Diffusor: Unterschied zwischen den Versionen

Diffusor: Unterschied zwischen den Versionen

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(→‎Technische Anwendung: Im Wasserbau gibt es keine "Diffusoren")
 
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{{Dieser Artikel|behandelt das Bauteil in der Strömungslehre – zu anderen Bedeutungen siehe [[Diffusion (Begriffsklärung) #Diffusor]].}}
'''Diffusor''' steht für:
[[Datei:Bochum - Günnigfelder Straße - Zeche Hannover - Lüftergebäude ex 01 ies.jpg|mini|Zwei Austrittsdiffusoren eines [[Wetterschacht]]es mit Grubenlüftern]]


Ein '''Diffusor''' ist ein Bauteil im [[Maschinenbau|Maschinen]]-, [[Elektrizitätswerk]]s-, [[Ventilator]]-, [[Fahrzeugbau|Fahrzeug]]-, [[Flugzeug]]- und [[Schiffbau]], das Gas-/Flüssigkeitsströmungen verlangsamt und den Gas-/Flüssigkeitsdruck erhöht. Es stellt im Prinzip die Umkehrung einer [[Düse]] dar. Er dient weiterhin zur „Rückgewinnung“ von kinetischer Energie in der Rohrhydraulik. So werden Diffusoren technisch genutzt, um kinetische Energie in Druckenergie zu wandeln. Dazu muss die [[Strömung]] verzögert werden. Man erreicht dies in der Regel durch eine stetige oder unstetige Erweiterung des Strömungsquerschnitts, die geometrisch auf verschiedene Weisen realisiert werden kann.
* [[Diffusor (Akustik)]], Element zum Zerstreuen von Schall
* [[Diffusor (Fotografie)]], Aufsatz zur Streuung des Blitzlichts
* [[Diffusor (Motorsport)]], Bauteil bei Rennwagen
* [[Diffusor (Optik)]], Element zum Zerstreuen von Licht
* [[Diffusor (Strömungsmechanik)]], Bauteil, Umkehrung einer Düse


== Technische Beschreibung ==
[[Datei:Diffusor-düse.png|miniatur|Unterschied zwischen Über- und Unterschall]]
Ein Diffusor stellt im [[Unterschall]]bereich immer eine Vergrößerung des Durchflussquerschnittes in Fließrichtung des strömenden Mediums dar.


In der [[Aerodynamik]] wird der Diffusor zum Beispiel bei Überschallflugzeugen dazu verwendet, die Luft im Triebwerkseinlauf einer Turbine auf Unterschallgeschwindigkeit abzubremsen, da die Luft die Schaufeln der [[Rotor|Rotoren]] und Statoren nur im Unterschallbereich umströmen darf. Denn kommt es zu Überschallgeschwindigkeiten an den Schaufeln der Rotoren und [[Stator|Statoren]] in einem Jetantrieb, reißt die Strömung ab, die Brennkammer erstickt, der Antrieb fällt aus. Außerdem laufen Schockwellen durch das Fließmedium und die Rotor-/Statorflügel, welche das Triebwerk zerstören können.
'''Siehe auch:'''
* [[Diffusion (Begriffsklärung)]]


In der sich in Fließrichtung verjüngenden [[Düse]], die dem Triebwerk folgt, beschleunigt die Luft dann wieder auf [[Überschall]]-Geschwindigkeit.
{{Begriffsklärung}}
 
Befindet sich das Fließmedium selbst in Überschallgeschwindigkeit und soll es auch in Überschallgeschwindigkeit verbleiben (z. B. im Lufteinlass eines Pulsertriebwerkes), dann muss sich die Düse in Fließrichtung weiten, nicht verjüngen. Im Artikel [[Düse]] wird dieses paradoxe Phänomen erklärt.
 
In der [[Hydrodynamik]] zur  Beeinflussung des [[Phänomen]]s der [[Kavitation]] angewandt, sowie in der Aerodynamik im Bereich des Überschalls, ist der Diffusor ein sehr [[Komplexität|komplex]] zu berechnendes Bauteil.
 
Bei Diffusoren mit einem Öffnungswinkel von <math>\alpha \geq 8\,^{\circ}</math> (überkritischer Diffusor) entsteht eine [[Dissipation]] durch Ablösen der Strömung von der Diffusorwand, dadurch kommt es zu starken Verwirbelungen in den Übergangsgebieten zu den Toträumen. Bei einer plötzlichen Querschnittserweiterung (<math>\alpha = 90\,^{\circ}</math>) spricht man auch von einem „[[Nicolas Léonard Sadi Carnot|Carnot]]schen Stoßverlust“, den entsprechenden Diffusor nennt man ''Sprungdiffusor''. In einem solchen Diffusor kommt die Strömung nach einer Distanz von etwa dem Acht- bis Zehnfachen des großen Durchmessers wieder zum Anliegen.
 
Die Qualität eines Diffusors wird mit dem „Diffusorwirkungsgrad“ <math>\eta_D</math> oder der „Druckrückgewinnziffer“ beschrieben.
 
=== Berechnung für inkompressible Fluide ([[Mach-Zahl|Mach]] < 0.3) ===
 
Relativ überschaubar ist die Wirkung eines Diffusors jedoch im Fall von nicht-turbulenten und nicht viskosen Strömungen (das heißt, es kommt nicht aufgrund von plötzlichen Querschnittsänderungen oder Ähnlichem zu Wirbeln und die Reibungsverluste des Mediums an den Wänden kann vernachlässigt werden). Dann gilt die vereinfachte Bernoulli-Gleichung
 
:<math>p+\frac{1}{2}\rho v^2= \text{konstant}</math>.
 
Dabei ist <math>p</math> der sogenannte statische Druck, der auf die Außenwände des Diffusors wirkt, <math>\rho</math> die Dichte des Mediums und <math>v</math> seine Fließgeschwindigkeit. (Anmerkung: Die Bernoulli-Gleichung ist dahingehend vereinfacht, dass Höhenunterschiede nicht berücksichtigt sind.) Wie ersichtlich ist, muss der statische Druck <math>p</math> abnehmen, wenn sich die Fließgeschwindigkeit <math>v</math> erhöht.
 
Da bei einem Rohr mit veränderlichem Querschnitt an jeder Stelle das gleiche Volumen pro Zeiteinheit durchströmen muss, ist ersichtlich, dass sich die Strömungsgeschwindigkeit <math>v_1</math> bei einem Querschnitt <math>A_1</math> zu der Strömungsgeschwindigkeit <math>v_2</math> bei dem Querschnitt <math>A_2</math> umgekehrt proportional zu dem Verhältnis des Querschnitte verhält, es also gelten muss:
 
:<math>\frac{v_1}{v_2}=\frac{A_2}{A_1}</math> bzw. <math>v_2=\frac{A_1}{A_2} v_1</math>
 
Außerdem gilt wegen der obenstehenden (vereinfachten) Bernoulli-Gleichung:
 
:<math>p_1+\frac{1}{2}\rho v_1^2 = \text{konstant} = p_2+\frac{1}{2}\rho v_2^2</math>
 
Beides zusammen ergibt:
 
:<math>p_1+\frac{1}{2}\rho v_1^2=p_2+\frac{1}{2}\rho \left(\frac{A_1}{A_2} v_1 \right)^2</math>
 
bzw. umgeformt:
 
:<math>p_2-p_1 = \frac{1}{2}\rho v_1^2 \left(1-\left(\frac{A_1}{A_2}\right)^2\right)</math>
 
D.&nbsp;h. mit wachsendem Querschnitt (Diffusor: <math>A_2>A_1</math>) steigt der Druck (und sinkt die Strömungsgeschwindigkeit) und mit sinkendem Querschnitt (Düse: <math>A_2<A_1</math>) sinkt der Druck (und steigt die Strömungsgeschwindigkeit).
 
Bei sehr engen Querschnitten oder sehr zähflüssigen Medien müssen zusätzlich die Reibungsverluste berücksichtigt werden, ebenso wie bei sich plötzlich ändernden Querschnitten die auftretenden Turbulenzen berücksichtigt werden müssen (siehe nächster Abschnitt).
 
== Mathematische Beschreibung ==
[[Datei:Diffusor mit Oeffnungswinkel.png|thumb|Diffusor (schematisch)]]
Bei einer plötzlichen Querschnittsänderung gilt für die, in der Strömungslehre definierte, Verlustziffer <math>\xi</math>:<ref name="Hakenesch">{{Internetquelle|autor=Peter Hakenesch|titel=Strömung von Fluiden|titelerg=Kapitel 4, Teil 3| werk=Folien zur Vorlesung Fluidmechanik|seiten=45|url=http://hakenesch.userweb.mwn.de/fluidmechanik/k4_folien_teil3.pdf|zugriff=2016-02-04}}</ref>
 
:<math>\xi_D=\left(1-\frac{A_1}{A_2}\right)^2</math>
 
Mit der Verlustziffer und dem erweiterten Bernoullisatz der Rohrhydraulik (Berücksichtigung von Dissipation) folgt:
 
Energiesatz: <math>\Delta p=p_1-p_2+\frac{\rho}{2}(w_1^2-w_2^2)=\xi_D\frac{\rho}{2}w_1^2</math>
 
Massenerhaltungssatz: <math>w_1=\frac{A_2}{A_1}w_2</math> für <math>\rho = \text{konstant}</math>
 
:<math>p_1-p_2=\frac{\rho}{2}\left(\xi_D w_1^2-(w_1^2-w_2^2)\right)=\frac{\rho}{2}w_1^2\cdot \left(\xi_D-1+\left(\frac{A_1}{A_2}\right)^2 \right)</math>
 
== Technische Anwendung ==
{{Siehe auch|Diffusor (Motorsport)|titel1=Diffusor im Motorsport}}
Diffusoren werden bei schnellfliegenden, insbesondere überschallschnellen [[Flugzeug]]en verwendet, um im unmittelbaren Ansaugbereich der Triebwerke einen definierten Gasdruck zu erzielen. Um dabei die optimalen Verhältnisse einstellen zu können, wird der Diffusor meist beweglich ausgelegt. Flugzeuge mit besonders großem Geschwindigkeitsbereich, oder bei denen es auf hohe Reichweite ankommt, haben komplexe Diffusoren mit verstellbaren Klappen und mehrfach veränderlichen Querschnitten.
 
Diffusoren finden Anwendung im [[Diffusor (Motorsport)|Motorsport]], häufig auch bei [[Supersportwagen]] und gelegentlich bei [[Sportwagen]]. Hierbei wird [[Unterdruck]] unter dem Wagenboden erzeugt, der das Fahrzeug an den Boden presst und damit höhere Kurvengeschwindigkeiten zulässt und auch das Fahrverhalten bei hohen Geschwindigkeiten verbessert. Der Diffusor hat dabei die Aufgabe, den Unterdruck unter dem Fahrzeug wieder auf den hinter dem Fahrzeug herrschenden Umgebungsdruck zu erhöhen. In vielen Fällen handelt es sich bei einem solchen Diffusor um einen bodennahen Flügel.
 
In der Hydrodynamik findet man den Diffusor z.&nbsp;B. in [[Pumpe]]n und [[Wasserstrahlantrieb|Wasserstrahl-]]/[[Strahltriebwerk]]en sowie bei [[Ventilator]]en in der Aerodynamik.
 
Ebenso finden sich Diffusoren im Bereich der [[Aquaristik]]. Dort dienen sie dem Zweck, für das Leben und Wachstum der [[Fauna]] und [[Flora]] im [[Aquarium]] zusätzlich benötigte Gase wie [[Kohlendioxid]] oder [[Sauerstoff]] in das Wasser einzubringen. Dies geschieht durch den „Saugrohreffekt“, indem durch das Fließwasser innerhalb der Ausströmleitung mittels eines Frischluft- oder einer Gaszuleitung durch den Unterdruck angesaugt, mit dem Wasser vermischt und anschließend in das Becken geleitet wird. Insbesondere dienen diese Diffusoren während der Verwendung von Algenbekämpfungsmitteln, [[Medikament]]en und/oder bei einem Missverhältnis zwischen Pflanzen- und Fischbesatz der zusätzlichen und ausgleichenden Belüftung des künstlichen Lebensraumes. Strittig ist, ob ein Diffusor darüber hinaus für normale Beckengrößen sinnvoll ist.
 
Mit Diffusoren kann die Ausströmmenge aus einem Gefäß erhöht werden, man spricht vom ''Saugrohreffekt''. Dieser war offenbar schon im antiken Rom bekannt, denn dort war es nach [[Sextus Iulius Frontinus]] verboten, ein Rohr mit zunehmendem Durchmesser direkt an ein Mundstück der Wasserleitung anzuschließen.<ref>{{Literatur  |Autor = Herbert Sprenger |Titel = Experimentelle Untersuchungen an geraden und gekrümmten Diffusoren |TitelErg = Von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich zur Erlangung der Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften genehmigte Promotionsarbeit |Sammelwerk = Mitteilungen aus dem Institut für Aerodynamik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich |Nummer = 27 |Verlag = Leemann |Ort = Zürich |Kapitel = 2. Geschichtlicher Rückblick |Seiten = 8 f. |Online = http://e-collection.library.ethz.ch/eserv/eth:32973/eth-32973-02.pdf |Zugriff = 2015-01-18 }}</ref>
 
Im Bereich kleinerer Windkraftanlagen gibt es immer wieder Versuche, mit Hilfe von Diffusoren ihre Effektivität zu steigern.
 
== Weiterführende Literatur ==
* Willi Bohl: ''Technische Strömungslehre.'' Vogelverlag, Würzburg 1998, ISBN 3-8023-1740-8.
* Heinrich Dubbel (Begr.): ''Taschenbuch für den Maschinenbau.'' Springerverlag, Berlin u.a. 2005, ISBN 3-540-22142-5.
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary|Diffusor}}
* [http://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_08_09_windenergie_andere_systeme.htm#Vortec Diffusoren in der Windenergie]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
[[Kategorie:Strömungsmechanik]]

Aktuelle Version vom 2. Dezember 2021, 09:00 Uhr

Diffusor steht für:

  • Diffusor (Akustik), Element zum Zerstreuen von Schall
  • Diffusor (Fotografie), Aufsatz zur Streuung des Blitzlichts
  • Diffusor (Motorsport), Bauteil bei Rennwagen
  • Diffusor (Optik), Element zum Zerstreuen von Licht
  • Diffusor (Strömungsmechanik), Bauteil, Umkehrung einer Düse


Siehe auch:

  • Diffusion (Begriffsklärung)
Dies ist eine Begriffsklärungsseite zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort bezeichneter Begriffe.

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