Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes: Unterschied zwischen den Versionen

Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes: Unterschied zwischen den Versionen

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„'''Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes'''“ (Originaltitel: “'''A dynamical theory of the electromagnetic field'''”) ist die 1864 veröffentlichte dritte Schrift von [[James Clerk Maxwell]] zur [[Elektrodynamik]].<ref name="ADTEF">James Clerk Maxwell: [[:Datei:A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field.pdf|''A dynamical theory of the electromagnetic field.'']] in: ''Philosophical Transactions of the Royal Society of London'', Vol. 155, S.459–512, 1865, {{DOI|10.1098/rstl.1865.0008}} (Dieser Artikel lag einer Präsentation von Maxwell vom 8. Dezember 1864 vor der Royal Society bei.)</ref> Es ist die Veröffentlichung in der die ursprünglichen vier Formeln der [[Maxwellsche Gleichungen]] das erste Mal vorkamen. Das Konzept des [[Verschiebungsstrom]]es, welches er 1861 in seiner Veröffentlichung ''On physical lines of force'' eingeführt hatte, nutzte er zur Herleitung der [[Elektromagnetische Welle#Herleitung der elektromagnetischen Wellengleichung|elektromagnetischen Wellengleichung]].<ref name="OPLF">James Clerk Maxwell: [[:Datei:On Physical Lines of Force.pdf|''On physical lines of force.'']] (PDF) In: ''Philosophical Magazine'', 1861</ref>
„'''Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes'''“ (Originaltitel: “'''A dynamical theory of the electromagnetic field'''”) ist die 1864 veröffentlichte dritte Schrift von [[James Clerk Maxwell]] zur [[Elektrodynamik]].<ref name="ADTEF">James Clerk Maxwell: [[:Datei:A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field.pdf|''A dynamical theory of the electromagnetic field.'']] in: ''Philosophical Transactions of the Royal Society of London'', Vol. 155, S. 459–512, 1865, {{DOI|10.1098/rstl.1865.0008}} (Dieser Artikel lag einer Präsentation von Maxwell vom 8. Dezember 1864 vor der [[Royal Society]] bei.)</ref> In dieser Veröffentlichung kamen die ursprünglichen vier Formeln der [[Maxwellsche Gleichungen]] das erste Mal vor. Maxwell nutzte das Konzept des [[Verschiebungsstrom]]es, das er 1861 in seiner Veröffentlichung ''On physical lines of force'' eingeführt hatte, zur [[Elektromagnetische Welle#Herleitung der elektromagnetischen Wellengleichung|Herleitung der elektromagnetischen Wellengleichung]].<ref name="OPLF">James Clerk Maxwell: [[:Datei:On Physical Lines of Force.pdf|''On physical lines of force.'']] (PDF) In: [[Philosophical Magazine]], 1861</ref>


== Maxwells ursprüngliche Gleichungen ==
== Maxwells ursprüngliche Gleichungen ==


In Teil III von ''Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes'' mit dem Titel „Allgemeine Gleichungen des elektromagnetischen Feldes“ (Orig.: "General equations of the electromagnetic field") formulierte Maxwell zwanzig Gleichungen.<ref name="ADTEF" /> Diese waren als die ''Maxwell’sche Gleichungen'' bekannt, bis der Begriff angewendet wurde für den Satz der vier vektorisierten Gleichungen von [[Oliver Heaviside]], veröffentlicht 1884 in ''On physical lines of force''.<ref name="OPLF" />
In Teil III von ''Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes'' mit dem Titel „Allgemeine Gleichungen des elektromagnetischen Feldes“ (Orig.: "General equations of the electromagnetic field") formulierte Maxwell zwanzig Gleichungen.<ref name="ADTEF" /> Diese waren als die ''Maxwellschen Gleichungen'' bekannt, bis der Begriff von [[Oliver Heaviside]] für den Satz der vier vektorisierten Gleichungen angewendet wurde, die Maxwell 1884 in ''On physical lines of force'' veröffentlichte.<ref name="OPLF" />


Heavisides schrieb seine Version der Maxwell’schen-Gleichungen in moderner Vektor-Schreibung. Sie enthalten nur eine der ursprünglichen Gleichungen, das [[Gaußsches Gesetz|gaußsche Gesetz]] (G). Eine andere der vier Heaviside-Gleichungen ist eine Fusion der Maxwell’schen Gesetze des ''Total Currents'' (A) und ''Ampère’s circuital law'' (C). Diese Fusion, die Maxwell ursprünglich selbst in Gleichung 112 in ''On physical lines of force'' durchführte, fügt Ampère’s Circuital Law Maxwells [[Verschiebungsstrom]] hinzu.<ref name="OPLF" />
Von den zwanzig Gleichungen lässt sich nur das [[Gaußsches Gesetz|gaußsche Gesetz]] (G) direkt in die moderne Form übertragen. Das [[Durchflutungsgesetz]] ist eine Fusion der Maxwellschen Gesetze des [[Verschiebungsstrom]]s (A) und [[Ampèresches Gesetz|Ampèreschen Gesetzes]] (C) und wurde von Maxwell selbst in Gleichung 112 in ''On physical lines of force'' durchgeführt.<ref name="OPLF" /> Eine weitere der späteren Maxwellgleichungen, die Quellenfreiheit des magnetischen Feldes, ist eine unmittelbare Folge von (B). Das [[Induktionsgesetz]] als letzte der Maxwellgleichungen ist in (D) enthalten, das auch einen Anteil enthält, der die Kräfte auf einen in einem Magnetfeld bewegten [[Elektrischer Leiter|Leiter]] beschreiben soll. Das Gesetz ist aber von Maxwell nicht korrekt formuliert, wenn der letzte Term <math>\phi</math> wie von Maxwell angenommen das [[Elektrostatisches Potential|elektrostatische Potential]] sein soll.<ref>[[Edmund Taylor Whittaker|E.T. Whittaker]], A History of the theories of ether and electricity, Nelson, 1951, Band 1, S. 259</ref> Man erhält die übliche Form, wenn man annimmt, dass sich der Leiter in Ruhe befindet und man auf beiden Seiten der Gleichung (D) die [[Rotation eines Vektorfeldes|Rotation]] bildet. Andere von Maxwell aufgeführte Gesetze wie das Kontinuitätsgesetz, das die [[Ladungserhaltung]] beschreibt, oder das [[Ohmsches Gesetz|Ohmsche Gesetz]] werden nicht mehr zu den heute als Maxwellgleichungen bekannten Gleichungen gezählt.


18 der 20 ursprünglichen Maxwellschen Gleichungen können durch Vektorisierung in sechs Gleichungen zusammengefasst werden. Jede vektorisierte Gleichung entspricht drei ursprünglichen in Komponentenform. Zusammen mit den beiden anderen Gleichungen in moderner Vektornotierung bilden sie ein Set von acht Gleichungen:
18 der 20 ursprünglichen Maxwellschen Gleichungen können durch [[Vektorisierung (Grafik)|Vektorisierung]] in sechs Gleichungen zusammengefasst werden. Jede vektorisierte Gleichung entspricht drei ursprünglichen in Komponentenform. Zusammen mit den beiden anderen Gleichungen in moderner Vektornotierung bilden sie ein Set von acht Gleichungen:


; (A) ''The law of total currents'': <math>\mathbf{J}_\mathrm{tot} = \mathbf{J} + \frac{\partial\mathbf{D}}{\partial t}</math>
; (A) Berücksichtigung des Verschiebungsstroms: <math>\mathbf{J}_\mathrm{tot} = \mathbf{J} + \frac{\partial\mathbf{D}}{\partial t}</math>


; (B) Definition des magnetischen Potenzials: <math>\mu \mathbf{H} = \nabla \times \mathbf{A}</math>
; (B) Definition des magnetischen Potenzials: <math>\mu \mathbf{H} = \nabla \times \mathbf{A}</math>
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; (C) Ampèresches Gesetz: <math>\nabla \times \mathbf{H} = \mathbf{J}_\mathrm{tot}</math>
; (C) Ampèresches Gesetz: <math>\nabla \times \mathbf{H} = \mathbf{J}_\mathrm{tot}</math>


; (D) Die Lorentz-Kraft: <math>\mathbf{E} = \mu \mathbf{v} \times \mathbf{H} - \frac{\partial\mathbf{A}}{\partial t}-\nabla \phi </math>
; (D) Die ''elektromotorische Kraft'' auf einen bewegten Leiter nach Maxwell: <math>\mathbf{E} = \mu \mathbf{v} \times \mathbf{H} - \frac{\partial\mathbf{A}}{\partial t}-\nabla \phi </math>


; (E) Die Gleichung der elektrischen Elastizität: <math>\mathbf{E} = \frac{1}{\varepsilon} \, \mathbf{D}</math>
; (E) Die Gleichung der elektrischen Elastizität: <math>\mathbf{E} = \frac{1}{\varepsilon} \, \mathbf{D}</math>
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; (G) Gaußsches Gesetz: <math>\nabla \cdot \mathbf{D} = \rho</math>
; (G) Gaußsches Gesetz: <math>\nabla \cdot \mathbf{D} = \rho</math>


; (H) Gleichung der Ladungserhaltung: <math>\nabla \cdot \mathbf{J} = -\frac{\partial\rho}{\partial t}</math>
; (H) Gleichung der Ladungserhaltung (Kontinuitätsgleichung nach Maxwell): <math>\nabla \cdot \mathbf{J} = -\frac{\partial\rho}{\partial t}</math>


; Notation
; Notation
: <math>\mathbf{H}</math> ist das [[Magnetisches Feld|magnetische Feld]] (von Maxwell genannt „magnetische Intensität“).
: <math>\mathbf{H}</math> ist das [[Magnetisches Feld|magnetische Feld]] (von Maxwell genannt „magnetische Intensität“).
: <math>\mathbf{J}</math> ist die elektrische Stromdichte (mit <math>\mathbf{J}_\mathrm{tot}</math> als der gesamte Strom inklusive des Verschiebungsstroms).
: <math>\mathbf{J}</math> ist die elektrische Stromdichte (mit <math>\mathbf{J}_\mathrm{tot}</math> als der gesamte Strom inklusive des Verschiebungsstroms).
: <math>\mathbf{D}</math> ist die magnetische Flussdichte (von Maxwell genannt „elektrische Verschiebung“).
: <math>\mathbf{D}</math> ist die [[elektrische Flussdichte]] (von Maxwell genannt „elektrische Verschiebung“).
: <math>\rho</math> ist die freie Ladungsdichte („Menge der freien Elektrizität“ nach Maxwell).
: <math>\rho</math> ist die freie Ladungsdichte („Menge der freien Elektrizität“ nach Maxwell).
: <math>\mathbf{A}</math> ist das magnetische [[Vektorpotential]] („Drehimpuls“ bei Maxwell).
: <math>\mathbf{A}</math> ist das magnetische [[Vektorpotential]] („Drehimpuls“ bei Maxwell).
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Maxwell bezog nicht allgemeine Materialieneigenschaften mit ein; seine ursprüngliche Formulierung setzte lineare, isotrope und nicht-dispersive ε ([[Permittivität]]) und μ ([[Permeabilität (Magnetismus)|Permeabilität]])voraus. Allerdings diskutierte er die Möglichkeit von anisotropen Materialien.
Maxwell bezog nicht allgemeine Materialieneigenschaften mit ein; seine ursprüngliche Formulierung setzte lineare, isotrope und nicht-dispersive ε ([[Permittivität]]) und μ ([[Permeabilität (Magnetismus)|Permeabilität]])voraus. Allerdings diskutierte er die Möglichkeit von anisotropen Materialien.


Es ist von besonderem Interesse, das Maxwell den Term <math>\mu \mathbf{v} \times \mathbf{H}</math> in seiner Gleichung (D) für die „elektromotorische Kraft“ einfügte. Dieser entspricht der magnetischen Kraft pro Ladungseinheit die auf einen mit der Geschwindigkeit <math>\mathbf{v}</math> bewegten Leiter wirkt. Die Gleichung (D) beschreibt damit effektiv die [[Lorentzkraft]]. Diese Gleichung kommt das erste Mal vor bei Gleichung (77) in der Veröffentlichung ''On physical lines of force'' einige Zeit bevor Lorentz diese Gleichung fand.<ref name="OPLF" /> Heute wird die Lorentzkraft neben den Maxwell-Gleichungen aber nicht als deren Bestandteil behandelt.
Es ist von besonderem Interesse, dass Maxwell den Term <math>\mu \mathbf{v} \times \mathbf{H}</math> in seiner Gleichung (D) für die „elektromotorische Kraft“ einfügte. Dieser entspricht der magnetischen Kraft pro Ladungseinheit, die auf einen mit der Geschwindigkeit <math>\mathbf{v}</math> bewegten Leiter wirkt. Die Gleichung (D) könnte man als Beschreibung der [[Lorentzkraft]] auffassen. Sie kommt das erste Mal vor bei Gleichung (77) in der Veröffentlichung ''On physical lines of force'' einige Zeit bevor Lorentz diese Gleichung fand.<ref name="OPLF" /> Üblicherweise schreibt man aber [[Joseph John Thomson|J. J. Thomson]] (1881) die erste Betrachtung der Kräfte auf eine bewegte Punktladung im Magnetfeld zu. Er leitete noch einen falschen Vorfaktor ab; die korrekte Formel fanden [[Oliver Heaviside]] (1889) und Lorentz (1895).<ref>[[Olivier Darrigol]], Electrodynamics from Ampère to Einstein, Oxford UP, 2000, S. 429ff</ref> Heute wird die Lorentzkraft neben den Maxwell-Gleichungen behandelt, aber nicht als deren Bestandteil.


Als Maxwell in seinem Paper von 1864 die elektromagnetische Wellengleichung herleitete, nutzte er die Gleichung (D) anstatt des Faradayschen Gesetzes der elektromagnetischen Induktion, wie es heute in Lehrbüchern steht. Allerdings ließ Maxwell bei der Herleitung in Gleichung (D) den Term <math>\mu \mathbf{v} \times \mathbf{H}</math> fallen.
Als Maxwell in seinem Paper von 1864 die elektromagnetische Wellengleichung herleitete, nutzte er die Gleichung (D) anstatt des Faradayschen Gesetzes der elektromagnetischen Induktion, wie es heute in Lehrbüchern steht. Allerdings ließ Maxwell bei der Herleitung in Gleichung (D) den Term <math>\mu \mathbf{v} \times \mathbf{H}</math> fallen.
Eine etwas abgewandelte Liste verwendete Maxwell im zweiten Band seines ''Treatise on electricity and magnetism'' von 1873 (Kapitel 9); die Gleichungen von 1865 finden sich dort aber im Wesentlichen wieder. Zusätzlich gibt er eine Behandlung in [[Quaternion]]enform, eine damals in England beliebte Alternative zur Vektornotation.<ref>[http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/Original-MAXWELL.htm Gerhard Bruhn, Die Maxwell-Gleichungen – vom Original zur modernen Schreibweise], TU Darmstadt</ref>


== Licht als elektromagnetische Welle ==
== Licht als elektromagnetische Welle ==
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[[Datei:James Clerk Maxwell.jpg|miniatur|175px|James Clerk Maxwell: Vater der Theorie des Elektromagnetismus]][[Datei:Postcard-from-Maxwell-to-Tait.jpg|miniatur|175px|Eine Postkarte von Maxwell an [[Peter Guthrie Tait|Peter Tait]].]]
[[Datei:James Clerk Maxwell.jpg|miniatur|175px|James Clerk Maxwell: Vater der Theorie des Elektromagnetismus]][[Datei:Postcard-from-Maxwell-to-Tait.jpg|miniatur|175px|Eine Postkarte von Maxwell an [[Peter Guthrie Tait|Peter Tait]].]]


In ''A dynamical theory of the electromagnetic field'' nutzt Maxwell die Korrektur am Ampèreschen Gesetz aus Teil III von ''On physical lines of force''.<ref name="ADTEF" /> In Teil VI seiner Publikation ''Electromagnetic theory of light'' von 1864 kombinierte er den Verschiebungsstrom mit anderen Gleichungen des Elektromagnetismus und erhielt eine Wellengleichung mit einer Geschwindigkeit, die der Lichtgeschwindigkeit entsprach. Dies kommentierte er:
In ''A dynamical theory of the electromagnetic field'' nutzt Maxwell die Korrektur am Ampèreschen Gesetz aus Teil III von ''On physical lines of force''.<ref name="ADTEF" /> In Teil VI seiner Publikation (Kapitel ''Electromagnetic theory of light'') von 1864 kombinierte er den Verschiebungsstrom mit anderen Gleichungen des Elektromagnetismus und erhielt eine Wellengleichung mit einer Geschwindigkeit, die der Lichtgeschwindigkeit entsprach. Dies kommentierte er:
{{Zitat|Die Übereinstimmung der Ergebnisse legen nahe, dass Licht und Magnetismus von ein und derselben Substanz verursacht sind und das sich Licht als eine elektromagnetische Störung durch das Feld entsprechend der elektromagnetischen Gesetze bewegt. (“The agreement of the results seems to show that light and magnetism are affections of the same substance, and that light is an electromagnetic disturbance propagated through the field according to electromagnetic laws.”)|Maxwell}}
{{Zitat|Die Übereinstimmung der Ergebnisse legen nahe, dass Licht und Magnetismus von ein und derselben Substanz verursacht sind und das sich Licht als eine elektromagnetische Störung durch das Feld entsprechend der elektromagnetischen Gesetze bewegt. (“The agreement of the results seems to show that light and magnetism are affections of the same substance, and that light is an electromagnetic disturbance propagated through the field according to electromagnetic laws.”)|Maxwell}}


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== Literatur ==
== Literatur ==
* {{cite book |first1=James C. |last1=Maxwell |first2=Thomas F. |last2=Torrance |title=A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field |month=March |year=1996 |isbn=1-57910-015-5 |publisher=Wipf and Stock |location=Eugene, OR}}
* James Clerk Maxwell: ''A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field'', Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Band  155, 1865, S. 459–512
* {{cite book |last=Niven |first=W. D. |title=The Scientific Papers of James Clerk Maxwell |publisher=Dover |location=New York |year=1952 |volume=Vol. 1}}
** Reprint: Thomas F. Torrance (Hrsg.): Maxwell, ''A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field'', Wipf and Stock, Eugene (Oregon) 1996
** wieder abgedruckt in: {{cite book |last=Niven |first=W. D. |title=The Scientific Papers of James Clerk Maxwell |publisher=Dover |location=New York |year=1952 |volume=Vol. 1}}
* {{cite web |last=Johnson |first=Kevin |url=http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Projects/Johnson/Chapters/Ch4_4.html |title=The electromagnetic field |month=May |year=2002 |work=James Clerk Maxwell – The Great Unknown |accessdate=Sept. 7, 2009}}
* {{cite web |last=Johnson |first=Kevin |url=http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Projects/Johnson/Chapters/Ch4_4.html |title=The electromagnetic field |month=May |year=2002 |work=James Clerk Maxwell – The Great Unknown |accessdate=Sept. 7, 2009}}



Aktuelle Version vom 6. September 2021, 21:54 Uhr

Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes“ (Originaltitel: “A dynamical theory of the electromagnetic field”) ist die 1864 veröffentlichte dritte Schrift von James Clerk Maxwell zur Elektrodynamik.[1] In dieser Veröffentlichung kamen die ursprünglichen vier Formeln der Maxwellsche Gleichungen das erste Mal vor. Maxwell nutzte das Konzept des Verschiebungsstromes, das er 1861 in seiner Veröffentlichung On physical lines of force eingeführt hatte, zur Herleitung der elektromagnetischen Wellengleichung.[2]

Maxwells ursprüngliche Gleichungen

In Teil III von Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes mit dem Titel „Allgemeine Gleichungen des elektromagnetischen Feldes“ (Orig.: "General equations of the electromagnetic field") formulierte Maxwell zwanzig Gleichungen.[1] Diese waren als die Maxwellschen Gleichungen bekannt, bis der Begriff von Oliver Heaviside für den Satz der vier vektorisierten Gleichungen angewendet wurde, die Maxwell 1884 in On physical lines of force veröffentlichte.[2]

Von den zwanzig Gleichungen lässt sich nur das gaußsche Gesetz (G) direkt in die moderne Form übertragen. Das Durchflutungsgesetz ist eine Fusion der Maxwellschen Gesetze des Verschiebungsstroms (A) und Ampèreschen Gesetzes (C) und wurde von Maxwell selbst in Gleichung 112 in On physical lines of force durchgeführt.[2] Eine weitere der späteren Maxwellgleichungen, die Quellenfreiheit des magnetischen Feldes, ist eine unmittelbare Folge von (B). Das Induktionsgesetz als letzte der Maxwellgleichungen ist in (D) enthalten, das auch einen Anteil enthält, der die Kräfte auf einen in einem Magnetfeld bewegten Leiter beschreiben soll. Das Gesetz ist aber von Maxwell nicht korrekt formuliert, wenn der letzte Term $ \phi $ wie von Maxwell angenommen das elektrostatische Potential sein soll.[3] Man erhält die übliche Form, wenn man annimmt, dass sich der Leiter in Ruhe befindet und man auf beiden Seiten der Gleichung (D) die Rotation bildet. Andere von Maxwell aufgeführte Gesetze wie das Kontinuitätsgesetz, das die Ladungserhaltung beschreibt, oder das Ohmsche Gesetz werden nicht mehr zu den heute als Maxwellgleichungen bekannten Gleichungen gezählt.

18 der 20 ursprünglichen Maxwellschen Gleichungen können durch Vektorisierung in sechs Gleichungen zusammengefasst werden. Jede vektorisierte Gleichung entspricht drei ursprünglichen in Komponentenform. Zusammen mit den beiden anderen Gleichungen in moderner Vektornotierung bilden sie ein Set von acht Gleichungen:

(A) Berücksichtigung des Verschiebungsstroms
$ \mathbf {J} _{\mathrm {tot} }=\mathbf {J} +{\frac {\partial \mathbf {D} }{\partial t}} $
(B) Definition des magnetischen Potenzials
$ \mu \mathbf {H} =\nabla \times \mathbf {A} $
(C) Ampèresches Gesetz
$ \nabla \times \mathbf {H} =\mathbf {J} _{\mathrm {tot} } $
(D) Die elektromotorische Kraft auf einen bewegten Leiter nach Maxwell
$ \mathbf {E} =\mu \mathbf {v} \times \mathbf {H} -{\frac {\partial \mathbf {A} }{\partial t}}-\nabla \phi $
(E) Die Gleichung der elektrischen Elastizität
$ \mathbf {E} ={\frac {1}{\varepsilon }}\,\mathbf {D} $
(F) Ohm’sches Gesetz
$ \mathbf {E} ={\frac {1}{\sigma }}\,\mathbf {J} $
(G) Gaußsches Gesetz
$ \nabla \cdot \mathbf {D} =\rho $
(H) Gleichung der Ladungserhaltung (Kontinuitätsgleichung nach Maxwell)
$ \nabla \cdot \mathbf {J} =-{\frac {\partial \rho }{\partial t}} $
Notation
$ \mathbf {H} $ ist das magnetische Feld (von Maxwell genannt „magnetische Intensität“).
$ \mathbf {J} $ ist die elektrische Stromdichte (mit $ \mathbf {J} _{\mathrm {tot} } $ als der gesamte Strom inklusive des Verschiebungsstroms).
$ \mathbf {D} $ ist die elektrische Flussdichte (von Maxwell genannt „elektrische Verschiebung“).
$ \rho $ ist die freie Ladungsdichte („Menge der freien Elektrizität“ nach Maxwell).
$ \mathbf {A} $ ist das magnetische Vektorpotential („Drehimpuls“ bei Maxwell).
$ \mathbf {E} $ ist das elektrische Feld (bei Maxwell „Elektromotorische Kraft“).
$ \phi $ ist das elektrische Potential.
$ \sigma $ ist die elektrische Leitfähigkeit (Maxwell nannte den Kehrwert der Leitfähigkeit „spezifischen Widerstand“).

Maxwell bezog nicht allgemeine Materialieneigenschaften mit ein; seine ursprüngliche Formulierung setzte lineare, isotrope und nicht-dispersive ε (Permittivität) und μ (Permeabilität)voraus. Allerdings diskutierte er die Möglichkeit von anisotropen Materialien.

Es ist von besonderem Interesse, dass Maxwell den Term $ \mu \mathbf {v} \times \mathbf {H} $ in seiner Gleichung (D) für die „elektromotorische Kraft“ einfügte. Dieser entspricht der magnetischen Kraft pro Ladungseinheit, die auf einen mit der Geschwindigkeit $ \mathbf {v} $ bewegten Leiter wirkt. Die Gleichung (D) könnte man als Beschreibung der Lorentzkraft auffassen. Sie kommt das erste Mal vor bei Gleichung (77) in der Veröffentlichung On physical lines of force einige Zeit bevor Lorentz diese Gleichung fand.[2] Üblicherweise schreibt man aber J. J. Thomson (1881) die erste Betrachtung der Kräfte auf eine bewegte Punktladung im Magnetfeld zu. Er leitete noch einen falschen Vorfaktor ab; die korrekte Formel fanden Oliver Heaviside (1889) und Lorentz (1895).[4] Heute wird die Lorentzkraft neben den Maxwell-Gleichungen behandelt, aber nicht als deren Bestandteil.

Als Maxwell in seinem Paper von 1864 die elektromagnetische Wellengleichung herleitete, nutzte er die Gleichung (D) anstatt des Faradayschen Gesetzes der elektromagnetischen Induktion, wie es heute in Lehrbüchern steht. Allerdings ließ Maxwell bei der Herleitung in Gleichung (D) den Term $ \mu \mathbf {v} \times \mathbf {H} $ fallen.

Eine etwas abgewandelte Liste verwendete Maxwell im zweiten Band seines Treatise on electricity and magnetism von 1873 (Kapitel 9); die Gleichungen von 1865 finden sich dort aber im Wesentlichen wieder. Zusätzlich gibt er eine Behandlung in Quaternionenform, eine damals in England beliebte Alternative zur Vektornotation.[5]

Licht als elektromagnetische Welle

James Clerk Maxwell: Vater der Theorie des Elektromagnetismus
Eine Postkarte von Maxwell an Peter Tait.

In A dynamical theory of the electromagnetic field nutzt Maxwell die Korrektur am Ampèreschen Gesetz aus Teil III von On physical lines of force.[1] In Teil VI seiner Publikation (Kapitel Electromagnetic theory of light) von 1864 kombinierte er den Verschiebungsstrom mit anderen Gleichungen des Elektromagnetismus und erhielt eine Wellengleichung mit einer Geschwindigkeit, die der Lichtgeschwindigkeit entsprach. Dies kommentierte er:

„Die Übereinstimmung der Ergebnisse legen nahe, dass Licht und Magnetismus von ein und derselben Substanz verursacht sind und das sich Licht als eine elektromagnetische Störung durch das Feld entsprechend der elektromagnetischen Gesetze bewegt. (“The agreement of the results seems to show that light and magnetism are affections of the same substance, and that light is an electromagnetic disturbance propagated through the field according to electromagnetic laws.”)“

Maxwell

Maxwells Herleitung der elektromagnetischen Wellengleichung wurde in der modernen Physik durch eine weniger mühsame Methode ersetzt, mit einer korrigierten Version des Ampèreschen Gesetzes und dem Faradayschen Gesetz der elektromagnetischen Induktion.

Die moderne Herleitung der elektromagnetischen Wellengleichung in Vakuum beginnt mit der Heaviside-Form der Maxwellschen Gleichung. In Si-Einheiten geschrieben sind dies:

$ \nabla \cdot \mathbf {E} =0 $
$ \nabla \times \mathbf {E} =-\mu _{0}{\frac {\partial \mathbf {H} }{\partial t}} $
$ \nabla \cdot \mathbf {H} =0 $
$ \nabla \times \mathbf {H} =\varepsilon _{0}{\frac {\partial \mathbf {E} }{\partial t}} $

Nehmen wir die Rotation der Rotationsgleichungen erhalten wir:

$ \nabla \times \nabla \times \mathbf {E} =-\mu _{0}{\frac {\partial }{\partial t}}\nabla \times \mathbf {H} =-\mu _{0}\varepsilon _{0}{\frac {\partial ^{2}\mathbf {E} }{\partial t^{2}}} $
$ \nabla \times \nabla \times \mathbf {H} =\varepsilon _{0}{\frac {\partial }{\partial t}}\nabla \times \mathbf {E} =-\mu _{0}\varepsilon _{0}{\frac {\partial ^{2}\mathbf {H} }{\partial t^{2}}} $

Mit der Identität der Vektorgleichungen

$ \nabla \times \left(\nabla \times \mathbf {V} \right)=\nabla \left(\nabla \cdot \mathbf {V} \right)-\nabla ^{2}\mathbf {V} $

mit $ \mathbf {V} $ als jede der räumlichen Vektorfunktion, erhalten wir die Wellengleichungen

$ {\frac {\partial ^{2}\mathbf {E} }{\partial t^{2}}}\ -\ c^{2}\cdot \nabla ^{2}\mathbf {E} \ =\ 0 $
$ {\frac {\partial ^{2}\mathbf {H} }{\partial t^{2}}}\ -\ c^{2}\cdot \nabla ^{2}\mathbf {H} \ =\ 0 $

mit

$ c={\frac {1}{\sqrt {\mu _{0}\varepsilon _{0}}}}=2{,}99792458\times 10^{8} $ Meter pro Sekunde

als Vakuumlichtgeschwindigkeit.

Literatur

  • James Clerk Maxwell: A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field, Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Band 155, 1865, S. 459–512
    • Reprint: Thomas F. Torrance (Hrsg.): Maxwell, A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field, Wipf and Stock, Eugene (Oregon) 1996
    • wieder abgedruckt in: W. D. Niven: The Scientific Papers of James Clerk Maxwell, Band Vol. 1. Dover, New York 1952.
  • Kevin Johnson: The electromagnetic field. In: James Clerk Maxwell – The Great Unknown. May 2002. Abgerufen im Sept. 7, 2009.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 James Clerk Maxwell: A dynamical theory of the electromagnetic field. in: Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Vol. 155, S. 459–512, 1865, doi:10.1098/rstl.1865.0008 (Dieser Artikel lag einer Präsentation von Maxwell vom 8. Dezember 1864 vor der Royal Society bei.)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 James Clerk Maxwell: On physical lines of force. (PDF) In: Philosophical Magazine, 1861
  3. E.T. Whittaker, A History of the theories of ether and electricity, Nelson, 1951, Band 1, S. 259
  4. Olivier Darrigol, Electrodynamics from Ampère to Einstein, Oxford UP, 2000, S. 429ff
  5. Gerhard Bruhn, Die Maxwell-Gleichungen – vom Original zur modernen Schreibweise, TU Darmstadt

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