Karl Friedrich Zöllner: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Dieser Artikel|behandelt den Physiker und Astronomen Karl Friedrich Zöllner. Zum Komponisten siehe [[Carl Friedrich Zöllner]].}}
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== Leben und Werk ==
== Leben und Werk ==
Zöllner studierte in [[Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]] und [[Universität Basel|Basel]] [[Physik]] und [[Naturwissenschaft]]en.  
Zöllner studierte in [[Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]] und [[Universität Basel|Basel]] [[Physik]] und [[Naturwissenschaft]]en.
Ab 1862 arbeitete er in Leipzig und [[Habilitation|habilitierte]] sich 1865 an der dortigen [[Universität Leipzig|Universität]] durch öffentliche Verteidigung seiner Dissertation ''Theorie der relativen Lichtstärken der Mondphasen''. 1866 wurde er zum außerordentlichen und 1872 zum ordentlichen [[Professor]] der physikalischen Astronomie ([[Astrophysik]]) ernannt.
Ab 1862 arbeitete er in Leipzig und [[Habilitation|habilitierte]] sich 1865 an der dortigen [[Universität Leipzig|Universität]] durch öffentliche Verteidigung seiner Dissertation ''Theorie der relativen Lichtstärken der Mondphasen''. 1866 wurde er zum außerordentlichen und 1872 zum ordentlichen [[Professor]] der physikalischen Astronomie ([[Astrophysik]]) ernannt.


[[Datei:Zoellner Photometer.png|mini|Zöllnersches Photometer]]
[[Datei:Zoellner Photometer.png|mini|Zöllnersches Photometer]]
Zöllner arbeitete vor allem auf dem Gebiet der [[Photometrie]]. Hierfür konstruierte er auch ein [[Astrophotometer]], das so genannte Zöllnersche Photometer. Erstmals beschrieben hatte er dieses Instrument in seinem Werk ''Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels'' (Berlin 1861). Man misst damit das [[Licht]] und die [[Farbe]] der [[Himmelskörper]]. Darüber hinaus baute er spektroskopische Geräte zur Messung der [[Protuberanz]]en der [[Sonne]] und zur genaueren Lokalisierung der [[Spektrallinie]]n. Schon 1860 beschrieb er die [[Zöllner-Täuschung]].<ref>FOCUS Online: [http://www.focus.de/wissen/mensch/illusionen/nichts-ist-wie-es-scheint_aid_23069.html Die Zoellner-Illusion]</ref><ref>about.com: [http://psychology.about.com/od/sensationandperception/ig/Optical-Illusions/Zollner-Illusion.htm Zollner Illusion - What Is the Zollner Illusion]</ref>
Zöllner arbeitete vor allem auf dem Gebiet der [[Photometrie]]. Hierfür konstruierte er auch ein [[Astrophotometer]], das so genannte Zöllnersche Photometer. Erstmals beschrieben hatte er dieses Instrument in seinem Werk ''Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels'' (Berlin 1861). Man misst damit das [[Licht]] und die [[Farbe]] der [[Himmelskörper]]. Darüber hinaus baute er spektroskopische Geräte zur Messung der [[Protuberanz]]en der [[Sonne]] und zur genaueren Lokalisierung der [[Spektrallinie]]n. Schon 1860 beschrieb er die [[Zöllner-Täuschung]].<ref>FOCUS Online: [http://www.focus.de/wissen/mensch/illusionen/nichts-ist-wie-es-scheint_aid_23069.html Die Zoellner-Illusion]</ref><ref>about.com: [http://psychology.about.com/od/sensationandperception/ig/Optical-Illusions/Zollner-Illusion.htm Zollner Illusion What Is the Zollner Illusion]</ref>


Sein Lehramt in Leipzig eröffnete Zöllner mit einer [[Vorlesung#Antrittsvorlesung|Antrittsvorlesung]] „Über die universelle Bedeutung der mechanischen Prinzipien“ (1867). 1869 wurde er Mitglied der [[Sächsische Akademie der Wissenschaften|Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften]].
Sein Lehramt in Leipzig eröffnete Zöllner mit einer [[Vorlesung#Antrittsvorlesung|Antrittsvorlesung]] „Über die universelle Bedeutung der mechanischen Prinzipien“ (1867). 1869 wurde er Mitglied der [[Sächsische Akademie der Wissenschaften|Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften]].
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Zöllner verfasste ein Werk ''Über die Natur der Kometen, Beiträge zur Geschichte und Theorie der Erkenntnis'' (Leipzig 1872), das nicht nur eine physikalische Theorie der [[Komet]]en enthält, sondern in Anlehnung an [[Immanuel Kant]] und [[Arthur Schopenhauer]] eine kritisch-philosophische Darstellung der Naturerkenntnis vermittelt. Er versuchte, ein einheitliches Naturgesetz der Physik zu begründen und leitete unter anderem die allgemeine [[Gravitation]] aus den [[Elektrizitätslehre|elektrischen Grundkräften]] der [[Materie (Physik)|Materie]] ab. Des Weiteren vertrat er im Anschluss an [[Hermann von Helmholtz]] die Auffassung, dass für die [[Physik]] eine Erweiterung vom [[dreidimensional]]en zum [[vierdimensional]]en Raum notwendig sei.
Zöllner verfasste ein Werk ''Über die Natur der Kometen, Beiträge zur Geschichte und Theorie der Erkenntnis'' (Leipzig 1872), das nicht nur eine physikalische Theorie der [[Komet]]en enthält, sondern in Anlehnung an [[Immanuel Kant]] und [[Arthur Schopenhauer]] eine kritisch-philosophische Darstellung der Naturerkenntnis vermittelt. Er versuchte, ein einheitliches Naturgesetz der Physik zu begründen und leitete unter anderem die allgemeine [[Gravitation]] aus den [[Elektrizitätslehre|elektrischen Grundkräften]] der [[Materie (Physik)|Materie]] ab. Des Weiteren vertrat er im Anschluss an [[Hermann von Helmholtz]] die Auffassung, dass für die [[Physik]] eine Erweiterung vom [[dreidimensional]]en zum [[vierdimensional]]en Raum notwendig sei.


Im Jahr 1877 veranstaltete Zöllner etliche spiritistische [[Séance]]n (speziell mit [[Henry Slade]]<ref> The Truth about Dr. Slade, in The Magician, Verlag Will Goldston, Vol. 1, November 1905, Seite 139 </ref>), zu denen er auch andere bedeutende Wissenschaftler wie [[Gustav Theodor Fechner]] und [[Wilhelm Wundt]] einlud und über die er in den folgenden Jahren ausführliche Berichte veröffentlichte.<ref>Corinna Treitel: ''A Science for the Soul – Occultism and the Genesis of the German Modern'', Johns Hopkins University Press, Baltimore und London 2004, S. 3–17</ref> Von diesen Sitzungen erhoffte er sich Beweise für die Existenz einer vierten Dimension<ref>Treitel, S. 20</ref>, und er interpretierte scheinbare [[Telekinese|telekinetische]] Erscheinungen während der Sitzungen in diesem Sinne. Dies stieß auf scharfe Kritik und löste in seinen letzten Lebensjahren eine heftige Debatte aus, in deren Verlauf Zöllner von verschiedenen Seiten als geisteskrank bezeichnet wurde und er selbst [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitische]] Ansichten äußerte.<ref>{{cite book|author=Friedrich Zöllner|title=Beiträge zur deutschen Judenfrage mit akademischen Arabesken als Unterlagen zu einer Reform der deutschen Universitäten. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Moritz Wirth|publisher=Oskar Mutze, Leipzig|year=1894|url=http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/177327}} (Freimann-Sammlung Digitalisat)</ref> So war er 1880 einer der Initiatoren der sogenenannten [[Antisemitenpetition]] an den deutschen [[Reichskanzler]].<ref>{{cite book|isbn=9783525357385|doi=10.13109/9783666357381.23|url=http://www.vr-elibrary.de/doi/abs/10.13109/9783666357381.23|author=Norbert Kampe|title=Studenten und »Judenfrage« im Deutschen Kaiserreich|pages=23}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Uffa Jensen|Titel=Gebildete Doppelgänger|Verlag=Vandenhoek &amp; Ruprecht|Jahr=2005|ISBN=3-525-35148-8|Online=http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00045666_00271.html}}, S.272</ref> Dem ungeachtet wurden Leipzig und einige der dortigen Verlage nach den 1877/1878 durchgeführten Seancen Zöllners zum Zentrum einer regelrechten Spiritusmuswelle, die vorher nur im Bürgertum der Hansestädte leidlich etabliert war.<ref name=":7">{{Literatur|Autor = Kurt Bayertz, Myriam Gerhard, Walter Jaeschke|Titel = Weltanschauung, Philosophie und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert: Der Ignorabimus-Streit|Verlag = Meiner Verlag|Jahr = 2007-11-15|ISBN = 9783787320127|Online = https://books.google.com/books?id=rTsLYk7lte4C|Zugriff = 2015-10-18}}</ref> Leipzig wurde so bereits im 19. Jahrhundert zur veritablen ''città occulta'' und Mittelpunkt des deutschen Spiritismus, der sich deutlich später als in der englischsprachigen Welt breiter etablierte.<ref name=":7" />  
Im Jahr 1877 veranstaltete Zöllner etliche spiritistische [[Séance]]n (speziell mit [[Henry Slade]]<ref>The Truth about Dr. Slade, in The Magician, Verlag Will Goldston, Vol. 1, November 1905, Seite 139</ref>), zu denen er auch andere bedeutende Wissenschaftler wie [[Gustav Theodor Fechner]] und [[Wilhelm Wundt]] einlud und über die er in den folgenden Jahren ausführliche Berichte veröffentlichte.<ref>Corinna Treitel: ''A Science for the Soul – Occultism and the Genesis of the German Modern'', Johns Hopkins University Press, Baltimore und London 2004, S. 3–17</ref> Von diesen Sitzungen erhoffte er sich Beweise für die Existenz einer vierten Dimension<ref>Treitel, S. 20</ref>, und er interpretierte scheinbare [[Telekinese|telekinetische]] Erscheinungen während der Sitzungen in diesem Sinne. Dies stieß auf scharfe Kritik und löste in seinen letzten Lebensjahren eine heftige Debatte aus, in deren Verlauf Zöllner von verschiedenen Seiten als geisteskrank bezeichnet wurde und er selbst [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitische]] Ansichten äußerte.<ref>{{cite book|author=Friedrich Zöllner|title=Beiträge zur deutschen Judenfrage mit akademischen Arabesken als Unterlagen zu einer Reform der deutschen Universitäten. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Moritz Wirth|publisher=Oskar Mutze, Leipzig|year=1894|url=http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/177327}} (Freimann-Sammlung Digitalisat)</ref> So war er 1880 einer der Initiatoren der sogenannten [[Antisemitenpetition]] an den deutschen [[Reichskanzler]].<ref>{{cite book|isbn=978-3-525-35738-5|doi=10.13109/9783666357381.23|url=http://www.vr-elibrary.de/doi/abs/10.13109/9783666357381.23|author=Norbert Kampe|title=Studenten und »Judenfrage« im Deutschen Kaiserreich|pages=23}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Uffa Jensen |Titel=Gebildete Doppelgänger |Verlag=Vandenhoeck &amp; Ruprecht |Datum=2005 |ISBN=3-525-35148-8 |Online=http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00045666_00271.html}}, S.&nbsp;272.</ref> Dessen ungeachtet wurden Leipzig und einige der dortigen Verlage nach den 1877/1878 durchgeführten Seancen Zöllners zum Zentrum einer regelrechten Spiritusmuswelle, die vorher nur im Bürgertum der Hansestädte leidlich etabliert war.<ref name=":7">{{Literatur |Autor=Kurt Bayertz, Myriam Gerhard, Walter Jaeschke |Titel=Weltanschauung, Philosophie und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert: Der Ignorabimus-Streit |Verlag=Meiner Verlag |Datum=2007 |ISBN=978-3-7873-2012-7 |Online=https://books.google.com/books?id=rTsLYk7lte4C |Abruf=2015-10-18}}</ref> Leipzig wurde so bereits im 19. Jahrhundert zur veritablen ''città occulta'' und Mittelpunkt des deutschen Spiritismus, der sich deutlich später als in der englischsprachigen Welt breiter etablierte.<ref name=":7" />


Der Mondkrater [[Zöllner (Mondkrater)|Zöllner]] wurde nach ihm benannt.
Der Mondkrater [[Zöllner (Mondkrater)|Zöllner]] wurde nach ihm benannt.<ref>{{PlanetaryNames|6773}}</ref>


== Werke ==
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* ''Wissenschaftliche Abhandlungen''. Bd. 1–4. Leipzig 1878–1881.
* ''Wissenschaftliche Abhandlungen''. Bd. 1–4. Leipzig 1878–1881.
* ''Beiträge zur deutschen Judenfrage mit akademischen Arabesken als Unterlagen zu einer Reform der deutschen Universitäten''. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Moritz Wirth. Mutze, Leipzig 1894. [http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/177327 Freimann-Sammlung Digitalisat]
* ''Beiträge zur deutschen Judenfrage mit akademischen Arabesken als Unterlagen zu einer Reform der deutschen Universitäten''. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Moritz Wirth. Mutze, Leipzig 1894. [http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/177327 Freimann-Sammlung Digitalisat]
*''Vierte Dimension und Okkultismus''. Aus den “wissenschaftlichen Abhandlungen” ausgew. und hrsg. von Rudolf Tischner. Ed. Geheimes Wissen, Graz, 2008, ISBN 978-3-902677-45-7.


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Dieter B. Herrmann]]: ''Karl Friedrich Zöllner'', Teubner, Leipzig 1982.
* [[Dieter B. Herrmann]]: ''Karl Friedrich Zöllner'', Teubner, Leipzig 1982.
* Jürgen Hamel: B''ibliographie der Schriften von Karl Friedrich Zöllner''. Archenhold-Sternwarte, Berlin-Treptow 1982.
* [[Jürgen Hamel]]: ''Bibliographie der Schriften von Karl Friedrich Zöllner''. Archenhold-Sternwarte, Berlin-Treptow 1982.
* [[Christoph Meinel (Historiker)|Christoph Meinel]]: ''Karl Friedrich Zöllner und die Wissenschaftskultur der [[Gründerzeit]]: Eine Fallstudie zur Genese konservativer Zivilisationskritik'', ERS-Verlag, Berlin 1991. ([http://epub.uni-regensburg.de/13312/1/ubr05545_ocr.pdf PDF])
* [[Christoph Meinel (Historiker)|Christoph Meinel]]: ''Karl Friedrich Zöllner und die Wissenschaftskultur der [[Gründerzeit]]: Eine Fallstudie zur Genese konservativer Zivilisationskritik'', ERS-Verlag, Berlin 1991. ([http://epub.uni-regensburg.de/13312/1/ubr05545_ocr.pdf PDF])


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[[Kategorie:Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften]]
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[[Kategorie:Ehrenmitglied des Physikalischen Vereins]]
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[[Kategorie:Deutscher]]
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[[Kategorie:Geboren 1834]]
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Aktuelle Version vom 21. Februar 2022, 19:38 Uhr

Karl Zöllner ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Zu anderen Personen siehe Carl Zöllner.
Johann Karl Friedrich Zöllner

Johann Karl Friedrich Zöllner (* 8. November 1834 in Berlin; † 25. April 1882 in Leipzig) war ein deutscher Physiker, Astronom und Spiritist.

Leben und Werk

Zöllner studierte in Berlin und Basel Physik und Naturwissenschaften. Ab 1862 arbeitete er in Leipzig und habilitierte sich 1865 an der dortigen Universität durch öffentliche Verteidigung seiner Dissertation Theorie der relativen Lichtstärken der Mondphasen. 1866 wurde er zum außerordentlichen und 1872 zum ordentlichen Professor der physikalischen Astronomie (Astrophysik) ernannt.

Zöllnersches Photometer

Zöllner arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Photometrie. Hierfür konstruierte er auch ein Astrophotometer, das so genannte Zöllnersche Photometer. Erstmals beschrieben hatte er dieses Instrument in seinem Werk Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels (Berlin 1861). Man misst damit das Licht und die Farbe der Himmelskörper. Darüber hinaus baute er spektroskopische Geräte zur Messung der Protuberanzen der Sonne und zur genaueren Lokalisierung der Spektrallinien. Schon 1860 beschrieb er die Zöllner-Täuschung.[1][2]

Sein Lehramt in Leipzig eröffnete Zöllner mit einer Antrittsvorlesung „Über die universelle Bedeutung der mechanischen Prinzipien“ (1867). 1869 wurde er Mitglied der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.

Zöllner verfasste ein Werk Über die Natur der Kometen, Beiträge zur Geschichte und Theorie der Erkenntnis (Leipzig 1872), das nicht nur eine physikalische Theorie der Kometen enthält, sondern in Anlehnung an Immanuel Kant und Arthur Schopenhauer eine kritisch-philosophische Darstellung der Naturerkenntnis vermittelt. Er versuchte, ein einheitliches Naturgesetz der Physik zu begründen und leitete unter anderem die allgemeine Gravitation aus den elektrischen Grundkräften der Materie ab. Des Weiteren vertrat er im Anschluss an Hermann von Helmholtz die Auffassung, dass für die Physik eine Erweiterung vom dreidimensionalen zum vierdimensionalen Raum notwendig sei.

Im Jahr 1877 veranstaltete Zöllner etliche spiritistische Séancen (speziell mit Henry Slade[3]), zu denen er auch andere bedeutende Wissenschaftler wie Gustav Theodor Fechner und Wilhelm Wundt einlud und über die er in den folgenden Jahren ausführliche Berichte veröffentlichte.[4] Von diesen Sitzungen erhoffte er sich Beweise für die Existenz einer vierten Dimension[5], und er interpretierte scheinbare telekinetische Erscheinungen während der Sitzungen in diesem Sinne. Dies stieß auf scharfe Kritik und löste in seinen letzten Lebensjahren eine heftige Debatte aus, in deren Verlauf Zöllner von verschiedenen Seiten als geisteskrank bezeichnet wurde und er selbst antisemitische Ansichten äußerte.[6] So war er 1880 einer der Initiatoren der sogenannten Antisemitenpetition an den deutschen Reichskanzler.[7][8] Dessen ungeachtet wurden Leipzig und einige der dortigen Verlage nach den 1877/1878 durchgeführten Seancen Zöllners zum Zentrum einer regelrechten Spiritusmuswelle, die vorher nur im Bürgertum der Hansestädte leidlich etabliert war.[9] Leipzig wurde so bereits im 19. Jahrhundert zur veritablen città occulta und Mittelpunkt des deutschen Spiritismus, der sich deutlich später als in der englischsprachigen Welt breiter etablierte.[9]

Der Mondkrater Zöllner wurde nach ihm benannt.[10]

Werke

  • Über Photometrie. In: Poggendorffs Annalen, 1857.
  • Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels. Leipzig 1861.
  • Photometrische Untersuchungen. Leipzig 1865.
  • Theorie des 4-dimensionalen Raumes. Leipzig 1867.
  • Die Natur der Kometen. Leipzig 1870.
  • Über den wissenschaftlichen Missbrauch der Vivisektion. Leipzig 1880.
  • Wissenschaftliche Abhandlungen. Bd. 1–4. Leipzig 1878–1881.
  • Beiträge zur deutschen Judenfrage mit akademischen Arabesken als Unterlagen zu einer Reform der deutschen Universitäten. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Moritz Wirth. Mutze, Leipzig 1894. Freimann-Sammlung Digitalisat
  • Vierte Dimension und Okkultismus. Aus den “wissenschaftlichen Abhandlungen” ausgew. und hrsg. von Rudolf Tischner. Ed. Geheimes Wissen, Graz, 2008, ISBN 978-3-902677-45-7.

Literatur

  • Dieter B. Herrmann: Karl Friedrich Zöllner, Teubner, Leipzig 1982.
  • Jürgen Hamel: Bibliographie der Schriften von Karl Friedrich Zöllner. Archenhold-Sternwarte, Berlin-Treptow 1982.
  • Christoph Meinel: Karl Friedrich Zöllner und die Wissenschaftskultur der Gründerzeit: Eine Fallstudie zur Genese konservativer Zivilisationskritik, ERS-Verlag, Berlin 1991. (PDF)

Weblinks

 Wikisource: Karl Friedrich Zöllner – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. FOCUS Online: Die Zoellner-Illusion
  2. about.com: Zollner Illusion – What Is the Zollner Illusion
  3. The Truth about Dr. Slade, in The Magician, Verlag Will Goldston, Vol. 1, November 1905, Seite 139
  4. Corinna Treitel: A Science for the Soul – Occultism and the Genesis of the German Modern, Johns Hopkins University Press, Baltimore und London 2004, S. 3–17
  5. Treitel, S. 20
  6. Friedrich Zöllner: Beiträge zur deutschen Judenfrage mit akademischen Arabesken als Unterlagen zu einer Reform der deutschen Universitäten. Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Moritz Wirth.. Oskar Mutze, Leipzig, 1894. (Freimann-Sammlung Digitalisat)
  7. Norbert Kampe: Studenten und »Judenfrage« im Deutschen Kaiserreich., ISBN 978-3-525-35738-5, S. 23, doi:10.13109/9783666357381.23.
  8. Uffa Jensen: Gebildete Doppelgänger. Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, ISBN 3-525-35148-8 (digitale-sammlungen.de)., S. 272.
  9. 9,0 9,1 Kurt Bayertz, Myriam Gerhard, Walter Jaeschke: Weltanschauung, Philosophie und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert: Der Ignorabimus-Streit. Meiner Verlag, 2007, ISBN 978-3-7873-2012-7 (google.com [abgerufen am 18. Oktober 2015]).
  10. Karl Friedrich Zöllner im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS

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