Focke-Windkanal

Focke-Windkanal

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Windkanal 1998
Windkanal 2005

Bei dem Focke-Windkanal handelt es sich um einen voll funktionsfähigen Windkanal im letzten privaten Labor des Luftfahrtpioniers Henrich Focke (1890–1979), Mitbegründer von Focke-Wulf und Konstrukteur des ersten voll steuerbaren Hubschraubers (Fw 61). Henrich Focke baute dieses Fluglabor 1960 eigenhändig im hohen Alter von 70 Jahren in der Bremer Innenstadt.

Entdeckung

Das Labor wurde 1997 von Kai Steffen entdeckt. Die Idee, nach dem verschollenen Windkanal zu suchen, kam dem damaligen Doktoranden, nachdem er die Memoiren von Henrich Focke gelesen hatte. Er setzte sich mit der Familie Focke in Verbindung und fand schließlich in der Bremer Innenstadt nahe dem Hauptbahnhof in einem Hinterhofschuppen das Labor, das seit etwa 20 Jahren von niemandem mehr betreten worden war.

Bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1979 hatte Focke hier aerodynamische Studien betrieben. Sein Interesse galt den Langsamflugeigenschaften und dem Stabilitätsproblem von Hubschraubern. Die Wiederentdeckung des aerodynamischen Labors samt seinem Windkanal galt als eine Sensation für die Wissenschaft.

Das historische Labor

Der noch heute vollkommen funktionsfähige Windkanal, ein geschlossener Umlaufwindkanal in Göttinger Bauart für den subsonischen Geschwindigkeitsbereich, erzeugte Windgeschwindigkeiten von ca. 70 km/h. Die Einfachheit der vorhandenen Instrumentierung verblüfft. Küchenwaagen dienten zum Messen der im Windkanal wirkenden Kräfte, Ofenrohre lenkten und Gardinenlagen entwirbelten den Luftstrom. Einfallsreichtum und Improvisationsgabe führten auch ohne Computer zu bedeutenden wissenschaftlichen Ergebnissen. Alles in diesem Labor war noch an seinem Platz, so, als ob der 85-jährige Henrich Focke es nur kurz verlassen hätte. Doch das Gebäude war in einem katastrophalen Zustand.

Restaurierung

Nach Renovierung des Gebäudes und der Restaurierung des Windkanals ist das Labor nun wieder so hergerichtet, wie Henrich Focke es bis Mitte der siebziger Jahre für seine Forschungen benutzte. Jetzt können hier Schulen und Hochschulen wissenschaftliche Versuche unternehmen. Heute kümmert sich der Förderverein Focke-Windkanal e. V. um den Nachlass. Das Labor mit seinem Windkanal ist seit 2004 als Kulturdenkmal anerkannt[1] und zu einem kleinen Museum, umgestaltet worden. An jedem ersten Sonntag im Monat werden Führungen für kleine Gruppen bis zu jeweils etwa sechs Personen angeboten.

Für den Erhalt des Fluglabors des Luftfahrtpioniers wurden der Focke-Windkanal e. V. und sein Vorsitzender Kai Steffen mit der höchsten nationalen Auszeichnung auf dem Gebiet des Denkmalschutzes, dem Deutschen Preis für Denkmalschutz 2005, ausgezeichnet.

Historisches Labor als moderne Forschungsstätte

Nach der Eröffnung des Museums im Jahr 2005 wurde bis zum Herbst 2008 die aerodynamische Anlage vollständig instand gesetzt. Zusätzlich wurde moderne Messtechnik – beispielsweise eine Positioniereinrichtung, elektronische Druckmessdosen – beschafft. Die Steuerung der Windmaschine kann entweder auf altmodische Weise mittels einer 10-stufigen Widerstandskaskade oder hochmodern und stufenlos mittels einer Frequenzwechselrichtersteuerung erfolgen. Mit einer elektrischen Anschlussleistung von 14 kW können Windgeschwindigkeiten bis zu 16 m/Sekunde erzeugt werden.[2]

Der Förderverein versucht durch Vermietung der Versuchsanlage und durch Spenden die laufenden Kosten zu decken, um den dauerhaften Erhalt des Kulturdenkmals sicherzustellen.

Inzwischen werden auch neuartige Windkraftanlagen in der historischen Anlage optimiert sowie Versuche von Schülern und Studenten durchgeführt.

Ende des Labor- und Museumsbetriebes

Im März 2017 muss der Windkanal schließen, da Fockes Tochter nach der fristlosen Kündigung des Nutzungsvertrages im Jahre 2012 dem Förderverein keine Zukunftsperspektiven zum Betrieb des Fluglabors ihres Vaters bieten will. Somit steht die historische Forschungsstätte weder als Museum noch als Labor für Schüler und Studenten zur Verfügung. Es wird der erneute Verfall des international anerkannten Kulturdenkmales befürchtet[3]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Denkmaldatenbank des LfD
  2. focke-windkanal.de: Henrich Fockes Windkanal
  3. Windstille im Windkanal. In: https://www.kreiszeitung.de. 18. März 2017 (kreiszeitung.de [abgerufen am 21. März 2017]).

Koordinaten: 53° 4′ 50″ N, 8° 48′ 57,6″ O

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