Kalibrierung: Unterschied zwischen den Versionen

Kalibrierung: Unterschied zwischen den Versionen

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* Für die Kalibrierung im Bankwesen siehe [[Kalibrierung (Bankwesen)]]
'''Kalibrierung''' (in Anlehnung an das englische Wort ''calibration'' auch '''Kalibration''') in der Messtechnik ist ein [[Messung|Messprozess]] zur Feststellung und Dokumentation der Abweichung eines [[Messgerät]]es oder einer [[Maßverkörperung]] gegenüber einem anderen Gerät oder einer anderen Maßverkörperung, die in diesem Fall als [[Normal]] bezeichnet werden. In der Definition des [[International Vocabulary of Metrology|VIM]] von JCGM 2008<ref>Joint Committee for Guides in Metrology: International vocabulary of metrology – Basic and general concepts and associated terms (VIM): [http://www.bipm.org/utils/common/documents/jcgm/JCGM_200_2008.pdf#page=42 Definition 2.39].</ref> gehört zur Kalibrierung ein zweiter Schritt, nämlich die Berücksichtigung der ermittelten Abweichung bei der anschließenden Benutzung des Messgerätes zur Korrektur der abgelesenen Werte. Nach DIN1319-1 beinhaltet die Kalibrierung keinen Eingriff, der das Messgerät verändert; eine Anpassung des Messgerätes auf Basis der Ergebnisse aus der Kalibrierung wird als Justierung definiert.<ref>DIN 1319-1:1995 ''Grundlagen der Meßtechnik; Teil 1: Grundbegriffe''; Nr. 4.10</ref>
* Für die Kalibrierung bei der Extrusion in der Verfahrenstechnik siehe [[Kalibrierung (Extrusion)]].
* Für die Kalibrierung beim Farbmanagement siehe [[Kalibrierung bei Farbmanagement]].}}


'''Kalibrierung''' (in Anlehnung an das englische Wort "calibration" auch '''Kalibration''') in der Messtechnik ist ein [[Messung|Messprozess]] zur zuverlässig reproduzierbaren Feststellung und Dokumentation der Abweichung eines [[Messgerät]]es oder einer [[Maßverkörperung]] gegenüber einem anderen Gerät oder einer anderen Maßverkörperung, die in diesem Fall als [[Normal]] bezeichnet werden. In der Definition des [[International Vocabulary of Metrology|VIM]] von JCGM 2008 <ref>Joint Committee for Guides in Metrology: International vocabulary of metrology – Basic and general concepts and associated terms (VIM): [http://www.bipm.org/utils/common/documents/jcgm/JCGM_200_2008.pdf#page=42 Definition 2.39].</ref> gehört zur Kalibrierung ein zweiter Schritt, nämlich die Berücksichtigung der ermittelten Abweichung bei der anschließenden Benutzung des Messgerätes zur Korrektur der abgelesenen Werte.
Der Begriff Kalibrierung wird häufig mit den nicht synonymen Wörtern [[Eichung]], [[Konformitätsbewertung|Konformitätsaussage]], Spezifikationsprüfung, Abgleich, [[Justierung]] oder [[Zertifizierung]] verwechselt, zur Abgrenzung [[#Abgrenzung gegen andere Begriffe|siehe unten]].
 
Der Begriff Kalibrierung wird häufig mit den nicht synonymen Wörtern Eichung, Konformitätsaussage, Spezifikationsprüfung, Abgleich, [[Justierung]] oder Zertifizierung verwechselt, zur Abgrenzung [[#Abgrenzung_gegen_andere_Begriffe|siehe unten]].


== Rückführbarkeit ==
== Rückführbarkeit ==
 
Bei einer ''[[Rückführbarkeit|metrologisch rückführbaren]]'' Kalibrierung wird ein Normal eingesetzt, dessen Wert ebenfalls rückführbar bestimmt ist: Solch ein Normal besitzt selbst eine Kalibrierung, die durch eine ununterbrochene Kette von Kalibrierungen eine Beziehung zu den Definitionen der [[Internationales Einheitensystem|SI-Einheiten]] hat. Diese Beziehung wird ausgedrückt durch die beiden Parameter ''Abweichung'' und ''[[Messunsicherheit|Kalibrierunsicherheit]]''. Wird das Ergebnis der Kalibrierung nun wiederum mit Abweichung und Unsicherheit ausgedrückt, so ist auch dieses Kalibrierergebnis ''rückführbar''. Rückführbarkeit ist also die Eigenschaft eines ''Ergebnisses'' und nicht eines Gerätes.
Bei einer ''[[Rückführbarkeit|rückführbaren]]'' Kalibrierung wird zunächst ein rückführbares Normal eingesetzt. Solch ein Normal besitzt selbst eine Kalibrierung, die durch eine ununterbrochene Kette von Kalibrierungen eine Beziehung zu den Definitionen der [[Internationales Einheitensystem|SI-Einheiten]] hat. Diese Beziehung wird ausgedrückt durch die beiden Parameter ''Abweichung'' und ''[[Messunsicherheit|Kalibrierunsicherheit]]''. Wird das Ergebnis der Kalibrierung nun wiederum mit Abweichung und Unsicherheit ausgedrückt, so ist auch dieses Kalibrierergebnis ''rückführbar''. Rückführbarkeit ist also die Eigenschaft eines ''Ergebnisses'' und nicht eines Gerätes.


== Zunahme der Unsicherheit bei einer Kalibrierung ==
== Zunahme der Unsicherheit bei einer Kalibrierung ==
Mit jeder Kalibrierung entlang der Rückführbarkeitskette nimmt die Unsicherheit zu. Die kalibrierten Gegenstände sind somit immer niederwertiger (von niederer Ordnung) als die Normale, mit denen sie kalibriert wurden.
Mit jeder Kalibrierung entlang der Rückführbarkeitskette nimmt die Unsicherheit zu. Die kalibrierten Gegenstände sind somit immer niederwertiger (von niederer Ordnung) als die Normale, mit denen sie kalibriert wurden.


== Kalibrierung ist eine Momentaufnahme ==
== Kalibrierung ist eine Momentaufnahme ==
Aussagen über das zeitliche Verhalten (Drift, engl. shift) eines Messgerätes können erst nach einigen erfolgten Kalibrierungen gemacht werden. Erst durch diese Betrachtungen und entsprechende zusätzliche Unsicherheitsbeiträge behalten Messergebnisse auch für die Dauer zwischen zwei Kalibrierintervallen die Rückführbarkeit.
Aussagen über das zeitliche Verhalten (Drift, engl. shift) eines Messgerätes können erst nach einigen erfolgten Kalibrierungen gemacht werden. Erst durch diese Betrachtungen und entsprechende zusätzliche Unsicherheitsbeiträge behalten Messergebnisse auch für die Dauer zwischen zwei Kalibrierintervallen die Rückführbarkeit.


== Vorgehensweise bei einer Kalibrierung ==
== Vorgehensweise bei einer Kalibrierung ==
 
Zu einer Kalibrierung gehört
Zu einer Kalibrierung gehört  
* die Definition des Messprozesses
* die Definition des Messprozesses
** Umgebungsbedingungen
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* Erstellung eines mathematischen Modells zur Auswertung der Kalibrierung inklusive ihrer Unsicherheit
* Erstellung eines mathematischen Modells zur Auswertung der Kalibrierung inklusive ihrer Unsicherheit
* Durchführung der Kalibrierung
* Durchführung der Kalibrierung
* Erstellung eines Ergebnisberichts, auch ''Kalibrierschein'' oder ''Kalibrierzertifikat '' genannt, mit Angabe eines vollständigen Ergebnisses, also Abweichung und [[Messunsicherheit|Kalibrierunsicherheit]].
* Erstellung eines Ergebnisberichts, auch ''Kalibrierschein'' oder ''Kalibrierzertifikat '' genannt, mit Angabe eines vollständigen Ergebnisses, also Abweichung und Kalibrierunsicherheit.


== Akkreditierung ==
== Akkreditierung ==
 
Staatliche Akkreditierungsstellen [[Akkreditierung (Wirtschaft)|akkreditieren]] Kalibrierlabore und bestätigen dadurch deren Kompetenz für im Akkreditierungsumfang durchgeführte Kalibrierungen.
Staatliche Akkreditierungsstellen [[Akkreditierung_(Wirtschaft)|akkreditieren]] Kalibrierlabore und bestätigen dadurch deren Kompetenz für im Akkreditierungsumfang durchgeführte Kalibrierungen.
{{Anker|Kalibrieren versus Justieren}}
{{Anker|Kalibrieren versus Justieren}}


== Abgrenzung gegen andere Begriffe ==
== Abgrenzung gegen andere Begriffe ==
* Eine [[Eichung]] ist die Bestätigung der Konformität eines dem Gesetz nach eichpflichtigen Messgerätes mit einer gesetzlichen nationalen Vorschrift.
* Eine [[Eichung]] ist die Bestätigung der Konformität eines dem Gesetz nach eichpflichtigen Messgerätes mit einer gesetzlichen nationalen Vorschrift.
* Eine [[Konformitätserklärung|Konformitätsaussage]] oder Spezifikationsprüfung kann im Anschluss an eine Kalibrierung erfolgen, ist aber nicht zwingender Bestandteil.
* Eine [[Konformitätserklärung]] oder Spezifikationsprüfung kann im Anschluss an eine Kalibrierung erfolgen, ist aber nicht zwingender Bestandteil.
* Ein [[Abgleich (Technik)|Abgleich]] oder eine [[Justierung]] kann im Anschluss an eine Kalibrierung und eine Konformitätsprüfung erfolgen (wenn z.B. die festgestellte Abweichung unzulässig hoch ist), ist aber nicht zwingender Bestandteil. Nach jeder Justierung muss eine erneute Kalibrierung stattfinden, weil durch die Änderung am Messgerät eine vorher durchgeführte Kalibrierung bedeutungslos wird. Die erste Kalibrierung wird als 'as found', die zweite als 'as left' bezeichnet.
* Nach jeder Justierung muss eine Kalibrierung stattfinden, weil durch die Änderung am Messgerät eine vorher durchgeführte Kalibrierung ungültig wird.
* Eine [[Zertifizierung]] ist die Bestätigung einer unabhängigen Zertifizierungsstelle, dass eine Sache (Produkt, Person, System) alle Anforderungen einer Anforderungsliste erfüllt.
* Eine [[Zertifizierung]] ist die Bestätigung einer unabhängigen Zertifizierungsstelle, dass eine Sache (Produkt, Person, System) alle Anforderungen einer Anforderungsliste erfüllt.


== Beispiel ==
== Beispiel ==
Ein anschauliches Beispiel ist das Kalibrieren einer selbstanzeigenden [[Waage]] durch Auflegen von Gewichtsstücken als [[Normal]]e. Unter Berücksichtigung systematischer Einflüsse (zuvor durch Kalibrierung ermittelte Messabweichungen der Gewichtsstücke; Luftdruck, Temperatur, Auftriebskräfte) und zufälliger Einflüsse wird die Anzeige der Waage mit der aufgelegten Masse verglichen und die Unsicherheit dieser Abweichung geschätzt. Ein einfaches Kalibrierergebnis lautet also: Die Waagenanzeige hat bei einer Belastung von 200&nbsp;g eine Abweichung von +0,12&nbsp;g; dieses Ergebnis hat eine Unsicherheit von 0,20&nbsp;g mit einem Vertrauensbereich von 95 %.
Ein anschauliches Beispiel ist das Kalibrieren einer selbstanzeigenden [[Waage]] durch Auflegen von Gewichtsstücken als Normale. Unter Berücksichtigung systematischer Einflüsse (zuvor durch Kalibrierung ermittelte Messabweichungen der Gewichtsstücke; Luftdruck, Temperatur, Auftriebskräfte) und zufälliger Einflüsse wird die Anzeige der Waage mit der aufgelegten Masse verglichen und die Unsicherheit dieser Abweichung geschätzt. Ein einfaches Kalibrierergebnis lautet also: Die Waagenanzeige hat bei einer Belastung von 200&nbsp;g eine Abweichung von +0,12&nbsp;g; dieses Ergebnis hat eine Unsicherheit von 0,20&nbsp;g mit einem Vertrauensbereich von 95 %.


== Richtlinien und Normen ==
== Richtlinien und Normen ==
[[Qualitätsmanagementnorm|DIN EN ISO 9001:2015]]: In diesem Regelwerk für die Zertifizierung von [[Qualitätsmanagementsystem]]en wird gefordert, dass für das hergestellte Produkt ''qualitätsrelevante'' Kenndaten mit kalibrierten [[Messinstrument]]en gemessen werden.  
[[Qualitätsmanagementnorm|DIN EN ISO 9001:2015]]: In diesem Regelwerk für die Zertifizierung von [[Qualitätsmanagementsystem]]en wird gefordert, dass für das hergestellte Produkt ''qualitätsrelevante'' Kenndaten mit kalibrierten Messgeräten gemessen werden.
 
Neben den Auflagen und technischen Maßnahmen der Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement, wie beispielsweise die Prüfmittelüberwachung und rückführbare Kalibrierung von Messmitteln beinhaltet die Kalibrierrichtlinie 2622 von [[Verein Deutscher Ingenieure|VDI]], [[Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik|VDE]], [[Deutsche Gesellschaft für Qualität|DGQ]] und [[Deutscher Kalibrierdienst|DKD (Deutscher Kalibrierdienst)]] allgemeine Kalibrieranweisungen Modelle für die Messunsicherheitsberechnung und die Rückführung von Messgrößen für die meisten elektrischen und elektronischen Instrumente.
 
== Kalibrierung außerhalb der Messtechnik ==
* In der [[Finanzmathematik]] wird der Vorgang des Anpassens eines Modells an Preise von [[Derivat (Wirtschaft)|Derivaten]] als Kalibrieren bezeichnet.
 
* In der [[Statistik]] bezeichnet man die Umkehrung einer [[Regressionsanalyse|Regression]] als Kalibrierung. {{Siehe auch|:en:Calibration (statistics)}}
 
Im Zusammenhang mit der [[Radiokohlenstoffdatierung#Kalibrierung|Radiokohlenstoffdatierung]] bezeichnet man mit Kalibrierung bzw. Kalibration den Abgleich des gemessenen Radiokohlenstoffalters einer Probe mit unabhängigen Skalierungen (zum Beispiel der [[Dendrochronologie]]), womit das Alter der Probe in Sonnenjahre umgerechnet werden kann.<ref>Bernhard Weninger: ''Studien zur dendrochronologischen Kalibration von archäologischen 14C-Daten'' (= ''Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie.'' Bd. 43). Habelt, Bonn 1997, ISBN 3-7749-2738-3 (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Dissertation, 1992).</ref><ref>Bernd Kromer: ''Radiokohlenstoffdatierung.'' In: Günther A. Wagner (Hrsg.): ''Einführung in die Archäometrie.'' Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-71936-6, S. 3–10, {{doi|10.1007/978-3-540-71937-3_1}}.</ref>


== Siehe auch ==
Neben den Auflagen und technischen Maßnahmen der Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement, wie beispielsweise die Prüfmittelüberwachung und rückführbare Kalibrierung von Messmitteln beinhaltet die Kalibrierrichtlinie 2622 von [[Verein Deutscher Ingenieure|VDI]], [[Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik|VDE]], [[Deutsche Gesellschaft für Qualität|DGQ]] und [[Deutscher Kalibrierdienst|DKD]] bzw. [[Deutsche Akkreditierungsstelle|DAkkS]] allgemeine Kalibrieranweisungen Modelle für die Messunsicherheitsberechnung und die Rückführung von Messgrößen für die meisten elektrischen und elektronischen Messgeräte.
* [[Deutscher Kalibrierdienst]] (DKD)
* [[Deutsche Akkreditierungsstelle]] (DAkkS)  -  ersetzt DKD
* [[Kalibrierung bei Farbmanagement]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.esz-ag.de/lexikon.html Kalibrierung - Lexikon und Normen]
* [http://www.esz-ag.de/lexikon.html Kalibrierung Lexikon und Normen]
* [http://www.klasmeier.com/kalibrierlexikon/ Lexikon der Temperaturkalibrierung]
* [http://www.klasmeier.com/kalibrierlexikon/ Lexikon der Temperaturkalibrierung]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


[[Kategorie:Metrologie]]
[[Kategorie:Metrologie]]
[[Kategorie:Analytische Chemie]]
[[Kategorie:Analytische Chemie]]

Aktuelle Version vom 24. Dezember 2021, 10:42 Uhr

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Kalibrierung (Begriffsklärung) aufgeführt.

Kalibrierung (in Anlehnung an das englische Wort calibration auch Kalibration) in der Messtechnik ist ein Messprozess zur Feststellung und Dokumentation der Abweichung eines Messgerätes oder einer Maßverkörperung gegenüber einem anderen Gerät oder einer anderen Maßverkörperung, die in diesem Fall als Normal bezeichnet werden. In der Definition des VIM von JCGM 2008[1] gehört zur Kalibrierung ein zweiter Schritt, nämlich die Berücksichtigung der ermittelten Abweichung bei der anschließenden Benutzung des Messgerätes zur Korrektur der abgelesenen Werte. Nach DIN1319-1 beinhaltet die Kalibrierung keinen Eingriff, der das Messgerät verändert; eine Anpassung des Messgerätes auf Basis der Ergebnisse aus der Kalibrierung wird als Justierung definiert.[2]

Der Begriff Kalibrierung wird häufig mit den nicht synonymen Wörtern Eichung, Konformitätsaussage, Spezifikationsprüfung, Abgleich, Justierung oder Zertifizierung verwechselt, zur Abgrenzung siehe unten.

Rückführbarkeit

Bei einer metrologisch rückführbaren Kalibrierung wird ein Normal eingesetzt, dessen Wert ebenfalls rückführbar bestimmt ist: Solch ein Normal besitzt selbst eine Kalibrierung, die durch eine ununterbrochene Kette von Kalibrierungen eine Beziehung zu den Definitionen der SI-Einheiten hat. Diese Beziehung wird ausgedrückt durch die beiden Parameter Abweichung und Kalibrierunsicherheit. Wird das Ergebnis der Kalibrierung nun wiederum mit Abweichung und Unsicherheit ausgedrückt, so ist auch dieses Kalibrierergebnis rückführbar. Rückführbarkeit ist also die Eigenschaft eines Ergebnisses und nicht eines Gerätes.

Zunahme der Unsicherheit bei einer Kalibrierung

Mit jeder Kalibrierung entlang der Rückführbarkeitskette nimmt die Unsicherheit zu. Die kalibrierten Gegenstände sind somit immer niederwertiger (von niederer Ordnung) als die Normale, mit denen sie kalibriert wurden.

Kalibrierung ist eine Momentaufnahme

Aussagen über das zeitliche Verhalten (Drift, engl. shift) eines Messgerätes können erst nach einigen erfolgten Kalibrierungen gemacht werden. Erst durch diese Betrachtungen und entsprechende zusätzliche Unsicherheitsbeiträge behalten Messergebnisse auch für die Dauer zwischen zwei Kalibrierintervallen die Rückführbarkeit.

Vorgehensweise bei einer Kalibrierung

Zu einer Kalibrierung gehört

  • die Definition des Messprozesses
    • Umgebungsbedingungen
    • erforderliche Normale
    • Vorgehensweise
  • Erstellung eines mathematischen Modells zur Auswertung der Kalibrierung inklusive ihrer Unsicherheit
  • Durchführung der Kalibrierung
  • Erstellung eines Ergebnisberichts, auch Kalibrierschein oder Kalibrierzertifikat genannt, mit Angabe eines vollständigen Ergebnisses, also Abweichung und Kalibrierunsicherheit.

Akkreditierung

Staatliche Akkreditierungsstellen akkreditieren Kalibrierlabore und bestätigen dadurch deren Kompetenz für im Akkreditierungsumfang durchgeführte Kalibrierungen.

Abgrenzung gegen andere Begriffe

  • Eine Eichung ist die Bestätigung der Konformität eines dem Gesetz nach eichpflichtigen Messgerätes mit einer gesetzlichen nationalen Vorschrift.
  • Eine Konformitätserklärung oder Spezifikationsprüfung kann im Anschluss an eine Kalibrierung erfolgen, ist aber nicht zwingender Bestandteil.
  • Nach jeder Justierung muss eine Kalibrierung stattfinden, weil durch die Änderung am Messgerät eine vorher durchgeführte Kalibrierung ungültig wird.
  • Eine Zertifizierung ist die Bestätigung einer unabhängigen Zertifizierungsstelle, dass eine Sache (Produkt, Person, System) alle Anforderungen einer Anforderungsliste erfüllt.

Beispiel

Ein anschauliches Beispiel ist das Kalibrieren einer selbstanzeigenden Waage durch Auflegen von Gewichtsstücken als Normale. Unter Berücksichtigung systematischer Einflüsse (zuvor durch Kalibrierung ermittelte Messabweichungen der Gewichtsstücke; Luftdruck, Temperatur, Auftriebskräfte) und zufälliger Einflüsse wird die Anzeige der Waage mit der aufgelegten Masse verglichen und die Unsicherheit dieser Abweichung geschätzt. Ein einfaches Kalibrierergebnis lautet also: Die Waagenanzeige hat bei einer Belastung von 200 g eine Abweichung von +0,12 g; dieses Ergebnis hat eine Unsicherheit von 0,20 g mit einem Vertrauensbereich von 95 %.

Richtlinien und Normen

DIN EN ISO 9001:2015: In diesem Regelwerk für die Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen wird gefordert, dass für das hergestellte Produkt qualitätsrelevante Kenndaten mit kalibrierten Messgeräten gemessen werden.

Neben den Auflagen und technischen Maßnahmen der Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement, wie beispielsweise die Prüfmittelüberwachung und rückführbare Kalibrierung von Messmitteln beinhaltet die Kalibrierrichtlinie 2622 von VDI, VDE, DGQ und DKD bzw. DAkkS allgemeine Kalibrieranweisungen Modelle für die Messunsicherheitsberechnung und die Rückführung von Messgrößen für die meisten elektrischen und elektronischen Messgeräte.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joint Committee for Guides in Metrology: International vocabulary of metrology – Basic and general concepts and associated terms (VIM): Definition 2.39.
  2. DIN 1319-1:1995 Grundlagen der Meßtechnik; Teil 1: Grundbegriffe; Nr. 4.10

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