Dichroismus

Dichroismus

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Der Dichroismus (vom griechischen Wort dichroos für „zweifarbig“) ist in der Physik die Eigenschaft von bestimmten Materialien, Licht in Abhängigkeit von der Polarisation unterschiedlich stark zu absorbieren.

Bei dichroitischen Materialien gibt es eine optische Achse, so dass beim Betrachten durch einen Polarisationsfilter in der einen Polarisationsrichtung aufgrund der unterschiedlichen Absorption eine andere Farbe zu erkennen ist, als in der anderen (ordentlicher und außerordentlicher Strahl). Für dazwischenliegende Polarisationswinkel erhält man Mischfarben, weshalb der Dichroismus insbesondere in der Mineralogie auch als Pleochroismus (aus dem Griechischen: πλέων pléōn für 'mehr' und χρῶμα chroma für 'Farbe' bzw. χρώσ chros die Färbung, also als „Mehrfarbigkeit“) bezeichnet wird. Beim Auftreten von zwei optischen Achsen gibt es drei Hauptbrechachsen, die Absorption ist in drei Polarisationsrichtungen unterschiedlich und man spricht von Trichroismus.[1]

Die Mehrfarbigkeit äußert sich dabei entweder in einer unterschiedlichen Farbtiefe oder in einem kompletten Farbwechsel. Beispiel für ersteres sind der Wechsel von dunkleren Farben zu blassere Farben bei manchen Turmalinen. Beispiel für letzteres ist synthetischer Alexandrit, der ohne Polarisationsfilter einen Farbwechsel gelbgrün – violett – rotbraun aufweist.[2]

Der Dichroismus wirkt sich auch auf das Reflexionsverhalten der Materialien aus.

Weiterhin gibt es noch röntgenspektroskopische Effekte, die auf der Kopplung von Photonen im Röntgenbereich an bestimmte Elektronenorbitale beruhen, und die unter dem Begriff Röntgendichroismus zusammengefasst werden.

Dichroismus ist mit der Doppelbrechung verwandt, bei der der Realteil des Brechungsindex von der Polarisation abhängt. Im komplexen Brechungsindex ist der Imaginärteil gerade der Absorptionskoeffizient, und dessen Abhängigkeit von der Polarisation bewirkt gerade den Dichroismus. Ein anderer verwandter Effekt ist der Alexandrit-Effekt, bei dem die Absorption nicht von der Polarisation, sondern von der Wellenlänge des Lichts abhängt.

Beschreibung

Einige Materialien (hauptsächlich Kristalle) haben eine oder mehrere ausgezeichnete optische Achsen. Bei optisch einachsigen Materialien wird einfallendes Licht in Abhängigkeit seiner Polarisation (immer bezogen auf den Vektor der elektrischen Feldstärke) in zwei Teilstrahlen aufgespalten: den ordentlichen und den außerordentlichen Strahl. Zeigt das Material unterschiedliches Absorptionsverhalten bezüglich dieser Achsen, das heißt wird der ordentliche stärker bzw. schwächer absorbiert als der außerordentliche Strahl, spricht man von einem dichroitischen Kristall. Bei einem entsprechend dicken Kristall wird daher einer der beiden Teilstrahlen (bis unter eine Schwellwert) absorbiert und nur der andere transmittiert. Der Effekt ist aber stark wellenlängenspezifisch und tritt nur in einem schmalen Spektralbereich auf, das heißt, bei einer anderen Wellenlänge des Lichts kann der Effekt der Absorption nicht auftreten (man spricht dann von Doppelbrechung) oder sich sogar umkehren. In der Regel sind dichroitische Kristalle doppelbrechend und doppelbrechende Körper dichroitisch. Ausnahmen bestehen beim Vorliegen ganz bestimmter Randbedingungen (z. B. Einschränkungen des Spektralbereichs).[3] Betrachtet man „normales“, d. h. unpolarisiertes, Weißlicht des gesamten sichtbaren Spektrums, so führt die polarisationsabhängige Absorption von dichroitischen Materialien zu Schwächung bestimmter Spektralbereiche. Diese Änderung ist dann als Änderung der Lichtfarbe wahrnehmbar. Besonders deutlich wird der Dichroismus, wenn man linear polarisiertes Licht auf einen optisch einachsigen Kristall mit den zwei Resonanz- bzw. Eigenfrequenzen (Extremfarben) im sichtbaren Spektralbereich einstrahlt und das durchfallende Licht betrachtet. Ändert man nun die Polarisationsrichtung, so werden die Extremfarben sichtbar, wenn die Polarisation senkrecht bzw. parallel zur optischen Achse des Kristalls liegt. Für eine Polarisation dazwischen treten Mischfarben aus diesen beiden Farben auf, weswegen in der Mineralogie häufig allgemein von Pleochroismus gesprochen wird. Hinsichtlich der tatsächlichen Beobachtung ist diese Begriffswahl gerechtfertigt.[1]

Ein komplexeres Absorptionsverhalten liegt bei optisch mehrachsigen Kristallen vor, wobei ein Einkristall höchstens zwei optische Achsen haben kann und mehr nur durch aneinanderkitten von vielen Einkristallen zustande kommen können (polykristallines Material). Optisch zweiachsige Kristalle erzeugen zwei außerordentliche Strahlen, sie zeigen den Trichroismus. Analog zeigen mehrachsige Polykristalle den Pleochroismus mit vielen Farben.

Grad des Dichroismus

Der Grad des Dichroismus $ D $ wird bestimmt durch das Verhältnis der Differenz der Absorptionskoeffizienten für die parallele bzw. senkrechte Polarisation ($ K_{\parallel } $ bzw. $ K_{\perp } $) zu ihrer Summe.[4]

$ D={\frac {K_{\parallel }-K_{\perp }}{K_{\parallel }+K_{\perp }}} $

Linearer und zirkularer Dichroismus

Beim Dichroismus wird hinsichtlich der Art der Polarisation des einfallenden Lichts unterschieden.

Es gibt den linearen Dichroismus, der das Phänomen bezeichnet, dass bei linear polarisiertem Licht in Abhängigkeit von der Wellenlänge entweder der außerordentliche Strahl stärker absorbiert wird als der ordentliche, oder umgekehrt. Dieser Effekt wurde Anfang des 19. Jh. erstmals bei Einkristallen des Schmucksteins Turmalin gefunden.[4]

Weiterhin gibt es analog zur zirkularen Doppelbrechung auch den Effekt des zirkularen Dichroismus (auch Zirkulardichroismus genannt), der das unterschiedliche Absorptionsverhalten rechts- und linksdrehend polarisierter Strahlung in einem optisch aktivem Material beschreibt. Dieser Effekt wurde erstmals 1896 durch Aimé Auguste Cotton (1869–1951) beschrieben, vgl. Cotton-Effekt.[4]

Linearer und zirkularer magnetischer Dichroismus

Analog zu magnetooptischen Effekten der Doppelbrechung kann auch der Dichroismus bestimmter Materialien – also die Änderung der Intensität oder der Polarisationszustand des Lichts beim Durchgang durch das Material – durch magnetische Felder beeinflusst werden (magnetisch induzierter Dichroismus). Hierbei wird zwischen dem linearen magnetischen Dichroismus (selten auch magnetischer Lineardichroismus, engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), MLD). und dem zirkularen magnetischen Dichroismus unterschieden.[5]

Der magnetische zirkulare Dichroismus (auch magnetische Zirkulardichroismus oder zirkularer magnetischer Dichroismus genannt, engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), MCD) tritt bei magnetischen oder magnetisierten Materialien als eine Folge der unterschiedlichen Spinbesetzung gewisser Orbitale auf.

Das Phänomen tritt bei Magnetisierung parallel zur Ausbreitungsrichtung des zirkular polarisierten Lichtes auf. Man unterscheidet zwischen einer polaren und einer longitudinalen Geometrie. Bei der polaren Geometrie liegt die Magnetisierung senkrecht zur Oberfläche, bei der longitudinalen liegt die Magnetisierung parallel zur Oberfläche in der Einfallsebene. Hier wird die unterschiedliche Absorption für die beiden Polarisationsrichtungen ausgenutzt. Diese ist proportional zum Imaginärteil des Brechungsindex. Der gemessene Effekt entspricht somit:

$ \mathrm {Im} (n_{+}-n_{-})=\mathrm {Im} \left({\sqrt {\varepsilon _{xx}+\mathrm {i} \,\varepsilon _{xy}}}-{\sqrt {\varepsilon _{xx}-\mathrm {i} \,\varepsilon _{xy}}}\right)\approx \mathrm {Re} \left({\frac {\varepsilon _{xy}}{\sqrt {\varepsilon _{xx}}}}\right) $

Beide Formen des magnetischen Dichroismus treten sowohl im sichtbaren Spektrum als auch im Röntgenbereich auf (Röntgendichroismus). Oft findet man daher auch Bezeichnungen speziell für den Röntgendichroismus: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) (XMCD, dt. ‚zirkularer, magnetischer Röntgendichroismus‘; auch {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), MXCD, genannt) und den weniger starken {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) (XMLD, dt. ‚linearer, magnetischer Röntgendichroismus‘). Besonders interessant ist MCD im weichen Röntgenbereich (engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), (S)X-MCD), wo die unbesetzte Valenzband-Elektronenstruktur spinaufgelöst gemessen werden kann.

Anwendung und Materialien

Anwendung finden dichroitische Materialien beispielsweise als dichroitischer Polarisator im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Hier können einfache Drahtgitterpolarisatoren nicht mehr eingesetzt werden, denn mit geringer werdender Wellenlänge wird auch der erforderliche Gitterabstand geringer, welcher schon im Bereich des nahen Infrarot nur noch schwer zu realisieren ist. Im sichtbaren Bereich sind Strukturen in der Größenordnung von Molekülen notwendig. Dem US-amerikanischen Physiker Edwin Herbert Land (1909–1991) gelang 1932 erstmals die Herstellung von dichroitischen Folien. Dazu richtete er die länglichen Kohlenwasserstoffmoleküle in Polyvinylalkohol durch Erhitzung und Dehnung des Materials entsprechend aus. Solche Polarisationsfolien (Polaroidfilter oder Polaroidfolie genannt) werden sehr häufig eingesetzt und sind vergleichsweise günstig.[6] Sie können vergleichsweise großflächig hergestellt werden und erreichen einen Polarisationsgrad von mehr als 99 %.[4] Ihre Qualität (z. B. hinsichtlich des erreichbaren Polarisations- oder Transmissionsgrades) liegt jedoch unter der von anderen Polarisatoren. Des Weiteren zeigen sie Nachteile beim Anwendungen mit hohen Lichtleistungen. Wie beschrieben wird die Polarisation durch Absorption im Material erreicht, dies führt zu einer Erwärmung und kann negative Einflüsse auf die Eigenschaften des Polarisators haben, oder ihn im Extremfall sogar zerstören.

Es gibt aber auch Körper aus mehreren Materialien, die dichroitisches Verhalten zeigen. So können Nadeln aus schwefelsaurem Jodchinin (Herapathit) in Zellulose eingebettet und als dichroitischer Polarisator (Polarisationsfolie) genutzt werden.[3] In gleicher Weise kommen auch dichroitischen Farbstoffe in Kunststofffolien zum Einsatz. Die dazu notwendige einheitliche Ausrichtung der Farbstoffmoleküle wird beispielsweise durch elektrische oder magnetische Felder erreicht.[7]

In der Mineralogie findet der Dichroismus Verwendung bei der Charakterisierung von Mineralien (und wird dabei meist Pleochroismus genannt). Dazu wird unter anderem ein sogenanntes Dichroskop eingesetzt. Ein typisches dichroitisches Material sind Turmaline, beispielsweise der grüne Turmalin (Verdelith). So wird bei der Transmission von natürlichem Licht durch eine ca. 1 mm dicke Platte aus Verdelith der ordentliche Strahl praktisch vollständig absorbiert, der außerordentliche Strahl wird hingegen nur geschwächt.[7]

In der Analytischen Chemie kann der Dichroismus zur Strukturanalyse von optisch aktiven chiralen Molekülen eingesetzt werden (siehe auch Circulardichroismus).

Pleochroismus in der Mineralogie

Pleochroismus (aus dem Griechischen: πλέων pléōn für 'mehr' und χρῶμα chroma für 'Farbe' bzw. χρώσ chros die 'Färbung') bezeichnet in der Mineralogie die Mehrfarbigkeit von Kristallen. Er tritt bei durchsichtigen, farbigen Steinen ebenso auf wie bei undurchsichtigen. Die Ursache ist die ungleiche Absorption des Lichtes abhängig von der Polarisationsrichtung.

Der Dichroismus ist eine Sonderform des Pleochroismus mit zwei verschiedenen Hauptfärbungen und tritt in uniaxialen Kristallen auf. Der Trichroismus zeigt drei Hauptfärbungen und tritt in biaxialen Kristallen auf. Mineralien des kubischen Kristallsystems oder amorphe Stoffe zeigen kein Pleochroismus.

Die pleochroitischen Eigenschaften eines Minerals können mit Hilfe eines Dichroskops festgestellt und zur Bestimmung und Prüfung vor allem bei Schmucksteinen genutzt werden. Seine Wirkung auf die Farbtiefe ist vor allem für Edelsteinschleifer von Bedeutung bei der Auswahl des Schliffs, um zu dunkle oder helle (blasse) Farben zu vermeiden.

Theoretische Grundlagen und Begründungen dafür, ob ein solcher Effekt auftreten kann, werden in einem Teilbereich der theoretischen Kristallographie abgehandelt.

Alexandrit, Hiddenit, Kunzit, Rubin, Saphir und Turmalin lassen schon mit bloßem Auge die Mehrfarbigkeit erkennen. Weitere Beispiele:

  • Andalusit – gelb, olivgrün, rotbraun bis dunkelrot[8]
  • Benitoit – farblos, purpur bis indigoblau oder grünlichblau
  • Cordierit – hellgelb bis grün, violett bis blauviolett, hellblau
  • Malachit – fast farblos, gelblichgrün, tiefgrün
  • Tansanit – purpur, blau und braun oder gelb[9]

Literatur

  • Herbert Daniel: Physik: Optik, Thermodynamik, Quanten. Walter de Gruyter, 1998, ISBN 978-3-11-014630-1, S. 192.
  • Ludwig Bergmann, Heinz Niedrig, Clemens Schaefer: Optik: Wellen- Und Teilchenoptik. Walter de Gruyter, 2004, ISBN 978-3-11-017081-8, S. 557–559.
  • Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten der Welt. 1600 Einzelstücke. 13. überarbeitete und erweiterte Auflage. BLV Verlags GmbH, München u. a. 2002, ISBN 3-405-16332-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Ludwig Bergmann, Heinz Niedrig, Clemens Schaefer: Optik: Wellen- Und Teilchenoptik. Walter de Gruyter, 2004, ISBN 978-3-11-017081-8, S. 558.
  2. GIA Gemological Institute of America Inc Jeniffer Stone-Sundberg, Challenges in Orienting Alexandrite: The Usambara and Other Optical Effects in Synthetic HOC-Grown Russian Alexandrite; http://www.gia.edu/gems-gemology/spring-2014-synthetic-alexandrite-stone-sundberg gelesen 10. Juli 2016
  3. 3,0 3,1 Herbert Daniel: Physik: Optik, Thermodynamik, Quanten. Walter de Gruyter, 1998, ISBN 978-3-11-014630-1, S. 192.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Manfred von Ardenne: Effekte der Physik und ihre Anwendungen. Harri Deutsch Verlag, 2005, ISBN 978-3-8171-1682-9, S. 777–778.
  5. W. Roy Mason: Magnetic Linear Dichroism Spectroscopy. In: A practical guide to magnetic circular dichroism spectroscopy. Wiley-Interscience, 2007, ISBN 978-0-470-06978-3, S. 188 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Rainer Dohlus: Photonik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, ISBN 978-3-486-58880-4.
  7. 7,0 7,1 Ekbert Hering, Rolf Martin, Martin Stohrer: Physik für Ingenieure. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-71855-0, S. 584.
  8. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16. überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 194.
  9. Siehe diese Webseite des California Institute of Technology, Pasadena, California, USA für ein anschauliches Bild.

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