Kurt Diebner: Unterschied zwischen den Versionen

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== Frühe Jahre und Studium ==
== Frühe Jahre und Studium ==
Diebner studierte Physik an den Universitäten [[Universität Innsbruck|Innsbruck]] und [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Halle/Saale]]. In Halle gehörte er der studentischen Verbindung ''[[Halloren]]'' an. Während seines Studiums wurde er 1925 Mitglied der [[Sängerschaft Fridericiana (Halle)|Sängerschaft Fridericiana Halle]].<ref>Paul Meißner (Hrsg.): ''Alt-Herren-Verzeichnis der Deutschen Sängerschaft.'' Leipzig 1934, S. 202.</ref> 1931 promovierte er (''Über die Kolonnenionisation einzelner α-Strahlen'').<ref name="AnnPhy">''Annalen d. Physik.'' F. 5, Band 10.</ref> Die Arbeit zeigte, dass seine Stärken auf dem Feld der Experimentalphysik lagen.
Diebner studierte Physik an den Universitäten [[Universität Innsbruck|Innsbruck]] und [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Halle/Saale]]. Während seines Studiums wurde er 1925 Mitglied der [[Sängerschaft Fridericiana (Halle)|Sängerschaft Fridericiana Halle]].<ref>Paul Meißner (Hrsg.): ''Alt-Herren-Verzeichnis der Deutschen Sängerschaft.'' Leipzig 1934, S. 202.</ref> 1931 promovierte er (''Über die Kolonnenionisation einzelner α-Strahlen'').<ref name="AnnPhy">''Annalen d. Physik.'' F. 5, Band 10.</ref> Die Arbeit zeigte, dass seine Stärken auf dem Feld der Experimentalphysik lagen.


Kurz nachdem er den Doktortitel erhalten hatte, wechselte er zur [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|Physikalisch-Technischen Reichsanstalt]] (PTR) und 1934 zur Forschungsabteilung des [[Heereswaffenamt]]es (HWA). Dort arbeitete er unter der Leitung von [[Erich Schumann (Wissenschaftler)|Erich Schumann]] an der [[Initialzündung]] von Sprengstoffen mit Hilfe von Strahlung.<ref name="Diebner57">Kurt Diebner, Erich Bagge, Kenneth Jay: ''Von der Uranspaltung bis Calder Hall.'' Hamburg, 1957, S. 21.</ref> Ab Sommer 1939 übernahm Diebner die Leitung des neu gegründeten Referats für Atomphysik bei der Gruppe Wa F I (Physik) des HWA in Kummersdorf bei Berlin.
Kurz nachdem er den Doktortitel erhalten hatte, wechselte er zur [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|Physikalisch-Technischen Reichsanstalt]] (PTR) und 1934 zur Forschungsabteilung des [[Heereswaffenamt]]es (HWA). Dort arbeitete er unter der Leitung von [[Erich Schumann (Wissenschaftler)|Erich Schumann]] an der [[Initialzündung]] von Sprengstoffen mit Hilfe von Strahlung.<ref name="Diebner57">Kurt Diebner, Erich Bagge, Kenneth Jay: ''Von der Uranspaltung bis Calder Hall.'' Hamburg, 1957, S. 21.</ref> Ab Sommer 1939 übernahm Diebner die Leitung des neu gegründeten Referats für Atomphysik bei der Gruppe Wa F I (Physik) des HWA in Kummersdorf bei Berlin.
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Nach dem Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] strebte das HWA an, alle Forschungen zur Kernspaltung für Rüstungszwecke zu kontrollieren. Wichtigster Schritt in dieser Richtung war die Übernahme des [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik]] in Berlin-Dahlem. Der Niederländer [[Peter Debye]], seit 1935 Leiter des KWI für Physik, lehnte das Angebot ab, das Institut weiter zu führen, da dies mit der Auflage verbunden war, die [[deutsche Staatsbürgerschaft]] anzunehmen. An seiner Stelle trat Diebner die Stelle als Geschäftsführer des KWI für Physik an und besetzte diesen Posten von Januar 1940 bis September 1942. Durch Unterstützung von [[Erich Bagge]] gelang es Diebner,<ref>Beide gehörten der NSDAP an: M. Frayn: Copenhagen. Background Information. [http://www.artsalive.ca/pdf/eth/activities/copenhagen_guide.pdf 2003.] (PDF; 111&nbsp;kB) S. 5.</ref> [[Werner Heisenberg]] zur Mitarbeit an dem vom HWA geleiteten deutschen Uranprojekt zu überreden. Als die Verantwortung für das Uranprojekt an den [[Reichsforschungsrat]] überging und Heisenberg die Leitung des KWI für Physik übernahm, musste Diebner seinen Posten als Geschäftsführer jedoch räumen.<ref name="Walker05">Mark Walker: ''Eine Waffenschmiede? Kernwaffen- und Reaktorforschung am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik.'' [http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/publications.htm#Weitere Download (PDF-Datei)].</ref>
Nach dem Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] strebte das HWA an, alle Forschungen zur Kernspaltung für Rüstungszwecke zu kontrollieren. Wichtigster Schritt in dieser Richtung war die Übernahme des [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik]] in Berlin-Dahlem. Der Niederländer [[Peter Debye]], seit 1935 Leiter des KWI für Physik, lehnte das Angebot ab, das Institut weiter zu führen, da dies mit der Auflage verbunden war, die [[deutsche Staatsbürgerschaft]] anzunehmen. An seiner Stelle trat Diebner die Stelle als Geschäftsführer des KWI für Physik an und besetzte diesen Posten von Januar 1940 bis September 1942. Durch Unterstützung von [[Erich Bagge]] gelang es Diebner,<ref>Beide gehörten der NSDAP an: M. Frayn: Copenhagen. Background Information. [http://www.artsalive.ca/pdf/eth/activities/copenhagen_guide.pdf 2003.] (PDF; 111&nbsp;kB) S. 5.</ref> [[Werner Heisenberg]] zur Mitarbeit an dem vom HWA geleiteten deutschen Uranprojekt zu überreden. Als die Verantwortung für das Uranprojekt an den [[Reichsforschungsrat]] überging und Heisenberg die Leitung des KWI für Physik übernahm, musste Diebner seinen Posten als Geschäftsführer jedoch räumen.<ref name="Walker05">Mark Walker: ''Eine Waffenschmiede? Kernwaffen- und Reaktorforschung am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik.'' [http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/publications.htm#Weitere Download (PDF-Datei)].</ref>


Parallel zu den Arbeiten am KWI für Physik begann Diebner Ende 1939 mit dem Aufbau einer eigenen Atomforschungsgruppe an der [[Versuchsstelle Gottow]] der HWA. Die Arbeit des [[Uranprojekt]]s war wesentlich durch das spannungsvolle Verhältnis zwischen Kurt Diebner und Werner Heisenberg geprägt. Unbestritten ist heute, dass Diebner mit dem Würfel-Konzept über ein qualifizierteres Reaktorkonzept als Heisenberg mit seinem Platten-Konzept verfügte.
Parallel zu den Arbeiten am KWI für Physik begann Diebner Ende 1939 mit dem Aufbau einer eigenen Atomforschungsgruppe an der [[Versuchsstelle Gottow]] des HWA. Die Arbeit des [[Uranprojekt]]s war wesentlich durch das spannungsvolle Verhältnis zwischen Kurt Diebner und Werner Heisenberg geprägt. Unbestritten ist heute, dass Diebner mit dem Würfel-Konzept über ein qualifizierteres Reaktorkonzept als Heisenberg mit seinem Platten-Konzept verfügte.


Nach mehreren dokumentierten Reaktorversuchen kam es im Frühjahr 1944, das genaue Datum ist nicht bekannt, in Gottow zu dem Versuch G III b mit 564 Kilogramm Uranwürfeln und knapp sechshundert Liter [[Schweres Wasser|schwerem Wasser]]. Die Auswertung der Versuche ergab für G III b eine Neutronenvermehrung um 106 Prozent. Diese Werte lagen deutlich über allen zuvor erreichten Ergebnissen. Diebners Reaktorkonzept hatte seine Tauglichkeit bewiesen. Im Herbst 1944 begann Diebner in Gottow mit einem neuen Reaktorversuch, dessen Umstände bis heute nicht eindeutig geklärt sind. Offensichtlich muss es dabei zu einem Unfall gekommen sein, in dessen Folge Mitarbeiter verstrahlt worden sind.
Nach mehreren dokumentierten Reaktorversuchen kam es im Frühjahr 1944, das genaue Datum ist nicht bekannt, in Gottow zu dem Versuch G III b mit 564 Kilogramm Uranwürfeln und knapp sechshundert Liter [[Schweres Wasser|schwerem Wasser]]. Die Auswertung der Versuche ergab für G III b eine Neutronenvermehrung um 106 Prozent. Diese Werte lagen deutlich über allen zuvor erreichten Ergebnissen. Diebners Reaktorkonzept hatte seine Tauglichkeit bewiesen. Im Herbst 1944 begann Diebner in Gottow mit einem neuen Reaktorversuch, dessen Umstände bis heute nicht eindeutig geklärt sind. Offensichtlich muss es dabei zu einem Unfall gekommen sein, in dessen Folge Mitarbeiter verstrahlt wurden.


Im Januar 1944 kehrte Diebner als Stellvertreter des Beauftragten des Reichsforschungsrates für die kernphysikalische Forschung, [[Walther Gerlach]], ins [[Harnack-Haus]] zurück. Mittlerweile gab es neben den Reaktorversuchen einen weiteren Forschungsschwerpunkt. Nachgewiesen sind Diebners Versuche, 1943/44 mittels [[Hohlladung]]en [[Thermonukleare Reaktion|thermonukleare Reaktionen]] einzuleiten. Diese Versuche waren nach seiner Aussage nicht erfolgreich. Seine Teilnahme an Tests von nuklearen Versuchsanordnungen im März 1945 auf dem Truppenübungsplatz [[Ohrdruf]] ist wahrscheinlich.<ref name="Arnold12">H. Arnold: ''Zu einem autobiographischen Brief von Robert Döpel an Fritz Straßmann.'' [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:ilm1-2012200288 (2012)]. Abschn. 3.3 zu ''Bagge, Diebner und Tautorus'' mit dem Unterabschnitt ''Diebner und die Bombe''.</ref> [[Werner Grothmann]], Chefadjutant des Reichsführers SS [[Heinrich Himmler]], nennt ihn als durchführenden Verantwortlichen für diese Versuche.<ref name="Krotzky01">Wolf Krotzky: ''Gespräche mit Werner Grothmann.'' unveröffentlichtes Manuskript der Interviews 2000–2001.</ref>
Im Januar 1944 kehrte Diebner als Stellvertreter des Beauftragten des Reichsforschungsrates für die kernphysikalische Forschung, [[Walther Gerlach]], ins [[Harnack-Haus]] zurück. Mittlerweile gab es neben den Reaktorversuchen einen weiteren Forschungsschwerpunkt. Nachgewiesen sind Diebners Versuche, 1943/44 mittels [[Hohlladung]]en [[Thermonukleare Reaktion|thermonukleare Reaktionen]] einzuleiten. Diese Versuche waren nach seiner Aussage nicht erfolgreich. Seine Teilnahme an Tests von nuklearen Versuchsanordnungen im März 1945 auf dem Truppenübungsplatz [[Ohrdruf]] ist wahrscheinlich.<ref name="Arnold12">H. Arnold: ''Zu einem autobiographischen Brief von Robert Döpel an Fritz Straßmann.'' [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:ilm1-2012200288 (2012)]. Abschn. 3.3 zu ''Bagge, Diebner und Tautorus'' mit dem Unterabschnitt ''Diebner und die Bombe''.</ref> [[Werner Grothmann]], Chefadjutant des Reichsführers SS [[Heinrich Himmler]], nennt ihn als durchführenden Verantwortlichen für diese Versuche.<ref name="Krotzky01">Wolf Krotzky: ''Gespräche mit Werner Grothmann.'' unveröffentlichtes Manuskript der Interviews 2000–2001.</ref>
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== Nach dem Zweiten Weltkrieg ==
== Nach dem Zweiten Weltkrieg ==
1947 gründete er in Hamburg die Firma [[DURAG]]. Mit der Erfindung eines dann patentierten [[Dämmerungsschalter]]s verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Familie.
1947 gründete Diebner in Hamburg die Firma [[DURAG]]. Mit der Erfindung eines dann patentierten [[Dämmerungsschalter]]s verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Familie.


Ab Mai 1955 meldete Diebner gemeinsam mit [[Erich Bagge]] zahlreiche Reaktorpatente an. Darunter befinden sich unter anderem Patente zu [[Brutreaktor|Schnellen Brütern]], sowie zur [[Plutonium]]gewinnung und -separation. Zwei Patentanmeldungen erfolgten 1955 zusammen mit [[Friedwardt Winterberg]] zu [[Thermonukleare Bombe|thermonuklearen Bomben]] ([[Mininuke]], ''boosted weapon''), deren Zündung und Anwendung zog er allerdings wieder zurück. An den Patentanmeldungen seines früheren Chefs Erich Schumann über Bau und Zündung thermonuklearer Bomben war er nicht beteiligt.
Ab Mai 1955 meldete Diebner gemeinsam mit [[Erich Bagge]] zahlreiche Reaktorpatente an. Darunter befinden sich unter anderem Patente zu [[Brutreaktor|Schnellen Brütern]] sowie zur [[Plutonium]]gewinnung und -separation. Zwei Patentanmeldungen erfolgten 1955 zusammen mit [[Friedwardt Winterberg]] zu [[Thermonukleare Bombe|thermonuklearen Bomben]] ([[Mininuke]], ''boosted weapon''), deren Zündung und Anwendung zog er allerdings wieder zurück. An den Patentanmeldungen seines früheren Chefs Erich Schumann über Bau und Zündung thermonuklearer Bomben war er nicht beteiligt.


Die Veröffentlichung seiner dann als „Tautorus-Liste“ häufig zitierten Zusammenstellung von  Kernforschungsarbeiten aus der Kriegszeit nahm er 1956 in der von Erich Bagge herausgegebenen Zeitschrift „Atomkernenergie“ unter dem Namen eines kaufmännischen Angestellten „Tautorus“ vor, da er laut einer späteren Aussage von Bagge „fürchtete, wegen dieser Liste ins Zuchthaus zu kommen“. Im Zusammenhang mit den im vorigen Abschnitt erwähnten nuklearen Tests und den dabei zu Tode Gekommenen sind solche Befürchtungen verständlich.<ref name="Arnold12" />
Die Veröffentlichung seiner dann als „Tautorus-Liste“ häufig zitierten Zusammenstellung von  Kernforschungsarbeiten aus der Kriegszeit nahm er 1956 in der von Erich Bagge herausgegebenen Zeitschrift „Atomkernenergie“ unter dem Namen eines kaufmännischen Angestellten „Tautorus“ vor, da er laut einer späteren Aussage von Bagge „fürchtete, wegen dieser Liste ins Zuchthaus zu kommen“. Im Zusammenhang mit den im vorigen Abschnitt erwähnten nuklearen Tests und den dabei zu Tode Gekommenen sind solche Befürchtungen verständlich.<ref name="Arnold12" />
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== Arbeiten zu Diebners Rolle ==
== Arbeiten zu Diebners Rolle ==
Diebners Rolle im Heereswaffenamt und bei der Entwicklung einer [[Nuklearwaffe]] im Dritten Reich ist Gegenstand einer Publikation von [[Rainer Karlsch]]: ''Hitlers Bombe'',<ref name="Karlsch05">Rainer Karlsch: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München, 2005, ISBN 3-421-05809-1.</ref> die in der deutschen Presse zu heftigen Kontroversen führte.<ref name="STelex">Strahlentelex, Artikel 4: Zeit-Fragen Nr. 13 vom 29. März 2005: [http://www.strahlentelex.de/ ElektrosmogReport]</ref><ref>neuenachricht.de - Ansgar Lange: {{Webarchiv | url=http://www.ne-na.de/A556D3/NENA/NENA_NEU.nsf/0/BF41D405DC24B10EC1256FC60045B42F?OpenDocument | wayback=20070927033247 | text=„Hitlers Bombe“ als Lehrstück für journalistischen Niveauverlust - Rezensenten bekämpfen nachträglich das Atomwaffenprogramm der Nazis}} vom 16. März 2005.</ref>
Diebners Rolle im Heereswaffenamt und bei der Entwicklung einer [[Nuklearwaffe]] im Dritten Reich ist Gegenstand einer Publikation von [[Rainer Karlsch]]: ''Hitlers Bombe'',<ref name="Karlsch05">Rainer Karlsch: ''Hitlers Bombe.'' DVA, München, 2005, ISBN 3-421-05809-1.</ref> die in der deutschen Presse zu heftigen Kontroversen führte.<ref>Michael Schaaf: ''Es gab keine deutsche Atombombe'', Berliner Zeitung 14. März 2005 [https://www.berliner-zeitung.de/rainer-karlsch-behauptet--die-deutschen-haetten-1944-45-als-erste-kernwaffen-gezuendet--er-irrt-es-gab-keine-deutsche-atombombe-15707976]</ref><ref name="STelex">Strahlentelex, Artikel 4: Zeit-Fragen Nr. 13 vom 29. März 2005: [http://www.strahlentelex.de/ ElektrosmogReport]</ref><ref>neuenachricht.de - Ansgar Lange: {{Webarchiv | url=http://www.ne-na.de/A556D3/NENA/NENA_NEU.nsf/0/BF41D405DC24B10EC1256FC60045B42F?OpenDocument | wayback=20070927033247 | text=„Hitlers Bombe“ als Lehrstück für journalistischen Niveauverlust - Rezensenten bekämpfen nachträglich das Atomwaffenprogramm der Nazis}} vom 16. März 2005.</ref>
Der US-Historiker Mark Walker hat im Herbst 2005 eine wissenschaftliche Arbeit im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft publiziert, in der die These von Karlsch unterstützt wird.<ref name="Walker05" /> Für Tests von Kernspaltungswaffen konnte jedoch keine Radioaktivität als Beweis gefunden werden.<ref name="ptb">{{Internetquelle|hrsg=[[Physikalisch-Technische Bundesanstalt]]|url=https://www.ptb.de/cms/de/presseaktuelles/journalisten/presseinformationen/archiv-presseinformationen/archiv-presseinfo-artikel.html?tx_news_pi1%5Bnews%5D=321&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bday%5D=15&tx_news_pi1%5Bmonth%5D=2&tx_news_pi1%5Byear%5D=2006&cHash=562c2065e580291306b406252cd0396b|titel=In Bodenproben keine Spur von „Hitlers Bombe“|datum=2006-02-15|zugriff=2015-12-09}}</ref>
Der US-Historiker Mark Walker hat im Herbst 2005 eine wissenschaftliche Arbeit im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft publiziert, in der die These von Karlsch unterstützt wird.<ref name="Walker05" /> Für Tests von Kernspaltungswaffen konnte jedoch keine Radioaktivität als Beweis gefunden werden.<ref name="ptb">{{Internetquelle|hrsg=[[Physikalisch-Technische Bundesanstalt]]|url=https://www.ptb.de/cms/de/presseaktuelles/journalisten/presseinformationen/archiv-presseinformationen/archiv-presseinfo-artikel.html?tx_news_pi1%5Bnews%5D=321&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bday%5D=15&tx_news_pi1%5Bmonth%5D=2&tx_news_pi1%5Byear%5D=2006&cHash=562c2065e580291306b406252cd0396b|titel=In Bodenproben keine Spur von „Hitlers Bombe“|datum=2006-02-15|zugriff=2015-12-09|archiv-url=https://web.archive.org/web/20151221023239/https://www.ptb.de/cms/de/presseaktuelles/journalisten/presseinformationen/archiv-presseinformationen/archiv-presseinfo-artikel.html?tx_news_pi1%5Bnews%5D=321&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bday%5D=15&tx_news_pi1%5Bmonth%5D=2&tx_news_pi1%5Byear%5D=2006&cHash=562c2065e580291306b406252cd0396b|archiv-datum=2015-12-21|offline=ja|archiv-bot=2019-04-24 09:06:23 InternetArchiveBot}}</ref>


== Literatur ==
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== Filme ==
== Filme ==
In dem Fernsehfilm [[Ende der Unschuld]] wird die Figur des Kurt Diebner durch [[Udo Samel]] dargestellt. In der norwegischen Serie ''Der Kampf um Schweres Wasser'' (''Kampen om tungtvannet)'' spielt [[Andreas Döhler]] Diebner.
In dem Fernsehfilm [[Ende der Unschuld]] wird die Figur des Kurt Diebner durch [[Udo Samel]] dargestellt. In der norwegischen Serie [[Saboteure im Eis – Operation Schweres Wasser]] (''Kampen om tungtvannet)'' spielt [[Andreas Döhler]] Diebner.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* [http://nuclearweaponarchive.org/Nwfaq/Nfaq0.html Wissenschaftliche Grundlagen von Kernwaffen]
* [http://nuclearweaponarchive.org/Nwfaq/Nfaq0.html Wissenschaftliche Grundlagen von Kernwaffen]
* [http://www.petermann-heiko.de/index.php?option=com_content&view=article&id=87&Itemid=100 Materialien und Dokumente zu Diebner, Hohlladung, thermonukleare Bombe u.a.]
* [http://www.petermann-heiko.de/index.php?option=com_content&view=article&id=87&Itemid=100 Materialien und Dokumente zu Diebner, Hohlladung, thermonukleare Bombe u.&nbsp;a.]
* [http://www.provinzblogger.de/2009/03/25/die-uranmaschine-oder-der-1-atomreaktor-der-welt/ Video von den Resten des Atommeilers in Gottow]
* [http://www.provinzblogger.de/2009/03/25/die-uranmaschine-oder-der-1-atomreaktor-der-welt/ Video von den Resten des Atommeilers in Gottow]



Aktuelle Version vom 24. Februar 2022, 16:05 Uhr

Kurt Diebner.

Kurt Diebner (* 13. Mai 1905 in Obernessa, Landkreis Weißenfels; † 13. Juli 1964 in Oberhausen) war ein deutscher Kernphysiker.

Frühe Jahre und Studium

Diebner studierte Physik an den Universitäten Innsbruck und Halle/Saale. Während seines Studiums wurde er 1925 Mitglied der Sängerschaft Fridericiana Halle.[1] 1931 promovierte er (Über die Kolonnenionisation einzelner α-Strahlen).[2] Die Arbeit zeigte, dass seine Stärken auf dem Feld der Experimentalphysik lagen.

Kurz nachdem er den Doktortitel erhalten hatte, wechselte er zur Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR) und 1934 zur Forschungsabteilung des Heereswaffenamtes (HWA). Dort arbeitete er unter der Leitung von Erich Schumann an der Initialzündung von Sprengstoffen mit Hilfe von Strahlung.[3] Ab Sommer 1939 übernahm Diebner die Leitung des neu gegründeten Referats für Atomphysik bei der Gruppe Wa F I (Physik) des HWA in Kummersdorf bei Berlin.

Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges strebte das HWA an, alle Forschungen zur Kernspaltung für Rüstungszwecke zu kontrollieren. Wichtigster Schritt in dieser Richtung war die Übernahme des Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem. Der Niederländer Peter Debye, seit 1935 Leiter des KWI für Physik, lehnte das Angebot ab, das Institut weiter zu führen, da dies mit der Auflage verbunden war, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. An seiner Stelle trat Diebner die Stelle als Geschäftsführer des KWI für Physik an und besetzte diesen Posten von Januar 1940 bis September 1942. Durch Unterstützung von Erich Bagge gelang es Diebner,[4] Werner Heisenberg zur Mitarbeit an dem vom HWA geleiteten deutschen Uranprojekt zu überreden. Als die Verantwortung für das Uranprojekt an den Reichsforschungsrat überging und Heisenberg die Leitung des KWI für Physik übernahm, musste Diebner seinen Posten als Geschäftsführer jedoch räumen.[5]

Parallel zu den Arbeiten am KWI für Physik begann Diebner Ende 1939 mit dem Aufbau einer eigenen Atomforschungsgruppe an der Versuchsstelle Gottow des HWA. Die Arbeit des Uranprojekts war wesentlich durch das spannungsvolle Verhältnis zwischen Kurt Diebner und Werner Heisenberg geprägt. Unbestritten ist heute, dass Diebner mit dem Würfel-Konzept über ein qualifizierteres Reaktorkonzept als Heisenberg mit seinem Platten-Konzept verfügte.

Nach mehreren dokumentierten Reaktorversuchen kam es im Frühjahr 1944, das genaue Datum ist nicht bekannt, in Gottow zu dem Versuch G III b mit 564 Kilogramm Uranwürfeln und knapp sechshundert Liter schwerem Wasser. Die Auswertung der Versuche ergab für G III b eine Neutronenvermehrung um 106 Prozent. Diese Werte lagen deutlich über allen zuvor erreichten Ergebnissen. Diebners Reaktorkonzept hatte seine Tauglichkeit bewiesen. Im Herbst 1944 begann Diebner in Gottow mit einem neuen Reaktorversuch, dessen Umstände bis heute nicht eindeutig geklärt sind. Offensichtlich muss es dabei zu einem Unfall gekommen sein, in dessen Folge Mitarbeiter verstrahlt wurden.

Im Januar 1944 kehrte Diebner als Stellvertreter des Beauftragten des Reichsforschungsrates für die kernphysikalische Forschung, Walther Gerlach, ins Harnack-Haus zurück. Mittlerweile gab es neben den Reaktorversuchen einen weiteren Forschungsschwerpunkt. Nachgewiesen sind Diebners Versuche, 1943/44 mittels Hohlladungen thermonukleare Reaktionen einzuleiten. Diese Versuche waren nach seiner Aussage nicht erfolgreich. Seine Teilnahme an Tests von nuklearen Versuchsanordnungen im März 1945 auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf ist wahrscheinlich.[6] Werner Grothmann, Chefadjutant des Reichsführers SS Heinrich Himmler, nennt ihn als durchführenden Verantwortlichen für diese Versuche.[7]

Bekannte Arbeitsstätten Diebners waren das Heereswaffenamt Berlin, Hardenbergstraße, die Heeresversuchsstelle Kummersdorf[8] südlich von Berlin sowie ab Herbst 1944 ein Versuchslabor in den Räumlichkeiten der Mittelschule in Stadtilm/Thüringen. In dieser Zeit wohnte Diebner im nahe gelegenen Schloss Griesheim. Vor dem erhaltenen Gewölbekeller der bei Kriegsende zerstörten Mittelschule erinnert heute ein als Edelstahlkubus gestalteter Brunnen an die von Diebner mit Erfolg verwendeten Uranwürfel.[9]

Nach der abenteuerlichen Überführung des Labors von Stadtilm nach Bayern wurde Diebner im Mai 1945 von US-Soldaten verhaftet und gemeinsam mit den Nobelpreisträgern Werner Heisenberg und Otto Hahn sowie mit Walther Gerlach, Erich Bagge und anderen im Rahmen der Operation Epsilon für sechs Monate in Farm Hall (England) interniert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

1947 gründete Diebner in Hamburg die Firma DURAG. Mit der Erfindung eines dann patentierten Dämmerungsschalters verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Familie.

Ab Mai 1955 meldete Diebner gemeinsam mit Erich Bagge zahlreiche Reaktorpatente an. Darunter befinden sich unter anderem Patente zu Schnellen Brütern sowie zur Plutoniumgewinnung und -separation. Zwei Patentanmeldungen erfolgten 1955 zusammen mit Friedwardt Winterberg zu thermonuklearen Bomben (Mininuke, boosted weapon), deren Zündung und Anwendung zog er allerdings wieder zurück. An den Patentanmeldungen seines früheren Chefs Erich Schumann über Bau und Zündung thermonuklearer Bomben war er nicht beteiligt.

Die Veröffentlichung seiner dann als „Tautorus-Liste“ häufig zitierten Zusammenstellung von Kernforschungsarbeiten aus der Kriegszeit nahm er 1956 in der von Erich Bagge herausgegebenen Zeitschrift „Atomkernenergie“ unter dem Namen eines kaufmännischen Angestellten „Tautorus“ vor, da er laut einer späteren Aussage von Bagge „fürchtete, wegen dieser Liste ins Zuchthaus zu kommen“. Im Zusammenhang mit den im vorigen Abschnitt erwähnten nuklearen Tests und den dabei zu Tode Gekommenen sind solche Befürchtungen verständlich.[6]

Am 4. März 1957 erschien Diebners Name in der deutschen Presse mit der Ankündigung, dass er das „Geheimnis der Kernverschmelzung“ enträtselt habe. Am 20. März 1957 erhielt er noch einen großen Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel, doch konnte er die wissenschaftlichen Erwartungen nicht erfüllen. Die Erforschung der Fusion blieb dennoch auch weiterhin sein Thema und führte zu weiteren Patentanmeldungen.[10]

Diebner fungierte ab 1955 als Initiator und Herausgeber verschiedener Zeitschriften wie Kerntechnik. Er war einer der Gründer der Studiengesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt, die letztlich in die Gründung der GKSS in Geesthacht führte.

Arbeiten zu Diebners Rolle

Diebners Rolle im Heereswaffenamt und bei der Entwicklung einer Nuklearwaffe im Dritten Reich ist Gegenstand einer Publikation von Rainer Karlsch: Hitlers Bombe,[11] die in der deutschen Presse zu heftigen Kontroversen führte.[12][13][14] Der US-Historiker Mark Walker hat im Herbst 2005 eine wissenschaftliche Arbeit im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft publiziert, in der die These von Karlsch unterstützt wird.[5] Für Tests von Kernspaltungswaffen konnte jedoch keine Radioaktivität als Beweis gefunden werden.[15]

Literatur

  • Richard von Schirach: Die Nacht der Physiker. Heisenberg, Hahn, Weizsäcker und die deutsche Bombe. Berenberg, Berlin 2012, ISBN 978-3-937834-54-2.
  • Rainer Karlsch: Hitlers Bombe. DVA, München 2005, ISBN 3-421-05809-1.
  • Rainer Karlsch, Heiko Petermann (Hrsg.): Für und Wider Hitlers Bombe. Waxmann Verlag, Münster/ New York 2007, ISBN 978-3-8309-1893-6.
  • Mark Walker: German National Socialism and the Quest for Nuclear Power 1939-49. Cambridge UP, 1989, ISBN 0-521-36413-2.

Filme

In dem Fernsehfilm Ende der Unschuld wird die Figur des Kurt Diebner durch Udo Samel dargestellt. In der norwegischen Serie Saboteure im Eis – Operation Schweres Wasser (Kampen om tungtvannet) spielt Andreas Döhler Diebner.

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Paul Meißner (Hrsg.): Alt-Herren-Verzeichnis der Deutschen Sängerschaft. Leipzig 1934, S. 202.
  2. Annalen d. Physik. F. 5, Band 10.
  3. Kurt Diebner, Erich Bagge, Kenneth Jay: Von der Uranspaltung bis Calder Hall. Hamburg, 1957, S. 21.
  4. Beide gehörten der NSDAP an: M. Frayn: Copenhagen. Background Information. 2003. (PDF; 111 kB) S. 5.
  5. 5,0 5,1 Mark Walker: Eine Waffenschmiede? Kernwaffen- und Reaktorforschung am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik. Download (PDF-Datei).
  6. 6,0 6,1 H. Arnold: Zu einem autobiographischen Brief von Robert Döpel an Fritz Straßmann. (2012). Abschn. 3.3 zu Bagge, Diebner und Tautorus mit dem Unterabschnitt Diebner und die Bombe.
  7. Wolf Krotzky: Gespräche mit Werner Grothmann. unveröffentlichtes Manuskript der Interviews 2000–2001.
  8. Günter Nagel: Atomversuche in Deutschland. Heinrich-Jung-Verlag, Zella-Mehlis 2002, ISBN 3-930588-59-5.
  9. Errichtung des Brunnens 2004
  10. Patent 1414759: Verfahren zur Verwertung der Fusionsenergie von Deuterium und Tritium mit Hilfe konvergenter, periodischer Verdichtungsstöße.
  11. Rainer Karlsch: Hitlers Bombe. DVA, München, 2005, ISBN 3-421-05809-1.
  12. Michael Schaaf: Es gab keine deutsche Atombombe, Berliner Zeitung 14. März 2005 [1]
  13. Strahlentelex, Artikel 4: Zeit-Fragen Nr. 13 vom 29. März 2005: ElektrosmogReport
  14. neuenachricht.de - Ansgar Lange: „Hitlers Bombe“ als Lehrstück für journalistischen Niveauverlust - Rezensenten bekämpfen nachträglich das Atomwaffenprogramm der Nazis (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) vom 16. März 2005.
  15. In Bodenproben keine Spur von „Hitlers Bombe“. (Nicht mehr online verfügbar.) Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 15. Februar 2006, archiviert vom Original am 21. Dezember 2015; abgerufen am 9. Dezember 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ptb.de

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