Jens Frahm: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Jens Frahm''' (* [[29. März]] [[1951]] in [[Oldenburg (Oldenburg)|Oldenburg]]) ist ein deutscher [[Biophysiker]] und [[Physikochemiker]]. Er ist wissenschaftlicher Leiter und geschäftsführender Alleingesellschafter der gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH am [[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] in [[Göttingen]].
'''Jens Frahm''' (* [[29. März]] [[1951]] in [[Oldenburg (Oldenburg)|Oldenburg]]) ist ein deutscher [[Biophysiker]] und [[Physikochemiker]].
 
Er ist wissenschaftlicher Leiter der Biomedizinischen NMR am [[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] (seit 1. Januar 2022: [[Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Naturwissenschaften]])<ref>https://mpinat.mpg.de</ref> in [[Göttingen]]. Er entwickelte Mitte der 1980er Jahre mit der [[Fast Low-Angle Shot|FLASH]]-Technologie die [[Magnetresonanztomographie]] (MRT) weiter, die die Aufnahmezeiten für einzelne MRT-Bilder um mindestens einen Faktor 100 beschleunigte. Statt mehrere Minuten wie bei den ersten klinischen MRT-Aufnahmen dauerten einzelne Schichtbilder nur noch Sekunden. Das FLASH-Verfahren ermöglichte erstmals auch dreidimensionale MRT-Aufnahmen mit höchster räumlicher Auflösung und Messzeiten von einigen Minuten. Mit der Entwicklung der FLASH-2-Technologie ([[Echtzeit-MRT]]) ab dem Jahr 2010 erreichten Frahm und seine Mitarbeitenden erneut eine erhebliche Beschleunigung der MRT, so dass serielle Schnittbilder je nach Anwendung nur noch 10 bis 40 Millisekunden benötigen. Damit können nun MRT-Filme beliebiger Körperfunktionen in Echtzeit erhalten werden, d.&nbsp;h. mit bis zu 100 Bildern pro Sekunde.


== Leben und Wirken ==
== Leben und Wirken ==
Frahm studierte von 1969 bis 1974 [[Physik]] an der [[Georg-August-Universität Göttingen]]. Anschließend fertigte er bei [[Hans Strehlow]] am [[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] in Göttingen eine Doktorarbeit über die Nutzung der [[Kernspinresonanzspektroskopie|NMR-Spektroskopie]] zur molekulardynamischen Charakterisierung von Ionen in Lösungsmittelgemischen an, die er 1977 mit der Promotion im Hauptfach [[Physikalische Chemie]] abschloss.
Nach seinem Abitur am [[Neues Gymnasium Oldenburg|NGO (Neues Gymnasium Oldenburg)]] im Jahr 1969 studierte Frahm von 1969 bis 1974 [[Physik]] an der [[Georg-August-Universität Göttingen]]. Anschließend fertigte er bei [[Hans Strehlow]] am [[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] in Göttingen eine Doktorarbeit über die Nutzung der [[Kernspinresonanzspektroskopie|NMR-Spektroskopie]] zur molekulardynamischen Charakterisierung von Ionen in Lösungsmittelgemischen an, die er 1977 mit der Promotion im Hauptfach [[Physikalische Chemie]] abschloss.
 
Ab 1977 war Frahm als Wissenschaftlicher Assistent am Göttinger MPI tätig und mit dem Aufbau einer eigenständigen Forschergruppe befasst, die sich zunehmend mit den [[in vivo|In-vivo]]-Möglichkeiten der NMR-Verfahren befasste und sich (zunächst vor allem theoretisch) der erst 1974 von [[Paul Christian Lauterbur|Paul Lauterbur]] beschriebenen, räumlich aufgelösten [[Magnetresonanztomografie]] (MRT, auch als [[Kernspintomografie]] bekannt) widmete.
 
1982 konnte eine Arbeitsgruppe Biomedizinische NMR gegründet werden, die von 1984 bis 1992 durch erhebliche Drittmittel des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (heute: [[Bundesministerium für Bildung und Forschung]], BMBF) finanziell gefördert wurde. Die Aufgabenstellung der Arbeitsgruppe umfasste die wissenschaftliche Entwicklung der auf der NMR-Technik basierenden, bildgebenden MRT. 1985 gelang dabei die Erfindung des Schnellbildverfahrens [[Fast Low-Angle Shot|FLASH]] ({{lang|en|fast low-angle shot}}), das die klinische Nutzung der MRT für die bildgebende [[Diagnostik]] beeinflusst hat.
 
Die Lizenzeinnahmen aus den Patenten sorgen für eine vollständige und nachhaltige Finanzierung der 1993 gegründeten gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH. 1994 hat sich Frahm im Fach Physikalische Chemie an der Georg-August-Universität Göttingen habilitiert. Gleichzeitig wurde er auf eine unabhängige Forschungsstelle der [[Max-Planck-Gesellschaft]] berufen.


Ab 1977 war Frahm als Wissenschaftlicher Assistent am Göttinger MPI tätig und mit dem Aufbau einer eigenständigen Forschergruppe befasst, die sich zunehmend mit den in vivo Möglichkeiten der NMR-Verfahren befasste und sich (zunächst vor allem theoretisch) der erst 1974 von [[Paul Christian Lauterbur|Paul Lauterbur]] beschriebenen, räumlich aufgelösten [[Magnetresonanztomografie]] (MRT, auch als [[Kernspintomografie]] bekannt) widmete. 1982 konnte eine Arbeitsgruppe Biomedizinische NMR gegründet werden, die von 1984 bis 1992 durch erhebliche Drittmittel des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (heute: [[Bundesministerium für Bildung und Forschung]], BMBF) finanziell gefördert wurde. Die Aufgabenstellung der Arbeitsgruppe umfasste die wissenschaftliche Entwicklung der auf der NMR-Technik basierenden, bildgebenden MRT. Bereits 1985 gelang dabei mit der Erfindung des Schnellbildverfahrens [[Fast Low-Angle Shot|FLASH]] ({{lang|en|fast low-angle shot}}) ein revolutionärer Durchbruch, der die weitere klinische Nutzung der MRT für die bildgebende [[Diagnostik]] erheblich beeinflusst hat. Die Lizenzeinnahmen aus den Patenten sorgen für eine vollständige und nachhaltige Finanzierung der 1993 gegründeten gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH. 1994 hat sich Frahm im Fach Physikalische Chemie an der Georg-August-Universität Göttingen habilitiert. Gleichzeitig wurde er auf eine unabhängige Forschungsstelle der [[Max-Planck-Gesellschaft]] berufen. 1997 folgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der Fakultät für Chemie der Georg-August-Universität Göttingen. Seit 2011 ist er Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied am [[Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation]] in Göttingen.
1997 folgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der Fakultät für Chemie der Georg-August-Universität Göttingen. In 2011 wurde er Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied am [[Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation]] in Göttingen. Seit 2019 führt Frahm seine Forschungen am [[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] als Emeritus Direktor und Leiter einer fokussierten Forschungsgruppe fort, die sich mit der weiteren technischen Entwicklung und klinischen Translation von Verfahren der Echtzeit-MRT beschäftigt.


Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit von Frahm bilden die methodische Weiterentwicklung der räumlich aufgelösten Kernspinresonanz (NMR) – insbesondere der bildgebenden MRT – und die Anwendung entsprechender Verfahren in der [[Neurobiologie]] ([[Hirnforschung]]) und kardiovaskulären Forschung. Ziele des interdisziplinär besetzten Teams sind innovative Ansätze für [[nichtinvasiv]]e Untersuchungen des zentralen [[Nervensystem]]s von Mensch und Tier ([[Insekt]] bis [[Primaten|Primat]], Schwerpunkt [[Hausmaus|Maus]]). Die Möglichkeiten reichen von der schnellen dreidimensionalen MRT mit hoher isotroper Auflösung über Messungen des Hirn[[stoffwechsel]]s bis hin zu Visualisierungen der [[Nervenfaser]]bahnen des Gehirns und funktionellen Kartierungen des Cortex.
Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit von Frahm bilden die methodische Weiterentwicklung der räumlich aufgelösten Kernspinresonanz (NMR) – insbesondere der bildgebenden MRT – und die Anwendung entsprechender Verfahren in der [[Neurobiologie]] ([[Hirnforschung]]) und kardiovaskulären Forschung. Ziele des interdisziplinär besetzten Teams sind innovative Ansätze für [[nichtinvasiv]]e Untersuchungen des zentralen [[Nervensystem]]s von Mensch und Tier ([[Insekt]] bis [[Primaten|Primat]], Schwerpunkt [[Hausmaus|Maus]]). Die Möglichkeiten reichen von der schnellen dreidimensionalen MRT mit hoher isotroper Auflösung über Messungen des Hirn[[stoffwechsel]]s bis hin zu Visualisierungen der [[Nervenfaser]]bahnen des Gehirns und funktionellen Kartierungen des Cortex.


Aktuelle methodische Arbeiten befassen sich mit dem Einsatz iterativer Algorithmen für die Bild-Rekonstruktion nicht-kartesischer Ortkodierungen (z.&nbsp;B. radiale MRT) und paralleler MRT-Aufzeichnungen mit multiplen Radiofrequenzspulen. Die Entwicklungen beziehen sich auf dynamische MRT-Verfahren, die eine artefaktfreie Darstellung bewegter Objekte in [[Echtzeit]] gestatten. Dies gilt beispielsweise für die Funktionsdarstellung von Gelenken (Kiefer, Knie, Fußgelenk) oder die direkte filmische Darstellung des Herzens ohne Synchronisation mit dem EKG sowie bei freier Atmung. Bei einer Kombination der FLASH-Technik mit radialer Ortskodierung, extremer Unterabtastung und einer Bildrekonstruktion durch nichtlineare Inversion lassen sich MRT-Bilder mit einer Aufnahmezeit von nur 10 bis 30 Millisekunden erzielen - je nach Anwendung und räumlicher Auflösung. Die Aufnahmegeschwindigkeit entsprechender Filme mit der [[Echtzeit-MRT]], etwa von [[Turbulente Strömung|turbulenten Strömungen]], von Mund- und Kieferbewegungen beim [[Sprechen]] und Schlucken oder vom schlagenden [[Herz]]en beträgt dabei bis zu 100 Bilder pro Sekunde. Vielfältige Beispiele finden sich auf der Webseite der Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH.<ref>http://www.biomednmr.mpg.de/index.php?option=com_content&task=view&id=132&Itemid=39</ref>
Aktuelle methodische Arbeiten befassen sich mit dem Einsatz iterativer Algorithmen für die Bild-Rekonstruktion nicht-kartesischer Ortkodierungen (z.&nbsp;B. radiale MRT) und paralleler MRT-Aufzeichnungen mit multiplen Radiofrequenzspulen. Die Entwicklungen beziehen sich auf dynamische MRT-Verfahren, die eine artefaktfreie Darstellung bewegter Objekte in [[Echtzeit]] gestatten. Dies gilt beispielsweise für die Funktionsdarstellung von Gelenken (Kiefer, Knie, Fußgelenk) oder die direkte filmische Darstellung des Herzens ohne Synchronisation mit dem EKG sowie bei freier Atmung. Bei einer Kombination der FLASH-Technik mit radialer Ortskodierung, extremer Unterabtastung und einer Bildrekonstruktion durch nichtlineare Inversion mit zeitlicher Regularisierung lassen sich MRT-Bilder mit einer Aufnahmezeit von nur 10 bis 30 Millisekunden erzielen je nach Anwendung und räumlicher Auflösung. Die Aufnahmegeschwindigkeit entsprechender Filme mit der [[Echtzeit-MRT]], etwa von [[Turbulente Strömung|turbulenten Strömungen]], von Mund- und Kieferbewegungen beim [[Sprechen]] und Schlucken oder vom schlagenden [[Herz]]en beträgt dabei bis zu 100 Bilder pro Sekunde. Vielfältige Beispiele finden sich auf der Webseite der Biomedizinischen NMR.<ref>https://www.biomednmr.mpg.de</ref> Die Verfahren der Echtzeit-MRT erweitern das diagnostische Potential der MRT durch völlig neuartige, bisher nicht mögliche wissenschaftliche und klinische Untersuchungen und verkürzen und vereinfachen bestehende Verfahren.
 
Mittlerweile wurde der Algorithmus für die regularisierte nichtlineare Inversion (NLINV) um sogenannte modellbasierte Rekonstruktionen ergänzt, die quantitative parametrische Karten direkt aus den MRT-Rohdaten berechnen. Relevante physikalische oder physiologische Parameter sind beispielsweise die T1 Relaxationszeiten der Gewebe im Körper oder die Fließgeschwindigkeiten des Blutes oder der zerebrospinalen Flüssigkeit. Diese neuartigen Ansätze integrieren das entsprechende Signalmodell in die MRT-Signalgleichung, sodass sich stets ein nichtlineares inverses Rekonstruktionsproblem ergibt. Wie bei der Echtzeit-MRT kann der erhebliche Rechenaufwand jedoch durch einen für den Nutzer unsichtbaren Grafikkartenrechner gelöst werden, der für ein bestehendes MRT-Gerät auf einfache Weise nachrüstbar ist. Die Ergebnisse bieten Vorteile gegenüber konventionellen Methoden, die auf seriellen Bildberechnungen mit anschließender pixelweiser Anpassung beruhen.
 
Das wissenschaftliche Werk von Frahm umfasst über 540 wissenschaftliche Veröffentlichungen, Übersichtsartikel und Buchbeiträge. Der [[h-Index|Hirsch-Index]] beträgt 100 (Stand Dezember 2021).<ref>{{Internetquelle |url=http://scholar.google.de/citations?user=v50FCyQAAAAJ&hl=en |titel=Jens Frahm |werk=scholar.google.de |hrsg=[[Google Scholar]] |abruf=2020-12-02 |sprache=de}}</ref>


Das wissenschaftliche Werk von Frahm umfasst über 460 wissenschaftliche Veröffentlichungen, Übersichtsartikel und Buchbeiträge. Der [[h-Index|Hirsch-Index]] beträgt 83.<ref>http://scholar.google.de/citations?user=v50FCyQAAAAJ&hl=en</ref>
Die FLASH-Technologie ist das bisher erfolgreichste Patent der Max-Planck-Gesellschaft mit 155 Millionen Euro Einnahmen.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.mpg.de/924902/Wissen_und_Wirtschaft |titel=Wie aus Wissen Wirtschaft wird |werk= |hrsg=Max-Planck-Gesellschaft |datum= |abruf=2019-08-11 |sprache=de}}</ref> Diese Mittel dienen u.&nbsp;a. auch dazu, die Forschung von Frahm am MPI in Göttingen zu finanzieren.


== Auszeichnungen ==
== Auszeichnungen ==
Frahm ist seit 1987 Ehrenmitglied der [http://www.helrad.org/en/ Griechischen Radiologischen Gesellschaft] und seit 1995 [http://www.ismrm.org/about/society-award-winners/fellows-of-the-society/ Fellow of the International Society of Magnetic Resonance in Medicine]. Seit 2005 ist er ordentliches Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]].
Frahm ist seit 1987 Ehrenmitglied der Griechischen Radiologischen Gesellschaft und seit 1995<ref>[http://www.ismrm.org/about/society-award-winners/fellows-of-the-society/]</ref> Fellow der International Society of Magnetic Resonance in Medicine. Seit 2005 ist er ordentliches Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]] und seit 2020 Mitglied der [[acatech]] (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften).


* 1989: Europäischer Kernspintomographie-Preis, Deutsche [[Röntgen]]-Gesellschaft
* 1989: Europäischer Kernspintomographie-Preis, Deutsche [[Röntgen]]-Gesellschaft
* 1990: European Magnetic Resonance Award, European Workshop on NMR in Medicine
* 1990: European Magnetic Resonance Award, European Workshop on NMR in Medicine
* 1991: [http://www.ismrm.org/about/society-award-winners/gold-medal/ Gold Medal Award] der International Society for Magnetic Resonance in Medicine <ref name="ismrm">[http://www.ismrm.org/about/society-award-winners/ Preisträger der International Society for Magnetic Resonance in Medicine]</ref>
* 1991: Gold Medal Award der International Society for Magnetic Resonance in Medicine<ref name="ismrm">[http://www.ismrm.org/about/society-award-winners/ Preisträger der International Society for Magnetic Resonance in Medicine]</ref>
* 1993: [[Karl Heinz Beckurts-Preis]]
* 1993: [[Karl Heinz Beckurts-Preis]]
* 1995: [[Niedersachsenpreis]] für Wissenschaft <ref name="Niedersachsen">[http://www.niedersachsen.de/master/C15728245_N15725492_L20_D0_I198 Niedersächsischer Staatspreis]</ref>
* 1995: [[Niedersachsenpreis]] für Wissenschaft<ref name="Niedersachsen">[http://www.niedersachsen.de/master/C15728245_N15725492_L20_D0_I198 Niedersächsischer Staatspreis]</ref>
* 2005: [[Roman, Marga und Mareille Sobek–Stiftung|Forschungspreis der Sobek-Stiftung]]
* 2005: [[Roman, Marga und Mareille Sobek-Stiftung|Forschungspreis der Sobek-Stiftung]]
* 2013: ''Wissenschaftspreis'' von [[Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft]] und [[Max-Planck-Gesellschaft]] <ref>[http://idw-online.de/pages/de/news536703 Stifterverbandspreis 2013 für Jens Frahm] beim [[Informationsdienst Wissenschaft]] (idw-online.de); abgerufen am 4. Juni 2013</ref>
* 2013: '' [[Wissenschaftspreis: Forschung zwischen Grundlagen und Anwendungen]]'' von [[Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft]] und [[Max-Planck-Gesellschaft]]<ref>[http://idw-online.de/pages/de/news536703 Stifterverbandspreis 2013 für Jens Frahm] beim [[Informationsdienst Wissenschaft]] (idw-online.de); abgerufen am 4. Juni 2013</ref>
* 2015: Niedersachsenprofessur 2016–2019
* 2015: Niedersachsenprofessur 2016–2019
* 2016: Aufnahme in die [[Hall of Fame der deutschen Forschung]]
* 2016: Aufnahme in die [[Hall of Fame der deutschen Forschung]]
* 2017: [[Jacob-Henle-Medaille]] 2016 der Universitätsmedizin Göttingen
* 2017: [[Jacob-Henle-Medaille]] 2016 der Universitätsmedizin Göttingen
* 2018: [[Europäischer Erfinderpreis]]<ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Paris-Erfinderpreis-fuer-Goettinger-MRT-Forscher,mrt136.html ''Erfinderpreis für Göttinger MRT-Forscher Frahm''] bei ndr.de vom 7. Juni 2018</ref>
* 2020: [[Werner-von-Siemens-Ring|Werner-von-Siemens Ring]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|108891119}}
* {{DNB-Portal|108891119}}
* Detaillierte Informationen zu den wissenschaftlichen Arbeiten und Ergebnissen (Deutsch und English) auf der Webseite der [http://www.biomednmr.mpg.de/ Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH]
* Detaillierte Informationen zu den wissenschaftlichen Arbeiten und Ergebnissen (Deutsch und English) auf der Webseite der [https://www.biomednmr.mpg.de/ Biomedizinischen NMR]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Hochschullehrer (Georg-August-Universität Göttingen)]]
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[[Kategorie:Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]]
[[Kategorie:Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]]
[[Kategorie:Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1951]]
[[Kategorie:Geboren 1951]]

Aktuelle Version vom 12. Februar 2022, 11:35 Uhr

Jens Frahm (* 29. März 1951 in Oldenburg) ist ein deutscher Biophysiker und Physikochemiker.

Er ist wissenschaftlicher Leiter der Biomedizinischen NMR am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (seit 1. Januar 2022: Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Naturwissenschaften)[1] in Göttingen. Er entwickelte Mitte der 1980er Jahre mit der FLASH-Technologie die Magnetresonanztomographie (MRT) weiter, die die Aufnahmezeiten für einzelne MRT-Bilder um mindestens einen Faktor 100 beschleunigte. Statt mehrere Minuten wie bei den ersten klinischen MRT-Aufnahmen dauerten einzelne Schichtbilder nur noch Sekunden. Das FLASH-Verfahren ermöglichte erstmals auch dreidimensionale MRT-Aufnahmen mit höchster räumlicher Auflösung und Messzeiten von einigen Minuten. Mit der Entwicklung der FLASH-2-Technologie (Echtzeit-MRT) ab dem Jahr 2010 erreichten Frahm und seine Mitarbeitenden erneut eine erhebliche Beschleunigung der MRT, so dass serielle Schnittbilder je nach Anwendung nur noch 10 bis 40 Millisekunden benötigen. Damit können nun MRT-Filme beliebiger Körperfunktionen in Echtzeit erhalten werden, d. h. mit bis zu 100 Bildern pro Sekunde.

Leben und Wirken

Nach seinem Abitur am NGO (Neues Gymnasium Oldenburg) im Jahr 1969 studierte Frahm von 1969 bis 1974 Physik an der Georg-August-Universität Göttingen. Anschließend fertigte er bei Hans Strehlow am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen eine Doktorarbeit über die Nutzung der NMR-Spektroskopie zur molekulardynamischen Charakterisierung von Ionen in Lösungsmittelgemischen an, die er 1977 mit der Promotion im Hauptfach Physikalische Chemie abschloss.

Ab 1977 war Frahm als Wissenschaftlicher Assistent am Göttinger MPI tätig und mit dem Aufbau einer eigenständigen Forschergruppe befasst, die sich zunehmend mit den In-vivo-Möglichkeiten der NMR-Verfahren befasste und sich (zunächst vor allem theoretisch) der erst 1974 von Paul Lauterbur beschriebenen, räumlich aufgelösten Magnetresonanztomografie (MRT, auch als Kernspintomografie bekannt) widmete.

1982 konnte eine Arbeitsgruppe Biomedizinische NMR gegründet werden, die von 1984 bis 1992 durch erhebliche Drittmittel des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (heute: Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) finanziell gefördert wurde. Die Aufgabenstellung der Arbeitsgruppe umfasste die wissenschaftliche Entwicklung der auf der NMR-Technik basierenden, bildgebenden MRT. 1985 gelang dabei die Erfindung des Schnellbildverfahrens FLASH ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)), das die klinische Nutzung der MRT für die bildgebende Diagnostik beeinflusst hat.

Die Lizenzeinnahmen aus den Patenten sorgen für eine vollständige und nachhaltige Finanzierung der 1993 gegründeten gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH. 1994 hat sich Frahm im Fach Physikalische Chemie an der Georg-August-Universität Göttingen habilitiert. Gleichzeitig wurde er auf eine unabhängige Forschungsstelle der Max-Planck-Gesellschaft berufen.

1997 folgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der Fakultät für Chemie der Georg-August-Universität Göttingen. In 2011 wurde er Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Seit 2019 führt Frahm seine Forschungen am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie als Emeritus Direktor und Leiter einer fokussierten Forschungsgruppe fort, die sich mit der weiteren technischen Entwicklung und klinischen Translation von Verfahren der Echtzeit-MRT beschäftigt.

Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit von Frahm bilden die methodische Weiterentwicklung der räumlich aufgelösten Kernspinresonanz (NMR) – insbesondere der bildgebenden MRT – und die Anwendung entsprechender Verfahren in der Neurobiologie (Hirnforschung) und kardiovaskulären Forschung. Ziele des interdisziplinär besetzten Teams sind innovative Ansätze für nichtinvasive Untersuchungen des zentralen Nervensystems von Mensch und Tier (Insekt bis Primat, Schwerpunkt Maus). Die Möglichkeiten reichen von der schnellen dreidimensionalen MRT mit hoher isotroper Auflösung über Messungen des Hirnstoffwechsels bis hin zu Visualisierungen der Nervenfaserbahnen des Gehirns und funktionellen Kartierungen des Cortex.

Aktuelle methodische Arbeiten befassen sich mit dem Einsatz iterativer Algorithmen für die Bild-Rekonstruktion nicht-kartesischer Ortkodierungen (z. B. radiale MRT) und paralleler MRT-Aufzeichnungen mit multiplen Radiofrequenzspulen. Die Entwicklungen beziehen sich auf dynamische MRT-Verfahren, die eine artefaktfreie Darstellung bewegter Objekte in Echtzeit gestatten. Dies gilt beispielsweise für die Funktionsdarstellung von Gelenken (Kiefer, Knie, Fußgelenk) oder die direkte filmische Darstellung des Herzens ohne Synchronisation mit dem EKG sowie bei freier Atmung. Bei einer Kombination der FLASH-Technik mit radialer Ortskodierung, extremer Unterabtastung und einer Bildrekonstruktion durch nichtlineare Inversion mit zeitlicher Regularisierung lassen sich MRT-Bilder mit einer Aufnahmezeit von nur 10 bis 30 Millisekunden erzielen – je nach Anwendung und räumlicher Auflösung. Die Aufnahmegeschwindigkeit entsprechender Filme mit der Echtzeit-MRT, etwa von turbulenten Strömungen, von Mund- und Kieferbewegungen beim Sprechen und Schlucken oder vom schlagenden Herzen beträgt dabei bis zu 100 Bilder pro Sekunde. Vielfältige Beispiele finden sich auf der Webseite der Biomedizinischen NMR.[2] Die Verfahren der Echtzeit-MRT erweitern das diagnostische Potential der MRT durch völlig neuartige, bisher nicht mögliche wissenschaftliche und klinische Untersuchungen und verkürzen und vereinfachen bestehende Verfahren.

Mittlerweile wurde der Algorithmus für die regularisierte nichtlineare Inversion (NLINV) um sogenannte modellbasierte Rekonstruktionen ergänzt, die quantitative parametrische Karten direkt aus den MRT-Rohdaten berechnen. Relevante physikalische oder physiologische Parameter sind beispielsweise die T1 Relaxationszeiten der Gewebe im Körper oder die Fließgeschwindigkeiten des Blutes oder der zerebrospinalen Flüssigkeit. Diese neuartigen Ansätze integrieren das entsprechende Signalmodell in die MRT-Signalgleichung, sodass sich stets ein nichtlineares inverses Rekonstruktionsproblem ergibt. Wie bei der Echtzeit-MRT kann der erhebliche Rechenaufwand jedoch durch einen für den Nutzer unsichtbaren Grafikkartenrechner gelöst werden, der für ein bestehendes MRT-Gerät auf einfache Weise nachrüstbar ist. Die Ergebnisse bieten Vorteile gegenüber konventionellen Methoden, die auf seriellen Bildberechnungen mit anschließender pixelweiser Anpassung beruhen.

Das wissenschaftliche Werk von Frahm umfasst über 540 wissenschaftliche Veröffentlichungen, Übersichtsartikel und Buchbeiträge. Der Hirsch-Index beträgt 100 (Stand Dezember 2021).[3]

Die FLASH-Technologie ist das bisher erfolgreichste Patent der Max-Planck-Gesellschaft mit 155 Millionen Euro Einnahmen.[4] Diese Mittel dienen u. a. auch dazu, die Forschung von Frahm am MPI in Göttingen zu finanzieren.

Auszeichnungen

Frahm ist seit 1987 Ehrenmitglied der Griechischen Radiologischen Gesellschaft und seit 1995[5] Fellow der International Society of Magnetic Resonance in Medicine. Seit 2005 ist er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und seit 2020 Mitglied der acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften).

  • 1989: Europäischer Kernspintomographie-Preis, Deutsche Röntgen-Gesellschaft
  • 1990: European Magnetic Resonance Award, European Workshop on NMR in Medicine
  • 1991: Gold Medal Award der International Society for Magnetic Resonance in Medicine[6]
  • 1993: Karl Heinz Beckurts-Preis
  • 1995: Niedersachsenpreis für Wissenschaft[7]
  • 2005: Forschungspreis der Sobek-Stiftung
  • 2013: Wissenschaftspreis: Forschung zwischen Grundlagen und Anwendungen von Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Max-Planck-Gesellschaft[8]
  • 2015: Niedersachsenprofessur 2016–2019
  • 2016: Aufnahme in die Hall of Fame der deutschen Forschung
  • 2017: Jacob-Henle-Medaille 2016 der Universitätsmedizin Göttingen
  • 2018: Europäischer Erfinderpreis[9]
  • 2020: Werner-von-Siemens Ring

Weblinks

Einzelnachweise

  1. https://mpinat.mpg.de
  2. https://www.biomednmr.mpg.de
  3. Jens Frahm. In: scholar.google.de. Google Scholar, abgerufen am 2. Dezember 2020.
  4. Wie aus Wissen Wirtschaft wird. Max-Planck-Gesellschaft, abgerufen am 11. August 2019.
  5. [1]
  6. Preisträger der International Society for Magnetic Resonance in Medicine
  7. Niedersächsischer Staatspreis
  8. Stifterverbandspreis 2013 für Jens Frahm beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de); abgerufen am 4. Juni 2013
  9. Erfinderpreis für Göttinger MRT-Forscher Frahm bei ndr.de vom 7. Juni 2018

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