abteilung für chemische Kinetik und 1964 zum Direktor des Instituts wurde, das 1971 von ihm erheblich erweitert werden konnte.[1]

Seit 1965 ist er Honorarprofessor an der TU Braunschweig.

Wirken

Manfred Eigen entwickelte kinetische Methoden zur Untersuchung extrem schneller Reaktionen. Mittels der Relaxationsmethode konnte er die Kinetik von schnellen biochemischen Reaktionen untersuchen. Eigens Name ist mit der Theorie des Hyperzyklus verknüpft, der zyklischen Verknüpfung von Reaktionszyklen als Erklärung für die Selbstorganisation von präbiotischen Systemen, die er zusammen mit Peter Schuster im Jahre 1979 beschrieb. Der Eigen-Wilkins-Mechanismus wurde nach ihm benannt.

Über die Erforschung von Enzymreaktionen wandte er sich später der Erforschung der Evolution zu. Eigen studierte das Verhalten von Nukleinsäuren, die durch Polymerase vervielfältigt und durch Nukleasen abgebaut wurden. Durch die Wiederholung der Abbau- und Aufbauzyklen kam es zum Aufbau von Nukleinsäuren, die durch Mutation gegen den Abbau durch die Nukleasen resistent waren. Die Experimente dauerten dabei oft nur wenige Stunden.

Diese Versuche führten zur Entwicklung sogenannter Evolutionsmaschinen. Dabei handelt es sich um Bioreaktoren, in denen sich zum Beispiel Viruskulturen züchten und deren Evolution unter Laborbedingungen beobachten lassen.

Durch die Variation der Reaktor-Parameter lassen sich die Häufigkeit der Mutationen und die Geschwindigkeit der Evolution beeinflussen. Das Verfahren wird heute im technischen Maßstab genutzt.[2]

Eigen gründete zwei Biotechnologiefirmen, Evotec und Direvo, die auf dem Gebiet des Hochdurchsatz-Screenings und der gerichteten Evolution (directed evolution) tätig sind.

Von 1983 bis 1993 war Eigen als Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes tätig.

Seit dem Frühjahr 2015 existiert die Manfred Eigen-Förderstiftung, die eine "unselbstständige Stiftung innerhalb des privaten Vermögens der Max-Planck-Gesellschaft"[3] ist. Sie fördert wissenschaftliche Projekte am MPI für biophysikalische Chemie und ist eine Verbrauchsstiftung.[4]

Auszeichnungen

1962 wurde Eigen mit dem Otto-Hahn-Preis für Chemie und Physik ausgezeichnet. 1964 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences und zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[5]

Der Nobelpreis für Chemie wurde 1967 auf zwei Forscherteams aufgeteilt. Der 40-jährige Eigen, der mit dem belgischen Chemiker Leo De Maeyer († 18. Juni 2014) zusammenarbeitete, wurde gemeinsam mit Ronald George Wreyford Norrish und George Porter für seine Studien über die Kinetik extrem schnell ablaufender chemischer Reaktionen mit Relaxationsmethoden ausgezeichnet.[6][7]

Seit 1972 ist Manfred Eigen korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1973 wurde er in der Orden Pour le Mérite aufgenommen[1], und seit 1976 ist er Mitglied der Sowjetischen (heute: Russischen) Akademie der Wissenschaften, seit .

Als Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes forderte er die Bildung einer Leistungselite, was ihm zahlreiche Kritik eintrug. Er ist Schirmherr des alljährlichen XLAB-Science-Festivals in Göttingen. Die Republik Österreich ehrte ihn 1976 mit dem Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst.

1980 erhielt er den Niedersachsenpreis der Kategorie Wissenschaft. 1992 wurde ihm der Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis zuerkannt. 1994 verlieh ihm die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften die Helmholtz-Medaille. Im gleichen Jahr erhielt er gemeinsam mit Rudolf Rigler vom Karolinska-Institut den Max-Planck-Forschungspreis. Seit 2001 ist Manfred Eigen Ehrenbürger der Ruhr-Universität Bochum.[8] Er hat mehrere Ehrendoktorwürden empfangen, etwa die der Harvard University. 2005 erhielt er den Lifetime Achievement Award des Institute of Human Virology in Baltimore. 2007 wurde Eigen mit der Goldenen Goethe-Medaille und 2011 mit der Wilhelm-Exner-Medaille ausgezeichnet.

Siehe auch

  • Quasispezies
  • Chemische Evolution

Veröffentlichungen

  • Molekulare Selbstorganisation und Evolution (Self organization of matter and the evolution of biological macro molecules), in: Die Naturwissenschaften, Band 58 (10), S. 465–523, Springer, Berlin / Heidelberg 1971, ISSN 0028-1042.
  • mit Ruthild Winkler: Das Spiel, Naturgesetze steuern den Zufall. Piper, München / Zürich 1975, ISBN 3-492-02151-4 (14 Auflagen); Neuauflage: Rieck, Eschborn 2010–2016 (6. Auflage), ISBN 978-3-924043-95-7 (das Buch wurde in 6 Sprachen übersetzt).
  • mit Peter Schuster: The Hypercycle – A Principle of Natural Self-Organization. Springer, Berlin 1979.
  • Stufen zum Leben. Piper, München / Zürich 1987.
  • Perspektiven der Wissenschaft - Jenseits von Ideologien und Wunschdenken. DVA, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-02752-8.
  • Peter Frieß, Andreas Fickers (Hrsg.): Wolfgang Frühwald und Manfred Eigen sprechen über die Neugier als Antrieb wissenschaftlichen Arbeitens (= TechnikDialog, Heft 1), Deutsches Museum, Bonn [1993], OCLC 312759487 (die ISBN 3-924183-90-2 wurde zweimal vergeben).
  • From Strange Simplicity to Complex Familiarity: A Treatise on Matter, Information, Life and Thought. Oxford University Press, Oxford 2013, ISBN 978-0-19-857021-9 (englisch).

Literatur

  • Professor Eigen zum 80. Geburtstag. Sonderteil in MPIbpc News. [Hauszeitung des MPI für biophysikalische Chemie], Heft Mai 2007.

Weblinks

Commons: Manfred Eigen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Manfred Eigen in: Orden pour le Mérite für Wissenschaften und Künste, 1842-2002, Bleicher Verlag, Gerlingen, 2002, ISBN 3-88350-175-1
  2. Evolutionsmaschine im Deutschen Museum, Bonn
  3. siehe Seite über die Stiftung am MPI für biophysikalische Chemie
  4. siehe Satzung der Manfred-Eigen-Förderstiftung, April 2015, PDF, abgerufen 7. August 2015
  5. Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Manfred Eigen (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 5. Juli 2016.
  6. Niedersachsen.de: Kurzbiographie von Manfred Eigen, Biophysiker
  7. The Nobel Prize in Chemistry 1967 – Nobelprize.org, gelesen am 2. April 2013
  8. Artikel - Rubens 66
VorgängerAmtNachfolger
Werner MaihoferSddV-Präsident
1983–1993
Helmut Altner

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